Donnerstag, 29. Februar 2024

Monatscollage Februar 2024


Die diesjährigen Februartage
habe ich an vielen Tagen
gesellig
verbracht,
en famille,
aber auch mit
Nachbarinnen 
&
Freundinnen.

Im Garten
kündeten 
schon etliche 
Frühlingsboten
davon,
dass die Wintertage
gezählt sind.
Es bleibt 
inzwischen schon
länger hell
&
die Sonne
( wenn sie denn scheint )
erwärmt auch wieder 
meinen Wintergarten.
Und ich?
Ich bin wieder
viel besser
zu Fuß.

Bei meiner Linkparty
gab es wieder neunzehn 
schöne & interessante Beiträge

Danke dafür an alle Teilnehmerinnen!

                                                      


Die Monatscollagen werden von die_birgitt gesammelt, und als Monatsrückblick verlinke ich den Beitrag auch mit judithpeters

Mittwoch, 28. Februar 2024

12tel Blick Februar 2024

 An einem der eher seltenen sonnigen Februartage
ist dieser Blick auf meinen Terrassentisch 
zustande gekommen:


Vom Blumenladen schräg gegenüber
habe ich mir einen kleinen Olivenbaum
herüber getragen,
denn diesen feuchten Winter haben doch
einige meiner Topfpflanzen auf der Terrasse nicht überlebt.
Ich hoffe ja immer, dass es mir diesmal gelingt,
ein Bäumchen über den Winter zu kriegen.

Zu meinem zweiten Blick bin ich dann noch am Spätnachmittag gegangen:


Ausgewählt habe ich aus der Fülle der Fotos den Moment, 
bevor die Menschen auf die Kreuzung strömen.
Aber als "Bonus"-Foto habe ich für euch noch ein zweites:


Das Kind im roten Mäntelchen in der Bildmitte fand ich dann doch zu nett.

Diesmal gibt es wieder Übersichten:







Diesen Post verlinke ich wieder mit dem Blog von Eva Fuchs
und schicke gleichzeitig ❤️liche Grüße nach Niederösterreich.

                                                    

Sonntag, 25. Februar 2024

Mein Freund, der Baum: ( Europäische ) Lärche II

Über die Lärche, meinen allerliebsten Nadelbaum, habe ich an dieser Stelle im Blog schon einmal ein ganz, ganz persönliches Erlebnis aus meinen Kindertagen beschrieben, in dem das Lärchenwäldchen oberhalb des Hanggartens meines Elternhauses eine Rolle gespielt hat. Inzwischen habe ich eine neue, persönliche Lärche gefunden, nämlich die, die mir auf dem Kölner Nordfriedhof den Weg zum Grab meines Mannes weist ( und von daher regelmäßig Objekt meiner Fotografierereien ist ). Da ich damals vor über zehn Jahren gar nichts Botanisches über diesen herrlichen Baum geschrieben habe, liefere ich einen zweiten Beitrag unter der Rubrik "Mein Freund, der Baum" heute nach...

 

Die Europäische Lärche Larix decidua gehört zur Pflanzengattung Larix in der Familie der Kieferngewächse Pinaceae, die in gemäßigten Klimaten der Nordhalbkugel heimisch sind. Die Europäische Lärche war Deutschlands Baum des Jahres 2012. Lärchen wuchsen bereits vor 60 Millionen Jahren auf der Erde. Fossile Funde bestätigen, dass sie sich vor rund einer Million Jahren von Sibirien aus nach Europa ausbreiteten.

Das Verbreitungsgebiet der Europäischen Lärche sind hauptsächlich die Alpen, die Sudeten, die Karpaten/Tatra sowie das südöstliche Polen, wo der Baum vermutlich die letzte Eiszeit überdauert hat.  In den Alpen kommen Lärchen ab einer Höhe von 1400 Metern bis auf 2400 Meter vor. Aus wirtschaftlichen Gründen werden sie seit Jahrhunderten weit außerhalb ihrer natürlichen Verbreitungsgebiete in deutlich wärmeren Regionen angebaut, vor allem in mitteleuropäischen Mittelgebirgen, wo ihnen die globale Erwärmung erheblich zusetzt. Aus forstwirtschaftlicher Sicht ist die Lärche eine wertvolle Baumart wegen ihrer Frosthärte, ihrer Schneebruch- und Sturmfestigkeit sowie ihres gut bearbeitbaren und dauerhaften Holzes. 

Europäische Lärchen erreichen ein Alter von maximal 600 Jahren. Ältere Exemplare fand man allerdings im Wallis ( Blitzingen ), die im Jahre 1280 gekeimt haben müssen. Im Ultental in Südtirol stehen sogar drei Exemplare, deren Keimung um das Jahr 1150 stattgefunden haben muss.

Dieser auffällig-eigentümliche Baum, der sich vom sommerlichen Frischgrün bis in den Herbst ins leuchtend Goldgelb verwandelt, um nach kurzer Zeit kahl dazustehen, hat wohl seinen Namen Larix von den Galliern bekommen. Im Althochdeutschen hieß er "Laihta", "Larihha" oder "Lericha". Über "Larche" oder "Lerche". Im Mittelhochdeutschen kam es schlussendlich zum heute üblichen "Lärche" mit ä als klarer Abgrenzung zum gleichnamigen Vogel, der Lerche.

Dezember 2023 links, Februar 2024 rechts

Die Europäische Lärche ist ausgesprochen lichtbedürftig, passt sich aber als Pionierbaumart den standörtlichen Begebenheiten an. Sie kann eine Wuchshöhe von 55 Metern und einen Stammdurchmesser von anderthalb bis zwei Metern erreichen. Die Baumkrone ist unregelmäßig pyramidal bis schlank-kegelförmig, insgesamt sehr variabel. Die zylindrischen bis fast kugeligen Kurztriebe besitzen Ringe aus Schuppenüberresten. Die Rinde der Langtriebe ist anfangs hellgelb bis hell-gräulich-gelb und wird im zweiten oder dritten Jahr grau oder schwärzlich. 

Die Rinde des Lärchenbaumstammes ist in jungen Jahren glatt und grün- bis graubraun und wächst sich zu einer bis zu zehn Zentimeter dicken, tiefgefurchten, äußerlich grau-braunen, unregelmäßig schuppigen Borke mit rotbraunen Furchen aus.

Die Lärche entwickelt ein Herzwurzelsystem. Mit viel Energie verankert sie sich tief in kies- und steinhaltigen Böden. Dabei kommt es zu zahlreichen Wurzelverkrümmungen. Erreicht sie mit feiner Erde gefüllte Felsspalten, geht sie bis in zwei Meter Tiefe. Wurzelverletzungen verharzen rasch, so dass die Gefahr der Wurzelfäule kaum besteht. Die Böden, auf denen sie wächst, können über Kalkgestein als auch über Quarz- und Silikatgestein abgelagert sein. Dank der kräftigen, tiefverankerten Wurzeln festigt die Lärche, vor allem im Gebirge, erosionsgefährdete Waldböden.


Die Lärche ist ist sommergrün. Aus den höckerartigen Knospen an den rötlichbraunen Trieben wachsen im Frühling 20 bis 40 rosettenartig angeordnete Büschel mit vorerst hellgrünen, später nachdunkelnden Nadeln. Diese Nadeln sind zwischen 10 und 30 mm lang und 0,5 bis 1 mm breit. Sie besitzen eine schmale, meist abgeflachte Form und sind vorne stumpf oder nur wenig spitz. Sie sind sehr biegsam und weich. 

Gleichzeitig mit dem Nadelaustrieb spriessen auf den gleichen Ästchen die purpurroten, weiblichen und etwas später die rötlich-gelben männlichen Blüten. Man hat es also bei der Lärche mit einer einhäusigen Baumart zu tun, das heißt, männliche und weibliche Blüten kommen zwar auf dem gleichen Baum vor, werden aber in getrennten Blütenständen ausgebildet. Die weiblichen Blüten vergrünen zum Herbst mit  rosafarbenen Schuppenrändern

Nach dem erstem Frost im Herbst verfärben sich die Nadeln goldgelb und fallen später ab, die Nadeln sind also einjährig. Dies geschieht, um Schädigungen durch Frosttrockenheit an sonnigen Wintertagen zu vermeiden. Die abfallenden Lärchennadeln produzieren einen wertvollen Humus.

Links November, rechts Dezember 2023


Die reifen, aufrecht stehenden Zapfen der Europäischen Lärche sind hellbraun, eiförmig, 2,5 bis 4 cm lang und 1,5 bis 2 cm breit. Die rundlich, locker liegenden Samenschuppen weisen feine Streifenmuster auf, besitzen eine bräunliche Behaarung und sind am oberen Rand nicht oder nur minimal nach außen gebogen. Sie werden erst im nächsten Frühjahr reif. Die Samen sind geflügelt und verbreiten sich als Drehflieger. Nach dem Ausfliegen der Samen verblassen die Zapfen, die erst nach zehn Jahren mit dem Zweig zu Boden fallen.

Wie die meisten Bäume lebt auch die Lärche in Symbiose mit Pilzen. Bekannt ist zum Beispiel der Goldröhrling Suillus grevillei, der als guter Speisepilz gilt. Als Wurzelpilze kommen z. B. der Lärchenröhrling und der Fliegenpilz in Frage. Die fetten Lärchensamen dienen vielen Vögeln als Nahrungsquelle.

Das wohl bekannteste Insekt auf Lärchen ist der Graue Lärchenwickler. Die von graugrün, braun bis schwärzlich gefärbten Raupen dieses knapp 2 cm kleinen, grauen Falters höhlen im 7- bis 9-Jahres-Turnus die Nadeln aus. Ein weiteres schädigendes Insekt ist der Lärchenbock. Ein anderer, eher nicht erwarteter Feind unseres Lärchenbestandes ist das so geschätzte Eichhörnchen, das vielfach für das Absterben ganzer 10- bis 20-jähriger Lärchenbestände verantwortlich ist, weil es im obersten Kronenteil die Rinde bis ins Kambium abnagt, um an den Baumsaft zu gelangen, den es dann gerne schleckt.


Mit der Europäischen Lärche leicht verwechselt werden kann die Japanische Lärche Larix kaempferi, die sich aber deutlich durch rötliche Jahrestriebe, aufgerollte Zapfenschuppen und den steifen, ausladenderen Wuchs von ihr unterscheidet. Die ebenfalls in Mitteleuropa angebaute Hybridlärche Larix x eurolepis ist eine Kreuzung zwischen der Europäischen und Japanischen Lärche. Sie liegt im Aussehen zwischen den beiden Arten und ist ebenfalls leicht zu verwechseln. Die in den USA beheimatete Westamerikanische Lärche Larix occidentalis hingegen wird viel größer als unsere Art. Bei ihr werden Höhen bis zu 90 Metern gemessen.

Wegen der guten technischen Eigenschaften ihres Holzes hat die Lärche den Ruf der "Eiche unter den Nadelhölzern". Das witterungsbeständige, schwere Lärchenholz findet Verwendung im Erd-, Brücken- und Schiffsbau sowie bei Bauarbeiten unter Wasser ( dort wird es steinhart). Auch als Schindelholz ist es sehr beliebt. Im Innenausbau wird das braunrote, möglichst astfreie Kernholz zur Herstellung von Möbeln, Türen und Fenstern verwendet.


In der Mythologie steht die Lärche für Willensstärke und Selbstbewusstsein. Im Volksglauben beherbergen Lärchen den Menschen wohlgesonnene Wald- und Bergfeen, die verirrten Wanderern aus dem Wald helfen und Armen mit Geld gefüllte Beutel schenken. Pflanzt man sie ans Haus, sollen sie vor Blitzen, Zauber und bösen Geistern schützen. Durch die rötliche Färbung des Holzes glaubte man, in Lärchen schlügen keine Blitze ein. Im 1. Jahrhundert n. Chr. schrieb Plinius der Ältere: "Sie können weder brennen noch verkohlen und durch das Feuer nicht anders angegriffen werden als ein Stein.

In seinem Werk "Naturalis historiae" berichtete derselbe von dem großen Nutzen einer Lärchensalbe bei Rheuma, Gicht und Furunkeln. Auch bei Erkältungen sollte ihre schleimlösende Wirkung zur Genesung verhelfen. Bestandteile dieser Salbe waren Öle, Bienenwachs und Lärchenterpentin. Um letztgenanntes zu erhalten, wurde die Rinde angebohrt und das austretende Harz gesammelt. Auch heute noch schwört man in der Volksheilkunde auf die heilende Wirkung des Lärchenterpentins, was wissenschaftlich aber nicht verifiziert ist.

Ich hoffe, euch hat das Lesen meines ausführlicheren Textes über meinen Lieblingsbaum Spaß gemacht. Mit macht ihr eine Freude, indem ihr an dieser Stelle wieder eure Berichte über Bäume verlinkt, die ihr in diesem Monat entdeckt habt. Bis zum 30. März habt ihr dazu die Möglichkeit.

Samstag, 24. Februar 2024

Meine 8. Kalenderwoche 2024

"Wenn man mehr Bananen hat, als man essen kann, 
bilden sich immer mehr braune Flecken." 

"Moguntia" Johannes Bersch


"Mit der Wokeness-Panik wurde 

ein diskursiver Strohmann geschaffen...

Der Trick liegt darin, 

den ziemlich erfolgreichen Kampf 

um die Gleichberechtigung von Frauen

 und Minderheiten verzerrt darzustellen, 

als Unterdrückung von weißen Männern

 und heterosexuellen, fleischessenden Familien. 

Paradoxerweise ist die Liberalisierung der Gesellschaft

 so erfolgreich, dass sie nur mit Bezug 

auf den angeblichen Verlust von Freiheit 

bekämpft werden kann."

Houssam Hamade, Sozialwissenschaftler


Der vergangene Sonntag war sehr verregnet und sehr familienintensiv. So sehr, dass ich dann nur noch ein Foto vom Rest der Himbeertorte, die die Tochter gemacht hatte, geschafft habe. "We are family" - dieses Gefühl ist momentan wieder sehr wichtig.

Trotz Dauergrau blühen jetzt auch die Kirschpflaumen an der kleinen Kirche. Das taten sie immer wieder mal zu Karnevalszeiten, aber diesmal ist es amtlich bestätigt, dass am Montag die "Grünlandtemperatur" von 200°C für meine Stadt erreicht worden ist. Im Garten der Nachbarn blühen ja auch schon die Forsythien = "Erstfrühling" nach dem phänologischen Kalender.

Ich habe montags neben anderem weiter aufgeräumt, u.a. die Würzburger Hochzeitstruhe meines Mannes von seinen schulischen Hinterlassenschaften befreit. Darunter ist auch die alte "Kreta-Tasche" gewesen, die, bei unserem ersten gemeinsamen Griechenlandurlaub gekauft, fast dreißig Jahre an jedem Schultag auf dem Fahrradgepäckträger eingeklemmt die nötigen Unterrichtsmaterialien hin und her transportiert hat. Vorbei, vorbei! 

Am Dienstag habe ich dann in den leer geräumten Schubladen des Sekretärs meines Lebensgefährten alle an unterschiedlichen Stellen aufbewahrten Fotoalben & - bücher "zusammengeführt". Da wurde natürlich auch wieder viel erinnert an ein langes, gemeinsames Leben mit vielen Höhepunkten. 


Am Nachmittag bummelte ich nach der Physiotherapie auf den Spuren des Frühlings...  


... um mich dann mit einer Freundin im Bürgerzentrum zu treffen zwecks Austausch über Sorgen, die wir momentan gemeinsam haben.

Am nächsten Tag bin ich durch das Nachbarveedel über den alten Teil des Friedhofs zum Grab meines Mannes spaziert...
















... um dort ein paar Frühblüher aufzustellen. Ich genieße Natur & Ruhe dort immer wieder aufs Neue und meine Augen finden viele Anreize. Dabei laufe ich dann munter herum, ohne das Gefühl, dass es anstrengend werden könnte. Genau fünf Monate ist die Hüft-OP jetzt her.



Abends dann ein Treffen mit einer Freundin in der Pizzeria nebenan. Ein schöner Austausch, auch über das Sterben unserer gemeinsamen Freundin & Kollegin und über die geplante Trauerfeier nächste Woche!


Wow! Was für ein blauer Himmel beim Aufstehen am Freitagmorgen! So hübsch ist das Innere einer Passionsfrucht, die ich zum Frühstück ausgelöffelt habe.


Ich gebe zu, Sonnenschein vermag mich zu motivieren: Und so hab ich die Vorhänge in Bibliothek & Schlafzimmer gewaschen, gebügelt und wieder aufgehängt. Vor dem Schlafzimmerfenster entfalteten sich die Magnolienblüten weiter.


Vieles lässt momentan mein Gedankenkarussell kreiseln ohne Ende, Privates wie (Welt-) Politisches. So bleibt es mir nach dem Tod Nawalnys ein Rätsel, wo die Apologeten und Apologetinnen der Verhandlungen mit Russland jetzt noch die Basis für Friedensgespräche sehen. ( Mal abgesehen davon, dass Medwedjew sich in dieser Woche wieder mal über einen möglichen Atomwaffeneinsatz Richtung Washington, Berlin und London ausgelassen hat. )

Aber auch das Bild, das der moralisch sich doch überlegen fühlende Westen sich in puncto Assange abgibt, gefällt mir nicht. Kopfschütteln löst bei mir aus, wie Mitmenschen, darunter auch führende  Politiker mit denen umspringen, die die enormen Herausforderungen unserer Zeit angehen. Die werden jedenfalls nicht dadurch gelöst, dass diejenigen einem dauerhaften bashing unterzogen werden, die sich der Probleme, die uns eigentlich auf den Nägeln brennen sollten, annehmen. 

Aufregen könnte mich auch, wie immer schlimmer gelogen und Tatsachen verdreht werden ( Trump vergleicht sich selbst z.B. mit Nawalny und Söder Steffi Lemke mit Margot Honecker ) und der Rahmen des Gebrauchs bestimmter Begriffe immer weiter ausgeweitet wird. Man könnte fast meinen, dass die Blaunen sich ein eigenes Wörterbuch aufbauen. Da wird dann verbal ein demokratisches Miteinander delegitimiert und menschenfeindliches Denken oder gar ein solcher Umgang normalisiert. Sprache eignet sich optimal dafür, einen kulturellen Wandel herbeizureden, der einen Systemwechsel möglich macht. Die Richtung, in die es nach deren Meinung allerdings gehen soll, ist nicht meine.

Ich hab mich in dieser Woche dann in eine Art Frühjahrsputz in meinen eigenen vier Wänden gestürzt, von wegen Selbstwirksamkeit oder so...

Jetzt setze ich mich aber erst einmal zu den Samstagsplauscherinnen bei Andrea Karminrot, bringe meine Sonntagsschätzchen bei der Zitronenfalterin unter und mein Winterglück bei der Gartenwonne und schließlich noch bei Heidruns Mosaic Monday.

Freitag, 23. Februar 2024

Friday - Flowerday #8/24

 

Auch in dieser Woche gibt es im Hause Kitchi einen großen Blumenmix.


Ginster, Heidelbeer- & Birkenreiser sowie Wachsblümchen stützen...

... gefüllte Anemonen, lila Tulpen, pinkfarbene Nelken, Sterndolde und Helleborus.


Die Anemonen ähneln Strohblumen.


Abschließend wieder das gesamte Blumenstillleben: 


Allen Freundinnen der Freitagsblümchen &
Blogleser*innen
wünsche ich ein schönes Wochenende.

                                                             

Und hier wieder die Verlinkungsmöglichkeit für eure Freitagsblümchen:

Donnerstag, 22. Februar 2024

Great Women #368: Lotte Zweig

Ich bleibe wie zuletzt in jenen unseligen Zeiten der Geschichte unseres Landes und wende mich auch an diesem Donnerstag einer Frau zu, deren Schicksal tragisch geendet ist. Es geht heute um Lotte Zweig, der Ehefrau eines der auflagenstärksten Schriftsteller der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, einem Vermittler zwischen Menschen, Völkern und Kulturen, nämlich Stefan Zweig.

Lotte Zweig kommt am 5. Mai 1908 als Charlotte Elisabeth Altmann, kurz Lotte genannt, in Kattowiz in Schlesien als jüngstes Kind von Therese "Tirzah" Hirsch und Josef Georg Altmann (*1866 in Kattowitz) zur Welt. Das Ehepaar hat schon drei Söhne: Hans Siegfried "Jan" (*1896), Manfred (*1900) und Richard (*1905). 

Die Familie Altmann,
Lotte ganz rechts
(1918)

Die Mutter ist - im Gegensatz zu ihrem Ehemann - 1868 in Frankfurt am Main geboren und eine Enkelin des Rabbiners Samson Raphael Hirsch, dem führenden Vertreter des neo-orthodoxen Judentums im Deutschland des 19. Jahrhunderts. Aufgrund dieser Herkunft ist es nicht verwunderlich, dass die Mutter die Bräuche und religiösen Regeln des Judentums strenger beachtet, als es ihre Kinder je tun werden. 

Die Altmanns betreiben in Kattowitz einen Handel mit Eisenwaren & Bergbauausrüstung und wandern nach Frankfurt am Main aus, als Oberschlesien 1920 teilweise an Polen abgetreten wird. Den Betrieb führen die beiden älteren Brüder in Polen weiter. In Frankfurt hat die Familie ebenso Besitzungen wie in Kattowitz und Beuthen ( heute Bytom ) im Oberschlesischen Kohlerevier.

Über Lottes Kindheit ist wenig in Erfahrung zu bringen. Sie wechselt wohl häufiger die Schule und ist wohl länger krank - ein allergisches Asthma ist verifiziert - und versäumt damit ein Schuljahr. So kommt es, dass sie erst 1929 zur Reifeprüfung auf ihrem Realgymnasium antreten, aber schon vorher auf Antrag an Lehrveranstaltungen der Frankfurter Universität teilnehmen kann. Ihr Berufsziel ist Bibliothekarin und ihr Studium umfasst die Sprachen Englisch wie Französisch sowie Volkswirtschaft. Zwischendurch studiert sie je ein Semester in Berlin und Kiel.

Mit Nichte Eva
(1931)
Während dieser Zeit sind die Nationalsozialisten an die Macht gekommen und haben wegen angeblicher Überfüllung der Universitäten ein Reichsgesetz erlassen, das sich gegen jüdische Studierende richtet - bereits ein Vierteljahr nach der Machtergreifung! Lotte ist also schon im Mai 1933 gezwungen, umgehend einen "Fragebogen für nichtarische Studierende" auszufüllen. Hoffnungen auf einen Verbleib an der Uni dürfte sich die 25jährige nicht gemacht haben, denn arisch ist keiner ihrer Vorfahren gewesen. Schon am 14. Juni 1933 erhält sie dann auch ihr Abgangszeugnis und muss nach sieben Semestern die Universität ohne Abschluss verlassen.

Die Familie hat wohl sehr schnell begriffen, wohin die Reise im Nazideutschland geht: Lottes acht Jahre älterem Bruder Manfred ist seine Stelle als Arzt an der Charité gekündigt worden, weil auch jüdische Akademiker aus öffentlichen Einrichtungen ausgeschlossen werden. Schon im Mai 1933 begibt er sich nach England zusammen mit seiner Frau Hannah, ebenfalls Medizinerin, die sich in Deutschland auf das Gebiet der Psychiatrie spezialisiert hat und in London mit der Psychoanalytikerin Anna Freud ( siehe dieser Post ) zusammenarbeiten wird. Mit dabei die gemeinsame 4jährige Tochter Eva. Ihm wie Lotte ist das Land von Verwandtenbesuchen und Urlaubsreisen gut bekannt.

Manfred bewegt auch seine Schwester, Deutschland so schnell wie möglich zu verlassen. Ende Juni lässt die sich einen Reisepass ausstellen, um die Familie in London zu besuchen, wie sie bei ihrem Antrag angibt. Drei Monate darf sie im Land bleiben. Sie schreibt sich im Wittingham College in Hove an der Kanalküste ein, um ihr Englisch zu verbessern. Ab September wohnt sie dann beim Bruder in Nordwest London. Ihr Visum wird sogar verlängert, arbeiten darf sie aber nicht. Auch der Bruder darf noch keine Arztpraxis eröffnen.

Lotte meldet sich schließlich bei der Organisation für jüdische Flüchtlinge im Woburn House, die mehr oder weniger inoffizielle Tätigkeiten vermitteln. Um sich weiter zu qualifizieren, lernt sie Schreibmaschine schreiben und beschäftigt sich mit Aktenführung. Ihr Ziel jetzt: Sekretärin. Im Frühjahr 1934 bekommt sie die Chance, für den berühmten Schriftsteller Stefan Zweig, der sich in Österreich nicht mehr sicher gefühlt hat und nun in London weilt, zu arbeiten.

1934
Stefan Zweig, am 28. November 1881 in Wien im damaligen Österreich-Ungarn in eine wohlhabende jüdische Unternehmerfamilie geboren, hat schon vor der Matura 1899 in Zeitschriften Gedichte veröffentlicht und während seines Philosophiestudiums Feuilletonbeiträge. 1904 promoviert er und seine erste Novelle & ein Gedichtband erscheinen. Nach und nach entwickelt er seinen ganz eigenen Schreibstil, arbeitet als Journalist und Übersetzer. Veröffentlicht werden seine Werke im Insel Verlag der Kippenbergs ( siehe auch dieser Post ).  
Zweig pflegt einen großbürgerlichen Lebensstil und reist sehr viel. Mit dem 1. Weltkrieg wird er als 'untauglich' eingestuft und arbeitet im Kriegsarchiv und beginnt nach desillusionierenden Nachrichten über die Kriegszustände "meinen persönlichen Krieg [...]: den Kampf gegen den Verrat der Vernunft an die aktuelle Massenleidenschaft". Nach dem Krieg lebt er in dem von ihm zuvor erworbenen Paschinger Schlössl auf dem Salzburger Kapuzinerberg und heiratet zu Beginn des Jahres 1920 die  geschiedene Friderike Winternitz, die zwei Töchter in die Ehe mitbringt. Der Schriftsteller engagiert sich vehement gegen Nationalismus und Revanchismus und wirbt für die Idee eines geistig geeinten Europas. Seine Prosawerke und romanhaften Biografien ( über Joseph Fouché & Marie Antoinette z.B.) finden ein begeistertes Publikum. Jährlich bringt er ein neues Werk heraus, 1927 das bekannte "Sternstunden der Menschheit. Fünf historische Miniaturen". 1934 flieht er aus Salzburg nach London, nachdem die Polizei sein Schlössl nach Waffen durchsucht hat. Von seiner Ehefrau lebt er seitdem partiell getrennt. Er muss auch seinen deutschen Verlag wechseln, um weiterhin sein deutschsprachiges Publikum mit seinen Werken versorgen zu können.

Wie Lotte zu Stefan Zweig gekommen ist, darüber gibt es zwei Erzählungen: 

Die eine besagt, dass der Kontakt über den gemeinsamen Bekannten Peter Smolka, Londoner Korrespondent der "Neuen Freien Presse", für die Zweig selbst früher geschrieben hat, zustande gekommen ist. Lottes Bruder ist Arzt der Familie Smolka.

Die andere ist Friderike Zweigs Fassung. Sie habe bei der jüdischen Flüchtlingsorganisation im Woburn House nach möglichen Bewerberinnen gefragt. Da Lotte beim "Jewish Refugees Committee" gemeldet gewesen ist, könnte es durchaus zu einer zusätzlichen Empfehlung gekommen sein, so Oliver Matuschek an dieser Stelle. "Die eine Variante der Geschichte schließt die andere keinesfalls aus."

Lotte arbeitet also ab März, spätestens aber April 1934 für den Schriftsteller, der immer viel unterwegs ist und sich brieflich über seine Sekretärin in seinen Obliegenheiten informiert & Kontakt hält. Zwischenzeitlich muss sich Lotte allerdings mit ihrem Bruder nach Frankfurt begeben, da ihr Vater dort schwer erkrankt ist. In seinem allerersten Brief an Lotte vom 1. Mai 1934 drückt Zweig aus, dass er ganz bei ihr und ihrer Familie sei und dass er wohl die Wichtigkeit der Fertigstellung seiner Arbeit übertrieben habe. 

Joseph Georg Altmann stirbt am gleichen Tag mit 68 Jahren. Die Geschwister werden Deutschland aber so schnell wie möglich wieder verlassen. Zweig teilt Lotte acht Tage später mit, dass er an sie gedacht habe und hoffe, dass sie wieder zur inneren Ruhe kommen werde, und er sich auf sie freuen würde.

Am 14. Mai landet Lotte in Dover und erhält abermals eine dreimonatige Aufenthaltserlaubnis. Bedingung: keine bezahlte wie unbezahlte Arbeit! Offiziell gibt sie wieder einen Familienbesuch an und die Zeile zur Berufsbezeichnung lässt sie frei. Zweigs Frau tut ihr in einem Brief kund, dass ihr Mann mit ihr gerne weiterarbeiten würde. In dieser Zeit plant der Schriftsteller auf Recherche für sein Buch über Maria Stuart nach Schottland zu reisen. Lotte begleitet ihn. Nach der Rückkehr erkrankt sie allerdings am "Wimbledon throat", einer durch den Feinstaub in der Londoner Luft hervorgerufenen Reizung der Atemwege. Er schreibt ihr:

"Manchmal habe ich das Gefühl, als ob Ihnen Ihr eigenes Glück nicht wichtig genug wäre, als ob Sie nur nehmen wollten, was Ihnen zufällt, ohne ihm einen Schritt entgegenzugehen, als ob Sie nicht genug Mut hätten, glücklich sein zu wollen. Wenn ich Ihnen da doch helfen könnte und ein Beispiel geben."

Dann muss er überstürzt nach Salzburg reisen. In einem weiteren Brief von unterwegs heißt es:

"Ich glaube Ihnen nämlich wirklich schlecht und unzulänglich gedankt zu haben, für alle Güte, die Sie mir erwiesen haben. Es ist nicht leicht wie Sie als junges Mädchen meinen, jemanden zu finden, der mit solcher Hingabefähigkeit Wünsche versteht und sogar errät; mir ist es immer ein Angstgefühl, als sei ich zu alt, zu zeitfremd um von einem jungen Menschen ein wirkliches Eingehen erhoffen oder gar verlangen zu können [...] glauben Sie mir das, dass in all diesen Wochen nicht eine einzige Missstimmung zwischen uns war. Ich bin vielleicht keine ganz leichte Natur..."

Das ist meinem Empfinden nach nicht nur ausgesprochen höflich, sondern wertschätzend, und vielleicht ist Lottes Verhalten wirklich eine sehr angenehme Überraschung für den 53jährigen, der vom zickigen Verhalten seiner Stieftöchter Alix und Suse, im gleichen Alter wie Lotte, immer wieder aufgerieben wird.

In Folkestone
(1934)
Lotte verfügt allerdings auch über viele Qualitäten, die dem umtriebigen Vielschreiber zugute kommen: 

Sie spricht Englisch sehr viel besser als er, ist in der Lage Schreibmaschine zu schreiben und mit seinen mehrfachen Durcharbeitungen seiner Texte zurechtzukommen und sie immer wieder neu zu tippen, sie kann Ordnung halten - ihre Ablageorganisation scheint beeindruckend gewesen zu sein! Sie ist außerdem in der Lage, die Übersicht zu behalten, was die Rechte Stefan Zweigs über seine Bücher weltweit bzw. Filme betrifft, denn die werden alle von ihm selbst verwaltet und in einem sogenannten "Hauptbuch" festgehalten. Auflage, Übersetzer, Bezahlung ("Angabe, Fälligkeit und Endgültig") werden darin notiert. Auch das übernimmt jetzt Lotte.

Darüberhinaus koordiniert sie seine Arbeit in zwei Büros und auf Zweigs Reisen zwischen London und Salzburg und in andere europäische Städte. All das hinterlässt einen Eindruck von Lotte Altmann als tatkräftige und intelligente junge Frau, die selbstbewusst und mehrsprachig, die unzähligen Reisen ihres "Chefs" organisiert.

Die noch in London entstandenen Kapitel der "Maria Stuart" schreibt sie mit der Maschine und schickt sie ihm z.B. nach Klosters in der Schweiz hinterher, wo er sie wieder und wieder umarbeitet. Selbst als Lotte gemeinsam mit ihrer Mutter Therese, die inzwischen auch in London im Exil ist, in der Grafschaft Kent unweit von Folkstone Urlaub macht, ist sie für die Angelegenheiten des Schriftstellers da, der die "Maria Stuart" im Oktober 1934 "völlig erledigt haben" will. "Entschuldigen Sie mich bei Ihrer Frau Mutter, wenn ich Sie ihr für ein paar Tage wegnehme, ich täte es nicht, wenn ich nicht so gehetzt wäre und bitte erholen Sie sich gut...", schreibt er ihr noch aus der Schweiz.

Im Oktober 1934 erhält Lotte in England eine Aufenthaltsverlängerung für ein Jahr und begleitet den Schriftsteller und seine Frau zum Jahresende hin auf deren Reise nach Südfrankreich und verbringt Vorweihnachtstage mit ihnen bei einem Abstecher nach Monte Carlo. 
"Wenige Tage nach Neujahr 1935 ereignete sich im Hotel in Nizza ein Vorfall, der einzig durch Friderike Zweig überliefert ist," so Oliver Matuschek in seinem Buch. "Was auch immer Friderike gesehen hatte, es gab für sie seither keine Zweifel daran, dass Lotte Altmann die Geliebte ihres Mannes war."
Zweig habe alle Schuld auf sich genommen, und Lotte habe ihr versichert, dass der Vorfall nicht der Rede gewesen sei, so Friderike Zweig später. Lotte reist schließlich, wie vorher schon geplant, weiter nach Sestrières in Italien. 

In einem Brief sofort nach ihrer Abreise an sie erwähnt Stefan Zweig die Sache mit keinem Wort. Am 10. Januar geht er an Bord eines Schiffes, das ihn nach Amerika bringen soll. Dort liegt schon ein Brief von Lotte an ihn in der Kabine bereit, den er an Friderike weitergibt und der nur noch in einer Abschrift ihrerseits heute vorhanden ist - aufgrund vielerlei Indizien eine unsichere Quelle. In Lottes Brief wird der Schriftsteller geduzt und ihm u.a. versichert, dass sie ihn gern habe und wie glücklich er sie durch seine Freundschaft gemacht habe. Einzige Bestätigung, dass es einen solchen Brief gegeben hat, ist seine Erwähnung in  Zweigs nächstem Schreiben an Lotte, ohne dass er auf dessen Inhalt eingeht, sowie die - einmalige - Anrede "Fräulein Lotte" und die - ebenso einmalige - Unterschrift Stefan Z. 
Er wählt die Formulierung "wirklich lästige Scene", sein "Pech" und dann, "dass es besser ist, wenn gewisse Klarheiten geschaffen werden. Ich bin gewisser Versteckspiele müde, sie passen nicht mehr zu mir und manches was einem wichtig ist, muss man sich eben durchkämpfen. Sie dürfen mir glauben, liebes Fräulein, dass mich die innere Verantwortung sehr drückt, ich weiss wie schwer es sein wird, dieses Unternehmen weiter durchzuhalten, welche Kämpfe es auch noch kosten wird, aber es wäre unmännlich, nicht eine schöne Sache auch mit Schwierigkeiten durchzustehen."

Als er im Februar 1935 nach London zurückkehrt, bleibt er nur eine Woche und macht sich dann unter Umgehung von Nazideutschland auf den Weg nach Österreich. Dort & in der Schweiz bleibt er aus den vielfältigsten Gründen - u.a. dem labilen Gesundheitszustand seiner Mutter in Wien - bis Juli 1935. Lotte ist in dieser Zeit arbeitslos und lebt von der Unterstützung ihres Bruders, bei dem sie wohnt. Wie es ihr geht, weiß man nicht. Er selbst schreibt im Mai: "... seit ich fort bin, liegt alles bei mir auf der schwarzen Seite und damals war alles hell und gut".

Trotz der offensichtlichen Verbundenheit bleibt die Sprache in seinen Briefe an Lotte immer distanziert und sachlich. Zwar klingt eine Herzlichkeit durch die Zeilen, die er schreibt, aber es kommt zu keinen wirklichen Bekenntnissen oder Gefühlen, die über eine menschliche Anteilnahme am Wohlbefinden Lottes hinausgehen. Auch über die nächsten Jahre bleibt die Anrede immer bei "Liebes Fräulein Altmann". Es drängt sich der Verdacht auf, dass der berühmte Schriftsteller zwar längst mit seiner Ehe abgeschlossen hat, er sich aber nun nach anfänglicher Euphorie in einer Phase der Unentschlossenheit und großer Zerissenheit befindet. Auf jeden Fall lässt er die junge Frau über Monate im Ungewissen über seine Zukunftsplanungen.

Was ist das nur für ein Mensch gewesen, diese mir extrem langmütig vorkommende 27jährige Lotte Altmann? Von ihrer Nichte Eva wird sie später so beschrieben: 

"Sie war wie mein Vater. Sehr still, sehr ruhig, sehr geradlinig. Stefan sprühte vor Leben, er war entzückend, wenn es ihm gut ging. [...] Lotte hingegen war immer dieselbe, immer lieb, immer still, sie liess sich durch nichts aus der Ruhe bringen." ( Quelle hier

Dieses Introvertierte, Zurückhaltende macht das Zusammensein mit ihr wohl angenehm, ebenso ihr kulturelles Interesse, ganz ohne eigene Ambitionen, was in Zweigs Beziehung zu Friderike vielfältigste Probleme hervorgerufen hat. Oliver Matuschek bezeichnet sie als "ganz normale Frau", die versucht unter den durchaus widrigen Umständen ein ganz normales Leben zu führen, was dem renommierten und zu Depressionen neigenden Autor prinzipiell gut tut. 

Erst im Hochsommer 1935 trifft Lotte schließlich in Zürich wieder auf ihn. Zusammen mit zwei jungen Schriftstellerfreunden, die hinterher von Lotte - "einem gescheiten Geschöpf mit melancholischen Augen", so Erich Ebermayer, einer der beiden - als Zweigs Freundin sprechen werden, unternimmt man eine Tour mit dem Auto in die Berge,  nach Pontresina & St. Moritz. 

Anschließend geht man aber wieder getrennter Wege, er nach Wien bzw. Marienbad, sie nach London. Dort muss sich Lotte wieder mit familiären Problemen herumschlagen, da es im väterlichen Unternehmen in Kattowitz zu Unstimmigkeiten über das Erbe gekommen ist. Sie ist unschlüssig, ob sie zu ihren Brüdern Hans & Richard nach Polen reisen soll. Noch sprunghafter zeigt sich der Schriftsteller in diesen Tagen, als er immer wieder mit ihr geplante Treffen in europäischen Metropolen verschiebt bzw. absagt. Am 27. September trifft er schließlich wieder in London ein, wo er nun endgültig seinen Wohnsitz nehmen wird.

Um die Jahreswende 1935/36 unternimmt das Ehepaar Zweig seine übliche "Winterfrische" in Nizza. Lotte ist wieder mit von der Partie. Stefan Zweig scheint in dieser Zeit schon ein paar Weichenstellungen für seine Zukunftsplanung vorzunehmen, von denen seine Noch-Ehefrau nichts weiß. In London setzt er sich für eine dauerhafte Arbeitserlaubnis für das "Fräulein Altmann" ein, die zunächst für ein halbes Jahr gewährt wird, dann aber immer anstandslos verlängert wird. 5 Pfund zahlt er ihr pro Woche und der Salzburger Sekretärin kündigt er.

In Südfrankreich arbeitet Lotte mit dem Schriftsteller, besucht mit ihm aber auch Freunde, bevor man sich Mitte Februar erneut in London einfindet. Dort hat Friderike Zweig inzwischen die Dichterwohnung eingerichtet, wohl in der Hoffnung, ebenda auch einen Anspruch auf ein Wohnrecht zu haben. Es kommt zu Auseinandersetzungen schriftlicher Art, bei der der sonst so distinguierte Wiener manches Mal verbal aus der Rolle fällt. Eigentlich geht es aber immer um die Frage, wie man sich trennen sollte. Über Lottes Gemütszustand in jenen Tagen ist mangels schriftlicher Zeugnisse nichts in Erfahrung zu bringen. Es ist anzunehmen, dass es für alle Beteiligten ein quälender Zustand gewesen ist. Er schreibt einmal an Lotte: "Von meinem privaten Ärger könnten drei Familien bequem auskommen."

Am 8. August 1936 startet Zweig von Southampton aus seine erste Südamerikareise nach Brasilien und Argentinien - zum Pier begleitet und alles wieder wohl organisiert von Lotte, die mit ihrer Mutter anschließend nach Österreich auf Sommerfrische geht. Bei der Rückkehr am 6. Oktober nimmt ihn dann allerdings Friderike in Empfang. 

Noch vor dem Jahreswechsel bringt Stefan Zweig in Österreich seine Finanzen in Ordnung und verlagert einen Teil seines Vermögens in die USA, um dann von Zürich ausgehend mit Lotte eine Reise nach Süditalien zu unternehmen. Für Freunde dort ist sie ganz selbstverständlich die Frau an seiner Seite.Wie die beiden die Situation selbst erleben, bleibt rein spekulativ.

Schließlich gelingt es ihm, sein Salzburger Schlössl zu verkaufen und einen Trennungsvertrag mit seiner Noch-Ehefrau zu schließen, bevor Lotte, ihre Mutter und Zweig gemeinsam nach Prag und Marienbad reisen. Die familiären Querelen halten nur weiterhin an und kommen auch den übrigen Mitgliedern der Zweig-Familie zu Ohren, was er gerade in Bezug auf seine kranke Mutter verhindern hat wollen. 

Bücherverbrennung in Salzburg
(April 1938 )
Wie schon über lange Zeiträume im Jahr 1937 hinweg verbringen Lotte & Zweig Aufenthalte in London und unterwegs auf Reisen auch im darauf folgenden Jahr weitestgehend gemeinsam, so auch Anfang 1938 nach Portugal, Marokko und Frankreich, als im März 1938 der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich erfolgt. 

Zweigs Bücher werden verbrannt, sein Reisepass ungültig. Er wie Lotte erhalten nun ein englisches "Certificate of Identity". Lotte kann allerdings mit ihrem noch gültigen deutschen Reisepass mit Schwägerin Hannah nach Danzig und von dort aus nach Kattowitz reisen, während in Deutschland die Synagogen brennen, Geschäfte geplündert und jüdische Menschen getötet,  gedemütigt, verhaftet, misshandelt und vergewaltigt werden. Ihr Bruder Hans wird ebenfalls nach London emigrieren, Richard ist zuvor schon nach Kairo ausgewichen. Zuvor, im August, ist Stefan Zweigs Mutter Ida in Wien gestorben.

Am 22. November 1938 wird dann die Ehe von Friderike und Stefan Zweig vor dem Landgericht Salzburg geschieden. Beide ehemaligen Ehepartner lassen sich durch Anwälte repräsentieren, denn für Juden ist eine Einreise nach Österreich zu gefährlich. Einen Monat später tritt Lotte Altmann gemeinsam mit Stefan Zweig eine Schiffsreise von Southampton nach New York City an zu einer Vortragsreise durch die USA und Kanada, die bis zum 8. März 1939 andauern wird. Immer noch firmiert sie offiziell als seine Sekretärin, es gibt getrennte Schiffskabinen & Hotelzimmer. Aber die Briefe - wieder nur von ihm erhalten - an ihre Familie in London ändern sich vollkommen in ihrem Stil, klingen vertraut und wertschätzend, und Zweig scheint sich in der Rolle des "Beinahe - Großvaters" der 10jährigen Nichte Lottes wohl zu fühlen.

Den Rest des Jahres verbringen die beiden wieder ganz im Land, ständig um die leidige Einbürgerung bemüht und um einen ruhigeren Rückzugsort im Vergleich zu London, die dem Schriftsteller ein störungsfreieres Arbeiten ermöglichen soll ( geplant ist ein Buch über Balzac ). In London werden bei ihm inzwischen immer mehr Exilanten vorstellig, die vom Schreiben abhalten. Auch die Sicherheitsfrage spielt eine Rolle, denn London könnte im Kriegsfall ein erstes Luftangriffsziel der Nazis sein.

Ausgewählt wird Bath, eine geschichtsreiche, kleinstädtische Südengland-Idylle in der Grafschaft Somerset, weniger als 200 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Im Juli mietet man sich dort in einer Pension ein und macht sich auf die Suche nach einem Haus. Schließlich findet man ein renovierungsbedürftiges Haus aus dem 19. Jahrhundert -  "Rosemount" - am Stadtrand auf dem Lyncombe Hill. Am 1. September 1939 - am Tag des Angriffs der Deutschen auf Polen - meldet Zweig auf dem Standesamt der Stadt die Trauung mit Lotte Altmann an. 

"Rosemount" Bild links, die Zweigs mit Nichte Eva rechts

Fünf Tage später findet die Hochzeit statt mit Lottes Schwägerin und einem mit dem Ehemann befreundeten Juristen als Trauzeugen. Größere Feierlichkeiten gibt es nicht, und Stefan Zweig wird den Verwaltungsakt gegenüber seinem Schwager scherzhaft als "ein Kriegsunglück" bezeichnen. 

Derweil machen sich Hannah und ihre Schwester Martha Kahn in London daran, den Zweigschen Haushalt zusammen mit Lotte für den Umzug vorzubereiten, während der Schriftsteller, merklich gestresst, die am Haus notwendigen Bauarbeiten organisieren muss. Auch meldet er bei seiner Schwägerin Zweifel an, ob seine frisch Angetraute je einen solchen Haushalt werde führen können. 

Mitte Oktober kann der Einzug in "Rosemount", zusammen mit Martha Kahn als Haushälterin, Lottes Nichte Eva und ihrer zwei Jahre älteren Cousine Ursula Mayer - man hat befunden, dass es für die Kinder im Falle eines Kriegsfalles auf dem Lande sicherer sei als in London - stattfinden. Dass sich Lotte - ganz "normale Frau", die sich endlich ein Heim einrichten kann - gleich auf eine Einkaufstour nach London begibt, darüber entrüstet sich der Ehemann, der nur seine Ruhe haben will, und beschreibt ausführlich eine aufgrund ihrer Mängel missglückte Teezeremonie in einem Brief an die Schwägerin. Lottes lässige Art der Haushaltsführung passt ihm gar nicht, und er sieht demzufolge auch die Haushälterin als mehr als überlastet an. 

Schließlich kommt ein junger Ire noch als Faktotum dazu, später noch ein Gärtner. Es gibt bald Hühner, man denkt an Katzen und einen Hund, und Lotte verfeinert die Einrichtung weiter, um aus ihrem Haus ein veritables home zu machen, denn ein gemeinsames Weihnachtsfest mit den "Hannafreds" ist auch Stefan Zweig eine Herzensangelegenheit, und es werden, auch dafür, viele Lebensmittelvorräte feinster Art angelegt.

"Und es ist einem fast, als seien sie jetzt dort angekommen, wo Zweig mit seiner scheuen, etwas körperlosen Freundschaftsliebe immer schon hinwollte. Aus dem einsamen, mit seiner Frau und deren Töchtern zerstrittenen, ruhelos reisenden Stefan Zweig wird – zeitgleich mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges – ein Familienmensch samt geschätzter stabilitas loci", schreibt Andreas Isenschmid an dieser Stelle.

Am 15. März 1940 werden Stefan und Lotte Zweig endlich auch offiziell Untertanen der Britischen Krone. Doch nicht einmal ein Jahr gemeinsamen Lebens ist ihnen in "Rosemount" vergönnt: Dach und Heizung sind zwar endlich dicht und die letzten Handwerker aus dem Haus, die Kinder bringen die ersten guten Zeugnisse nach Hause und tausend Seiten des Balzacs sind geschrieben. Doch nun, nach dem Beginn des Weltenbrandes mit dem Überfall Polens, der Besetzung Frankreichs  im Sommer 1940 und dem erwarteten Überfall Englands durch Hitlers Armeen, ist bei Stefan Zweig das Gefühl übergroß, dass der Krieg alles zerstört, worauf sein Leben und Werk gefußt hat.

Am 25. Juni 1940 verlassen Stefan und Lotte Zweig auf dem Passagierschiff "Scythia" England in Richtung New York City, noch nicht wissend,  dass dieser Abschied aus Europa für immer sein wird. Am 11. Juli 1940 nach ihrer Ankunft schreibt Stefan Zweig in einem Brief an Richard Beer-Hofmann: "Der Sieg der Gewalt macht mich heimatlos."

Lotte ist jetzt auf Gedeih und Verderb von ihrem berühmten, aber zunehmend depressiver werdenden Mann abhängig. Sie tippt weiterhin seine Manuskripte, sie kümmert sich um das Hauspersonal, sie sorgt für österreichisches Essen zwischen all den Empfängen und Hotelaufenthalten in New York, in Buenos Aires, in Uruguay. Doch sie muss sich auch eingestehen, dass es ihr nicht gelingt, ihren Mann aus seinen Depressionen herauszureißen. So schreibt sie beispielsweise in einem Brief im Juli 1941 an ihre Schwägerin:

"Ich wünschte ich wäre eine Art Mensch, der andere heiter stimmen und ihnen Mut und Hoffnung zusprechen kann. Meine gute Eigenschaft ist, dass ich jede Art von Leben aushalten kann, ohne mich zu beschweren oder mir selbst leid zu tun. Ich kann ihm jedoch seine gegenwärtige Stimmung nicht ausreden und kann nur darauf warten, bis sie zu Ende ist, wie das auch schon früher der Fall war. Glücklicherweise hält sie ihn nicht von der Arbeit ab, sondern spornt ihn ganz im Gegenteil dazu an, mehr und mehr zu schaffen."

Lotte sieht sich also als eine, die sich dem Leben stellen kann und dem, was es von ihr verlangt. Aber sie sieht sich nicht in der Lage, es zu ändern. Friderike Zweig wird später durchblicken lassen, dass mit ihr an seiner Seite Zweigs Ende nicht so verlaufen wäre, wie es verlaufen ist...

In Argentinien

Schon im August 1940 hat man eine Schiffsreise nach Südamerika - Argentinien, Paraguay und Brasilien - auf der "Argentina" unternommen, um für ein Buch über Brasilien zu recherchieren. Zurück in New York im Juli 1941 arbeitet der Schriftsteller an seinem autobiographischen Werk "Die Welt von Gestern", um im August des Jahres mit Lotte wieder mit dem Schiff nach Rio de Janeiro zu reisen.

Das Paar besucht auch das fünfzig Kilometer von Rio entfernte, hoch in den Bergen gelegene Petrópolis, die einstige Sommerresidenz des brasilianischen Kaisers Pedro II., des Enkels des österreichischen Kaisers Franz I. Es ist ein Stück des längst untergegangenen k. u. k. Österreichs mitten in den Tropen. Für einen Moment sind die Depressionen vergessen. 

"Bei aller Primitivität nur endlich nicht im Hotel wohnen und vier, fünf Monate keinen Koffer mehr sehen!", lässt sie dort einen Bungalow von 50 Quadratmetern Wohnfläche anmieten, im Hof wohnen Angestellte, "rührend hilfswillig … zwei Mädchen und Gärtner, der die Wege macht, 5 Dollar im Monat!" Der Bungalow besitzt eine Veranda, ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer, ein Büro, ein Bad und eine Küche. Lotte muss alles neu organisieren und schreibt Ende September an Hannah: "Für mich ist das Leben im Moment ein bisschen schwierig, weil ich in meinem schwachen Portugiesisch einer Bediensteten, die nichts vom Kochen versteht, das wenige erklären muss, was ich davon verstehe." Natürlich kommt österreichische Küche auf den Tisch.

Arbeit an der "Schachnovelle" in Pétropolis
Er hingegen stürzt sich in die schriftstellerische Arbeit: Mit der "Schachnovelle" gelingt ihm ein Meisterwerk. Darin leistet ein Wiener Rechtsanwalt der psychologischen Folter der Gestapo Widerstand, indem er im Geiste Meisterpartien aus einem Schachbüchlein nachspielt, welches er im Verhörzimmer aus einem Mantel entwendet hat. 

Es ist Zweigs erster Kommentar zu den aktuellen weltpolitischen Ereignissen. Und auch sein letzter, denn zu seiner Erfolgsgeschichte gehört auch, dass er immer eine gewisse Distanz zur Politik gewahrt hat, selbst im Exil. Seine Charaktereigenschaft ist die Vorsicht. Und die verbietet die  lautstark betriebene Abgrenzung vom Nationalsozialismus.

Seinen 60. Geburtstag im November 1941 begeht Stefan Zweig in düsterer Stimmung. Die Nachricht vom japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember trifft ihn ins Mark, denn nun ist auch noch seine zweite Exilheimat USA in den Weltenbrand hineingezogen worden. In seinen Briefen beklagt er sich nicht über körperliche Gebrechen, aber über die angegriffene Gesundheit Lottes, deren Asthma sich im feuchten Tropenklima verschlimmert. Sie werde nachts vom Husten geschüttelt, und ein Hund aus der Nachbarschaft antworte auf jeden Anfall mit Gebell.

Im Februar schreibt Lotte in einem letzten Brief an ihre Schwägerin Hannah:

"Liebe Hanna, wenn ich auf diese Weise von Dir Abschied nehme, wünsche ich nichts sehnlicher, als dass du verstehst, dass dies das Beste für Stefan ist, der ja schon seit so vielen Jahren mit all jenen leidet, die der Qual der Nazi-Herrschaft ausgeliefert sind. Mit meinem ständigen Asthma ist dieser Schritt auch für mich das Beste."

Am 22. Februar bringt das Paar letzte Briefe und das Manuskript der "Schachnovelle" zur Post ( die im Dezember 1942 tatsächlich noch in einer limitierten Auflage in Buenos Aires erscheinen wird ). Am Abend erhalten sie noch Besuch von Erna & Ernst Feder, einst Redakteur des Berliner Tagblatts, nun Nachbarn im Exil.

Was anschließend an diesem Tag/ Nacht geschehen ist, ist dank schlampiger Ermittlungen bis heute unklar. Als die Hausangestellte bereits nach Mittag am nächsten Tag eintrifft, scheint das Paar noch zu schlafen. Gegen 16 Uhr öffnet sie schliesslich die Tür zum Schlafzimmer. Sie findet in dem kaum zehn Quadratmeter großen Raum die beiden starr und bleich auf zwei zusammengeschobenen Klappbetten liegend, er im kurzärmeligen Hemd mit einer dunklen Krawatte, Lotte, an die Schulter ihres Mannes geschmiegt, in einem Kimono. Um 16.45 Uhr des 23. Februar 1942 geht bei der Polizei in Petrópolis die Meldung des Suizides des Ehepaares Zweig ein. Lotte ist keine 34 Jahre alt geworden.

Schon am nächsten Tag werden die beiden, reich mit Blumen geschmückten Särge in der Hauptschule von Pétropolis aufgebahrt. Der Präsident der Akademie der Literatur hält eine Ansprache vor einem illustren Kreis, darunter Staatspräsident Vargas. Acht Schriftsteller tragen den Sarg Zweigs, hinter ihnen die Rabbiner aus Rio de Janeiro. Überall Blumen in den Händen der Menschen, die den Zug begleiten. Die Geschäfte in der Stadt bleiben geschlossen und die Kirchenglocken von Pétropolis läuten die ganze Zeit.

Die "New York Times" bringt die Meldung auf der Titelseite. Thomas Mann schreibt in sein Tagebuch,  Zweigs Suizid sei "albern, schwächlich und schimpflich", unter anderen Emigranten löst er Trauer, Entsetzen, Schock aus, wirft aber auch die Frage auf: Wie konnte ein gefeierter, materiell so abgesicherter Autor, der bis zuletzt imstande war, mit Feuereifer an neuen Projekten zu arbeiten, das tun?

Eva Alberman, die Nichte Lottes, 1954 nach dem Unfalltod ihrer Eltern Universalerbin Stefan Zweigs, mag die Zweifel nicht gelten lassen: "Ich habe mich immer nur gewundert, warum sich die Leute gewundert haben." Für sie steht im Hintergrund dieses Suizides auch immer die Verfolgung und systematische Vernichtung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten.

Gegen das rassistische Denken, dieses schleichende Gift, das inzwischen schon wieder weltweit wirkt und zu entsetzlichen Reaktionen wie Trump, Brexit und AfD usw. geführt hat, möchte ich mit diesem heutigen Post mal wieder anschreiben. Ein erwünschter Nebeneffekt: Das Bild der Lotte Zweig als der "schweigsamen Frau" ein wenig zu korrigieren...