Heute, aus Anlass ihres 31. Todestages, gehört der Platz in meinem Blog einer weiteren großartigen Schriftstellerin der DDR, die ich als junge Frau schätzen gelernt habe: Irmtraud Morgner, die vielen Leser*innen meiner Generation wegen eines Buches noch ein Begriff sein dürfte.
Irmtraud Elfriede Morgner kommt im Jahr der Machtergreifung Hitlers wie ihre späteren DDR-Schriftstellerkolleginnen Maxie Wander ( siehe dieser Post ) und Brigitte Reimann zur Welt, und zwar am 22. August in Chemnitz. Sie wird das einzige Kind bleiben von Johann Morgner, einem Lokomotivführer wie schon sein Vater Gustav, und Frieda Marie Endig, einer Schneiderin, ebenfalls Tochter eines Zugführers - es ist also eine Familie, die über mehrere Generationen ihr Brot bei der Reichsbahn verdient hat. Nicht verwunderlich, dass das Mädchen in seiner Kindheit den Beruf des Vaters ergreifen will, hat er sie doch mit seiner Leidenschaft für Eisenbahnen infiziert. Einmal, als sie die Lokführeruniform des kriegsabwesenden Vaters anzieht, wird sie ordentlich zurechtgewiesen: Für Mädchen ist das nichts.
Eisenbahnen werden auch ihr späteres Werk immer wieder durchziehen. Dieser Kinderwunsch, ahnt sie später, enthält wohl das "Körnchen natürliche Widerspenstigkeit [...], das ein konventionell erzogener weiblicher Mensch braucht, um eine Chance zu nutzen, sich gegen die Strömung der Sitten irgendwann freizuschwimmen."
Die Atmosphäre in ihrem Elternhaus während Nazizeit, Krieg und Nachkriegszeit wird sie später so beschreiben:
"Ich bin in einem Haushalt ohne Bücher aufgewachsen. Was meine Eltern und ich miteinander zu verhandeln hatten, bewältigten wir mit einem Sprachschatz von etwa 500 Worten. Bis zu meinem 13. Lebensjahr war mir unvorstellbar, dass die Geheimnisse der Welt auch in Worten ausgedrückt werden könnten.
Ich vermutete die Nachrichten über diese Geheimnisse nur in der Musik. Denn der Zufall hatte zwischen die Möbel der guten Stube ein Klavier gestellt. Meine Mutter hatte es mit in die Ehe gebracht und spielte drauf, der fehlenden Ausbildung wegen natürlich mangelhaft, aber mit gutem Geschmack. Ich bewunderte meine Mutter und sie erwirkte beim Verdiener, meinem Vater, dessen Lokfahrerei ich auch bewunderte, die Genehmigung für Klavierunterricht. Da außer einem Radio, auf dessen Skala mein Vater die erreichbaren Sender mit zwei Bleistiftstrichen angezeigt hatte, keine Unterhaltungsquelle erreichbar war, wurde das Klavier mein Unterhalter." ( Quelle hier )
Über ihre Empfindungen bei Kriegsende, welches sie als knapp Zwölfjährige erlebt, sagt sie:
"Es erschien mir wirklich als ob die Welt auf dem Kopf stünde. Es war ein ungeheures Gefühl, kaum zu glauben, dass man das überlebt hatte. Das Wunderbarste an der Sache war, sich in den Arm zu zwicken und zu sagen: Ich habe es überlebt ..."
In ihrem zweiten Roman beschreibt sie ihre Gedanken damals so: "Jetzt darf man direkt sagen, was man denkt - Jetzt darf man direkt tun, was man will - Jetzt ist jeder befugt."
Damals macht sie eines Tages, so erzählt sie selbst an diversen Stellen, beim Aufräumen auf dem Dachboden des Hauses Frankenberger Straße 104 im Stadtteil Hilbersdorf, in dem sie aufwächst, einen für sie sensationellen Fund: einen Vulkanfiberkoffer mit lauter Reclam-Heftchen - "ein Gymnasialsortiment deutscher Literatur" - die sie "in einem Zuge durchschwartete". Heimlich natürlich, im Keller, denn den Eltern gilt Lesen eher als Zeitverschwendung. Irmtraud ist fasziniert: "das Gymnasialsortiment als Naturereignis". Goethes & Schillers Dramen: "Ungeheure Worte. Ahnung: Das gibt's auch." Lesen wird ihre Lieblingsbeschäftigung. In der Schule initiiert sie eine Laienspielgruppe und besucht im Theater eine Aufführung des Fausts, Erster Teil. Den Mut, "selber Kunst machen zu wollen", entwickelt sie erst Jahre später: "Als ich begann, habe ich Mut gefaßt, erst einmal etwas zu schreiben, was mit Wasser gekocht ist."
1952 schließt sie die "Karl-Marx-Oberschule" ( heute Agricola- Gymnasium ) mit dem Abitur ab, tritt in die SED ein und nimmt ein Studium der Literaturwissenschaften und Germanistik bei den legendären Professoren Hans Mayer und Ernst Bloch auf, bei denen sie lernen kann, was ein Roman und was Utopie ist ( "Ich selber kann nicht leben, ohne mich meiner Utopie zu erinnern. Und einigen Menschen wird es ähnlich gehen. Für mich und für sie schreibe ich." )
Noch während des Studiums heiratet Irmtraud 1954 den sieben Jahre älteren Joachim Schreck, der 1957 als Parteisekretär in den Aufbau-Verlag geschickt wird, um als Verlagslektor und Herausgeber von Anthologien das Verlagshaus auf Parteilinie zu bringen.
In späteren Jahren will sie von diesem Debüt nichts mehr wissen, auch von ihrem zweiten Buch "Ein Haus am Rand der Stadt" (1962), denn in den 1960er Jahren beginnt Irmtraud, eine eigene Schreibweise zu entwickeln und die Gesellschaft, in der sie lebt, kritisch zu mustern, vor allem was Frauen und Männer betrifft. Über die Gründe, die das ausgelöst hat, kann frau nur spekulieren. "Rumba auf einen Herbst", ihr drittes Werk, erhält dann auch prompt 1965 keine Druckerlaubnis. "Begründung der Zensur war: skeptizistisch durch und durch bis zum Nihilismus, ein Buch des enthemmten Individualismus", wird die Autorin später darüber schreiben. Der Titel des Buches nimmt Bezug auf die Kubakrise 1962 und besteht aus vier einzelne Geschichten aus der Gegenwart mit mythologischen Zwischenstücken. 1992 wird das Werk posthum von Luchterhand publiziert.
Die Ablehnung hat für Irmtraud Morgner weitere Konsequenzen, insofern als sie sich ab jetzt noch viel mehr komischen und phantastischen Gestaltungsmitteln zuwendet, spielerische Elemente einfügt und eine Lakonik entwickelt, die es ihr erlaubt, vieles indirekt auszusprechen.
"Gegen Überforderung wehrt sich der Selbsterhaltungstrieb des Menschen. Entweder mit Verdrängungen: defensiv, oder mit Gelächter: offensiv. Meine Sympathie gehört der offensiven Menschenart zumal in diesen bitterernsten Zeiten", ist eine heutzutage oft zitierte Aussage der Schriftstellerin. Und ein zweites:
„Mit Jammern eckt eine Frau natürlich viel weniger an als mit Lachen. Mit Schimpfen auch. Zumal in Diktaturen. Weil Klagen und Flüche eindeutig sind und entsprechend gerügt oder auch verboten werden können. Aber Gelächter? Gelächter ist zweideutig - scheinbar, deshalb kann es auch subversiv sein.“
Er wird Irmtrauds erster großer Erfolg und bringt auch den internationalen Durchbruch, denn der Roman wird 1969 auch in Westdeutschland herausgebracht. "'Hochzeit in Konstantinopel' zählt für mich als erstes Buch," sagt sie selbst.
Ihr Ehemann hingegen verliert in jenem Jahr aus politischen Gründen seinen Job als Verlagslektor, weil er die Veröffentlichung der in der DDR berühmten, aber auch von der amtlichen Kulturpolitik heftig kritisierten Anthologie "Saison für Lyrik" zu verantworten hat und als Gegner der Niederschlagung des "Prager Frühlings" in Erscheinung getreten ist. Er findet in der Redaktion der "Weltbühne" eine neue Betätigung. Die Ehe zwischen ihm und Irmtraud Morgner zerbricht und wird 1971 dann geschieden.
Die Schriftstellerin hat inzwischen die "Gauklerlegende. Eine Spielfrauengeschichte", mit Fotos von Lothar Reher im Ostberliner Eulenspiegel-Verlag herausgebracht, in der sie das im vorhergehenden Buch aufgegriffene Motiv der Halbierung der Welt in eine männliche und eine weibliche wieder aufnimmt ( die westdeutsche Lizenzausgabe folgt 1971 bei Rogner & Bernhard in München ). Sie bearbeitet wieder einmal auf ihre unnachahmliche, eigenwillige Weise die Frauenfrage, die im real existierenden Sozialismus ja erstens als "Nebenwiderspruch" und zweitens als geklärt gilt, stehen die Frauen doch längst ihren Mann. Offiziell ist frau in der DDR gleichberechtigt und gleichgestellt.
Beim VII. Schriftstellerkongress der DDR (1973) ©Bundesarchiv, Bild 183-M1116-0010, CC-BY-SA 3.0 |
Fast gleichzeitig entstehen "Die wundersamen Reisen Gustav des Weltfahrers, Lügenhafter Roman mit Kommentaren" (1972, 1973 die Lizensausgabe im Westen ) und dann, nach den Erfahrungen mit kleineren Prosabüchern, ihr opus magnum, ihr berühmtestes Werk: "Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Erinnerungen ihrer Spielfrau Laura".
"Die poetische Grundidee, eine mittelalterliche Trobadora, nach 800 Jahren Schlaf wiederzuerwecken und die Lage der Frau "im Wunderland" DDR auskundschaften zu lassen, bewährt sich - vor allem durch die damit gegebenen Möglichkeiten der Verfremdung - glänzend. Der naive Überschwang "der Frau von draußen" dient vorzüglich zum Relativieren dessen, was schon erreicht, was noch nicht und was noch Utopie ist. Aus solcher Grundkonstellation läßt sich gut sinnreiche Komik entwickeln, beispielsweise in der Episode, die den Einstand der Trobadora in der DDR am Kontrollpunkt Friedrichstraße enthält. Die Erklärung ihres Reisegrundes "Ansiedlung im Paradies" muß sie zwangsläufig in komisches Licht rücken, ebenso auch den wachsamen Volkspolizisten mit seiner Belehrung, "die DDR wäre kein Paradies, sondern ein sozialistischer Staat", die ihrerseits zu mancherlei tiefsinnigen Auslegungen Anlaß bietet." ( Eva Kaufmann hier )
Mit dem dicken Manuskript hat sich zuvor die Zensurbehörde sehr schwer getan, aber auch der Verlag selbst, so dass das Werk nach etlichen Verzögerungen erscheint.
"Ihr erster großer Wurf [...] ist zwar durchdrungen vom Wissen um die Realitäten, aber getragen von der Hoffnung auf Veränderungen. Er ist mitreißend heiter und übermütig und wird schnell berühmt in Ost wie West", so Alice Schwarzer hier, die zeitgleich mit einem eher sachlichen Beitrag zur Frauenfrage herauskommt.
Wie bei vielen Frauen im realen Leben wird das der nun berühmten Autorin immer mal damit belastet, dass sie sich immer mal in den Traum von der wahren Liebe flüchtet. Im Falle Paul Wiens lässt die Desillusionierung nicht lange auf sich warten: Es stellt sich heraus, dass er als Mitarbeiter der Stasi gleich im ersten und zweiten Ehejahr Privatbriefe an seinen Führungsoffizier übergeben hat. Drei Bände Personalakte und fünf Bände Berichtsakte sind von ihm im Ministerium für Staatssicherheit erhalten geblieben. 1977 erfolgt die Scheidung.
An Ehrungen in Ost und West mangelt es Irmtraud nach der "Trobadora" nicht. Einmal gedruckt, ist es wohl unmöglich, "einer solchen Begabung den Tribut zu versagen".
Schon 1975 erhält sie den Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR ( Laudator: Gerhard Wolf, der Ehemann von Christa Wolf ). 1977 folgt der DDR-Nationalpreis:
"Sicher nicht für die "Trobadora". Die offizielle Begründung lautete, für mein künstlerisches Gesamtschaffen. Aber da ich mit dem immer Ärger gehabt habe, vermute ich politisches Kalkül hinter der unverhofften Dekoration", äußert sie sich dazu in einem Interview 1989.
Außerdem wird sie ins Präsidium des DDR-Schriftsteller Verbandes gewählt. Während des VIII. Schriftstellerkongresses der DDR im Jahr darauf - dem "Kongress nach Biermann" - tritt die vielgeschätzte Schriftstellerin als Diskussionsrednerin auf:
"Und wenn ein echtes Dokument unangenehm ist, muß nicht das Dokument, sondern die Realität, über die es berichtet, geändert werden. Von den Blicken unserer Gegner sollten wir uns bei der Erkundungsarbeit nicht stören lassen", sagt sie da unter anderem.
"Die "Amanda" ist so phantastisch wie die "Beatriz", aber ihr Flügelschlag ist schwerer geworden seit '68. Und das Ende dieses zweiten Teils weist unausweichlich auf eine dramatische Zuspitzung im noch ausstehenden dritten Teil hin", meint Alice Schwarzer hier.
Ab Anfang der 1980er Jahre sieht Irmtraud ihren feministischen Traum zerbröckeln, darüber können auch Ehrungen wie der "Hroswitha-von-Gandersheim-Literaturpreis", verliehen während der Frankfurter Buchmesse in Frankfurt am Main 1985, oder Lesereisen zu Universitäten in den USA oder die Teilnahme am Hamburger Frauenfestival 1987 sie nicht hinwegtrösten. Sie wendet sich in jener Zeit einer anderen schöpferischen Arbeit zu und gestaltet Objekte, die sie Collagen nennt.
1983 © picture alliance / dpa |
Gleichzeitig beginnt der politische Kleinkrieg: Ihr Alltag als Dichterin ist überschattet von der Willkür der Zensur und der Stasi. Wehren mag sie sich dagegen kaum, weil sie Repressalien gegen ihren Sohn befürchtet. Kinder - die Achillesferse der Frauen! Die Erblindung ihrer Romanfigur Laura im dritten Teil der Salman - Triologie ist nicht ausgedacht: Irmtraud Morgner leidet selbst selbst phasenweise an Blindheit. Sie scheint einfach nicht mehr sehen zu wollen.
Im Wintersemester 1987/88 kann sie Gastvorlesungen am Deutschen Seminar der Universität Zürich übernehmen. Doch sie erkrankt an Darmkrebs und muss sich 1988 im Frühjahr in Ost- Berlin einer ersten Operation unterziehen.
Die Wende erlebt sie wegen ihrer Erkrankung nur medial oder aus Erzählungen:
"Im November war ich noch Krankenhauspatientin, stationär. Hatte gerade wieder eine Operation hinter mir, die vierte in anderthalb Jahren, also auch vier Narkosen, die letzte noch als Bremse im Kopf. Aber nicht in den Gefühlen: Die Freude über den Aufbruch in meinem Land überwältigte mich fast. Die Freude, aber auch der Schmerz, gerade jetzt ans Bett gefesselt zu sein, nicht dabei sein zu können, nicht mal bei den Demos. Die große Trauerarbeit wegen der politischen und materiellen Herabwirtschaftung meines Vater-Landes (Heimat ist was anderes), aber auch wegen Mitschuld mußte ich tatenlos bewältigen. Denn auch ich habe ja im Prinzip trotz allem zu diesem Vater-Land gehalten, weil der Kapitalismus für mich keine Alternative war und ist, für Frauen schon gar nicht. Fünf Tage nach dem Interview dann die Offenlegung der Korruption der Regierung Honecker, das heißt ihres moralischen Bankrotts. Auf viel Schlimmes war ich gefaßt – nicht darauf." ( Quelle hier )
Ebenfalls im November wird Irmtraud Morgner noch der Literaturpreis für grotesken Humor der Stadt Kassel verliehen. An der Veranstaltung selbst kann sie nicht mehr teilnehmen.
"Als sie sich von ihrer tödlichen Krankheit hatte ins Bild setzen lassen, sagte sie mir: Ich hatte ein wunderlich reiches Leben. Ich höre sie reden: Närrische Zeiten, im Ernst. Aber eben kurz. Leider nur ganz kurz, wie jeder lichte Augenblick", berichtet ein Jahr nach ihrem Tod die Freundin Helga Schütz, ebenfalls Schriftstellerin.
"Bei ihrem letzten Besuch", so Gunhild Kubier, Literaturkritikerin der "Neuen Zürcher Zeitung", im Mai 1990 "erschreckte einen das Erlöschen ihres Lebensmutes, das Umschlagen ihres Kampfgeistes in bleiche Melancholie ... Ihre früher so unternehmungs- und spottlustige Stimme sank nun immer öfter zu einem fast unverständlichen Flüstern herab."
(CC BY-SA 3.0) |
Nur die ersten hundert Seiten des "Heroischen Testaments" - das im Manuskript übrigens "Die Cherubinischen Wandersfrauen. Ein apokryphischer Salman-Roman" heißt - hat die Schriftstellerin noch selbst in Reinschrift verfasst und als "Fragmente vom dritten Band der Salman-Trilogie", an der sie schon bei ihrem Aufenthalt in den Staaten zu arbeiten begonnen hat, geordnet. Dabei ist der Titel in dem Sinne zu verstehen, dass es sich um das Testament Heros, der Priesterin der Aphrodite, handelt, in einem weiteren Sinne vom Heroismus.
Die Morgner hat gewusst, dass sie den Roman nicht mehr wird vollenden können. Ihren letzten Gefährten, den Basler Schriftsteller Rudolf Bussmann, warnt sie noch, das zu versuchen. Bei der Arbeit an ihrem Nachlass kommt Bussmann jedoch zu der Überzeugung, zeigen zu können, was dieser Roman hätte werden können:
"Wer als Frau einen Mann braucht, schneidet ihn sich aus den Rippen. Zumindest Herta Kowalczik, genannt Hero, die Heldin des "Heroischen Testaments", tut dies. Der so Erschaffene heißt Leander. Um ihn über die Grenze der BRD in die DDR zu bringen, deklariert ihn Hero gegenüber der Akademie der Wissenschaften als ihre Dissertation, mit der sie eine neue Disziplin ins Leben ruft: die Philosophie der Tat." (Christoph Schmitt-Maaß; Quelle hier )
1998 erscheint das Buch im Luchterhand Literaturverlag. Es wird eher als "ein Gewinn in erster Linie für Philologen, Nostalgiker und Voyeure" von der Literaturkritik beurteilt. Es scheint, dass der Name der phantastischsten Erzählerin und feministischsten Denkerin der DDR schon bald nach ihrem Tod und den politischen Umbrüchen vergessen ist.
Immerhin: Im neuen Jahrtausend tut sich etwas! In ihrer Geburtsstadt Chemnitz wird das Irmtraud Morgner Projekt am Frauenzentrum Lila Villa 2002 ins Leben gerufen, das auch zum 80. Geburtstag der Schriftstellerin ein Fest organisiert und zum 85. einen Literaturpreis vergibt. Natürlich gibt es eine Straße mit ihrem Namen im Stadtteil Ebersdorf, ebenso in Berlin ( Karlshorst ) und in Rheine. Und es gibt noch ihre Bücher: immerhin die "Trobadora" und die "Amanda" sowie die "Hochzeit in Konstantinopel" bis heute bei Luchterhand. Das Bändchen von 2006 mit ihren Erzählungen im Verbrecher Verlag ist inzwischen schon wieder vergriffen...
Dabei ist "der Eintritt der Frauen in die Historie" noch lange nicht zufriedenstellend vorangebracht worden!
Natürlich ist mir Irmtraud Morgner bekannt. Aber tatsächlich habe ich keines ihrer Bücher gelesen. Nicht, dass ich nicht feministisch gewesen bin, aber die Schriftstellerinnen in der DDR hatte ich persönlich damals einfach etwas ausgeblendet, das war eine andere Welt für mich junge Frau. Auch Maxie Wander las ich erst viel später.
AntwortenLöschenWie eine Frau, die als Kind im Elternhaus nur wenig Worte hörte und brauchte, zu einer bedeutenden Schriftstellerin wurde, die anscheinend feministisch-phantastisch-politisch schrieb, ist für mich ein Wunder. Oder vielleicht auch gerade nicht...
Dass Sie vom eigenen Mann bespitzelt wurde, welch ein Vertrauensbruch!
Auch sie ist früh gestorben. Gut, dass Du uns Ihre Geschichte hier nochmals erzählt hast und damit "den Eintritt der Frauen in die Historie" unterstützt. Chemnitz ist ja bald Kulturhauptstadt, da wird man sich ihrer bestimmt noch mehr erinnern.
Herzlichst grüßt Sieglinde
Liebe Astrid,
AntwortenLöschenich kannte diese Schriftstellerin bislang noch nicht und durch deine wunderbare Great-Women-Reihe hast du sie mir bekannt gemacht. Erstaunlich und bemerkenswert, dass sie das Wort so liebte obwohl sie zuhause sehr sparsam davon bekam. Danke für die Vorstellung, die ich heute mal in der Mittagspause genossen habe. ;-)
Lieben Gruß und einen gemütlichen Abend, Marita
Ich kannte sie nicht. Obs nur an der Generation oder am anderen Land liegt... spannend allemal, wie immer!
AntwortenLöschenSehr schön, dass du sie vorstelltst.Das dicke Buch mit dem roten Rücken und dem wundersamen Titel hat mich als Kind aus dem Bücherschrank angeguckt. Meine Mutter hat davon geschwärmt, aber es gibt so ein Alter, da will man alles allein für sich entdecken.Nach dem Ausräumen der Wohnung nun,leben viele Bücher bei uns, teilweise noch in Kisten,die zwei Morgner, die sie hatte, gehören dazu.Die Doppelbödigkeit von Worten und Bildern ist etwas,was intensiven und kreativen Gedankenspielraum ermöglicht, was Macher und Leser gleichermaßen nutzten.
AntwortenLöschenFaszinierend fnde ich, dass das Nichtvorhandensein von Büchern in ihrer Kindheit zu einer Schiftstellerin gemacht hat.Wie oft zeigt sich, das die Beschränkung der Möglichkeiten, besonderes freisetzt.
Danke, viele Grüße Karen
Es geht mir wie Eva, ich kannte Irmtraut Morgner nicht. Danke für dieses Bild einer interessanten Frau.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Andrea
eigentlich unglaublich, dass sie - wie ich auch - als kind "ohne worte" aufgewachsen ist und dann diese fabulierenden bücher geschrieben hat. ehrlich gesagt, erinnere ich mich wenig an die trobadora und auch kaum noch an amanda, aber jetzt habe ich lust, sie nochmal zu lesen. ich bin gespannt, ob sie noch in der öffentlichen bibliothek zu finden ist.
AntwortenLöschenliebe grüße
mano
Liebe Astrid, Irmtraud Morgner kannte ich nur dem Namen nach, ich weiss auch nicht, ob mir ihre Bücher gefallen würden, aber von Ihrem Leben bin ich beeindruckt. Danke für Deine unermüdliche Freude am Beschreiben so spannender Frauenleben! Stefanie.
AntwortenLöschenDas ist doch immer wieder faszinierend, dass Menschen, die sozusagen ohne Worte aufgewachsen sind, dann selbst fast übersprudeln.Ich hatte sie völlig vergessen. Danke fürs Wiederbeleben.
AntwortenLöschenMagdalena