Donnerstag, 19. September 2019

Great Women # 194: Cass Elliot

Was habe ich dieLieder mit ihrer damaligen Gesangsgruppe geliebt, vor allem auch ihre Altstimme,  und kann sie bis heute mitsingen. Damals, als das Leben noch jung war und alle Möglichkeiten, es besser zu machen, vorhanden. Beim Schreiben dieses Posts, begleitet von der Musik, kam diese positive Energie der Jugend wieder auf und die Gewissheit, dass sich einiges geändert hat, einiges nicht. So ist es - zum Glück - schwerer geworden, Menschen, die vom Schema abweichen, zu diskriminieren und/oder lächerlich zu machen. Ich hätte ihr gewünscht, das erleben zu können, aber auch, dass sie bis heute unvergessen ist: Cass Elliot.



"Ich werde die 
berühmteste Dicke der Welt"

Cass Elliot kommt am 19. September 1941, also heute vor 78 Jahren, in Baltimore, Maryland als Ellen Naomi Cohen zur Welt. Ihre Mutter Bess Levine, eine ausgebildete Krankenschwester, und ihr Vater Philip Cohen, haben bereits einen Sohn, Joseph. Alle vier Großeltern sind einige Jahrzehnte zuvor aus einem russischen Schtetl in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Die Gefühlslage in der Familie hat Pénélope Bagieu in ihrem Comic über Cass treffend so wiedergegeben: "Opa Joseph hatte ständig Angst um seine Arbeit, weil die Familie links war oder jüdisch oder Gewerkschaftler oder was weiß ichVater hatte Angst davor, in den Krieg zu müssen, weil er kränkelte. Und Angst vor Waffen hatte. Und vor Höhe. Und vor Menschenmengen." Und die Mutter? "Die hatte Angst, weil sie meine Großeltern am Hals hatte."

Cass, damals noch Ellen, mit ihrer Mutter
Ihre Familie ist während ihrer Kindheit tatsächlich erheblichen Unsicherheiten & finanziellen Belastungen ausgesetzt. Ihr Vater führt einen koscheren Lebensmittelladen in einem Vorort von Baltimore, was kein großer Erfolg ist, denn dort gibt es kaum andere Juden. So arbeitet die Mutter in ihrem Beruf, um den Lebensunterhalt zu sichern. Die Familie zieht schließlich nach Alexandria, Virginia, wo Cass dann einen Großteil ihrer Kindheit verbringt, bis die Familie nach verschiedenen Geschäftsvorhaben des Vaters wieder nach Baltimore zurückkehrt, wo es ihm gelingt, ein Geschäft mit Imbisswagen aufzubauen, an denen Arbeiter sich mit Essen versorgen können.

Eigentlich wäre der Vater auch viel lieber Tenor geworden und singt ständig Arien. Cass, ein klassisches Papa‐Kind, eifert ihm darin nach. Als 1948 ihre Schwester Leah geboren wird, verliert sie die elterliche Aufmerksamkeit & Zuwendung, und sie reagiert darauf mit übermäßigem Essen. 

Jahrbuchsfoto
(1960)
Während der Zeit in Alexandria besucht sie bereits die Highschool und wechselt bei der Rückkehr nach Baltimore auf die Forest Park High School, wo sie sich für die Schauspielerei zu interessieren beginnt. Da ist sie gerade fünfzehn. Obwohl sie nicht dem Schönheitsideal vieler Menschen entspricht, ist sie bei ihren Mitschülern außerordentlich beliebt. Entscheidend ist, dass sie über einen umwerfenden Humor verfügt.

In ihrem letzten Highschool-Jahr spielt sie in einer Sommerproduktion des Musicals "The Boy Friend" eine französische Krankenschwester und singt in dieser Rolle "It's Nicer, Much Nicer in Nice". Nach dieser Erfahrung gibt es für Cass kein Halten mehr: Sie bricht die Highschool vorzeitig ab - sehr zum Leidwesen der Familie, die eine College-Ausbildung mit entsprechender Karriere erhofft hat -, gibt sich den Namen Cass, entlehnt bei der Schauspielerin Peggy Cass, und den Nachnamen Elliot in Erinnerung an einen verstorbenen Freund und geht nach New York City.

"The Big Three"
in "Hootenanny" (1963)
Dort schafft sie es tatsächlich, 1962 eine Rolle in den Musicals "The Music Man" und "I Can Get It For You Wholesale" zu ergattern, letztere nimmt ihr allerdings bald eine andere junge jüdische Sängerin ab, die ihren Teil dazu beiträgt, im Showbiz durchzusetzen, dass man nicht unbedingt klassisch schön sein muss, um ein Star zu sein: Barbra Streisand.

Singen kann Cass jetzt höchstens noch während ihrer Arbeit als Garderobiere in einem Club, bis sie Anfang 1963 Tim Rose und John Brown kennenlernt und mit ihnen ein Folk-Trio namens "The Triumvirate" gründet. Auf einer Tournee durch die Staaten geht John Brown unterwegs verloren, wird durch Jim Hendricks ersetzt und das Trio in "The Big Three" umgetauft. Mit dem feiert Cass endlich erste Erfolge. Mit Hendricks geht sie 1963 sogar eine Ehe ein, angeblich aber eine rein platonische Angelegenheit, um zu verhindern, dass er nach Vietnam in den Krieg muss. ( Fünf Jahre später wird die Ehe annulliert. )

Immerhin erzielt die Gruppe so viel Aufmerksamkeit, dass sie zu Auftritten in Fernsehproduktionen wie "The Tonight Show" mit Johnny Carson, einer ganz neuen Show namens "Hootenanny" oder "The Danny Kaye Show" eingeladen werden, immerhin insgesamt sechsundzwanzig Fernsehauftritte!

Aber schon nach zwei Alben und zwei Singles ist Schluss mit lustig, und persönliche und musikalische Differenzen führen zur Trennung der Gruppe. Cass Elliot und Jim Hendricks verwandeln sich zunächst mit Denny Doherty und Zal Yanovsky in "Cass Elliot and The Big Three", später die "Mugwumps", veröffentlichen eine Single und bleiben bis Ende 1964 zusammen. Cass tritt anschließend eine Weile als Solistin auf, Zal Yanovsky bildet zusammen mit John Sebastian "Lovin 'Spoonful", während Denny Doherty sich den "New Journeymen" anschließt, zu denen auch ein gewisser John Phillips und seine Frau Michelle gehören.

1965 überredet Doherty John Phillips, Cass in der Gruppe eine Chance einzuräumen. Cass, in Doherty verknallt, folgt ihm auf die Virgin Islands, wo die Gruppe urlaubt, und überzeugt die anderen mit ihrer Präsenz, ihrem Talent, ihrer Ausdauer, dass sie diese Chance schließlich bekommt. John Phillips hat nämlich eine ganz andere Vorstellung davon, wie seine Gruppe auszusehen hat, nämlich wie "Peter, Paul an Mary". Cass passt da nicht ins Klischee vom schlanken weiblichen Look in der Popmusik.
"Gewichtszunahme war etwas, mit dem sie sich ihr ganzes Leben lang beschäftigt hat. Sie wurde ständig von Menschen beleidigt und verletzt, die sie fett nannten oder so über sie dachten. Aber sie sprach nie über ihren Schmerz und als sie auftrat, versteckte sie diesen Schmerz. Aber ich weiß,(... ) dass es sie störte", so wird ihre Tochter Owen später berichten.
Es ist also nicht leicht, als "fettes Mädchen" in einer Band zu sein, zumal die ätherische Michelle Phillips, ein Modeltyp, und ihr Mann John, der sich als Anführer versteht mit seinem militärischen Hintergrund und seinem unternehmerischen Impetus, eigentlich den Ton angeben. Ironie des Schicksals ist es, dass es ausgerechnet das "fette Mädchen" ist, das die blitzartige Karriere der Gruppe befördert, das die Pop-Kultur jener Tage rockt, indem ihr Gesang zur Musik der vorpsychedelischen Gegenkultur wird, und nicht der von sich so überzeugte John, nicht der Tenor Denny und schon gar nicht die schmollende Schönheit Michelle.

Es gibt übrigens auch ein ganz anderes Narrativ, jahrzehntelang gehätschelt, warum Phillips so lange gezögert hat, und welches die wahren Gründe seiner Ablehnung der Sängerin kaschieren soll: Ihre (Alt-) Stimme sei einfach zu tief gewesen, als dass sie im Zusammenklang mit der von Michelle gut gewirkt hätte. Erst ein Unfall - Arbeiter in einem Club lassen ein Kupferrohr auf Cass Kopf fallen, sie habe zwei Wochen lang Kopfschmerzen gehabt und habe dann auf wundersame Weise höher singen können - habe ihre Stimme mit den Stimmen der anderen harmonisiert. Nur dass alle alten Freunde Cass beeindruckende Stimme auch hinterher unverändert finden...

Von links nach rechts: John Phillips, Cass, Michelle Phillips, Denny Doherty
Cass durchbricht also das "gewichtsbeschämende Stigma" (Owen Elliot) und beweist, wie fantastisch die Songs der Gruppe mit ihrer Stimme klingen. Und dann ist sie auch noch maßgeblich an der Namensänderung in "The Mamas and The Papas" beteiligt: Von ihr kommt der Vorschlag, sich wie die Rockerbräute der Hell's Angels - nämlich "Mama" - zu nennen. Unter dem neuen Namen werden sie zum Hauptbestandteil der südkalifornischen Popszene von Mitte bis Ende der sechziger Jahre.

"If You Can Believe Your Eyes & Ears", ihr erstes Album, am 28. Februar 1966 herausgekommen, ist ein Höhepunkt im neuartigen Sound der Westküste. Es enthält "California Dreamin", den Titel, der den Zug der jungen Leuten während der Hippie-Ära in Richtung Westen so richtig auslöst.

Die Vokalmischung der "Mamas and Papas" mit ihren komplizierten Harmonien und Verflechtungen veranlasst das "Life Magazine", sie als "erfinderischste Popgruppe und erste, wirklich neue Vokalmusik seit den Beatles" zu titulieren. Übrigens ist "California Dreamin" nicht auf dem Mist von Cass gewachsen,  wie man es auch immer wieder lesen kann, sondern eine Co - Produktion von John & Michelle, als die noch im grauen New York gelebt haben.

"The Mamas and the Papas" sind also die Antwort auf das Eindringen britischer Musiker wie den Beatles in die amerikanische Pop- Kultur. Doch optisch sind sie so ganz anders mit ihren farbenfrohen Hippie-Gewändern, ihren unterschiedlichen Looks und Persönlichkeiten. Mitten drin immer Cass Elliot, wie die Mutter der Kommune als charismatischste Person der Truppe. Und sie scheinen zusammen ein einziges Sommerpicknick zu veranstalten, ewig im Gras sitzend, eine Flasche Wein neben sich. Ihre musikalischen Harmonien, getragen von Cass Stimmen klingen zudem wie ein fernes Echo aus  dem Goldenen Zeitalter.

Eine Reihe von Singles erscheinen dann 1966, allen voran dieses "California Dreamin" und der US-Number-One - Hit "Monday Monday", "I Saw Her Again", "Look Through My Window" & "Words of Love", alle aus der Feder von John Phillips bzw. von ihm arrangiert. Außerdem wählt die Gruppe geschickt Material aus dem goldenen Zeitalter der Vokalgruppen aus, wie "Dedicated to the One I Love","Dancing in the Street" und "Spanish Harlem".

"Creeque Alley" - so hat die Adresse beim gemeinsamen Aufenthalt damals auf den Virgin Islands gelautet - ist ein durch und durch biografisches Lied und beweist u.a. die ironische Distanz, die Cass in Bezug auf ihren Körperumfang an den Tag legt. In ihrem öffentlichen Leben, in der Rolle, die sie spielt, scheint ihr Gewicht eben keine Rolle zu spielen. Doch "behind the scene" weiß man, dass sie sich zeitlebens mit Diäten abplagt.

Ihr Übergewicht hilft aber auch, ihre Schwangerschaft mit ihrer Tochter Owen Vanessa erfolgreich geheim zu halten, so geheim, wie den Namen des Vaters ihres Babys ( in vielen biografischen Texten wird fälschlich der Name des Noch-Ehemannes genannt, Jahrzehnte später kommt heraus, dass es ein ehemaliger Sessionmusiker der Gruppe ist ).

Owen Elliot mit Joni Mitchell, David Crosby & Eric Clapton
Am 26. April 1967 kommt das kleine Mädchen zur Welt. In "Lady Love" (1969) besingt Cass, was die Mutterschaft bei ihr bewirkt hat. Den Status als Alleinerziehende empfindet sie, besonders während der Tourneezeiten, als sehr stressig.

Gemeinsam bewohnen sie ein Haus im Laurel Canyon, das einst Natalie Wood gehört hat. Es ist eine Art Zuflucht, in der sich Cass Freunde, meistens Musiker, versammeln, um zu essen, zu trinken, Ideen, Texte, Joints zu tauschen  und vielleicht ein oder zwei Lieder zu schreiben, darunter so berühmte oder bald berühmte wie David Crosby, Stephen Stills, Graham Nash und Joni Mitchell, die eigentlich in der Nachbarschaft wohnen. Es ist aber auch Anlaufstelle für europäische Musiker wie Eric Clapton, die Beatles, Donovan und Jimmy Page, die die Staaten besuchen. Cass wird zur "Mutter Erde des Laurel Canyon", von Graham Nash als "Gertrude Stein des Laurel Canyon" beschrieben oder vom "Rolling Stone" zur "Königin der LA Pop-Gesellschaft" erhoben. Auf jeden Fall ist sie ein "Social Networker" erster Güte. Statt ein Adressbuch zu führen, bittet sie die Besucher, Namen und Telefonnummern auf ihre "Graffiti-Wand" im Wohnzimmer zu schreiben.

Spannungen zwischen den Mitgliedern - Michelle hat ein Verhältnis mit Doherty, Cass unterstützt und ermutigt sie, so dass John weniger Kontrolle über Michelle ausüben kann - untergräbt den Zusammenhalt von innen. Im Juli 1968 löst sich die doch so erfolgreiche Gruppe im Streit auf, kurz nachdem sie das Album "The Papas & the Mamas" aufgenommen haben. Cass Solokarriere beginnt dann mit der Veröffentlichung des Songs "Dream a Little Dream of Me", die sie noch mit den "Mamas & Papas" produziert hat. Sie kommt damit auf Platz 12 der US- und Platz 11 der britischen Charts und kann 7 Millionen Singles verkaufen. In der US-Presse und auf Werbetafeln wird die Single mit dem Foto einer diskret mit Daisies verhüllten, aber offensichtlich nackten Cass beworben:

Source




Es folgt 1969 eine Solo-LP mit dem Titel "Bubblegum, Lemonade and ... Something for Mama" mit einem Titelfoto von Cass im weißen Lingerie - Kleid auf einem Korbstuhl sitzend - auch hier sieht sie wieder  im positiven Sinne "great" aus. Zuvor hat sie für einen dreiwöchigen Live - Auftritt mit zwei Shows pro Nacht in Las Vegas mit einer sechsmonatigen Crash-Diät ein Drittel ihres Gewichts reduziert. Musikalisch ist übrigens das Album wie der Showauftritt in Las Vegas ein Misserfolg, und anschließend kommen Gerüchte auf, Cass habe Heroin konsumiert. Das Debakel stürzt die Sängerin in eine Depression.

"Make Your Own Kind of Music", eine Single, kommt hingegen beim Publikum besser an, und so wird das Album noch ein zweites Mal, ergänzt um diese Nummer und um das in den englischen Charts erfolgreiche "It's Getting Better" Ende Dezember herausgebracht. Diese Titel gehören bis heute zu den beliebtesten aus Cass Solokarriere.

Im selben Jahr erscheint Cass im Abspann des Spielfilms "Pufnstuf", der auf einer gleichnamigen Fernsehserie beruht. 1970 tritt sie auch in TV-Shows zusammen mit Johnny Cash und Julie Andrews auf und wirkt bei verschiedenen Filmsoundtracks mit.

1971 rauft sich die Gruppe noch einmal zusammen, um einen Vertrag mit ihrer Plattenfirma zu erfüllen, und nimmt noch ( ein letztes ) gemeinsames Album auf: "People Like Us" - ein Enttäuschung für Fans & Kritiker. Da Cass während der Studiozeit viel krank ist und unter einer Barbituratvergiftung leidet, kann sie die Hauptstimme nicht übernehmen. Das gesamte Werk "klang, wie es ist, wenn vier Leute versuchen, eine Klage zu vermeiden",  so urteilt Michelle später.

Zuvor hat Cass in in einer privaten Zeremonie in ihrem Haus den Journalisten & Schriftsteller Donald von Wiedenman, einen jungen Baron mit österreichischen Wurzeln, geheiratet. Doch die Ehe dauert nur ein paar Monate, es ist eine einvernehmliche Entscheidung, denn keiner ist wirklich glücklich, Donald wohl vor allem wegen Cass Konsum harter Drogen.

Nach der endgültigen Trennung von "The Mamas und Papas" und ihrem Ehemann soll 1972 für den Neubeginn ihrer Karriere stehen. Also folgen weitere Soloalben:

Das nach ihr selbst benannte Album "Cass Elliot" und "The Road is no Place for a Lady". Eigentlich will sie ihr "Mama Cass"-Image hinter sich lassen, denn der klebrige Spitzname ist eben nichts anderes als ein ständiger Kommentar zu ihrem Körperformat. Aber die Auftritte in den Fernsehshows ermöglichen ihr, gutes Geld zu verdienen, ohne Los Angeles bzw. ihre Tochter verlassen zu müssen, allerdings verbunden mit dem Nachteil, dass sie auf die warmherzige Interaktion mit ihrem Publikum verzichten muss und die vorgeplanten Sketche sich immer wieder auf ihre Figur beziehen. Sie wird stets gebucht als "the butt of the joke".  

"Don't Call Me Mama Anymore" (1973)
Erfolge in den Single- oder Albumcharts bleiben aus, denn zunehmend kommen die sogenannten Singer/Songwriter wie Carly Simon, Carole King, Joni Mitchell oder Judy Collins in Mode. "Ich glaube nicht,  dass ich in zehn Jahren noch im Geschäft sein werde", gesteht Cass in einem Interview mit dem "Guardian" 1972. "Vielleicht arbeite ich dann hinter der Wolltheke bei Harrods."

Ein neuer Manager rät ihr, den Pop- und Rock- Sektor zu verlassen und sich in Richtung Kabarett zu entwickeln. So kommt die Show "Don't Call Me Mama Anymore" zustande, mit der sie im Februar 1973 in Pittsburgh startet und sich dann nach Las Vegas traut. Im Gegensatz zu ihrem ersten Scheitern dort erhält sie nun beste Kritiken und auch das Publikum geht mit.

Infolge einer erneuten Crash-Diät und eines intensiven Zeitplans bricht Cass im April 1974 am Set von Johnny Carsons "The Tonight Show" vor dem geplanten Auftritt zusammen und wird ins Krankenhaus eingeliefert. In Interviews wird dieser Zwischenfall von ihr als reine Erschöpfung abgetan. Im Juli des Jahres reist sie nach London, wo sie ein zweiwöchiges Engagement im Londoner Palladium als Headliner mit zwei Shows pro Nacht hat. Nach mehreren Aufführungen vor ausverkauftem Publikum und wiederholten Ovationen findet das Abschlusskonzert am 28. Juli statt. Nach der Vorstellung schreibt sie einen Brief an ihre siebenjährige Tochter und telefoniert mit Michelle Phillips, um anschließend eine von Mick Jagger organisierte Party zu besuchen.

Am nächsten Tag, dem 29. Juli 1974, findet man Cass Elliot tot in der Wohnung in Mayfair, in der sie gewohnt hat, vor. Laut Befund des Pathologen ist sie an einem Herzversagen gestorben

Dass sofort Gerüchte die Runde machen, Cass sei an einem Schinken-Sandwich erstickt, zeigt, wie respektlos auch nach ihrem Tode mit "Dicken" umgegangen wird ( kurze Zeit später organisierten Fat Aktivisten in Los Angeles denn auch eine Gedenkveranstaltung ).

Aufnahme für die "Vogue" in London 1970
Cass Elliot landete zu einer Zeit in der Musikindustrie, in der ausschließlich nach Männerregeln gespielt wurde. Und da hatte man keine fette oder weniger schöne Popsängerin zu sein. Um so bemerkenswerter, dass Cass trotzdem, alleine wegen ihres Charismas und ihrer Stimme, die männliche Hauptperson ihrer Gruppe so an die Wand gespielt hat und zum Liebling der Fans avancierte. Damit ist sie eine Wegbereiterin für heutige Stars wie Adele oder Beth Ditto in der Popmusik, Aidy Bryant als Comedian oder Chrissy Metz ( als Kate Pearson in einer amerikanischen Dramaserie ) geworden, die sich über das nach wie vor übliche fat shaming hinwegsetzen und subversiv ein Fragezeichen hinter der Weltherrschaft der Heidi Klums setzen.


Ich hätte mir gewünscht, diesen Post mit Musikvideos zu bestücken - leider geht das nicht, weil alle Titel bei uns nicht zur Verfügung stehen. So musst du dich, liebe Leserin, weiter klicken, um den Soundtrack zu dieser Geschichte eines kurzen, intensiven Lebens zu hören...




17 Kommentare:

  1. Mama Cass, jaaaa ich kannte sie und die Mamas und Papas, waren
    so ein Idol.

    Übrigens, bei Monday Monday bekam ich meinen ersten Kuss von einem Schulkamerade auf einer Party, er kam mit dem Rennrad. :-))

    Damals war für mich das Radeln wohl schon wichtig.

    Lieben Gruß und dankeschön für die Post.
    Eva

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  2. Ah, eine Frau, die sogar ich in meiner Un-Bildung kenne :-) Und zwar unter "Mama Cass" - und ich kann bestätigen, dass damals das Gerücht rumging, sie sei an einem Schinken-Sandwich erstickt, denn es klang wie eine richtig böse Ironie. Ich war ja damals noch Kind und dachte nur "Die Arme, jetzt ist sie schon dick und dann noch sowas!". Genau so ist man damals mit dicken Menschen umgegangen, man empfand entweder Mitleid oder Hass (ähnlich wie bei Menschen mit Behinderungen). Kann man sich heute zum Glück nicht mehr so vorstellen... wobei es das durchaus noch gibt, aber unterdrückt und heimlich.
    Jedenfalls erinnere ich mich an eine schöne Frau mit schöner Stimme, die sich sexy in Margeriten ablichten lässt (das Bild kenne ich) - leider assoziiere ich aber trotzdem automatisch "Schinkensandwich"... so ist das mit den bösen Gerüchten.
    Liebe Grüße, Maren

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  3. Ich bin mit der Musik groß geworden. Meine Mutter hat sie dauernd laufen lassen. Wer allerdings hinter dieser Stimme steckte, wusste ich bisher nicht. Tatsächlich habe ich bei einer Musikapp ihre gesamten Platten gefunden. Schade, dass man nicht einfach nur ihre Musik genießen konnte, statt ständig zu urteilen.
    Deine GreatWoman ist wieder toll

    Andrea

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  4. Der Sound meiner Jugend, unvergessen und immer sofort im Ohr, wenn ich nur die Titel lese. "Mama Cass" war eine tragende Säule dabei, wie Du schon sehr eindrücklich beschreibst. Dass sie so früh gestorben ist, war mir gar nicht bewusst. Ihre Solo-Karriere habe ich nicht so recht mitbekommen.
    Sehr schön, dass Du heute an sie erinnerst. Was wohl aus ihrer doch noch sehr kleinen Tochter geworden ist?
    Herzlichst, Sieglinde

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  5. Dankeschön, wirklich eine starke Biographie wieder!
    Ich finde sie so bemerkenswert und interessant.
    Eine tolle Frau!
    Liebe Grüße von Urte

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  6. Danke für diese Erinnerung an eine großartige Sängerin und an eine großartige Zeit, in der alles möglich schien.
    Schade, dass sie immer wieder auf ihre Figur reduziert wurde, schade, dass es auch heute immer noch nicht normal ist, Menschen in ihrer Vielfalt zu sehen und anzunehmen.
    So, jetzt suche ich die Mama´s & Papa´s CD raus, natürlich kann auch ich alle Lieder mitsingen.
    Liebe Grüße aus dem sonnigen Münsterland - Brigitte

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  7. Ich kannte bisher ja nur ihre Stimme, die ich mich nun gefreut habe wieder zu hören..., das Leben dahinter nun erst durch dich. Liebe Grüße Ghislana

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  8. Witzig, wenn ich in verschiedene Musikstücke hineinhöre, erkenne ich sie sofort wieder, hatte aber vorher kein Bild vor Augen, wer da singt. Ich war wohl damals ein paar Jahre zu jung.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  9. Wunderbar! Und keine Sorge wg fehlendem Clip, ich hatte sofort "Dream a little Dream... ' im Kopf. Ach ja, wunderschön!
    Liebe Grüße und Danke für die Musik im Kopf und wieder eine interessante Geschichte
    Nina

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  10. Liebe Astrid, deine 'Cass-Story' musste ich jetzt einfach sofort lesen! Ihre Stimme kann man ihr sofort zuordnen, wenn man sie nur hört...und das habe ich auch, rauf und runter früher! Diese Musik ist einfach zeitlos schön, kann man immer wieder hören. Wie traurig doch ihr so früher Tod, war mir gar nicht bewusst. Dank dir fürs Recherchieren und die schöne Erinnerung an diese irre Zeit!
    Liebe Grüße Ulrike

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  11. ach so sieht die Frau aus..... sag mal so, ich kenne die Lieder. Ich ahtte absolt kein Bild der Band vor Augen, wir hatten keine Platten von ihnen.Umso interessanter jetzt von Dir ne Menge zu erfahren und wie sich Jemand mit einer Wuchtstimme aus dem fatshaming versucht herauszukämpfen, aber zeitlebens in der crash diäten Falle steckt. ach je und dann leider so früh gestorben. Danke für die Cass-story! Liebe Grüße, Eva

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  12. ich hab die musik auch rauf und runter gehört, sie heiß geliebt und kann die melodien (fast) alle immer noch summen. einige bilder hatte ich auch von ihr im kopf, obwohl die mamas und papas für mich erst einmal nur eine nette hippietruppe war, deren musik mein damaliges lebensgefühl widerspiegelte. das hat mich gewicht, ob dick oder dünn, überhaupt nicht interessiert. weiterverfolgt hab ich die gruppe allerdings dann gar nicht mehr und wusste nicht, dass sie später noch eine solokarriere gemacht hat. auch ihr früher tod war mir nicht im gedächtnis. wie traurig, auch dass sie wg ihres gewichtes so sehr diskriminiert wurde.
    danke für diesen bericht, der mir mal wieder so einige augen geöffnet hat.
    liebe grüße
    mano
    jetzt mit ohrwurm im kopf: dream a little dream...

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  13. der Name sagte mir überhaupt nichts
    doch bei "the mama´s and the mapa´s "hat es geklingelt
    Monday monday California Dreaming ..
    schade dass sie solche Anfeindungen wegen ihrem Gewicht hatte

    im Auto höre ich oft HR 1 die spielen solche alten Klassiker ;)
    ich höre sie immer gerne

    danke für das Portrait

    liebe Grüße
    Rosi

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  14. Die erste LP, die ich geschenkt bekam, war eine von the Mama's and the Papa's.
    Monday Monday ... bada badabada
    Ich stand auf Rolling Stones und Creedence Clearwater Revival, schob das Teil in die letzte Ecke und trotzdem sind mir die Lieder noch im Ohr.
    Wunderbar und danke für das Abrufen schöner Erinnerungen.
    Viele Grüße,
    Karin

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  15. Als die Band sich getrennt hat, wurde ich geboren - ich bin also zu jung für die Band, aber Bodyshaming und Bodypositivity sind für mich ganz wichtige Themen. Gerade in Netz und im viel kritisierten Instagram tut sich da ganz viel. Es gibt so viele tolle inspirierende Frauen, die sich dieses Themas angenommen haben. Es gibt nun mal dünne und dicke Menschen und es wäre schön, wenn alles akzeptiert würde und alles im Leben auch abgebildet würde. In diesem Fall finde ich die Medienlandschaft einfach nur armselig.

    Liebe Grüße
    Astrid rechtsrheinisch

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  16. von Helga:

    Liebe Astrid,

    etwas verspätet heute, weil meine Weiterleitstelle in Dresden mit den Bärbels unterwegs war.
    Trotzdem ein Lob was Du wieder für uns ausgegraben hast. Fast mein Jahrgang diese tolle Sängerin, aber näheres wußte ich über sie auch nicht. Danke und die Lieder sind noch immer allgegenwärtig, wenn sie denn uns auch vorgespielt werden würden. Im Augenblick ist nur schrecklicher Rapper Sprechgesang und Metall im Angebot. Hoffentlich ändert es sich bald mal wieder. Schön zu hören wären melodiöse Gitarrenmusik und ich liebe Saxophone. 😁
    Danke und liebe Grüße von der Helga, die auch eine etwas dickliche Schülerin war und gehänselt wurde und an den rothaarigen Zöpfen gezogen wurde mit dem Lied: Roter Fuchs dei Haar brennt o, schütt a Küberle Wasser dro. Ich habe gelitten.

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  17. H. dankt für diesemn wunderbaren Beitrag.

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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