Auf einem Fußmarsch Ende April fielen mir auf einer Wiese parallel zur Hochbahn eine ganze Gruppe locker beieinander stehender, relativ junger, weiß blühender Bäume auf. Da ich die Kamera immer dabei habe, habe ich ein paar Erinnerungsfotos geschossen und zu Hause dann meine Lieblingsbestimmungsseite im Netz befragt. Das war relativ einfach, denn dort waren nur zehn Bäume mit dem Merkmal "weiße Blüte" aufgelistet. Und darunter war auch dann schon "meiner":
Bei denen handelte es sich also um die Gewöhnliche Traubenkirsche/prunus padus, auch Ahlkirsche, Sumpfkirsche oder Elsenkirsche, in Österreich Ölexen, Elexsen, Ölasn oder ähnlich geheißen.
Das ist ein nicht allzu großer Baum, der in ganz Europa ( außer dem Mittelmeergebiet und der Balkanhalbinsel ) bis nach Nordasien und Japan zu Hause ist und bei uns vor allem in Auwäldern vorkommt, besonders häufig in Niedersachsen und Sachsen - Anhalt. Das bevorzugte Vorkommen in Auwäldern deutet daraufhin, dass der Baum einen nassen oder zumindest feuchten Lehm-, Ton- oder Sumpfboden braucht, der zudem noch nährstoffreich sein sollte - all das traf auf unsere Wiese, obwohl nicht an einem Gewässer liegend, augenscheinlich zu.
Wie schon geschrieben, ist der Baum recht zierlich, wird maximal 10 - 15 Meter hoch und lebt 60, höchstens 80 Jahre. Er kann auch in Strauchform mit überhängenden Ästen vorkommen ( so ist er mir auch eher aus gemischten, blühenden Hecken bekannt ). Der Stamm wächst relativ gerade mit tiefansetzender überhängender Krone und erreicht eine Stärke von maximal 60 Zentimetern. Die Borke ist graugrün und hat sehr flache, hellfarbige Furchen. Erst bei alten Bäumen zeigen sich Längsrisse. Die Rinde riecht unangenehm wegen des darin enthaltenen Glykosid Amygdalin, welches in Verbindung mit Wasser Blausäure abspalten kann.
Die Blütenstände der Traubenkirsche erscheinen bereits während des Laubaustriebs im April. Diese stehen am Ende belaubter Kurztriebe anfangs fast aufrecht und haben zehn bis zwanzig Einzelblüten, in langen Trauben angeordnet. Gegen Ende der Blühzeit hängen diese Blütentrauben nach unten und können bis zu 20 Zentimeter lang werden. Die 5-zähligen, zwittrigen Einzelblüten sind weiß, gestielt und etwa 1 cm groß. Sie duften stark und manchmal wird der süßliche Duft auch als unangenehm schwer empfunden. Bienen, Käfer und Fliegen hingegen lieben ihn.
Die leicht behaarten Blätter sind 6 bis 14 Zentimeter lang und wachsen an 1-2 Zentimeter langen Blattstielen. Sie haben eine verkehrt-eiförmig bis breit-lanzettliche Form. Die Herbstfärbung ist gelbrot.
Der traubenartigen Fruchtstände reifen im Juli und August, sind erst rot, später schwarzblau und sehen wie glänzende, kleine Kirschen mit einer Größe von 7 bis 8 Millimeter aus. Sie schmecken bitter -süßlich. Das Fruchtfleisch selbst ist giftfrei, schmeckt aber so herb, dass Menschen wenig Gefallen daran finden. Vögel hingegen lieben diese Steinfrucht und tragen auch hauptsächlich zur Verbreitung der Samen bei.
Das weiche, leichte Holz der Traubenkirsche ist elastisch, gut spaltbar und glänzt leicht, aufgrund dieser Eigenschaften ist es also gut bearbeitbar. Im Gegensatz zum Kirschholz ist es jedoch wenig beständig.
Die Traubenkirsche wird in manchen Jahren heftig von der Traubenkirschen-Gespinstmotte befallen. Deren Raupen fressen bis Ende Mai/ Anfang Juni die Gewächse manchmal völlig kahl und verpuppen sich dann in dicht gepackten Gemeinschaftsgespinsten am Stamm oder in der Krautschicht. Manche Frühsommer konnte ich auf dem Weg zur Arbeit am Straßenrand viele derart befallener Bäume und Büsche sehen, ohne dass mir klar war, worum es sich gehandelt hat. Es werden allerdings nur die Frühjahrstriebe gefressen. Anschließend treibt das Gewächs neu aus ( Johannistrieb ).
Obstbauern schätzen die Traubenkirsche deshalb auch gar nicht in der Nähe ihrer Plantagen, weil sie befürchten, die Gespinstmottenraupen würden auf ihre Obstbäume überwechseln - ein Irrtum, denn diese Falter sind ausgesprochene Nahrungsspezialisten.
Auch wird der Baum von Wicklern der Art Acleris umbrana und Phtheochroa micana befallen, was ihn - neben den Früchten - zu einer wichtigen Nahrungsquelle für Vögel macht.
Die Gewöhnliche Traubenkirsche ist leicht zu verwechseln mit der Späten oder Amerikanischen Traubenkirsche/prunus serotina - Förster und Waldbesitzer nennen diesen Import im 17. Jahrhundert aus Amerika allerdings inzwischen "Waldpest", denn sie breitet sich bei uns invasiv aus, unterdrückt also andere heimische Pflanzen und Sträucher. Ende des 19. Jahrhunderts glaubte man noch, durch breite Anpflanzung forstwirtschaftliche Erfolge zu erzielen, weil die Späte Traubenkirsche in ihrer Heimat ein guter Holzlieferant war. Doch diesen Gefallen tat das Gehölz den Europäern nicht, ganz im Gegenteil: Sie wird bei uns aufgrund anderer Witterungsbedingungen nur ein ausdauernder und wuchernder Strauch. Sie erweist sich als sehr anpassungsfähige Pionierpflanze und ist aus unseren Wäldern fast nicht mehr herauszubekommen, weil sie die unwirtlichsten Plätze erobert, die Böden schnell bedeckt und durch ihr Herzwurzelsystem äußerst standhaft ist, Wind und Sturm trotzt und selbst harte Fröste verträgt.
Wie man sie von der heimischen Traubenkirsche unterscheiden kann? Die Gewöhnliche Traubenkirsche blüht ein bis zwei Wochen früher und hat hellgrüne und weiche Blätter, die der Spätblühenden sind dunkelgrün mit glänzender Oberseite.
Ghislana / Jahreszeitenbriefe sammelt auch an diesem Wochenende wieder die Baumfreunde auf ihrem Blog.
Guten Morgen liebe astrid und danke für die Weiterbildung - bewuszt habe ich diese Bäume eigentlich noch nie wahrgenommen, wild in der Natur. Aber klar: wir haben hier keine Auenwälder, nur trockenes Felsgestein -
AntwortenLöschenBekommst Du eigentlich noch die Kommentare per mail zugeschickt von Blogspot? Ich seit gestertn nichzt mehr, wundere mich grad etwas. Ist aber sicher auch die DSGVO dran schuld... oder?
Ein schönes, nicht zu heiszes WE wünscht Dir
Mascha
Liebe Astrid, von einer Traubenkirsche habe ich noch nie was gehört. Ein wunderschöner Baum ist das mit herrlichen Blüten.
AntwortenLöschenglg Susanne
die traubenkirsche wächst hier häufig & wild an der talseite vom grundstück - kein wunder, liegt doch dort ein altarm der elbe. sie duften an frühlingsabenden ganz wunderbar!!
AntwortenLöschenund die gespinnstmotten-plage gabs hier auch schon, ich glaub 2013 - eh ein katastrophenjahr gewesen......
im moment duftet´s hier nach holunderblüten :-D
xxx
Oh ja, die Gespinstmotte ist gerade hier auch wieder sehr aktiv. Die Traubenkirschen sehe ich hier häufiger. Fein, mehr über sie zu erfahren.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Andrea
Liebe Astrid, das ist mal interessant, ein Baum den ich bisher gar nicht gekannt habe.da sieht man es, bloggen Bilder.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Susa
Diese deine Traubenkirsche ist auch noch besonders hübsch gewachsen! ... und ich hab wieder dazu gelernt durch dieses detaillierte Portrait.
AntwortenLöschenLiebe Grüße Ulrike
Wieder was dazu gelernt.
AntwortenLöschenBei uns findet man diesen Baum selten, da wir trockene Sandböden haben. Tolle Blüten und schöne Früchte. Die Vögel freut's. Das ist doch schon was!
Herzlichst, Sieglinde
...ein mir unbekannter Baum, liebe Astrid,
AntwortenLöschenwobei ich doch öfter im Auwald unterwegs bin, bei uns wächst er wohl nicht, jedenfalls nicht zahlreich...schön ist er mit seiner weißen Blütenfülle,
liebe Grüße Birgitt
Wie schön, liebe Astrid, treffe ich doch hier einen Bekannten mit dieser Traubenkirsche, auch bei uns in Brandenburg kommt sie in Gewässernähe vor, ein Winzling steht auch in meinem trockenen Garten, ich befürchte, sie wird aufgeben, zu trocken... Übrigens machen sich die Früchte in herbstlichen Waldfruchtmarmeladen, Gelees und Aufstrichen prima, gerade mit ihrer Herbheit. Übrigens die Früchte der amerikanischen Traubenkirsche auch (ihr einziger Vorteil...). Die erkennt man übrigens am ganz charakteristischen Geruch, wenn man ein Zweiglein abbricht und an der Bruchstelle schnuppert, erkennt man immer wieder... Und ja, die ist auch hier eine Pest, weil sie mit der Brandenburgischen Trockenheit besonders gut klar kommt, alles andere in ihrer Umgebung verdrängt und so gut wie nichts unter sich duldet (ich hab es immerhin mit Waldsteinia und Vinca geschafft, im Garten, denn da steht auch eine..., kurzgehaltene..., aber sie gehört doch zur Familiengeschichte, als mein Sohn mal - als er im Kinderwagen sitzend mir bei der Gartenarbeit assistierte - den Mund voller Blätter gestopft hatte, bestimmte ich meinen ersten mir unbekannten Baum in meinem Naturführer und war erleichtert, rechnete aber mit Durchfall oder Magendrücken, aber nichts dergleichen, hart im Nehmen, das Bürschlein - mit Dieffenbachie hatte er es auch schon versucht, die aber wieder ausgekotzt...). Hach, was ein schöner Post, der mir große Freude macht. Herzlich Ghislana (die im ND im Juni auch noch Bäume postet, da kommen noch ein paar dazu, ich hab ja ein bisschen die Übersicht verloren, ist's die DS-GVO - auch beim Arzt mussten wir heute Datenschutzblätter unterschreiben -, oder eine allgemeine Blogmüdigkeit..., das kann ich von mir nicht sagen, ich schaffe es nur gerade nicht, habe aber immerhin drei ND-Posts für meine Abwesenheiten und Beschäftigungen mit großer Freude heute morgen vorproduziert, bevor ich mich wieder ins weitgehend netz-web-lose Unterwegssein begebe morgen mittag...) - Sei gedrückt!
AntwortenLöschenein schönes Bäumchen dass ich auch nicht kenne
AntwortenLöschenoder noch nicht wahrgenommen habe
sieht aber wunderschön in der Blüte aus
liebe Grüße
Rosi