Donnerstag, 2. April 2020

Great Women # 215: Nina von Stauffenberg

Jeder kennt ihn, der nicht im Geschichtsunterricht geschlafen hat: Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Über seine Schwägerin, die Fliegerin Melitta Schenk Gräfin von Stauffenberg, habe ich schon vor langer Zeit einen Post geschrieben. Heute ist endlich Nina von Stauffenberg, die Ehefrau des Widerstandskämpfers, dran, die am heutigen Tag vor vierzehn Jahren hochbetagt gestorben ist.

"Es war nicht meine Entscheidung. 
Ich musste es akzeptieren 
und weiterleben."

Nina von Stauffenberg kommt als Nina Magdalena Elisabeth Lydia Herta Freiin von Lerchenfeld am 27. August 1913 in Kaunas im heutigen Litauen, damals noch zum Russischen Kaiserreich gehörig,  zur Welt. Ihre Eltern sind der aus Franken stammende Gustav Freiherr von Lerchenfeld und die aus dem Baltikum gebürtige Anna Freiin von Stackelberg. Nina hat einen Bruder, Ludwig, ein Jahr vor ihr geboren, der aufgrund einer Lungen-und Hirnhautentzündung im Kleinkindalter dauerhaft krank ist und schon als Fünfjähriger in Bayreuth stirbt.

Der Vater stammt aus einer renommierten Familie - sein Großvater ist der bayerische Finanzminister Maximilian Emanuel von Lerchenfeld gewesen, der vom König das Kronlehen Heinersreuth erhalten hat -  und hat als Diplomat ein entsprechendes Nomadenleben geführt. Zu Ninas Geburt befindet er sich als deutscher Konsul in Russland. Beim Ausbruch des 1.Weltkrieges gerät er als Deutscher in Spionageverdacht und kommt in Haft, aus der er erst nach vielen Gesuchen im Rahmen eines Gefangenenaustausches nach anderthalb Jahren freikommt. Zurück bleibt ein in sich gekehrter Mensch, der mangels beruflicher Verpflichtungen sich nun den Pferden, dem Zeichnen und der Erziehung seiner einzigen Tochter zuwendet, auf die seine Art, geprägt von Pragmatismus, sicher viel Einfluss gehabt hat.

Die Mutter, so erzählt Ninas Tochter Konstanze in ihrer Biografie später, entstammt aus einer Familie, die schon seit der Zeit der Ordensritter im Baltikum gelebt hat. Zeitlebens ist das Verhalten dieser Frau vom widersprüchlichen Charakter der Deutschbalten geprägt. Hat sie doch als Kind eher widerwillig Deutsch gelernt und gilt in Bamberg, wo das Ehepaar ein Haus gekauft hat, als Russin, empfindet sie sich selbst aber als Deutsche mit russischer Seele. Ihr hochemotionales Verhältnis zu ihren Wurzeln vermittelt sie auch der Tochter, ebenso das kosmopolitische Selbstverständnis ihrer Familie, ist sie doch selbst als Kind in Rom und Paris groß geworden und spricht sechs Sprachen.

1929
In Bamberg besucht Nina, obwohl evangelisch, das Institut der Englischen Fräulein. Da sie dort nicht konfirmiert werden kann, wird sie auf das Internat der Elisabeth von Thadden auf Schloss Wieblingen bei Heidelberg geschickt, welches von reformpädagogischen wie christlichen Erziehungsvorstellungen bestimmt als Landerziehungsheim geführt wird. 1930 verlässt sie die Schule mit der Mittleren Reife und kehrt nach Bamberg zurück, vom progressiven Geist ihrer Schule geprägt.

Bamberg ist damals Garnisonsstadt, und am gesellschaftlichen Leben nehmen auch die dort stationierten Militärs teil. So lernt Ninas Mutter bei einer Einladung den jungen, gut aussehenden Claus Schenk Graf von Stauffenberg kennen und findet ihn beeindruckend, ist er doch ein guter Tänzer und beherrscht die Etikette perfekt.

Claus Schenk Graf von Stauffenberg 


Nina entwickelt zuerst eine gewisse Abwehr gegen die Schwärmerei der Mutter & ihrer Freundinnen, ist aber dann bald nach der ersten Begegnung von ihm beeindruckt, denn anders als andere Militärs ist er kultiviert, spielt Cello und verweigert sich den üblichen Kasinovergnügungen.
Die besondere Leidenschaft des jungen Leutnants, 1907 im schwäbischen Jettingen geboren, gilt der Literatur. Diese Vorliebe teilt er mit seiner Mutter Caroline, einer Rilke - Freundin, und mit seinen Brüdern, mit denen er dem Kreis um den Dichter Stefan George angehört - für die Brüder ist er der größte Dichter seiner Zeit. Schon als Kind hat er alle durch seine Schönheit bezaubert, ist auf die Menschen zugegangen. Alles fällt ihm leicht, und jeden kann er um den Finger wickeln. Er ist "ein besonderes Büble" gewesen, heißt es, und will mit viereinhalb Jahren schon ein Held werden. Er ist aber niemals der Preuße gewesen, als der er später gerne geschildert wird, und alles andere als ein Muster an Ordentlichkeit und Zackigkeit. Seine schulische Erziehung hat nicht in einer preußischen Kadettenanstalt stattgefunden, sondern in einem Stuttgarter Gymnasium, in dem der intellektuelle, professorale Liberalismus des damaligen Schwaben eine erhebliche Rolle gespielt hat.
Mit seiner Redegewandtheit ist der 22jährige schnell Mittelpunkt von Gesellschaften, und die junge Nina fühlt sich alsbald von seiner Ausstrahlung angezogen.

Claus macht Nina mit der von ihm geschätzten Literatur bekannt, und bald entspinnt sich über diesem gemeinsamen Interesse eine Liebesbeziehung und Zukunftspläne werden geschmiedet. Dabei ist es in jenen Kreisen zu jener Zeit nicht üblich gewesen, jung zu heiraten, schon gar nicht, bevor man eine gesicherte Existenzgrundlage vorweisen konnte. Außerdem sind Claus ältere Brüder zu diesem Zeitpunkt noch ledig. Doch all diese Konventionen scheinen nicht wichtig zu sein.

Schon im Sommer 1930 machen sich die Familien in Lautlingen, dem Landsitz der Stauffenbergs, miteinander bekannt, und Ninas Eltern wird dort endlich klar, wohin der Hase läuft. Aber erst einmal ist keine offizielle Bindung möglich, denn als Angehöriger der Reichswehr darf Claus erst mit 27 bzw. nach sieben Dienstjahren heiraten. Unter diesen Bedingungen muss die Verlobung, die am 15. November 1930, dem Geburtstag von Claus, stattfindet, heimlich bleiben. Doch schon an Weihnachten eröffnen die beiden jungen Leute ihren eher verblüfften Familien ihre Heiratspläne und versetzen sie in helle Aufregung.

Vor allem Claus Mutter Caroline, eine geborene Gräfin von Üxküll-Gyllenband, Baltin, protestantisch wie Nina, einstens Hofdame der letzten württembergischen Königin Charlotte, sperrt sich gegen den "Fratz" ( während ihr Mann von Anfang an mit der Wahl des Sohnes einverstanden gewesen ist ). Eine "Aussprache" zwischen den Familien im Sommer 1911 anläßlich des ersten Besuches der Stauffenbergs bei den Lerchenfelds bringt insofern auch eine rasche Einigkeit zwischen den Vätern. Caroline von Stauffenberg gibt sich aber erst geschlagen, als Ninas Mutter ins Felde führt: "Aber sie haben sich doch schon geküsst!" Unvorstellbar für uns heute, dass ein Kuss ein "fait accompli" schaffen kann!

Doch bis zur endgültigen Eheschließung heißt es noch warten. Erst als die Reichswehr einen Teil der Verlobungszeit erlassen hat, kann Nina mit Claus vor den Traualtar treten, am 26. September 1933 in der Bamberger St. Jakobskirche. Zwanzig Jahre alt ist sie da.

Die Hochzeitsreise erfolgt nach Italien, Verona, Florenz, Rom. Nina saugt das kulturelle Überangebot des Landes in sich auf. Der Besuch einer Ausstellung zum zehnjährigen Regierungsjubiläum Mussolinis markiert aber auch schon am Anfang der Ehe, dass  diese unter einem "politischen Stern" stehen wird. Zurück in Deutschland, nimmt das Paar seinen gemeinsamen Wohnsitz in Bamberg.

Über die Ehe der Stauffenbergs ist später Widersprüchliches im Umlauf: So wird Claus eine Aussage gegenüber seiner Schwiegermutter zugeschrieben, die besagt, dass er die Ehe wie Friedrich der Große als notwendiges Übel ansehe. Nina hingegen wird zeitlebens darauf pochen, dass es eine Liebesheirat gewesen ist. Dennoch kann man davon ausgehen, dass Claus Schenk von Stauffenberg als Angehöriger des Militärs, aber auch als Angehöriger des George- Kreises, der von männerbündischer Ideologie nur so strotzt und Frauen keinen Zutritt gewährt, sich seine Frau nicht als gleichberechtigt hat vorstellen können.

Worüber Nina recht oft entnervt sein wird, ist die Tatsache, dass Claus seine Karriere wichtiger ist - er wird ein erfolgreicher Dressur- und Military-Reiter, macht das Militärdolmetscherdiplom in Englisch, schreibt eine preisgekrönte Arbeit über die Fallschirmjägerabwehr zum Beispiel - , als mit seiner Frau zusammen zu sein, geschweige denn einen Alltag mit ihr gemeinsam zu bewältigen. Darüber scheint es manchen Disput gegeben zu haben, auch mit Ninas Mutter. Rasch nacheinander werden den Beiden Kinder geboren: Berthold schon zehn Monate nach der Eheschließung, Heimeran genau zwei Jahre später, Franz Ludwig im gleichen Abstand und schließlich Valerie im November 1940. Unterstützt wird Nina bei dieser Aufgabe von ihrer Mutter, einer Kinderschwester und einer Köchin - selbstverständlich für eine Frau ihres Standes.

Die prinzipiell strikte Trennung von männlicher und weiblicher Sphäre scheint Nina dennoch nicht in Frage zu stellen. Andererseits entspricht sie in Verhalten & Auftreten so gar nicht dem Frauenideal der Nazis - "Die deutsche Frau raucht nicht und schminkt sich nicht und ist ganz Mutter." -lehnt alles Spießige ab, raucht bis zu drei Schachteln Zigaretten am Tag, geht nie ohne Lippenstift aus dem Haus und trifft alle Entscheidungen, den Haushalt und die Kinder betreffend, alleine, denn sie führt eigentlich eine Fernbeziehung, auch wenn sie ihrem Mann an seine wechselnden Einsatzorte durch Umzug immer wieder folgt. 1934 ist das Hannover, 1936 Berlin, zwei Jahre später Wuppertal - Barmen. Ab 1938 verbringt sie auch immer wieder längere Zeit in Lautlingen auf der Schwäbischen Alb, wo die Stauffenbergs seit 1625 das Schloß gehört, und Claus aufgewachsen ist.

Familie Stauffenberg vor dem Schloss:
Von links nach rechts: Schwiegermutter Caroline von Stauffenberg mit Alfred, Sohn des Schwagers Berthold, Schwager Alexander ( Ehemann von Melitta ) mit Ninas Sohn Berthold, Nina, Claus mit Sohn Franz Ludwig, Cousine Olga von Üxküll-Gyllenband und Familienhund Ingo ( undatierte Aufnahme )




Ihr liegt auch nichts daran, die Karriere ihres Mannes voranzutreiben oder den Kindern eine aufopfernde Mutter zu sein. Tochter Konstanze berichtet in ihrem Buch über das Prinzip ihrer Mutter, man müsse Kinder rechtzeitig aus dem Nest werfen, dann kämen sie später von alleine wieder. Die Entwicklung ihrer Kinder habe bewiesen, wir recht sie damit gehabt habe.

Welches Selbstverständnis zeichnet diese junge Frau dann aus? In erster Linie versteht sie sich als Frau, Geliebte, Gesprächspartnerin ihres Mannes. Und er nimmt sie offensichtlich als letztere sehr ernst, teilt mit ihr seine politischen Ansichten, die sich im Laufe der Zeit verändern werden. Ist er abwesend, was die meiste Zeit der Fall ist, liest sie viel, besucht Konzerte, interessiert sich für Malerei und versucht sich eine innere Autonomie zu bewahren, Distanz zu halten, wovon letztendlich auch ihre Kinder profitieren und viel Freiraum für die eigenen Interessen bekommen. Damit entspricht sie Rollenvorstellungen, die recht modern anmuten.

Trotzdem entwickeln sich die Söhne zu kleinen Nazis, von Nina zwar nicht gefördert, aber sie sagt auch nichts dagegen, um sich und ihren Mann nicht verdächtig zu machen. Allerdings sabotiert sie den Eintritt ihres ältesten Sohnes Berthold ins "Jungvolk", den dieser sich so wünscht, mit Hilfe ihres Arztes.

Bamberg, Adolf-Hitler-Straße
Ab 1938 Nina von Stauffenberg erkennt, dass die Loyalität ihres Mannes gegenüber Hitlers Staat nicht unerschütterlich ist ( ein tagebuchartiges Heft, in dem er damals seine Gedanken für sie festgehalten hat, bestätigt sie in diesem Eindruck. Das Heft ist verschollen. ).

Hat er, wie die meisten Offiziere der Reichswehr, das Aufkommen der Nationalsozialisten damals begrüßt, die das Reich wieder wehrhaft machen wollen ( ist aber nicht, wie gerne behauptet, am 30. Januar 1933 in Uniform an der Spitze einer begeisterten Menschenmenge durch Bamberg gezogen - das ist ein Fake! ),  äußert er sich über die Besetzung des Sudetenlandes negativ, ist sie doch in seinen Augen nur durch Bluff erreicht worden.
Zeigt er sich wie seine Brüder mit der Entfernung der Juden aus dem öffentlichen Leben einverstanden und distanziert sich nicht öffentlich von den Novemberpogromen, verurteilt er sie  gegenüber seiner Frau entschieden.

Parteimitglied wird er nie, sein wahrer "Führer" scheint der Ende 1933 verstorbene Stefan George zu bleiben. Nina wird sich später wiederholt dagegen wehren, dass ihr Mann Hitler bejubelt habe. Als Offizier habe er einzig dessen militärisches Gespür bewundert, ansonsten hat er ihn für keinen großen "Kopf" gehalten, so ihr Einwand.
"Erste Anzeichen dafür, dass mein Vater in etwas Geheimes verwickelt sein könnte, hatte meine Mutter schon 1939 gespürt. Ohne dass er ein Wort darüber verloren hätte, sagt sie ihm auf den Kopf zu: Spielst du wieder Verschwörerles? Er hat es dann mir bestätigt", schreibt Tochter Konstanze in ihrer Biografie.
Der Auszug in den Krieg  im August 1939 ist "trotz allem" für ihn eine Erlösung, denn das sei "sein Handwerk von Jahrhunderten her". Sein Onkel Nikolaus Graf von Üxküll, ein gradliniger Offizier, hat zuvor schon versucht, ihn zu überreden, sich der zivil-militärischen Widerstandsbewegung um Ludwig Beck und Carl Friedrich Goerdeler anzuschließen. Mögliche Umsturzpläne scheinen Claus in der Situation eines gerade erfolgreichen Feldzuges jedoch unangebracht, weil dafür kein Rückhalt in der Bevölkerung zu finden sei. Seine inneren Konflikte bleiben, doch Claus von Stauffenbergs von kleinauf antrainiertes Konzept heißt: mit Härte gegen Körper und Seele!

1940
Im Kriegsverlauf gerät sein moralisch-ethisches Verständnis als Soldat immer mehr in Konflikt mit den deutschen Kriegsverbrechen an allen Fronten. Als er in Berlin Berichte über massenhafte Erschießungen unschuldiger Zivilisten beim Überfall auf die Sowjetunion im Sommer 1941 und von Zahlen, die in die Millionen gehen, liest, spricht über das Ungeheuerliche auch mit Nina. 1942 schließt er sich endgültig der Widerstandsbewegung von Ludwig Beck an.

Um sich aus der höchstgefährlichen verfahrenen Situation in Berlin zu bringen, beantragt er zu Ninas Entsetzen eine Versetzung an die Front in Nordafrika. Dort wird er bei einem Tieffliegerangriff schwer verletzt, verliert eine Hand ganz, an der anderen zwei Finger und das linke Auge. Als Nina ihn im April 1943 in München im Lazarett besucht, tut er ihr seine Absichten kund, das Deutsche Reich zu retten. "Dazu bist du in deinem Zustand jetzt gerade der Richtige", soll sie ihm geantwortet haben. Sie ist zutiefst erschrocken, hält diese Aussage aber auch für den Ausdruck einer Depression.

"... er ging bewußt den Weg eines Heldenlebens", wird sie als Witwe später sagen. Furchtlos bleibt er auch im Ertragen seiner Schmerzen, lehnt schmerzstillende Mittel und Schlaftabletten ab, obwohl er viele, nicht immer glückende Operationen ertragen muss.

Wenn die Generäle es nicht tun, müssen wir Obristen es tun, ist sein Mantra. Mit Nina unterhält er sich über die gefährlichen Pläne, in die er nun verwickelt ist, sie selbst teilt seine Position. Nina fragt aber auch nach Chancen und Risiken eines Attentats. "Fifty, fifty", antwortet er. Sie kann, außer mit Schwager Berthold und dessen Frau Mika, mit niemandem darüber reden. Als Ninas Vater im Januar 1944 stirbt, verstört ihre Mutter die eigentümliche Reserviertheit der Tochter, die emotional mit dem brisanten Geheimnis beschäftigt ist. Sie ist - etwa durch die Vernichtung konspirativer Unterlagen - aktiv an den Vorbereitungen beteiligt, kennt Namen von "Mitverschwörern", weiß von früheren Fehlschlägen, akzeptiert aber nach wie vor die Entscheidung ihres Mannes, auch in dem Bewusstsein, dass es für ihre ganze Familie hochgefährlich wird. Wenn sie in ihrer Familienchronik später dennoch erklärt, dass sie weder den Zeitpunkt des Attentats gekannt noch gewusst hat, wer es ausführen wird, so darf man das nicht als Widerspruch sehen: Sie lebt damit, ohne Einzelheiten zu kennen. Was sie wohl nicht weiß, ist, dass ihr Mann das Attentat selbst ausführen wird.

Claus von Stauffenberg, dem die Befähigung für die höchsten militärischen Ämter immer bescheinigt worden sind, nimmt, als er sich wieder kräftig genug fühlt, zum 1. Oktober 1943 den Posten als Chef des Stabes im Allgemeinen Heeresamt in Berlin an. Nun sind ihm viele Gelegenheiten offen, seine Pläne zu realisieren. Die Wohnung seines Bruders Berthold in der Berliner Tristanstraße wird der konspirative Treffpunkt der "Verschwörer".

Claus von Stauffenberg ganz links am 15. Juli 1944 an der Wolfsschanze
Alle drei Wochen kommt er zurück zur Familie nach Bamberg, was inzwischen wieder der Familienwohnsitz ist, bringt schmutzige Wäsche und geheime Papiere mit, die Nina verbrennt, ohne sie genau zu studieren. Wie das berühmt- berüchtigte Damoklesschwert hängen die Attentatspläne drohend über ihr.

Am 17. Juli will sie sich mit den Kindern zur Schwiegermutter nach Lautlingen für die Sommerfrische aufmachen. Am Tag zuvor ein letzter Telefonanruf ihres Mannes aus Berlin, mit dem er sie von ihren Plänen abzubringen versucht. "Tut mir leid, mein Gepäck ist schon unterwegs, und die Fahrkarten sind auch schon gekauft." Am 18. Juli erkundigt sich Claus bei der Schwiegermutter in Bamberg, ob alles gut gelaufen sei. Am Tag darauf teilt er dieser den Tod eines Cousins mit - sein letztes Lebenszeichen gegenüber der Familie.
Am 20. Juli 1944, kurz nach 12.40 Uhr, erschüttert eine Explosion den Wald bei Rastenburg im heutigen Polen. Die Bombe, die Adolf Hitler töten soll, detoniert unter einem massiven Tisch, nur wenige Schritte vom Diktator entfernt. Oberst Claus Schenk von Stauffenberg hat diese in seiner Aktentasche dort untergebracht und ist bereits auf dem Weg nach Berlin. Er glaubt, Hitler getötet zu haben und will mit seinen "Mitverschwörern" über weitere Schritte beraten... Die weitere Geschichte ist bekannt ( oder hier nachzulesen ): Kurz nach Mitternacht wird Ninas Mann im Hof des Bendlerblockes standrechtlich erschossen.
Die hat am Nachmittag mit ihrer Schwägerin Mika draußen im Garten des Lautlinger Schlosses gesessen, als ein Hausmädchen angerannt kommt, um ihnen mitzuteilen, dass auf den Führer ein Attentat verübt worden sei. den Frauen bleibt nur die Möglichkeit, Blicke des Verstehens zu wechseln. Weitere Informationen kann man auf dem Schloss ohne Volksempfänger nicht bekommen und Telefongespräche werden vom Fernamt vermittelt, können also abgehört werden. Ob ihr Mann beteiligt ist, erfährt sie also nicht. Aber sie erfährt, dass Hitler überlebt hat.

Es folgt eine Nacht in quälender Ungewissheit. Am Morgen kommt ihre Schwiegermutter um halb acht an ihr Bett und muss - selbst erschüttert vom Tod ihres Sohnes - ihr das Unfassbare mitteilen. Dass ihr Mann den Anschlag selbst ausgeführt hat, damit hat Nina nicht gerechnet, damit muss sie erst einmal zurechtkommen. Onkel Nikolaus nimmt die Söhne mit auf eine kleine Wanderung zum Tierberg und lenkt sie mit seinen Erzählungen von seinen Reisen nach Afrika ab. Nach dem Mittagessen ruft Nina ihre beiden Ältesten, gerade zehn bzw. gerade acht Jahre alt geworden, zu sich. Zu gerne hätte sie wahrscheinlich den Beiden gesagt, dass sie stolz auf ihren Vater sein könnten. Stattdessen sagt sie: "Der Papi hat sich geirrt, deshalb hat man ihn erschossen."

Claus von Stauffenberg mit seinen &
 den Kindern seines Bruders Berthold
Der Papi hat sich geirrt, deshalb hat man ihn erschossen - dass man das so Kindern mitteilt, ist für Mütter unserer Tage unvorstellbar. Und doch habe ich eine Ahnung davon, habe ich Mütter dieser Generation, der Nina zugerechnet wird, so ähnlich reden gehört, so handelnd erlebt. Was das mit den Kindern gemacht hat, darüber haben diese wohl nie gesprochen, auch später nicht.

Aber was blieb Nina übrig, um die Tarnung aufrechtzuerhalten, als ihren Mann zu verleugnen und damit den Kindern den physisch schon verlorenen Vater auch noch ideell zu nehmen?

Das Wichtigste ist, dass einer von uns den Kindern erhalten bleibt, hat ihr Claus eingeschärft. "Ich sollte mich als dumme kleine Hausfrau mit Kindern und Windeln und schmutziger Wäsche darstellen", sagt sie später.

Zwei Tage hat sie Zeit, sich auf diese Aufgabe einzustellen. "Ich habe große Spaziergänge gemacht und mich irgendwie gefasst. Diese zwei Tage waren ein Geschenk des Himmels." Vermeintliche Naivität verschreibt sie sich als Überlebensstrategie, auch um ihr ungeborenes Kind zu retten ( Nina ist im dritten Monat schwanger ). Da die Gestapo sie nicht in Bamberg angetroffen hat, muss sie erst sie ihren Aufenthaltsort herausbekommen. In der Nacht zum 23. Juli taucht sie schließlich in Lautlingen auf.

"Die Familie Stauffenberg wird ausgelöscht bis ins letzte Glied", wird SS-Reichsführer Heinrich Himmler am 3. August 1944 in einer Rede vor versammelten Nazigrößen ankündigen. Vorbereitet wird das schon vorher: Ehefrauen, Cousins, Cousinen, aber auch alte Leute wie die Mütter, Onkel und Tanten und all deren Kinder werden in Sippenhaft genommen, die meisten ins KZ Dachau verbracht. Und die gesamte große Verwandtschaft wird in dieser Rede mit dem Tod bedroht, was ein Unrechtsstaat so gegen seine Gegner gerne auffährt, um auch darüberhinaus unter den Untertanen Angst und Schrecken zu verbreiten.

Von links nach rechts:
Nikolaus Graf von Üxküll, seine Schwestern Alexandrine Gräfin von Üxküll und Caroline von Stauffenberg,
Berthold von Stauffenberg, Melitta von Stauffenberg



Die 30jährige wird zunächst mit dem Onkel Nikolaus Graf von Üxküll und dessen Frau Ida in das Gefängnis von Rottweil gebracht, ohne sich von den Kindern verabschieden zu können. Dann kommt sie für drei Wochen ins Untersuchungsgefängnis des Berliner Polizeipräsidiums, wo sie von der Gestapo verhört wird. Die anschließenden fünf Monate ab Ende August 1944 verbringt sie im KZ Ravensbrück in Einzelhaft. Viele Wochen bleibt sie im Ungewissen, was mit ihrer Familie, ihren Kindern ist. Über ihre Schwägerin, die Fliegerin Melitta von Stauffenberg, die aufgrund ihrer Kriegswichtigkeit für das Regime vorzeitig aus der Sippenhaft entlassen worden ist, erhält sie ein Lebenszeichen von der eigenen Mutter, die später in einem KZ bei Danzig umkommt. Und Nina erfährt, dass ihre Kinder am Leben sind.

Für den Fall, dass sie die Geburt ihres letzten Kindes nicht überleben sollte - angesichts der Verhältnisse eine realistische Sorge - verfasst Nina ein Testament. In diesem bestimmt sie, dass das Kind, sollte es ein Junge sein, im Falle ihres Todes Claus Albrecht heißen solle. "Ob er dann Claus oder Albrecht gerufen wird, ist mir gleich - ich persönlich brächte es nicht fertig, einen mir lieben Menschen Claus zu rufen."

Konstanze von Schulthess hat ihre Mutter später einmal gefragt: "Wie konntest Du das aushalten?" Ihre Antwort: "Es ist mir halt passiert. Ich konnte gar nichts dagegen tun. Es war nicht meine Entscheidung. Ich musste es akzeptieren und weiterleben." Hier zeigen sich die Wesenszüge, die bei Nina von Stauffenberg von Zeitzeugen immer wieder hervorgehoben werden: der ausgeprägte Pragmatismus, dazu ein nüchterner Optimismus und die Bereitschaft, auch schwierige Dinge durchzustehen, weil sie eben notwendig sind.

Im Januar 1945 beginnt für Nina dann eine regelrechte Odyssee: Sie soll in einem Entbindungsheim in Polen das erwartete Kind zur Welt bringen. Aber das Heim dort muss für Flüchtlinge aus dem Osten geräumt werden, und Nina wird in ein privates Krankenhaus in Frankfurt/Oder verlegt. Ihr Glück: Der Chefarzt erkennt bald, wer sie ist. Am 27. Januar bringt sie Tochter Konstanze auf die Welt, allerdings bekommt sie Kindbettfieber. Trotzdem soll sie eine Woche später mit einem Lazarettzug nach Berlin gebracht werden. Kurz vorm Ziel kommt der zum Stehen, und die Insassen müssen in Eiseskälte mehr als einen Tag ausharren. Doch Nina hat wieder Glück, dass sie anschließend in das katholische St. Josephskrankenhaus in Potsdam überstellt wird. Es ist ihrer Schwägerin Melitta zu verdanken, die sie besuchen darf und angeradelt kommt mit ihrem Eisernen Kreuz II und dem Flugzeugführerabzeichen in Gold mit Diamanten an ihrer Uniformjacke, so dass auch den dortigen Ärzten bald schwant, wen sie vor sich haben. Bis zum 12. April bleibt Nina in Potsdam, und die kleine Tochter wird - ein drittes Mal übrigens - getauft. Anschließend geht die Irrfahrt weiter durch ein Land kurz vor dem totalen Kollaps. Ziel: Schönberg im Bayrischen Wald. Doch in Oberfranken überlässt ihr Bewacher Nina von Stauffenberg ihrem Schicksal, nachdem diese kundgetan hat: "Ich will nicht mehr."

Sie ist zwar wieder frei, aber papiere- & mittellos, erschöpft mit einem ebensolchen Baby. Niemand weiß von ihr - "Wäre mir etwas zugestoßen, so wäre ich mit meinem Kind einfach verloren gegangen." Im Landratsamt von Hof findet sie Unterstützung & schließlich Unterschlupf bei Fremden in Trogen, wo bald die amerikanischen Truppen anrücken. Denen tritt sie mit sichtlich herausgekehrtem Selbstbewusstsein und demonstrierter Furchtlosigkeit entgegen, um sich vor Übergriffen zu schützen. Im Juni 1945 schafft sie es endlich mit Hilfe von Lilly Podolynsky, einer Freundin der Familie, nach Lautlingen. Und dort kann sie nach fast einem Jahr der Trennung endlich wieder ihre Kinder in die Arme schließen.

Die Kinder sind am 17. August 1944 aus dem Lautlinger Schloss abgeholt worden, als ihre Großmutter Caroline ( zusammen mit ihrer Schwester Alexandrine Gräfin von Üxküll-Gyllenband, einer angesehenen Rotkreuz- Oberin ) schon seit mehr als vier Wochen in Balingen in Einzelhaft ist. Ninas vier Kinder werden mit den beiden von Claus Bruder Berthold und den Kindern anderer Väter, die am Widerstand beteiligt gewesen sind - insgesamt 47 Kinder aus 19 "Verräterfamilien"-, von der Gestapo in das NSV-Kinderheim Bad Sachsa im Südharz verschleppt und ihr Aufenthalt aus Rache geheim gehalten.

NSV- Heim in Bad Sachsa
Der perfide Plan Himmlers sieht vor, die Kinder in Bad Sachsa wieder auf den "rechten Weg" zu bringen. Ihnen wird alles weggenommen, was an ihre Eltern erinnert, ihre Identität geraubt, indem sie neue Namen bekommen. Beabsichtigt ist, die jüngeren später zu parteitreuen Nationalsozialisten in Adoption zu vermitteln, die älteren in "Nationalpolitischen Erziehungsanstalten" ( Napola ) zu erziehen.

Die Stauffenberg - Kinder erhalten den Namen "Meister". Sie wissen, dass ihr Cousin und ihre Cousine ebenfalls im Heim, allerdings von ihnen getrennt, untergebracht, sind. Unter den anderen Kindern finden sich ebenfalls Verwandte. Als der 15jährige Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld alle abends im Schlafsaal auffordert, sich mit ihren wahren Namen vorzustellen, bricht ein Damm und ein reger Austausch über ihre Familien kommt zustande, so dass der teuflische Plan der Nazis nicht wirklich aufgeht, den Kindern ihre Wurzeln zu zerstören. Die Kinder bekommen auch heraus, dass sie nur acht Wochen bleiben sollen, so lange bis ihre Eltern und größeren Geschwister ermordet worden sind.

Als im Oktober des gleichen Jahres eine einige Kinder entlassen werden, nimmt auch die Isolation der Stauffenberg - Kinder etwas ab, so dass Melitta von Stauffenberg von ihrem Aufenthaltsort erfährt. Schließlich sollen die Kinder mit einem Wehrmachts - LKW nach Nordhausen und von dort per Bahn ins KZ Buchenwald gebracht werden. Doch sie geraten in einen Tieffliegerangriff, der auch den Bahnhof von Nordhausen völlig zerstört, den Weitertransport unmöglich macht und ihnen so das Konzentrationslager erspart. Gegen Kriegsende holt sie die Großtante Alexandrine mit einem von der französischen Besatzungsmacht geliehenen Auto ab, während die Kleineren mit einem Bus heim transportiert werden. Eile tut da Not, denn die russische Armee ist schon im Anmarsch.

Die Kinder haben wohl der Mutter von ihren Erlebnissen erzählt, über ihre eigenen Erlebnisse schweigt Nina von Stauffenberg. Sie braucht Zeit, um das Trümmerfeld, das nun ihre Existenz ist, zu begreifen und die Vergangenheit zu verarbeiten. Ihr fehlt die frühere Antriebskraft und Energie, und sie zieht sich oft in sich selbst zurück.

Aber es geht es nun auch darum, das Überleben in seiner primitivsten Form zu organisieren, indem für Nahrung & Wohnung gesorgt wird. Glücklicherweise sind die Dorfbewohner als loyale Anhänger der Schlossherrin eine große Stütze. Das einstige Kindermädchen Esther Graf nimmt sich unentgeltlich ihrer früheren Schützlinge an. Und die Schwiegermutter überlässt Nina mit ihrer Kinderschar das Forstwarthaus als Bleibe. Schließlich findet Nina auch eine Aufgabe in der Organisation der Küche - für vier Erwachsene und sieben Kinder sowie die Angestellten eine Leistung in diesen Zeiten!

Obwohl nun in Lautlingen alle weiblichen Überlebenden der Stauffenbergs samt ihren Kindern zusammen in einer Großfamilie hausen - die unmittelbare Vergangenheit jeder einzelnen Frau scheint kein Thema gewesen zu sein, wohl aber die grausamen Fakten der Gewaltherrschaft in Hitler - Deutschland, die nun bekannt werden.

Irgendwann nach all den Wirren der Kriegs- & Nachkriegszeit macht sich Nina auch auf nach Bamberg. Das Elternhaus dort findet sie stark zerstört und ausgeplündert vor. Auch die eigene Wohnung ist nach dem 20. Juli völlig leer geräumt worden. Schmerzlich vermisst sie vor allem die Erinnerungen an ihren Mann. Einen Teil ihres Hausrates kann sie in einem Zwischenlager der SS in einem Karmeliterkloster sichern. Um andere Teile, Möbel, Familienschmuck kämpft sie mit Behörden und Besatzern.Und sie macht sich daran, das Anwesen ihrer Eltern in Bamberg wieder instandzusetzen.

Mit Franz Ludwig, Berthold und Konstanze (1954) 
"Mit jeder Wand, die neu verputzt wurde, mit jedem Zimmer, das wiederhergestellt war, holte sie sich etwas von dem Leben zurück, das ihr genommen worden war. Jeder Stuhl, jede Lampe, die sie entdeckte, war ein Stück in dem zerbrochenen Bild ihres Lebens vor dem 20. Juli 1944", schreibt ihre Tochter Konstanze über diese Zeit.
Schließlich ändert sich auch Ninas materielle Situation, als ihr eine Rente als Generalswitwe zugestanden wird. 1953 zieht sie mit den Kindern nach Bamberg, und Konstanze meint, damit wäre für ihre Mutter der Krieg erst beendet gewesen. Dort in Bamberg ändert sich das Leben bald, denn die Söhne kommen ins Internat, und Nina bleibt mit den beiden Töchtern zurück.

Bei einer Veranstaltung der
"Schutzgemeinschaft"
1954 findet in Berlin die erste Gedenkveranstaltung zu Ehren des 20. Julis in der Bendlerstraße statt, und der damalige Bundespräsident Theodor Heuß spricht vom "anderen Deutschland". Nina verfolgt die Debatten über die "Vaterlandsverräter" in der jungen Bundesrepublik oftmals mit unterdrückter Wut und verliert irgendwann das Interesse an den Auseinandersetzungen der Historiker, ist sie doch bald überzeugt davon, dass es selten etwas nütze, Erlebtes mitzuteilen, weil den meisten die eigenen Thesen sowieso wichtiger seien.

Sie erscheint zwar auf Einladung zu den Gedenkfeiern, mag aber nicht zu den "Berufshinterbliebenen" gehören. Immer seltener gibt sie Interviews, weil sie sich oft missverstanden oder falsch wiedergegeben fühlt, eines noch für eine Fernsehdokumentation der DDR 1989, ein letztes der Journalistin Dorothee von Meding für deren Buch "Mit dem Mut des Herzens" (1992). Als Zeitzeugin fühlt sie sich nie ernst genommen. Noch im hohen Alter sieht sie sich falsch dargestellt ( so in dem Film von Jo Baier von 2004, über den sie sich sehr geärgert hat ) und auf das alte Klischee vom nichtssagenden, höchstens übellaunigen Heimchen am Herde eines glorreichen Mannes reduziert.

Lieber engagiert sie sich, um die Kontakte zwischen den in Bamberg stationierten Amerikanern und der Stadtbevölkerung zu verbessern. Später macht sie sich zu einer Zeit für den Denkmalschutz stark, als das noch etwas absolut Abwegiges gewesen ist. Schon im September 1968 begründet sie mit anderen Interessierten die "Gemeinschaft zum Schutz der Bamberger Altstadt" ( 1993 erhält sie deshalb von der Stadt die Ehrenmedaille, 2003 wird sie Ehrenmitglied ). Auf Führungen durch die Stadt macht sie die Einwohner auf architektonische Schätze aufmerksam, die bedroht sind, und trägt so zur Rettung des Bamberger Stadtbildes bei, das seit 1993 UNESCO - Weltkulturerbe ist.

Zur 50. Jahrfeier
 im Ehrenhof der Gedenkstätte Deutscher Widerstand 
Mit den Jahren lebt sie immer isolierter, zieht sich immer mehr auf sich zurück, ist die "Einzelkämpferin", die sich keine schwachen Momente erlaubt.
Konstanze von Schulthess: "Meine Mutter hat nie geklagt und nur selten habe ich sie wirklich verzweifelt erlebt. Eine Tragödie war es, als 1966 meine Schwester Valerie mit 26 Jahren starb. Nie vorher und nie nachher habe ich erlebt, dass meine Mutter ihre nahezu eiserne Contenance verlor – und trotzdem unfähig blieb, sich trösten zu lassen. Das vielleicht war die schmerzlichste Kehrseite ihrer über Jahrzehnte antrainierten Haltung: dass sie keinen Trost annehmen konnte." ( Quelle hier )
Nach all dem, was sie erlebt hat, hat Nina es als den schlimmsten Tag in ihrem Leben bezeichnet, an dem sie dem eigenen Kind im Grab nachschauen musste.

Mit einem "wunderbaren Ätsch - Gefühl" hingegen feiert sie ihre Geburtstage. Ihren neunzigsten begeht sie sechzig Jahre nach Himmlers Ausspruch vom Auslöschen der Familie Stauffenberg im Kreis von dreiundvierzig Nachkommen!

Ihren Mann überlebt sie nahezu 62 Jahre. Am 2. April 2006 stirbt Nina von Stauffenberg im Alter von 92 Jahren, nachdem sie, querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzend, ihr Haus in Bamberg gegen ein Pflegeheim tauschen musste.

Die Bremer CDU - Abgeordnete Elisabeth Motschmann hat im letzten Jahr aus Anlass des 75. Jahrestages im Bundestag einen Antrag eingebracht, die Leistungen der Frauen im deutschen Widerstand in Zukunft mehr zu würdigen. Dem haben alle Parteien zugestimmt ( natürlich mit Ausnahme der Blaunen ).

Die Sichtbarkeit von Frauen generell zu erhöhen, aber besonders auch die im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, ist auch mir ein inneres Anliegen, deshalb auch dieser heutige Post. Die Männer des 20. Juli 1944 waren auf Partnerinnen angewiesen, die vorbehaltlos hinter ihnen standen und ihnen den Rücken stärkten. Wir können von diesen Frauen lernen, welche Handlungsspielräume auch unter totalitären Regimes zu finden und zu nutzen sind...





10 Kommentare:

  1. da wir gerade kürzlich noch in der nähe von bad sachsa wandern waren, habe ich mich gleich mal informiert, ob dort an die kinder erinnert wird und festgestellt, dass es seit 2016 eine dauerausstellung mit dem titel "unsere wahre identität sollte vernichtet werden" gibt. wenn sie irgendwann wieder geöffnet ist, werde ich sie besuchen.
    danke für den aufschlussreichen bericht!
    liebe grüße, bleibt gesund!!
    mano

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  2. Ich glaube, wir können uns dies Art von Gedankengut, zu Leben und dieses Patriotische, Ehrhafte heute beim besten Willen nicht mehr vorstellen. Diese Männergesellschaften und Offiziersbünde.Manchmal bekomme ich eine Ahnung davon, wenn wir daheim über meine Vorfahren reden. Und dieses Wirken der Frauen dabei im Hintergrund. Was wäre von Staufenberg ohne seine Frau gewesen, hätte er getan, was er getan hat? Und was er seiner Familie damit angetan hat. Was für eine Frau, die das alles durchgestanden hat.
    Danke wieder einmal für ein so interessantes Portrai.
    Liebe Grüsse
    Nina

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  3. Eine starke Persönlichkeit! Ich bin wie immer erstaunt, was du alles heraus bekommst.
    Es wird oft vergessen, dass hinter den meisten (aufregenden) Männern eine besondere Frau steht.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  4. Das alles wusste ich nicht. Nicht mal, dass sie in Bamberg wohnte. So nahe bei uns.
    Was für ein Leben und welche Kraft, gerade auch Überlebens-Kraft.
    Wenn man das liest, was sie alles durchleben musste und welche Strategien sie entwickelt hat, dann wirkt das momentane "Bleibt daheim" geradezu gemütlich, auch wenn es nicht allen leicht fällt und viele bedrückt. Wünschen wir uns, niemals in solche Lebenslagen zu kommen.
    Und wehren wir den Anfängen, wo immer sie sich zeigen.
    GlG Sieglinde

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  5. Vielen Dank für die ausführliche Schilderung. Vielleicht solltest du ein Buch daraus binden lassen, aus allen Frauenportraits bislang. Ich würde es kaufen!
    Liebe Grüße
    Gabi

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    1. Das habe ich auch schon mal vorgeschlagen. Ich wüsste gleich mehrere P. denen ich das schenken würde und mir selber auch.
      LG
      Nina
      ps
      nur mit dem ganzen Bildmaterial müsste man ggf schauen

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  6. Was für eine tapfere Frau. Die weibliche Unterstützung und Mitarbeit wird oft vergessen. Danke, dass Du ihr wieder ein so tolle Portrait gewidmet hast!
    Liebe Grüße
    Andrea

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  7. Wow, liebe Astrid,
    wieder sehr, sehr interessant. Nina von Stauffenberg kenne ich zwar als Person, aber viele der Details, die Du schilderst, waren mir unbekannt. Danke für diesen Post.
    Bleib gesund und pass gut auf Dich auf.

    Viele liebe Grüße
    Wolfgang

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  8. wenn ich deine Portraits lese
    dann tauche ich direkt in diese Geschichte ein
    so lebendig und spannend schreibst du
    was hat diese Frau und ihre Familie erdulden müssen
    danke für den Bericht
    Rosi

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  9. Liebe Astrid, vielen Dank für das wieder tolle Portrait. Ich stimme meiner Vorrednerin zu, ich tauche dann auch in eine ganz andere Welt ein. Ich habe mir das Ebook über Nina Schenk von Stauffenberg gekauft und ich lasse es nicht mehr los. Das soll bei mir etwas heißen, mit dem Lesen habe ich derzeit meine Probleme.
    Lieben Gruß Sylvia

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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