Sonntag, 28. Mai 2023

Mein Freund, der Baum: Blumenhartriegel & Taschentuchbaum

Dass ich diese beiden Bäume heute vorstellen kann, verdanke ich der Bloggerfreundin Sunni und meiner Tochter. Die haben sie nämlich entdeckt und mich gefragt, was sie auf ihren Fotos "eingefangen" haben. Klar, dass ich da anbeiße. Euch ein "Dankeschön" dafür! 

Die deutsche Bezeichnung "Blumenhartriegel" meint eine Gruppe besonderer Hartriegel-Arten mit auffälligen weißen bis hellroten Scheinblüten. Dieser Name ist gut gewählt, denn es sind die sehr großen "Blüten", die das Gehölz von unseren heimischen Hartriegeln unterscheidet. 

Genau genommen sind das aber gar keine Blüten, sondern es sind die sie umgebenden Hochblätter, botanisch Brakteen genannt, die unseren Blick im Frühjahr so gefangen nehmen. Die eigentlichen Blüten sind recht unscheinbar und sitzen in kleinen, kugeligen Blütenständen. Die auffälligen Hochblätter wecken nicht nur unser Interesse, sie weisen auch den Insekten den Weg zu der unscheinbaren Mitte mit den echten Blüten, die es zu bestäuben gilt. 

Die Blumenhartriegel sind teilweise in Ostasien beheimatet, so der der Japanische Blumenhartriegel Cornus kousa und der Chinesische Blumenhartriegel Cornus kousa var. chinensis, teilweise in Nordamerika, so der Amerikanische Cornus florida und der Pazifische Blumenhartriegel Cornus nuttallii. 

Durch intensive Züchtung gibt es inzwischen zahlreiche Sorten mit unterschiedlichen Blütenfarben von Schnee- über Rahmweiß und Blassrosa bis Hellrot. Bis der Blumenhartriegel in voller Pracht blüht und die Brakteen die endgültige Größe erreicht haben, können ein paar Jahre vergehen.

Die reiche, ausdrucksstarke Blüte ist nicht der einzige Zierwert des Blumenhartriegels: Vor allem die asiatischen Arten bilden im Alter eine dekorativ ausladende, etagenartig aufgebaute, oft mehrstämmige Krone. Je nach Art und Sorte wird das Gehölze vier bis sieben Meter hoch und annähernd ebenso breit, ist also als Kleinbaum zu betrachten. 

Nach der Blüte im Spätsommer tragen die Blumenhartriegel dann auch noch leuchtend rote, kirschähnliche Früchte und ihr Laub nimmt eine attraktive gelb über orange bis dunkelrote Herbstfärbung an. Übrigens: Die Früchte sind tatsächlich essbar, schmecken allerdings eher fad. Ein zweiter Strauch in der Nähe vermehrt die Chancen auf eine größere Anzahl der Früchte.

Alle Blumenhartriegel bevorzugen einen sehr lockeren, humusreichen Boden und stehen am liebsten an einem etwas geschützten, absonnigen Standort mit hoher Luftfeuchtigkeit. Was die Kalk- und Lehmtoleranz betrifft, gibt es große Unterschiede: Die nordamerikanische Arten bevorzugen einen eher sandigen Boden mit pH-Werten im sauren bis schwach sauren Bereich. Der Japanische und der Chinesische Blumenhartriegel hingegen kommen auch mit lehmigeren, leicht kalkhaltigen Böden klar. Die asiatischen sind also toleranter, was den Boden angeht, und werden wohl deshalb bei den Pflanzungen hierzulande bevorzugt.

Im Wasser stehende "Füße" mag der Blumenhartriegel allerdings gar nicht. Hier bei uns treffe ich ihn wohl deshalb immer wieder gerne angepflanzt auf kleinen Hügeln oder in Hochbeeten ( mit wohl guter Drainageschicht ) an. Wenn die Baumscheibe mit konkurrenzschwachen Bodendeckern bepflanzt oder gemulcht ist, weiß das Gehölz das zu schätzen.

Eine noch relativ junge, interessante Gartenform des Blumenhartriegels ist die Sorte ‘Venus’, eine robuste und sehr wüchsige, großblumige Hybride aus dem Chinesischen und dem Pazifischen Blumenhartriegel.

Der zweite, heute vorgestellte Baum wird immer wieder gerne mit dem Blumenhartriegel in einem Atemzug erwähnt, gehört er doch auch zur Ordnung der Hartriegelartigen, und da einer Familie namens Tupelogewächse Nyssaceae an. Dieser Familie ist wiederum die monotypische Pflanzengattung Davidia untergeordnet, der ursprünglich nur zwei Varietäten aus China - genauer aus den zentralen und südwestlichen feuchten Bergregionen der Provinzen Sichuan und Hubei - angehören. In seiner Heimat kommt er auf bis zu 2500 Metern Höhe vor.

Mit den Hartriegeln gemeinsam hat der Taschentuchbaum, auch Taubenbaum und manchmal Geisterbaum genannt, dass die unscheinbaren, kugelförmigen Blüten ebenfalls von Brakteen/Hochblättern eingehüllt werden. Diesem Phänomen verdankt der ansehnliche Baum seinen botanischen Namen Davidia involucrata var. vilmoriniana ( die Varietät heißt Davidia involucrata var. involucrata ). Die weißen Hochblätter gleichen Tauben, die sich auf dem Baum niedergelassen haben oder Taschentüchern an einer Wäscheleine. Und wenn sie von den Zweigen abfallen, haben die schwebenden Hochblätter etwas Geisterhaftes. In China wird dieser Baum auch "Auf Wiedersehen-Baum" genannt. Bis dieses Schauspiel zu beobachten ist, muss der Baum allerdings mindestens zehn Jahre alt sein.

Die langen weißen Hochblätter des Taschentuchbaumeas sind ganzrandig oder gesägt und unterschiedlich groß. Das größere Blatt erreicht eine Länge von bis zu 16 Zentimetern, das kleinere wird nur halb so groß. Die eigentlichen Blüten hingegen haen nur rund zwei Zentimeter Durchmesser und hängen in dichten Reihen von den Ästen herab.

Diese Blüten setzen sich wiederum zusammen aus männlichen Blüten mit 1-7 jeweils 6-8 Millimeter langen ovalen purpurfarbenen Staubbeuteln und einer meist einzelnen, auf einen einzigen Fruchtknoten reduzierten weiblichen oder zwittrigen Blüte. Zusammen sieht das wie ein kugeliger Puschel aus. Erst wenn diese Blüte im April bis Juni einsetzt, färben sich die Brakteen weiß. Vorher sind sie grünlich und von den übrigen Blättern des Baumes nicht zu unterscheiden. Sie übernehmen eine Schutzfunktion in Bezug auf die Blüte, da die des Taschentuchbaumes keine Blütenhülle aufweist.

Aus diesen "Puscheln" entwickeln sich im Oktober länglich-bräunliche Steinfrüchte, die Walnüssen ähneln. Sie wachsen auf drei bis vier Zentimeter heran und enthalten jeweils bis zu fünf Samen.

Die Blätter des Taschentuchbaums sind schnellwüchsig, werden 10-20 Zentimeter lang und 7-15 Zentimeter breit, sind eiförmig, zugespitzt und mit herzförmiger Basis, haben eine gezähnten Rand und einen roten Blattstiel. Sie erinnern an die Blätter unserer Linde, sind jedoch weniger symmetrisch. Die Oberseite ist mittelgrün, die hellere Unterseite ist fahlgrün bis gräulich gefärbt und und bei der einen Art deutlich behaart. Gegen Ende des Jahres, im Spätherbst, nehmen sie eine kräftige gelbe bis orange Herbstfärbung an.

Die Äste des Baumes bilden eine breite, ovale Krone. Ihre Rinde ist graubraun und löst sich am Stamm in Platten ab. Das schöne Gewächs wird im Ursprungsland bis zu 20 Meter hoch, bei uns 6-15 Meter und bleibt meist einstämmig. Es bevorzugt einen humus- und nährstoffreichen, durchlässigen und nicht zu trockenen Boden, ist der Taschentuchbaum doch ursprünglich zu Hause in feuchten Mischwäldern bestehend aus Eichen, Kirschen und Haseln in Gebieten mit einigem Niederschlag. Staunässe wird ebenso wenig vertragen wie Trockenheit. Kühle Sommer und milde Winter sind in der Herkunftsregion vorherrschend, aber Minustemperaturen bis zu 15 Grad werden noch gut vertragen. 

Die sehr zerstreuten natürlichen Vorkommen der Tulepobäume deuten darauf hin, dass es sich um Relikte handelt, die früher wesentlich weiter verbreitet gewesen sind, so auch der Taschentuchbaum. Fossilien belegen seine Existenz bereits in der Kreidezeit. 

In Europa wurden die ersten Taschentuchbäume 1868 eingeführt. 1903 gelang es, sie aus Samen zu ziehen. In der botanischen Literatur wurde der Taschentuchbaum 1871 erwähnt, dabei wurde auch die Gattung Davidia eingeführt nach dem Entdecker des Taschentuchbaumes, dem französischen Botaniker und Naturforscher Jean Pierre Armand David.

Im Schmölderpark im Mönchengladbacher Stadtteil Rheydt ist ein Taschentuchbaum im Gedenken an die bedrückenden Erlebnisse ehemaliger Heimkinder als Opfer der Schwarzen Pädagogik der Nachkriegszeit angepflanzt worden: "Das Taschentuch ist ein starkes Symbol. Man wischt damit die Tränen ab, man kann es anderen aber auch zum Trost reichen", so die Sozialdezernentin der Stadt. Eine sehr schöne Erinnerung und Mahnung, finde ich.


Und nun ist es wieder an euch, liebe Baumfreundinnen, eure Entdeckungen aus der Welt der Bäume unter diesem Post zu verlinken. Das Linktool ist bis zum 24. Juni geöffnet.



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11 Kommentare:

  1. Das ist also der Taschentuchbaum :) Danke Dir für die vielen Infos, hier steht einer im Park und leuchtet immer so schön, wenn er die vielen Scheinblüten bekommt. Das es einer aus der Familie der Hartriegel ist, wusste ich, aber mehr nicht. Bis jetzt
    Liebe Grüsse
    Nina

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  2. Den Taschentuchbaum habe ich erst vor ein paar Jahren im Park kennengelernt. Ich finde ihn sehr eindrucksvoll. Die Symbolik in Rheydt ist wirklich sehr gelungen.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  3. Der Blumenhartriegel hat tatsächlich schöne Blüten. Hätten wir mehr Platz in den Beeten fände er sicher ein zuhause bei uns.

    Hab noch ein geruhsames Wochenende / Feiertag mit lieben Grüßen von Heidrun

    PS: Unser Buchs schlägt im Übrigen wieder aus, ohne Chemie (!) haben zwei Sträucher hartnäckig durchgehalten und kommen erneut.

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  4. Liebe Astrid,

    ein Taschentuchbaum, so etwas gefällt mir. Habe ich bis dato nicht gehört. Und habe wohl noch keinen gesehen, der wäre mir sicher in Erinnerung geblieben. Wie viele Tränen er wohl trocknen kann?

    Der Blumenhartriegel ist nicht weniger schön. Jedoch mir bekannter.

    LG
    Claudia

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  5. zwei sehr schöne Bäume
    den Blumenhartriegel habe ich schon auf Gartenschauen gesehen
    ich habe einen einfachen im Garten
    der Taschentuchbaum ist auch sehr interessant
    den habe ich noch nicht gesehen ;)
    danke für die Vorstellung
    LG
    Rosi

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  6. Liebe Astrid,
    eine wundervolle Hommage an den Blumenhartriegel, den ich besonders liebe und schätze. Leider ist mir der Cornus kousa chin. vor einigen Jahren verstorben, doch "Milky Way" und "China Girl" blühen im Moment prächtig. Und mit deinem Post bringst du mich grad auf eine Idee, wie ich unsere im Winter verstorbene Goldulme ersetzen könnte.
    Einen blühenden Taschentuchbaum habe ich vor Jahren einmal im Bot. Garten in Münster gesehen, zur Blütezeit wurde damals in der Presse darauf aufmerksam gemacht.
    Die Symbolik und die gewählten Worte in Rheydt finde ich sehr gut bedacht.
    Lieben Gruß von Marita

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    1. Liebe Astrid, der Hausherr hat soeben doch das Video aus dem Wald der Steinmännchen hinbekommen und daher verlinke ich meinen Post hier bei dir. Vielleicht magst du ja nochmal schauen. ;-))
      Lieben Gruß, Marita

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  7. Servus Astrid,
    der Taschentuchbaum würde mir für unseren Garten auch sehr gut gefallen! Ich hab diese LinkParty zufällig entdeckt. Es gibt einen einzigen Freund unter den Bäumen und über diesen habe ich erzählt. Einen schönen Pfingstmontag wünscht dir
    ELFi

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  8. Blumenhartriegel und Taschentuchbaum kenne ich nur aus Parks. Wo sie umso prächtiger sind zumeist. In meinen Garten haben sie es nicht geschafft, wir haben nur begrenzt Platz für Großsträucher und Bäume. Deshalb ist diesmal unser Haus-Ginkgo dabei, nebst allerlei Blühendem.
    LG heike

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  9. Liebe Astrid,
    wir waren so weit weg und hatten nur Augen für den Regenbogen, so dass ich gar nicht sagen kann um welchen Baum es sich handelte.
    Lieben Gruß und hab eine gute neue Woche, Marita

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  10. Zwei wunderschöne Bäume, die ich bisher noch nicht kannte. Danke für die interessanten Informationen. Vielleicht bekomme ich die beiden Bäume irgendwann mal zu Gesicht.
    Ein schönes Wochenende und liebe Grüße,
    Claudia

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