Sonntag, 29. September 2024

Mein Freund, der Baum: Baumhasel - neu aufgelegt

Ich habe in den zurückliegenden Wochen keine Möglichkeit gefunden, einen gänzlich neuen Baum für diese, meine Rubrik zu entdecken. Unterwegs aufgefallen ist mir allerdings, wie viele Haselnüße auf dem Boden liegen. Da fühlte ich mich animiert, noch mal mein bzw. euer Augenmerk auf diesen netten Baumfreund zu richten:

Die Baumhasel gewinnt in Zeiten des Klimawandels zunehmend an Bedeutung, weil sie viele Eigenschaften aufweist, die zur Stabilisierung unserer aus dem Gleichgewicht geratenen Waldbestände beitragen könnten, denn der Baum gedeiht gut in Gesellschaft anderer Laubbaumarten und neigt zum Glück nicht dazu, diese invasiv zu überflügeln. Die Baumhasel Corylus colurna L., auch Türkische Hasel, Türkische Haselnuss oder Byzantinische Hasel bereichert inzwischen an vielen Orten unsere Umgebung.


Die Baumhasel hat viele gute Eigenschaften:

Da ist einmal ihre hohe Widerstandskraft gegen abiotische Schäden, als da sind Hitze, Feuer, Schnee, Wasser, Wind, Emissionen, mechanische Verletzungen, aber auch biotische Schäden durch Schadinsekten - Borkenkäfer, Schwammspinner und Eichenprozessionsspinner machen ja momentan viel von sich reden. Die schaden der Baumhasel nicht, allerdings Mäuse, die den Stammansatz des Baumes genauso gerne schälen wie den von Buchen oder Kirschen.

An den Boden stellt die Baumhasel auch keine Ansprüche, sie zeichnet sich durch eine große Trockenstresstoleranz aus und hält Winter- und Spätfrösten stand. Außerdem wächst sie sehr rasch.

Im 17. Jahrhundert in Mitteleuropa eingeführt - verbürgt ist die erste Baumhasel aus Constantinopel (Istanbul) 1582 im niederösterreichischen Merkenstein - , wird die Baumhasel seitdem immer noch in sehr geringem Umfang bei uns, in Italien, Österreich, Polen oder Ungarn angebaut. Bisher ist sie hauptsächlich als Straßen- oder Parkbaum angepflanzt worden. So wie die beiden Baumhasel in meiner Nachbarschaft, die mit vielen anderen Bäumen auf einer kleinen "Insel" in einer Straßengabelung stehen ( weshalb ich sie auch nicht in ihrer ganzen Baumgestalt fotografisch erfassen kann ).

Im Wald dagegen wurde die Baumhasel bei uns in Mitteleuropa erstaunlicherweise nur sehr vereinzelt gepflanzt. Seit 2010 hat man einen verstärkten Anbau wegen der oben genannten Qualitäten endlich in Angriff genommen. 


Das natürliche Verbreitungsgebiet der Baumhasel ist allerdings die Balkanhalbinsel: im Norden bis nach Rumänien und im Nordwesten bis Bosnien & Herzegowina. Auch im Norden der Türkei kommt sie vor, im Kaukasus und bis nach Afghanistan und dem Himalaya. Dort wächst sie sowohl auf Kalk- als auch Silikatböden, wobei sie die flachgründigen, nährstoffarmen und trockenen Kalkböden bevorzugt. In ihrem Ursprungsgebiet muss der Baum normalerweise mit Temperaturen zwischen 5 und 13°C und einem jährlichen Niederschlag zwischen 500 und 800 mm zurechtkommen. In Rumänien gedeiht sie z. B. auf extrem trockenem Karstgestein. Temperaturextreme von -38 bis +40°C steckt der Baum aber auch weg.

Inzwischen ist diese Baumart in ihren Ursprungsländern selten anzutreffen, da die Bestände übernutzt sind: Das Holz ist extrem wertvoll, weil es kaum anfällig für Fäulnis ist und deshalb im Wasserbau gerne verwendet wird. In der Möbelindustrie wird es als "türkisch Nuss" ebenfalls sehr geschätzt.






Botanisch gesehen gehört die Baumhasel zur Gattung Hasel (Corylus) innerhalb der Familie der Birkengewächse (Betulaceae). Sie ist ein sommergrüner Baum mit einer Wuchshöhe von bis zu 35 m ( und damit der Größte in seiner Gattung ). Sie wächst einstämmig mit einer schlanken kegel- bis pyramidenförmigen Baumkrone. Die Rinde der Baumhasel ist graubraun, flach-furchig und rissig und ähnelt mit den Jahren der der Eiche.

Die Baumhasel ist ein Pfahlwurzler, die damit in bis zu vier Meter Tiefe gelangt. Das stark ausgeprägte Wurzelsystem durchdringt auch schwierige "Unterlagen".

Die Geradschaftigkeit - so nennt man die Neigung des Baumes, sehr gerade Stämme auszubilden -  ist ausgesprochen hoch. Welche Höhe der Baum insgesamt erreicht, ist aber vom Standort abhängig. Auf gleichen Standorten holt die Buche die Baumhasel beispielsweise in Bezug auf den Durchmesser erst im Alter von über 100 Jahren ein.

An den behaarten Zweigen des Baumes zeigen sich nach der Blüte im Januar/März wechselständig angeordnet ei - bis herzförmige Blätter, spitz zulaufend und gelappt bis doppelt gesägt. Diese Blätter werden bis zu 12 cm lang. Die männlichen Kätzchen blühen  vor dem Laubaustrieb in hellem Gelb und sind 10-12 cm lang, die weiblichen Blüten sind rot und unscheinbar. Im Herbst färbt sich das Laub goldgelb.

Die Fruchtstände mit 5-8 kleinen Haselnüssen in einer vielfach geschlitzten Hülle mit krausigem Aussehen, die leicht klebrig von Harz ist, findet man schon ab August auf dem Boden. Die Nüsse sind kleiner und härter als die der Gemeinen Hasel Corylus avellana. Da sich die Nüsse zudem sehr schwer aus den Fruchtbechern lösen lassen, spielen diese Haselnüsse in der gewerblichen Verwertung keine große Rolle.

In der Türkei ist man deshalb dazu übergegangen, die Baumhasel in großem Stil als Veredelungsunterlage für den Haselbusch Corylus avellana zu verwenden, um an der türkischen Schwarzmeerküste unter optimalen klimatischen Bedingungen auf riesigen Flächen  (700.000 ha) Nüsse u. a. für die Nutellaproduktion zu gewinnen.



Was das Alter anbelangt, das dieser Baum erreichen kann, gibt es noch nicht genug Erfahrungswerte. Eines der ältesten Exemplare steht in Rumänien, dokumentiert mit einem Alter von 310 Jahren. In dem österreichischen Dorf Alland findet man eine 180 Jahre alte Baumhasel. Man geht von einem durchschnittlichen Alter von 200 Jahren aus.

Im rumänischen Nationalpark Cheile Nerei-Beusnita, 100 km südöstlich von Timisoara, gibt es noch einen sehr naturnahen Baumhaselbestand auf einer Fläche von 17 Hektar auf einer Höhe von 570 – 800 Metern. Im Winter gibt es dort meist einen Meter Schnee, im Sommer dann oft nur wenig Niederschlag. Der Karstboden besteht aus Kalkstein und hat einen sehr geringem Feinbodenanteil, das heißt, die Bäume stehen oft auf nacktem Fels. Dennoch sind die Bäume sehr stark, erreichen allerdings nur eine Wuchshöhe von 20 Metern. Andere Baumarten fallen unter solchen Bedingungen ganz aus, und die Baumhasel hat dann den Alleinstellungsstatus. Bei besserem Boden steht sie gerne mit anderen Edellaubbaumarten beieinander wie Berg- und Spitzahorn, Kirsche, Elsbeere, Silberlinde, Hainbuche und Rotbuche.




Wer Baumhasel in seiner Nähe hat, und die Nüsse gerne sammeln möchte, der findet hier nützliche Tipps. Bei mir um die Ecke gibt es eine regelrechte Baumhasel - Allee und dort ist allerhand los, was die Ernte anbelangt: Halsbandsittiche und Eichhörnchen reißen sich offensichtlich um die Nüsse...

Ich hoffe, ihr seid heute von dieser Wiederauflage nicht gelangweilt gewesen und ihr seid noch bereit & in der Lage, eure Baumposts unter diesem Beitrag zu verlinken. Zeit dafür ist wieder bis zum 26. Oktober.
 
                                                          

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1 Kommentar:

  1. eine tolle ausführliche Recherche über diesen Baum der eine solche Höhe erlangen kann. Wertvolles infomaterial hast du damit hervorgeholt um unser Wissen um ihn zu bereichern.
    In meiner " alten Heimat stand so ein riesiges Ungetüm im Garten und gab jedes Jahr große Ernte die ich gerne aufsammelte. die Nüsse halten sich jahrelang.
    wunderschöne Bilder davon sind im Bericht über ihn zu entdecken, hab vielen Dank dafür liebe Astrid...ich erinnere mich gerne daran zurück, denn unter ihm und seinem Schatten spielten jahrelang meine Katzen...
    herzlich Angel

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