Freitag, 30. Juni 2017

Barmherzigkeit


Source
"I am respectfully calling on his Royal Highness Crown Prince Mohammad bin Salman to write a new history in our country and a process of national reconciliation with Saudi prisoners of conscience.With full respect, my children and I are hoping that Prince Mohammad bin Salman will release my husband Raif Badawi and allow him to reunite with us in Canada", so hat Ensaf Haidar zuletzt ihre Hoffnungen zum Ausdruck gebracht.

Und ich Naivling habe wieder einmal gehofft, dass der Islam eine Religion der Barmherzigkeit ist und zum Fastenbrechen, dem hohen muslimischen Fest id al-fitr, das ab dem vergangenen Sonntag drei Tage gefeiert wurde, König Salman bin Abdulaziz al-Saud, der oberste Hüter des Islam, oder gar der am 21. Juni neu bestimmte Kronprinz Mohammed Bin Salman den seit nunmehr fünf Jahren eingesperrten Blogger Raif Badawi frei lassen, damit er mit seiner Familie in Kanada leben kann.

Pustekuchen! Die Chance wurde wieder einmal vertan ( immerhin scheint ein 64jähriger "Prisoner of conscience", der saudische Schriftsteller & Kommentator Dr. Zuhair Kutbi, am 23. Juni frei gekommen zu sein ).

Oder ich habe nicht begriffen, dass die Barmherzigkeit nur eine ( im Koran übrigens am häufigsten genannte  ) Eigenschaft  des Allererbarmers ist, mit der die, die an ihn glauben, aber so rein gar nichts zu tun haben. Das scheint eine zutiefst christliche Vorstellungsweise zu sein, die den Saudis wohl gänzlich fremd ist...

Was will man auch erwarten von einem Regime, das durch den neuen, forschen Kronprinzen ( zusammen mit seinem väterlichen Freund aus Abu Dhabi ) Anfang Juni erneut einem Nachbarn unerbittlich die Pistole auf die Brust setzt? Vor einer Woche wurde dem Emir von Katar nämlich ein Ultimatum von zehn Tagen gestellt. Dreizehn Punkte enthält dieses, darunter die Vorschrift, mit welchen Ländern das Emirat in welcher Form in Zukunft noch Verbindungen unterhalten darf.

Dass beim neuen saudischen Kronprinz der Colt locker im Halfter sitzt, wenn es nicht so läuft, wie er will, hat er als verantwortlicher Verteidigungsminister ja schon in Bezug auf den Nachbarn Jemen gezeigt. Ein eher unsympathischer Bursche...

Apropos Jemen: Das Land wird von der derzeit schlimmsten Cholera-Epidemie der Welt heimgesucht. Die WHO spricht davon, dass die Zahl der Verdachtsfälle bereits 200 000 überstiegen habe und täglich 5000 Kranke dazu kommen. Der schwere Durchfall und das Erbrechen führen durch Flüssigkeitsverlust oft zum Tod. Seit Ausbruch der Epidemie Ende April sind in Jemen mehr als 1300 Menschen an Cholera gestorben, ein Viertel von ihnen Kinder. Man rechnet mit 300 000 Infizierten bis Ende August.

16 Millionen Jemeniten haben wegen des Krieges keinen Zugang zu sauberem Wasser mehr, Abwassersysteme - und teils auch die Müllabfuhr - funktionieren nicht mehr.

Barmherziger Erbarmer, hilf du doch endlich...



Friday - Flowerday # 26/17
















Farbrausch gefällig?
Dann hereinspaziert ins Hause K.! 




In einem kleinen Betontrog, gesteckt vom Lehrmädchen des Floristennachbarn:
Dahlien, Skabiosen, eine Variante der Piano - Rose,
Perückenstrauch, feine, kleine Disteln:










Besonders mag ich die Zuchtform 
der Garten - Skabiose namens "Blauer Atlas", 

denn deren Farbton spricht mich doch sehr viel mehr an 

als das unentschiedene Mauve der wilden Tauben - Skabiose: 













Auch wenn sie nicht die Blaue Blume der Romantiker ist - 
mir suggeriert sie: Unendlichkeit! 




























Die schönste Seite des Sommers!
So genieße ich ihn - ihr auch?










Alle Blumen sammelt wieder Holunderblütchen®

Donnerstag, 29. Juni 2017

Monatscollage Juni 2017


















Welch grüner Monat!

Was haben meine Augen das Lichterspiel der Sonne
in den Blättern der Bäume genossen,
Ruhe & Erholung,
freudiges Feiern &
trauriges Erinnern -
immer umrahmt von Grün.

Hoffnungsfarbe
für den Juni,
für den Juli 
brauch ich sie noch mehr.

Ihr dürft mir alle gerne die Daumen drücken...


Danken möchte ich den siebzehn Bloggerinnen, die sich von mir bis jetzt haben animieren lassen,
über ihr Verhältnis zu Tieren zu schreiben
( ich muss ehrlicherweise zugeben, ich hatte etwas mehr erwartet )!

Für mich waren eure Ausführungen interessant &haben mich zu mancher Überlegung angeregt.
Am Montag gibt es ein neues Thema, das hoffentlich wieder Zuspruch findet.







Verlinkt mit Birgitt/Erfreulichkeiten

Mittwoch, 28. Juni 2017

Regenbogenbunt


... geht es wieder auf den Kölner Straßen vom 7. - 9. Juli zu, dann nämlich, wenn der Colognepride unter dem diesjährigen Motto "Nie wieder" durch die Straßen zieht und ordentlich gefeiert wird. 

"In einer Welt, die spürbar politisch nach rechts gewandert ist, müssen wir daran erinnern und fordern", so schreiben die Veranstalter auf ihrer Website, und ich bin völlig ihrer Meinung. Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der Menschen, die anders leben und lieben als ich, stigmatisiert oder gar verfolgt werden, wie ich es noch in meiner Kindheit und Jugend erlebt habe. Oder schlimmer noch: Im Dritten Reich wurden sie mit einem schwarzen oder rosa Winkel markiert, als "Asoziale" und "Volksschädlinge" ausgegrenzt oder in Konzentrationslager gesperrt und ermordet. Bei der Vorstellung, dass so mit den schwulen & lesbischen Menschen in meiner Familie, meiner Umgebung, in meiner Stadt,  in dieser unserer Welt umgegangen würde, bricht mir fast das Herz. Und doch ist es in vielen Ländern der Erde immer noch so: Liebe kann kein Verbrechen sein, niemals, nirgendwo!


Karin vom Blog Grüner Nähen - Bunter Leben hat aus Anlass des Christopher - Street - Days alle DIY - & Fotoblogger aufgerufen zu einer Blogparade. Sie schreibt unter anderem:

"Überall auf der Welt finden in den Sommermonaten bunte Paraden und Umzüge anlässlich des CSD statt. Dabei wird für Gleichberechtigung der „Gay Community“ demonstriert, aber auch insgesamt für Vielfalt und Toleranz und eine bunte Welt.
Ich möchte diesen CSD-Gedanken, „Demonstrieren und Feiern für Vielfalt und Toleranz“, in die Bloggerwelt holen – und in den kommenden Wochen die erste CSD-Link-Parade ausrichten."
 
So ein Zeichen für Gleichberechtigung, Vielfalt und Toleranz setze ich gerne in meinem Blog, denn in meiner eigenen Familie erlebe ich seit Jahrzehnten eine ungeheure Bereicherung durch Menschen jeglicher "Couleur". Mit unseren Wahlverwandten habe ich früher Weiberfastnacht in der Kölner Gay Community gefeiert und bin - logischerweise - mit ihnen zur ersten CSD - Parade 1991 in Köln gegangen ( hatte für mich auch so was von Karneval im Sommer ). Ein paar fotografische Eindrücke von 2002 sind in diesem Post versammelt. 






In den 1970er Jahren, als Graziela Preiser mit ihren regenbogenbunten Dessins einen ersten großen Erfolg hatte und in meiner ersten Studentenwohnung auf einigen Haushaltstextilien präsent war, habe ich zum ersten Mal an meiner Hochschule jemanden kennen gelernt, der sich nicht nur offen zu seiner Homosexualität bekannt hat, sondern aktiv gegen den legendären § 175 StGB kämpfte, der - von den Nazis 1935 verschärft - in die Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland übernommen, 1957 vom Bundesverfassungsgericht als grundgesetzkonform erklärt und 1969 nur dahingehend reformiert worden war, dass sexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern straffrei blieben. Erst 1994 wurde der § 175 in der Bundesrepublik ersatzlos aufgehoben - viele der Menschen, die ich gerne habe, wären also bestraft worden, wenn ihre Beziehungen entdeckt oder sie denunziert worden wären. Dieser Gedanke empört mich heute noch...



Viel zu erzählen gäbe es jetzt noch über meine Verwandtschaft in der Provinz und deren Lernprozess in puncto Homosexualität, über den sehr unterschiedlichen Umgang damit in meinen diversen Schulen und so fort. Ein paar Worte möchte ich allerdings noch verlieren über die kleinste Gemeinschaft in einer Gesellschaft, die Zweierbeziehung oder Ehe & Familie:

Ich habe für mich selbst das traditionelle Modell der Ehe gewählt, weil es zu mir und meinem Partner passt und wir bereit & in der Lage sind, unser Miteinander auszuhandeln und selbst zu gestalten. Warum sollte ich mir von Autoritäten vorschreiben lassen, wie wir zusammen leben? Nur weil manche Angst vor Eigenständigkeit haben, die Anstrengung scheuen und ihre Fähigkeiten nicht beanspruchen, sondern es vorziehen, sich von anderen sagen zu lassen, wo es lang geht? Warum soll jemand Wildfremdes wissen, was gut für mich ist? Mit welchem Recht darf sich der Staat mittels Gesetzen in mein Intimleben einmischen, gelten die Moralvorstellungen jener, die das Sagen, die Macht haben? Anmaßung nenne ich das. 

Meine eigenen Erfahrungen in meiner Familie haben gezeigt, dass es ins Reich der Fantasie gehört, dass die Lebensweise, die die Konservativen immer aufs Schild heben "die einzige ist, die einigermaßen funktioniert". Gerade eine so auf konservativen Vorstellungen basierte Familie habe ich erlebt und auch, dass der männliche Part seine Rolle nicht verantwortlich ausgeübt hat, so, wie es der konservativen Vorstellung angeblich entspricht. Dagegen durfte ich mehrfach erfahren, wie viel Verantwortungsbewusstsein, Verlässlichkeit, Liebe bis zum ( wirklich ) bitteren Ende in regenbogenbunten Partnerschaften gelebt wird. Mir braucht ihr nichts zu erzählen, ihr selbst ernannten "Vorkämpfer für eine neue Familienpolitik", ich vertraue lieber meiner eigenen Anschauung, meinem Erleben und meinem Verstand! Und der sagt mir, dass Partnerschaften aller Arten gelingen, wenn sie auf Liebe & Respekt bauen, und dass es dann keine Norm braucht, an der sich jeder zu orientieren und zu halten hat!

Nun soll auf einmal ganz schnell die "Ehe für alle" gesetzlich geregelt werden, freut mich, doch eigentlich hätte es schon längst selbstverständlich sein sollen, wenn die Menschenrechte nicht nur ein Stück Papier sein sollen. Was Wahlkampf alles bewirken kann...


Jetzt will ich  aber endlich zeigen, was ich für meine jüngste Enkelin aus regenbogenbuntem Graziela - Jersey genäht habe, der ich wünsche, dass auch sie in Zukunft in einer vielfältigen Gesellschaft leben und auf Hochzeiten aller Arten tanzen kann, wie ich es in meinen über sechs Lebensjahrzehnten auch durfte:

Schnittmuster: "Amelinchen"/Farbenmix, "Yara"/CZM in Caprilänge

Jerseys: "by Graziela 1,2,3" sowie Streifen von hier







Wer sich die historische Entwicklung  der Bundesrepublik auf diesem Gebiet einmal vor Augen führen will, dem lege ich diesen Artikel ans Herz. Und dabei wird frau darüber hinaus noch erfahren, wie jung das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung für Ehefrauen ist. Mädels, das ist alles nicht in Stein gemeißelt, was wir momentan für selbstverständlich halten!

Dienstag, 27. Juni 2017

Memories


... are made of this:


Montag, 26. Juni 2017

Altbewährtes & Neuerprobtes


Vor drei Jahren habe ich hier einmal meine Lieblings - T - Shirt - Schnitte vorgestellt. Lange habe ich jedoch keine neuen V- Raglan- Shirts nach dem Schnittmuster von Ki-ba-do mehr genäht, obwohl sie mir schnell von der Hand gehen und sich zum Mustermixen toll eignen. Außerdem sahen sie immer so süß am damals noch wirklich kleinen M aus!


Vom "Sing along" - Jersey war noch reichlich übrig, nachdem ich diese Kombi für die kleine Schwester genäht hatte, und so habe ich mich ( wenig erfolgreich ) im Stoffabbau versucht,  auch was den Streifenjersey betrifft. Deshalb ist auch noch eine "Yara" in Caprilänge von der Maschine gehüpft.

Ab und an dann sticht mich der Hafer, und ich habe bei aller Treue Lust auf Neues. Andrea/ Frau März hat mich mit diesem Post überzeugt, den Schnitt "LeBretöngchen" von Pedilu zu probieren. Also habe ich mir mal wieder ein Ebook gekauft...

Das Shirt ist eigentlich als Langarmshirt konzipiert. Petra hat aber einen kostenlosen Download mit einem Kurzärmel und einem netten Kappärmelchen ins Netz gestellt. Das hat mich letztendlich gereizt, auch der U-Boot -Ausschnitt. Den habe ich aber beim Ausschneiden des Papierschnittes vergeigt. Und weil ich gestern Nachmittag einen schnellen Erfolg brauchte, habe ich dann improvisiert und den Ausschnitt mit einem Jerseystreifen eingefasst nach dieser Anleitung von Susanne Firmenich. Von Frau Hahaell ist auch der Jersey ( Kollektion "Amore", hier gekauft & selbst bezahlt ). Dann noch ein Glitzermotiv aufgebügelt - mein Noch-Kindergartenkind steht da noch drauf und die Kiste ist noch immer gut gefüllt.

Mein Fazit: Schöner Schnitt, für mich ausbaufähig, muss ich aber vorher noch mal angezogen am Kind sehen. Danke Andrea, für den Anstoß!



Sonntag, 25. Juni 2017

Mein Freund, der Baum: Araukarie


Meinen heutigen Baumfreund habe ich vor Jahrzehnten ins Herz geschlossen, nicht, weil mich die steife Gestalt des jungen Baumes, oft in die Vorgärten von neu erbauten "repräsentativen" Häusern gesetzt, begeistert hat, sondern weil ich so mochte, wie er in Mikis Theodorakis Oratorium "Canto General" nach Lyrik von Pablo Neruda besungen wird. Bei der Beschäftigung mit dem Eye - Poetry - Beitrag für den Monat Mai bin ich an diese Liedzeilen erinnert worden und die alte Begeisterung stellte sich bei mir wieder ein.

Als mir dann zufällig ein Exemplar vor die Fotolinse kam, stand fest, dass ich diese Baumsorte hier vorstellen werde...


Gemeint ist die Araukarie Araucaria araucana, auch Affenschwanz- oder Schlangenbaum, Schmuck-, Schuppen-, Chile- oder Andentanne genannt, ein immergrüner Baum, der ursprünglich auf der südlichen Erdhalbkugel heimisch ist. Sein Name ist von der südchilenischen Provinz Arauco abgleitet. In der Sprache der Mapuche, jenes indigenen Volkes, das diesen Teil Südamerikas bewohnt, heißt der Baum Pewen ( spanisch Pehuén ). Für die Mapuche ist er ein heiliger Baum, und in seinem Schatten wurden auch heilige Versammlungen abgehalten.

Botanisch gesehen gehört die Araukarie zur Familie der Araukariengewächse ( Araucariaceae ) in der Ordnung der Nadelhölzer ( Coniferales ), ist also verwandt mit unserer Tanne und Fichte.

Araukarien gehören zu den ältesten Pflanzenarten dieser Erde: Archäologen haben versteinerte Exemplare aus dem Jura-Zeitalter gefunden. Das älteste derzeit noch lebende Exemplar dieses Baumes soll bereits tausend Jahre alt sein. Nur durch Kultivierung wurde verhindert, dass die Araukarie ausgestorben ist, wie es mit ihren Verwandten auf der Nordhalbkugel passiert ist.

Bei der Araukarie handelt es sich um einen immergrünen Baum, der in seiner Heimat in Höhenlagen bis zu 1700 Metern ü. d. M. vorkommt ( bei uns kann er nur in milden Regionen den Winter gut überstehen ). Dort werden die Bäume auch bis zu 50 Meter hoch und erreichen einen Stammdurchmesser von bis zu zwei Metern. 

Bei uns hingegen wächst die Araukarie im Jahr nur um 10-30 cm und erreicht nur eine Höhe von 15 Metern. Darin - und in der Tatsache, dass die meisten Araukarien bei uns noch ein recht "junges Gemüse" sind - liegt begründet, dass wir den Baum nur in dieser steifen, künstlichen Form, die eher an ein Plastikgewächs denken lässt, kennen. In ihrer Heimat erinnert die Baumgestalt an eine Pinie mit ihrer großen Schirmkrone. Es ist nämlich so, dass die Araukarie mit hundert Jahren ihre unteren Äste abwirft und eine schirmartige Krone übrig bleibt, die sich immer dichter verzweigt. 

Die Äste stehen in regelmäßigen Etagen, in Quirlen von 5-7 Zweigen und fast waagerecht ab. Sie sind sehr biegsam und schlangenförmig gewunden. Der Stamm ist stets gerade und zylindrisch.

Die Äste erinnern an lange Bürsten mit kleinen grünen "Stacheln". An den noch jungen Bäumen sind diese Blätter nadelförmig und spiralig angeordnet. Bei ausgewachsenen Bäumen hingegen sind diese meistens schuppenförmig, in einen spitzen Dorn auslaufend, aber auch spiralig oder in zwei Schichten, die sich überlappen, strukturiert.  Diese Blätter überdauern 5 - 10 Jahre.

Der Stamm der Araukarie besteht zu einem Viertel nur aus Rinde. Diese dunkelgraue Rinde kann bis zu 14 Zentimeter dick werden und wirkt wie ein Schutzpanzer, denn in Chile wachsen die Bäume in unmittelbarer Nähe zu aktiven Vulkanen. Ihre Rinde schützt sie also bei Vulkanausbrüchen vor Feuer und herabregnender heißer Asche, macht den Baum quasi feuerfest. 

Als Nutzholz wurden meist etwa 500 Jahre alte Bäume zum Hausbau, zum Bau von Booten und auch von Brücken verwendet. Heute ist der Handel mit Araukarienholz weltweit verboten und es gilt - zumindest offiziell - ein striktes Nutzungsverbot. 


Von der Nutzung ausgenommen sind die Früchte ( Piñones ), die aus den 15 bis 20 cm großen rundlichen Zapfen ausfallen. Diese Samen sind fett- und eiweißreich und waren über die Wintermonate oft die einzige Nahrungsquelle für die Mapuche. 

Araukarien sind zweihäusig, d.h. es gibt männliche und weibliche Bäume, die man nur an den Blüten im Frühsommer unterscheiden kann. Die männlichen, meist hellbraunen Blüten stehen endständig in kätzchenartigen Büscheln, die großen weiblichen Blütenstände stehen aufrecht auf stärkeren Ästen der Baumspitze und sind zunächst grün, später braun ( hier sind Abbildungen zu finden ). 

Nach 2-3 Jahren sind die Samen reif und fallen ab. Bei uns kommt es eher selten zur Befruchtung und Ausreifung der Samen.

Im Jahr 1795 wurde die Araukarie vom Biologen und Mediziner A. Menzies in Europa bekannt gemacht: Als Schiffsarzt der Vancouver-Expedition gelang ihm auf dem Schiff die Anzucht aus Samen, welche die Expeditionsteilnehmer von südamerikanischen Indianern als Nahrung mitbekommen hatten. Etwa 50 Jahre später gelangten die ersten Züchtungsversuche aus Samen im Kew Garden in London, wo der Baum die durch den Golfstrom beeinflussten mäßig harten Winter Englands gut überlebte.

Besonders auf den britischen Inseln, aber inzwischen auch in milden Gegenden Europas ist die Araukarie als Park- und Zierbaum beliebt. Mano hat in ihrem Blog Exemplare aus einem der Herrenhauser Gärten in Hannover gezeigt.

Verwandt mit diesem heutigen Baumfreund ist übrigens die Zimmertanne Araucaria heterophylla (Salisb.) Franco, auch Norfolk-Tanne genannt, die auf der Insel im Pazifischen Ozean, die zu Australien gehört, heimisch ist. 

Was andere Bloggerinnen über andere Bäume geschrieben haben, sammelt heute wieder Ghislana von den Jahreszeitenbriefen.


Samstag, 24. Juni 2017

Meine 25. Kalenderwoche 2017


Noch so eine ereignislose Woche, die zweite in Folge!

Wurde dann auch nicht besser, weil dazu noch eine bemerkenswerte Hitze kam: montags 31°C, dienstags 33°C, mittwochs 33°C, donnerstags 37 °C, freitags 29°C - liebe Klimaleugner, die Temperaturen dieser Woche sind ein weiteres Puzzlesteinchen, welches sich zum Gesamtbild "Klimaerwärmung" fügt!!!

Frau schlich sich also mehr oder weniger durch den Alltag bei diesen Temperaturen, erst recht, wenn man wie ich am Stock geht. All ihr lieben, vom Sommer begeisterte Leserinnen, nehmt es mir nicht übel, wenn ich eure Freude so wenig teilen kann und jetzt auch noch den Gesang anstimme: "Kommt erst einmal in mein Alter":

Als vor vierzehn Jahren ein solcher Extremsommer zehn- bis fünfzehntausend alten Menschen zusätzlich das Leben gekostet hat, konnte ich mir das nicht recht vorstellen. In meinen jungen Jahren habe ich auch stundenlang an griechischen oder französischen Stränden in Hitze und vollem Sonnenschein verbracht ( demnächst mehr dazu am ersten Montag im Juli ).

Seit ich die Sechzig erreicht habe, setzen mich aber Sommer mit Temperaturen jenseits der 27°C - vor allem aufgrund der schlaflosen Tropennächte -  schachmatt. Und wenn ich schachmatt sage, meine ich das auch so: Ich bin dann kaum noch in der Lage, die minimalsten Anforderungen meines Alltags zu erfüllen. Seltsamerweise bestätigen mir das viele Bloggerinnen im Rentenalter, also scheint das kein individuelles Problem zu sein. Mir wird, oft beängstigend, bewusst, dass ich früher nie ernst genommen habe, wenn mir was übers Altern erzählt wurde. Jetzt bin ich schlauer. Aber irgendwann geht es so allen...






















Meist habe ich mir also von drinnen das Spiel der Sonne in den Blättern unserer Bäume angeschaut und am Donnerstagnachmittag dann misstrauisch die Entwicklung der Cumulonimbuswolken beäugt. Zu mehr hat es selten gereicht!

Ein Vorteil des Ebook - Readers ist mir erst in den heißen Sommernächten so richtig bewusst geworden: Man kann im Dunkeln auf der Terrasse lesen, auch wenn die Beleuchtung streikt - yeah!

Am Dienstag habe ich einen ganz lieben, handgeschriebenen Brief von einer stillen Leserin aus dem Schwarzwald erhalten, der mich beim Lesen sehr gerührt und meine schlechte Laune vom Vormittag augenblicklich vertrieben hat. Sie hat eine CD beigefügt, die ihr besonders am Herzen liegt. Das nenne ich Glück, solch einen Moment überraschender Wertschätzung durch einen bis dato unbekannten Menschen! Danke, Andrea!


Ansonsten auch im Hause K. die üblichen Rezepte fürs Überleben bei Hitze: viel trinken, Leichtes essen ( Jogurteis liebe ich heiß!  ), zu den Hitzehöhenpunkten im Haus bleiben und Siesta halten.



Die angekündigten Gewitter am Donnerstag schlichen südlich und nördlich um Köln herum, ließen uns auf dem Trockenen sitzen und in der Tropennacht schlaflos im Bett schwitzen. Der Herr K. verließ die nächtliche Ruhestätte dann auch schon gegen fünf Uhr morgens und sprengte fast zwei Stunden den Garten.










Im Netz habe ich in dieser Woche natürlich wieder viel gefunden. Heute beschränke ich mich aber auf zwei Dinge ohne viel Text!

Einmal - aus gegebenem Anlass. aber nicht nur, weil ich vor fünfzig Jahren leibhaftig unter den unzähligen Menschen mit meinem Vater am Rheinufer gestanden habe, sondern weil das meine Vorstellung von einem angemessenen Staatsakt ist  - dieses kleine Video:


Sic transit gloria mundi.....

Und dann habe ich noch eine tolle Inspiration gefunden, wenn ich mal wieder einen Hut für den "Pulse of Europe" brauche - thank you your majesty!


Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...


Ausnahmsweise setze ich mich schon am Samstagvormittag zu Andrea an den Tisch der Samstagsplauscher, denn morgen stelle ich euch im Blog wieder einen Baum vor. Mein Gartenglück bezieht sich ja fast nur auf Abendstunden ( aber vielleicht ist das auch mal was für Loretta & Wolfgang? ), Grün für Mascha habe ich aber auch anzubieten. Und ein bisschen Glück für Lottas "Bunt ist die Welt" ist auch noch dabei.



Freitag, 23. Juni 2017

"Wir sind des Wartens müde...


...ich und meine Kinder". sagte Ensaf Haidar laut übersetztem Redetext bei einer Veranstaltung am Samstag in Tübingen. "Von hier aus möchte ich seine Majestät König Salman bitten, Raif freizulassen und seinem Leidensweg ein Ende zu setzen und unsere Familienzusammenführung zu ermöglichen."

Ensaf Haidar neben Max Steinacher & Christopher Gohl
Source
Zur 131. Mahnwache der Tübinger Initiative zur Freilassung des in Saudi - Arabien inhaftierten Bloggers Raif Badawi ist seine Frau Ensaf Haidar aus dem kanadischen Exil in die württembergische Stadt gekommen. Dort steht auch Max Steinacher auf den Treppen der Tübinger Stiftskirche mit seinem halben Freundeskreis und etlichen weiteren Aktivisten. Viele Lehrer, Juristen, Professoren im Ruhestand, viele älter als 60, alle motiviert, so lange Plakate in die Höhe zu halten, bis Raif Badawi wieder ein freier Mann ist. Weder Minusgrade, Hitze noch Platzregen haben sie von ihrem Protest abgehalten, seit im Januar 2015 der 69-jährige ehemalige Lehrer Steinacher begonnen hat, jeden Samstag Punkt elf Uhr eine Stunde lang die Freilassung des saudischen Bloggers öffentlich zu fordern.

"Ich war anfangs überrascht, wie viele meinem Aufruf gefolgt waren", erinnert er sich. Doch mittlerweile gehört der Termin selbstverständlich zum Samstag. Dank seines Mitstreiters Christopher Gohl vom Tübinger Weltethos-Institut ist die Veranstaltung auch bestens organisiert. 

Unter dem Motto "Fünf Jahre sind genug. Tübingen für Familie Badawi" hatten das Weltethos-Institut und weitere Institutionen am vergangen Wochenende Ensaf Haidar eingeladen. Sie wurde im Rathaus empfangen, und es wurde eine Lesung sowie eine Podiumsdiskussion über Pressefreiheit mit dem türkischen Journalisten und Kritiker des Herrn E., Çan Dündar, organisiert.

Die Ausdauer der Menschen an einem Ort der Welt, an  dem sie noch nie zuvor war, gibt Ensaf Haidar Kraft: "Ihr seid wie meine Familie. Es tut so gut, dass ihr solange durchhaltet."

Und ein klitzekleines bisschen fühle ich mich mit meinem heute hundertzwanzigstem Post zu Raif auch dazugehörig...

Wie meinte doch der Berliner "Tagesspiegel"? "Badawis Gefangenschaft ist ein fortwährender Skandal ohne dauernde Empörung. Sein Bekenntnis zur Meinungsfreiheit hat ihn hinter Gitter gebracht, unseres muss ihn da rausholen. Es ist zu still um ihn geworden."


Ja, es ist eine Riesenschweinerei, dass ein Mensch zehn Jahre im Gefängnis bleiben soll und tausend Peitschenhiebe erleiden, nur weil er in seinem Blog gesagt hat, was er denkt, das geht mir auch immer wieder durch den Kopf. Auch in Bezug auf die Türkei und die dort Inhaftierten. Das Land begibt sich immer mehr auf einen ähnlichen Weg wie Saudi - Arabien:

Dort wurden Menschen inhaftiert, weil sie die Kommunikations - App "Bylock" auf ihrem Smartphone installiert hatten: Sie gilt den türkischen Behörden als das Instrument, mittels der sich die angeblichen Putschisten & Gülen - Anhänger verständigt hatten.

Besonders spektakulär ist der Fall des Richters Aydın Sefa Akay, der nun zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt wurde ( bis zur Berufungsverhandlung darf er zu Hause bleiben, das Land aber nicht verlassen ), weil er die App aus dem Google Play Store auf sein Handy heruntergeladen hatte.

Die bittere Ironie an diesem Fall: Akay ist Mitglied des fünfköpfigen UN-Panel namens MICT ( Mechanismus der Vereinten Nationen für internationale Strafgerichte ), welches mit der Prüfung des Urteils gegen den ruandischen Planungsminister Ngirabatware beauftragt worden ist, und genießt deshalb diplomatische Immunität. Die UN hatte also der Türkei eine Frist bis Mitte Februar gesetzt, um Akay freizulassen, das Gerichtsverfahren einzustellen und damit seine Immunität zu gewährleisten - die Behörden verweigern dies, da es sich ja ihrer Meinung nach um eine Sache handle, die nicht Akays Richtertätigkeit beträfe.

Akay gehört zur "weißen Elite" des Landes, ist überzeugter Republikaner und lebt mit seiner Familie in einem der säkularsten Viertel Istanbuls. Außerdem ist er Mitglied der "Großloge der Freien und Angenommenen Maurer der Türkei". "Ein Gülenist und zugleich Freimaurer zu sein, das ist wie dem Likud und zugleich der Hamas anzugehören",  erklärt Yavuz Baydar diesen Widerspruch.

Wenn das kein "Geschmäckle" hat...







Nachtrag: Wie ich - inzwischen mehrfach - gelesen habe, hat die G20-Delegation Saudi - Arabiens das gesamte Luxushotel "Vier Jahreszeiten" in Hamburg für den Zeitraum vom 4. bis zum 9. Juli als ihr Quartier ausgewählt. Dem Vernehmen nach haben die Saudis das Hotel mit 156 Zimmern und Suiten für König Salman und sein Gefolge gebucht. Weitere Unterkünfte wurden dem Vernehmen nach im "The Westin" in der Elbphilharmonie und im "Sofitel" am Alten Wall gewählt - da wäre doch auch eine Solidaritätsbekundung für Raif Badawi möglich, liebe Hamburger, oder? ( Quelle u.a. hier  )

Friday - Flowerday # 25/17




Die erste - heftige - Rosenblüte in meinem Garten ist nun wirklich vorüber.
Wie schön, wenn es anderswo noch welche gibt! 
























Dieses Farbenspiel! Und der Duft!
























Sie stammen aus der Gärtnerei 
des Bruders meines Floristennachbarn 
aus meinem alten Schulveedel im Kölner Norden. 


Richtige Floribundas, 
ergänzt um ein paar Exemplare aus meinem Garten. 























Für Helga die Gesamtschau 
auf der Konsole in meinem sog. Sommerwohnzimmer.

Bon week - end!




Alle Blumen sammelt wieder Holunderblütchen®

Donnerstag, 22. Juni 2017

Great Women # 105: Gabriele Wohmann


Auf die Autorin Gabriele Wohmann bin ich schon in meiner Gymnasialzeit durch eine besonders engagierte junge Deutschlehrerin aufmerksam gemacht worden. Aber erst in meinem Referendariat in einer Brühler Hauptschule habe ich ihre Kurzgeschichten schätzen gelernt, denn die haben meine damaligen 14jährigen Schüler begeistert als Anlass genommen, um darüber ausgiebig und differenziert zu diskutieren.  
Ja, damals gab es noch solche Hauptschüler, interessiert, bildungswillig, die alles aufsogen, wie ein Schwamm, was ihnen die nur zehn Jahre ältere Frau P.-K- bieten konnte. Gerne erinnere ich mich daran. Und an die Schriftstellerin, die heute vor zwei Jahren gestorben ist.

Gabriele Wohmann kommt am 21. Mai 1932 als Gabriele Guyot als drittes von vier Kindern des Pfarrers Paul Daniel Guyot und seiner Frau Luise Lettermann in Darmstadt zur Welt. 

Der Name Guyot ist waldensischen Ursprungs, denn die Familie stammte aus jenen Tälern in den Cottischen Alpen, von wo die vorreformatorischen evangelischen Gläubigen im Mittelalter u.a. nach Hessen vertrieben worden sind. Über ihre Mutter Luise ist Gabriele mit dem Aphoristiker Georg Christoph Lichtenberg aus Ober - Ramstadt verwandt, über ihren Vater, dessen Mutter eine Textor gewesen ist, mit Goethes Familie mütterlicherseits. ( Goethe wird denn auch neben Anton Tschechow der literarische Leitstern für die spätere Schriftstellerin. )

Viktoriaschule in Darmstadt - Bessungen vor dem Krieg
"Ich hatte das Privileg mit einer riesigen Bibliothek im Haus aufzuwachsen. Diese große Verfügbarkeit der Literatur war natürlich prägend" - so wird sie sich später äußern. Mit sechs Jahren erfindet sie die ersten Geschichten, verschenkt sie zu Geburtstagen, "weil ich zu faul zum Basteln war".

Der Vater führt als evangelischer Theologe den Hessischen ( und später auch den Rheinisch-Westfälischen ) Diakonie-Verein, der 1907 von seinem Vater begründet worden ist. Gabriele wächst also in einem Pfarrhaus auf ( das sie mehrfach liebevoll porträtieren wird ), in Bessungen, dem ältesten Teil der Stadt Darmstadt, und geht dort auf die Viktoriaschule, einem Lyzeum für Mädchen.

Später berichtet sie, dass sie in ihrem Elternhaus mit ihren drei Geschwistern eine überaus glückliche Kindheit gehabt habe: „Über meine Eltern kann ich nur Schönes sagen, deshalb brauchte ich über sie auch nicht zu schreiben.“ ( Quelle hier )

Während der Zeit des Nationalsozialismus - dem ihre Eltern als Angehörige der Bekennenden Kirche ablehnend gegenüber stehen - entwickelt sich bei dem Kind die Fähigkeit zum Widerspruch gegen jegliche Inhumanität, zur Toleranz und eine Sensibilität für Zwang & Unterdrückung. Sie lernt, frei von Anpassung den eigenen Weg zu gehen. Andererseits lebt sie aber auch von ihrer ( nazistischen) Umwelt isoliert, erlebt sie als extrem fremd und beklemmend. "Furchtbare Erinnerungen. Wenn man diese Erinnerungen hat, dann jetzt diese Idioten zu sehen, die eigentlich überhaupt kein Hirn haben", kommentiert sie diese Zeit rückblickend in einem Interview von 2002. Wahrscheinlich entwickelt sie schon in jenen Tagen den Blick, der später das Zusammenleben der Menschen unbestechlich analysieren wird.

Der vom Vater vertretene & gelebte Glaube wird das Kind Gabriele ebenfalls für immer prägen:
"Er hat uns Kindern Gott so nahegebracht, dass man sich davon nie mehr trennen kann. Als Kind lebte ich in dem Gefühl: Es kann mir nichts passieren, solange meine Eltern da sind und aufpassen; ich fühlte mich völlig sicher in der Welt. So denke ich auch über Gott: Er ist ein ganz großer Trost in meinem Alltag, ein Leben ohne Gott wäre furchtbar." ( Quelle hier
Da die Viktoriaschule während eines Luftangriffs auf Darmstadt im September 1944 weitestgehend zerstört worden ist, setzt Gabriele nach dem Krieg ihre schulische Ausbildung im Internat des Nordsee-Pädagogium auf der Insel Langeoog fort, wo sie ein externes Abitur ablegt. 

Von 1951 bis 1953 studiert sie Germanistik, Romanistik, Philosophie und Musikwissenschaft in Frankfurt und lernt den sechs Jahre älteren Reiner Wohmann kennen, der ebenfalls aus Darmstadt stammt. Da sie ihr Studium nicht zufrieden stellt, bricht sie es ab und heiratet, 21jährig, Reiner Wohmann und zieht mit ihm für ein Jahr nach Langeoog, wo sie als Lehrerin an ihrer ehemaligen Schule unterrichtet, später an einer Volkshochschule und einer Handelsschule. Nach ihrer gemeinsamen Rückkehr nach Darmstadt beendet ihr Mann sein Studium und wird Lehrer am Studienkolleg für ausländische Studierende in Darmstadt. Gabriele hingegen privatisiert und beginnt 1956 zu schreiben. 1957 erscheint in der Zeitschrift "Akzente" die Erzählung "Ein unwiderstehlicher Mann" -  ein Debüt mit Folgen. 1958 folgt der Roman "Jetzt und nie", der einen Tag aus dem Leben eines Bitumenvertreters schildert. 
1960er Jahre

Sie findet Freunde unter den Schriftstellern in der Darmstädter Künstlerkolonie Park Rosenhöhe und nimmt an Tagungen der "Gruppe 47" bis 1967 teil:
"In der Gruppe 47 - ich kam erst 1960 dazu - habe ich mich eigentlich nie zu Hause gefühlt. Ich hoffte, durch die Gruppe bekannt zu werden. Später hat man ja erfahren, dass die innigen Freundschaften in dieser Gruppe um Hans-Werner Richter herum gar nicht so innig waren, dass es da furchtbar viele Feindseligkeiten gab", bekennt sie in diesem Interview
Und im Zusammenhang mit der in BR-Alpha gesendeten TV-Dokumentation "Vom Glanz und Vergehen der Gruppe 47" meint sie, vielen sei es bei den Treffen der Gruppe nur ums anschließende Feiern mit Besäufnis gegangen...

Von der Literaturkritik wird Gabriele Wohmann nach der Veröffentlichung von "Sieg über die Dämmerung" (1960) als das größte und giftigste satirische Talent der Bundesrepublik gefeiert. Der Kritiker Marcel Reich-Ranicki bescheinigt ihr sogar, dass es im gesamten deutschen Sprachraum nur sehr wenige Schriftsteller gebe, die die Autorin besser seien oder ihr gleich kämen.

Noch größeren Erfolg erzielt sie in den Siebzigern, als sie den bedeutenden Roman "Ernste Absicht" veröffentlicht. Darin erzählt sie die Geschichte einer Schriftstellerin, die sich während eines Krankenhausaufenthalts Klarheit über ihr Leben und ihr Verhältnis zu den Menschen in ihrer Umgebung verschaffen will. Der Roman ist nicht einfach zu lesen aufgrund seiner langen inneren Monologe.

Gabriele schreibt gerne und viel und bezeichnet sich selbst – ein bisschen ironisch und oft zitiert – als "Graphomanin".
"So ein inneres Vibrieren gehört zu mir, eine Nervosität. Wenn ich schreibe, bin ich am unlebendigsten, weil ich mich dann konzentriere. Deswegen ist das Schreiben gut für mich, dann vergesse ich die Außenwelt und alles andere und mich selber. Ich muss jeden Tag schreiben. " ( Quelle hier )
Ihre oft lakonischen Geschichten stehen der Frauenliteratur nahe, doch das Private bleibt in ihren Texten für lange Zeit tatsächlich das Private. Und anders, als z.B. Christa Wolf, schlägt sie keine Brücke zur Politik und den Themen der Zeit.

Sie wendet sich in ihren Texten überwiegend den Beziehungsmustern zu, die das Zusammenleben von Mann und Frau - von ihr kurz "Paarlauf" genannt - bestimmen. Mit einer Sprache voll Ironie und Präzision,  in der Dialektik von Nähe und Distanz schreibt sie über Beziehungsunfähigkeit, Selbstentfremdung, Abhängigkeiten & Unterdrückung und die Unfähigkeit zur Kommunikation. Meist entstammen ihre Protagonisten dem Bildungsbürgertum: Sie gehen ohne materielle Not durchs Leben, sind aber mit einem ganzen Sack charakterlicher, seelischer und zwischenmenschlicher Mängel befrachtet. Mit ihren Analysen der westdeutschen Mittelstandswelt trifft Gabriele den Nagel auf den Kopf, und die Leser jener Zeit können sich in all ihren Texten wieder erkennen. ( Patchworkfamilien, diese ganzen neuen Lebensformen, die wir heute so kennen, kommen in ihren Texten kaum vor. )

"Mir ist dies etwas verrufene Private relevant genug, meinetwegen auch gesellschaftlich relevant genug, denn es liefert die Startbahn für alles Überprivate", sagt sie, auf die Frage, warum sie nie die Gesellschaft beschreibe, sondern in ihren Erzählungen auf Intoleranz, Anpassung, Unmoral abziele. 

1972
Von ihrem Ehemann Reiner Wohmann nach Kräften in der Arbeit unterstützt, führt sie selbst keine Ehe, die Vorbild für "trübselige Schilderungen despotischer Gatten und Väter hätte sein können", wie weniger wohlwollende Kritiker über ihre Erzählungen urteilen.

Reiner Wohmann ist schon in jenen Jahren, als der Begriff noch nicht gebräuchlich ist, ein Hausmann im besten Sinne, der seiner schreibenden Frau den Kopf frei hält, den Alltag organisiert und sie umsorgt. Er ist ihr Lektor und Archivar und zuständig für die oft mühsame literarische Sekundärarbeit. ( Ihr Ehemann wird ihr und ihrem Werk tatsächlich über sechzig Jahre seines Leben widmen. ) Als ihr ihr Verlag vorschlägt, unter dem ungewöhnlicheren Mädchennamen zu veröffentlichen, lehnt sie ab mit dem Verweis, dass ihr Mann "doch alles mitmacht". Die Rolle, die ihr die Medien damals zuweisen, ist nicht immer schmeichelhaft:
"Viele sagen, ich sei die Frau mit dem bösen Blick. Männer mögen von Frauen nicht gern das Satirische. Ihre Ironie verletzt sie am meisten." Und an anderer Stelle: 
"Meistens finde ich, was Männer über Frauenempfindungen denken, unfreiwillig komisch und missglückt. Frauen sind aus der männlichen Perspektive unglaublich sexgierig und wollen mehr und mehr. Woran ich sehr zweifle. Ich lese beispielsweise John Updike und Philip Roth sehr gern; aber ihr unheimlicher Sexismus stört mich. Aus Sex ein Mysterium zu machen, finde ich lächerlich."
Noch Anfang der 1960er wird ein Fernsehspiel von ihr über das Misslingen von Gemeinschaft abgesagt, weil es zu negativ sei. Dabei "handelt alle dauerhafte Literatur von den unglaublichen Kompliziertheiten des menschlichen Zusammenlebens, in dem sich winzige Kränkungen zu katastrophalen Zerstörungen auswachsen können", kommentiert sie das.

In den 1970er Jahren sieht das dann schon ganz anders aus: Da schafft es ihr viertes Fernsehspiel 1973 sogar schon vor der Sendung in die Boulevard - Presse. "Ex-Drogensüchtige erzählt ihr Schicksal" oder: "Das Spiel, das bitterer Ernst war", heißt es da u.a.
Das Fernsehspiel heißt "Entziehung - ein Tagebuch", handelt von einer nach Beruhigungsmitteln süchtigen Frau, die den Gatten und das Leben satt hat und sich in einen Intellektuellen verliebt. Der Clou: Gabriele Wohmann selbst spielt die Rolle der Entzugsperson, als Laie unter lauter Profis ( an der Seite Heinz Bennents u.a. ), verwahrt sich aber strikt dagegen, dass sie sich selbst darstellt:

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Fast 2 Millionen Zuschauer sehen den Auftritt der Autorin...

Ihren größten Erfolg beim Leserpublikum erzielt sie dann mit dem 1974 erschienenen Roman "Paulinchen war allein zu Haus", der mehr als zwanzig Auflagen erlebt und 1981 auch verfilmt wird.

Von der feministischen Literaturkritik wird sie hingegen oft ( auch wegen oben erwähnten "bösen Blicks" ) gerügt. In einer Schweizer Rezension schreibt Ester Cornioley 1975 sogar:
"Durch das Werk der Gabriele Wohmann zieht sich wie eine Blutspur ihr gestörtes Verhältnis zur Frau, zum eigenen Geschlecht, ziehen sich ihre hasserfüllten Volten gegen alles Weibliche, die sie in extremen Momenten in die Nähe der Esther Vilar bringen."
In andere Kritiken wird ihr ein zu behutsamer Umgang mit dem männlichen Geschlecht vorgeworfen - noch heute durchzieht den Beitrag über die Schriftstellerin bei fembio ein leichter Vorwurf des Anti- Feminismus. Ihre Reaktion darauf:
"Das tangiert mich wirklich nicht. Ich habe nie Emanzipationsprobleme gehabt. Als Kind war ich selbstbewusst genug. Das liegt sicher an ermutigenden Eltern, die nicht gesagt haben: Du bist bloß ein Mädchen. Du kannst nichts! Man muss von sich aus Selbstvertrauen haben. Es klappt sowieso nicht, wenn jemand sagt: Sei doch stolz, dass du eine Frau bist! Stolz ist sowieso Quatsch!" ( Quelle hier )

1977
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Die Heldinnen ihrer Bücher seien wie sie selbst, hat man sich gern eingeredet, denn auf vielen Fotos blickt sie unterm schwarzen Haar meist herb und düster in die Welt. "Ich bin kein Fabulierer, kein Personen- und Stoff-Erfinder, ich habe den Authentizitätstick, also werde ich beim Schreiben auch immer so ziemlich in meiner eigenen Nähe bleiben", sagt sie von sich selbst.

Doch erst nach dem Tod des Vaters 1974 - und einer psychischen Krise - beginnt Gabriele nicht nur kritisch über die Begebenheiten zu schreiben, die sie in ihrer Umwelt beobachtet hat, sondern sie fragt nun nach "dem Richtigen" und beginnt, persönliche Erlebnisse zu verarbeiten:

In ihrem Roman "Schönes Gehege" (1975) schickt sie einen übersatten, melancholischen Schriftsteller auf Sinnsuche. Und in "Ausflug mit der Mutter", dem Roman von 1976, der vom Umgang mit der frisch verwitweten Mutter handelt, verarbeitet sie die eigenen Schuldgefühle. "In der ausführlichen Sorgfalt, mit der Gabriele Wohmann solch banale, herzliche Kleinigkeiten schildert, hat der Roman seine Qualität", schreibt damals Peter Iden in der "Zeit".

1988
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In den 1980er Jahren erscheinen schon mal bis zu zehn Werke von Gabriele Wohmann pro Jahr: Romane, Erzählungsbände, Gedichtbände, einzelne Texte in bibliophilen Ausgaben. Das Lob des Feuilletons ist ihr sicher und das Interesse der Leser auch.

Der Roman "Der Flötenton" von 1987 nimmt in ihrem Werk insofern eine Sonderstellung ein, da Gabriele entgegen ihrer sonstigen Gepflogenheiten auf ein aktuelles gesellschaftliches Ereignis reagiert, die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Sie beschreibt darin, wie die Menschen nach dem Gau leben und im Dunstkreis der radioaktiven Wolke ihren Beziehungsalltag gestalten.

Für ihre Werke erhält die Autorin zahlreiche Preise und Auszeichnungen, unter anderem 1981 den deutschen Schallplattenpreis, 1988 den Hessischen Kulturpreis, 1992 den Konrad-Adenauer-Preis der Deutschland-Stiftung und 1997 das Große Bundesverdienstkreuz, außerdem 2002 die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg. Dies Auszeichnungen werden - wie auch all ihre Verträge & Urkunden - von Reiner Wohmann verwahrt.

Gabrieles ältere Schwester Doris, der sie sich besonders verbunden fühlt, erhält 1994 die Diagnose "inoperabler Gehirntumor", stirbt daran 1999 - ein halbes Jahr nach dem Tod der gemeinsamen Mutter. Ein Schmerzensjahr der Schriftstellerin...
Sie verarbeitet das Erlebte in "Abschied von der Schwester" (2001). Dieses Buch, in einer Grenzsituation entstanden, gewinnt seine Überzeugungskraft vor allem auf der menschlichen Ebene.

Ihren siebzigsten Geburtstag 2002 nennt Gabriele "ein unerfreuliches Ereignis". Wie nur wenige Schriftstellerinnen hat sie sich bis dahin innerhalb des launischen Literaturbetriebs behauptet und etliche Verlagswechsel überstanden. Einer jüngeren Generation von Lesern ist sie aber zu diesem Zeitpunkt kein Begriff mehr. Vielleicht, weil sie nicht den Launen des Publikums nachläuft? Zu ihrer Entfremdung vom Literaturbetrieb gesellt sich die Gewissheit der Folgen des Alterns:

"Nein, Frauenleben mit viel kosmetischer Betreuung sind mir fremd. Aussehen will ich nicht mit Ansichten verbinden. Kommt plötzlich etwas, muß ich einfach darauf setzen. Alles Fixierte liegt mir nicht.“ ( Quelle hier )

Doch all die -osen, wie sie sagt, ( ihre Arthrose und die Osteoperose ) machen ihr das Leben an sich schwer. Das Reisen – eine Unmöglichkeit. Lesungen – eine Zumutung für den Körper! 

2007
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Regelmäßige Publikationen Gabriele Wohmanns folgen aber weiterhin im nächsten Lebensjahrzehnt: "Schwarz und ohne alles" heißt ein Erzählungsband von 2008. "Das gilt nicht nur für den Kaffee, sondern auch für sie. Die Tochter eines Pfarrers würde sich niemals, wie es in einer der Erzählungen heißt, 'verwandeln oder tarnen und mit den vielen anderen sich zur blöden Summe zusammenzählen'", schreibt Georg Magirius über das Buch.  2010 erscheint ein weiter Erzählband: "Wann kommt die Liebe", der mit typischen Wohmann-Personal aufwartet.

In mehr als fünf Jahrzehnten der Schriftstellerei veröffentlich sie über 650 Erzählungen, womit sie als hervorragende Chronistin bundesrepublikanischen Lebens gelten und völlig zu Recht als "Königin der Kurzgeschichte" ( "Neue Zü­rcher Zeitung" ) bezeichnet werden kann.

2012 erscheint zu ihrem achtzigsten Geburtstag noch eine Anthologie mit ihren schönsten Erzählungen "Eine souveräne Frau". "Weihnachten ohne Parfüm" heißt der letzte von ihr persönlich fertig gestellte Erzählungsband. Nach den für sie wichtigen Botschaften gefragt, die in all ihren Büchern enthalten sind, meint Gabriele Wohmann, dass sie nun "im Grunde alles geschrieben habe, was gesagt werden sollte".
"Meinen Tod fürchte ich nicht, aber ich fürchte sehr den Tod meines Mannes, falls er vor mir dran ist; und gegen diese Angst hilft überhaupt nichts. Ich kann mir mein Leben ohne ihn nicht vorstellen, zumal ich uralt bin und mich nicht mehr richtig be­wegen kann und mir dauernd helfen lassen muss." (Quelle hier )
Der Tod ereilt Gabriele Wohmann nach langer Krankheit am 22. Juni 2015 in ihrem Geburtsort Darmstadt. Ihre letzte Ruhe findet sie auf dem Bessunger Friedhof. ( Reiner Wohmann wird ihr 21 Monate später folgen- er ist am 9. März 2017 gestorben... )
"Niemand hätte eine Ahnung vom Glück, wenn er nicht im Umgang mit dem Unglück geübt wäre", hat Gabriele Wohmann einmal geschrieben. Und an anderer Stelle: "Aber Melancholie ist doch was Schönes" - das sind Gedanken, die ich mir für mein Leben aus ihrem Werk mitnehme, weil sie mir so wahr erscheinen...






Irmi stellt heute übrigens die auch - inzwischen weitgehend vergessene - amerikanische Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Pearl S. Buck vor. Schaut doch mal vorbei!