"Die Gleichgültigkeit der Natur
verschluckt die menschlichen Geschicke.
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Die Geschichte wird dämonisiert,
aber die Panik entbehrt empirischer Grundlagen.
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Der Macht des Zufalls sind Propheten nicht gewachsen.
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Zufälle sind Einfallstore magischer Weltdeutung,
in der alles in einem Kausalnetz verwoben ist."
Helmut Lethen, Kulturwissenschaftler
"Frauen erheben oft die Stimme an Stellen,
wo Männer schweigen"
Nicole Schilling, Generalin
Das zurückliegende Wochenende habe ich hemmungslos vertrödelt. Statt "Kölner Lichter" habe ich mir Literatur-Videos eines (von mir) neu entdeckten YouTube-Kanals angeguckt, gelesen, mir was Schönes gekocht, mit Familienangehörigen, auch entfernteren, telefoniert. Am späten Sonntagnachmittag bin ich dann auf den Hansaring ins Kino gegangen:
"In die Sonne schauen" von Mascha Schilinski, in Cannes mit dem Preis der Jury ausgezeichnet, wollte ich mir angucken. Vorneweg: Wenn ich vorher vielleicht mehr über den Film gewusst hätte, hätte ich eher Abstand genommen, so verstört war ich letztendlich.
All das Böse, was Menschen widerfahren kann oder was sie sich gegenseitig antun, diese ganze Gewalt - eine solche Ahnung von Gefahr, von Tod, davon, dass diese Welt nicht zum Besten eingerichtet ist, hat den ganzen Film über gelauert. Getriggert wurden eigene Erfahrungen in meiner bäuerlichen Familie von damals durch Geschehnisse in der Sequenz aus der wilhelminischen Zeit. Dass sich historische Traumata in der Familie vererben und auch nachfolgende Generationen verfolgen, wird visuell ständig durchdekliniert - mir hätte sehr viel weniger bildliche Darstellung & Intensität gereicht.
Warum Kinder noch in den Szenen, die in der aktuellen Gegenwart spielen, von den Geistern der Vergangenheit geplagt und in Richtung Tod gezogen werden, war mir eine nicht nachvollziehbare Zumutung. Einige Aussagen, gelesen bei Roger Willemsen in "Der Knacks" wie "Als Kind bewegt man sich in der Idee seines eigenen Todes wie der Angehörige einer Geheimloge"... "Kinder haben sich an das Leben vielleicht noch nicht genug gewöhnt, um es für unverzichtbar zu halten", haben meine Gedanken dann etwas relativiert. Meinen eigenen Erfahrungen war das fremd.
Die Sonne, die doch im Filmtitel, hat mir einfach gefehlt, auch wenn es Feste & Feiern im Film gab...
Deutlich wurde mir mal wieder der Unterschied zwischen Kino & Literatur. Parallel zum Film habe ich am Wochenende Rilkes "Malte Laurids Brigge" gelesen. Da geht es auch viel um Tod & Sehnsucht nach ihm, Krankheit, Leid. Aber die Bilder, die mir aus den Worten kommen, habe ich in gewisser Weise unter Kontrolle, sie bedrängen mich nicht und ich kann sie in meine Erfahrungen einordnen.
Natürlich hätte ich viel lieber einen solchen Abendhimmel mit weitem Horizont über der Ostsee wie meine Kinder zu Beginn dieser Woche...
Aber ich freue mich auch über das Septemberlicht in Magnolie & Küche. Andrea fragte in dieser Woche bei den Fotofragezeichen: "Erste Septemberwoche: Für Dich Spätsommer oder Frühherbst?" Immer noch Sommer, wie man/frau sieht.
Am Mittwochmorgen wurde ich "händysch" mit einem Sonnenaufgang über der Ostsee begrüßt. Aber tausendmal lieber war mir, die Kinder am Spätnachmittag in realiter zu umarmen. Sie haben sich gleich über meine verschiedenen Farben hergemacht und Meeresszenen aquarelliert.
Auch den Tisch haben sie gedeckt und immer wieder Freude daran, meine bunten Schätze herauszuholen und zu verwenden. Hach ist das schön, die Mädchen wieder einmal um mich zu haben!
Am Nachmittag gab es Besuch von der holländischen Freundin mit ihrer Enkelin, und die Tochter hat dafür ihren leckeren Apfelkuchen gebacken.
Die Jüngste hatte die Idee, die holländische Etagère mit orangefarbenen Bonbons zu bestücken. Jetzt habe ich ( zusammen mit dem aus Lübeck mitgebrachten Marzipan ) wieder verführerische Süßigkeiten im Haus, nachdem ich etliche Wochen keine mehr bei mir geduldet habe. 🤣 Damit wäre dann auch Andreas erste Frage beim Fotofragezeichen - "Was isst du, wenn du frustriert bist?" - beantwortet...
Nach dem Besuch des neu eröffneten Spielplatz in einem Park in der Nähe haben wir uns noch einen gemeinsamen Restaurantbesuch gegönnt. Pfifferlingsalat ist eh gesünder für mich 🤣.
Das war dann letztendlich eine Woche, in der ich mein Herz erwärmen und die Finger weitgehend vom Computer lassen konnte. Deshalb schließe ich den Post auch nur ab mit meinen Angaben zu den Verlinkungen - mit Andreas Samstagsplausch in Berlin, dem Fotofragezeichen der anderen Andrea am Bodensee und dem Mosaic Monday von Heidrun - und wünsche euch allen ein schönes Wochenende!