Sonntag, 26. Mai 2024

Mein Freund, der Baum: Feige

Den heutigen Baum wollte ich schon so lange hier im Blog in dieser Reihe porträtieren, denn er war der Hausbaum ( im wahrsten Sinne des Wortes, denn an die Nordwand angelehnt ) unseres Familiendomizils in der Provence, meinem Sehnsuchtsort schlechthin. Aber es fehlten mir Fotos und überhaupt. Inzwischen gibt es in Nachbarschaftsgärten Exemplare. Doch der Frosteinbruch im April hatte den gerade ausgetriebenen Bäumen übel mitgespielt - nicht gerade fotogen! Also hab ich zusammengesucht, was noch analog oder digital zu finden war und hab mich jetzt einfach überwunden...

Die Echte Feige Ficus carica, auch Feigenbaum oder kurz Feige (vom mittelhochdeutschen vīge) oder französisch le figuier genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Feigen Ficus innerhalb der Familie Maulbeergewächse Moraceae der Ordnung Rosales. Sie zählt zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit und wurde lange vor allem im Mittelmeerraum angebaut. Die Ursprungsheimat der Echten Feige ist allerdings nicht bekannt.

Das nachgestellte Attribut carica im bot. Namen besagt nur, dass der Baum aus Karien kommen soll, einer gebirgigen, antiken Landschaft in Kleinasien, heute im Südwesten der Türkei an der Ägäisküste verortet. In der Antike kamen von dort nämlich getrocknete Feigen von ausgesuchter Qualität in den Handel. 

Es gibt zwei Unterarten, wobei die Ficus carica var. rupestris im Grenzgebiet zwischen Iran, Irak und Syrien zu Hause ist. Eine weitere Verwandte ist die Punjap-Feige Ficus palmata, deren natürliches Habitat vom Horn von Afrika über die Arabische Halbinsel, Irak und Iran bis zum indischen Subkontinent (Punjab-Region) und der Insel Sri Lanka reicht.

Die Feige ist ein relativ kleiner Baum mit Wuchshöhen von drei bis zu zehn Metern, bei uns gar nur unter fünf oder sechs Metern. Sie ist sommergrün, mit einer meist sehr breit ausladenden Krone, die jedoch unregelmäßig geformt ist. Die meist reiche Verzweigung beginnt schon in geringer Höhe. Der Stamm ist oft knorrig, gedreht oder gebogen. Die Borke, die äußerste Schicht der Rinde, ist gräulich - braun, die Rinde selbst glatt und hellgrau. Die ganze Pflanze führt einen Milchsaft, der im Zusammenspiel mit Sonnenlicht nach einer Berührung zu einer Photodermatitis führen kann, die sich in Entzündungen der Haut mit Bläschenbildung bemerkbar macht.

CC BY-SA 3.0
Die dekorativ geformten Laubblätter wachsen wechselständig an den Zweigen an kräftigen Blattstielen von zwei bis acht Zentimetern Länge. Die Blattform hängt stark von der jeweiligen Feigensorte ab, wodurch man sie dann gut bestimmen kann. 

Die Blätter sind steif, fast ledrig, und die Blattspreite beträgt 10 bis 20 Zentimeter in Breite wie Länge. Das einzelne Blatt ist drei- bis siebenlappig, wobei die Blattlappen ei- bis fingerförmig sind und die Spreitenbasis mehr oder weniger herzförmig. Der Blattrand ist meist unregelmäßig gezähnt. Die intensivgrüne Blattoberseite ist bei manchen Sorten rauhaarig, die hellere Unterseite mehr oder minder dicht mit kleinen Zystolithen und kurzen, flaumigen Haaren bedeckt. Das Blatt weist zwei bis vier Basalnerven und fünf bis sieben Seitennerven auf jeder Seite des Mittelnervs auf. Rötliche Nebenblätter haben eine Länge von ca. einem Zentimeter und sind von der Form her eiförmig-lanzettlich.

Die Blütenstände der Feige sind grün und unauffällig und sehen aus wie kleine unreife Feigen. Sie haben einen Durchmesser von drei bis fünf Zentimetern und sind gern umgekehrt birnenförmig bzw. flaschenförmig. Sie stehen einzeln und ebenfalls wechselständig an den Zweigen. An der Spitze des Blütenstandes bleibt eine enge, konkave Öffnung frei, die durch schuppenartige, eiförmige Hochblätter fast völlig geschlossen ist. Feigen sind gynodiözisch, was bedeutet, dass es männliche und weibliche Pflanzen gibt, wobei die männlichen Feigen auch sterile weibliche neben zwittrig männlichen Blüten aufweisen, die aber funktionell männlich sind. Die weiblichen Feigen wiederum entwickeln nur fertil weibliche Blüten. Bei den unisexuellen Blütenständen gibt es jeweils drei Generationen im Jahr, bei  den männlichen Pflanzen sind drei Formen in den verschiedenen Generationen möglich, darunter die Vorfeigen, die sich im Aussehen und Geschmack mehr oder minder von den später auf dem neuen Holz gebildeten Herbstfeigen unterscheiden.

Die Vorfeigen mit ihrem zwittrigen Blütenstand machen es der Feigengallwespe möglich, ihre Eier in die Griffel der Blüte abzulegen. Beim Schlüpfen der jungen Gallwespen nehmen die beim Verlassen die Pollen der männlichen Blütenanteile mit und bestäuben so anschließend die Blüten, die die Herbstfeigen tragen werden. Etwas kompliziert, dieses Verfahren? Stimmt! Bei uns in Deutschland entstehen aufgrund der Temperaturen deshalb nur bei den Sorten Früchte, die jungfernfrüchtig  oder parthenokarp sind, das heißt, dass die ohne Bestäubung Früchte ausbilden. Es gibt noch mehr Unterscheidungen, aber damit will ich jetzt nicht langweilen, es ist schon sehr speziell, weil nicht nur Feige und Feigenwespen interagieren, sondern zusätzlich zwei Feigenvarietäten zusammenspielen müssen.

Nach der Bestäubung wächst sich binnen drei bis fünf Monaten die uns bekannte Frucht aus. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Fruchtverband, einer Scheinfrucht ähnlich wie bei der Erdbeere. Die weiblichen Blüten entwickeln sich zu Achänen, die im Innern der Frucht in einem fleischigen, hohlen Blütenboden angeordnet sind. Beim Essen bemerkt man diese Kernchen sehr gut. 

Die Form der Frucht ist kugelig bis leicht birnenförmig, je nach Sorte grün bis dunkelviolett und im  Innern befinden sich dann eben jene Achänen auf dem ebenfalls fleischig gewordenen Blütenboden der Einzelblüten und alles ist rot gefärbt. Die Schalendicke variiert nach der Sorte. Bis zu dreimal im Jahr kann der Feigenbaum Früchte tragen: Im Frühjahr, im Februar/März, die aus den Knospen des letzten Herbstes, die über den Winter gereift sind. Im Sommer - Mai/Juni - erntet man die, die aus den Knospen des Frühlings entstanden sind, und in sehr warmen Gebieten mit langen Sommern sogar im August/September nochmals Spätfeigen aus den Knospen des Sommers.

Der Feigenbaum braucht daher warme Sommer und milde Winter. In laublosem Zustand ist er zwar einigermaßen frostresistent, aber er ist sehr empfindlich gegen Kahlfrost und Spätfröste, sobald der Knospenaufbruch begonnen hat, wie wir in diesem Frühjahr gesehen haben. Die Frosthärte ist stark von der jeweiligen Feigensorte abhängig. Bei uns fruchten außerdem nur solche Sorten, die ohne Bestäubung auskommen, weil die dafür notwendige Feigengallwespe in Deutschland nicht vorkommt.

Die Feige spielt in Literatur und Mythos, aber auch der Kunst eine Rolle: Man denke nur an das legendäre bzw. sprichwörtliche Feigenblatt, mit dem z.B. im Vatikanischen Museum sämtliche männliche Skulpturen versehen sind.

Da der Feige aphrodisische Wirkungen zugeschrieben werden, war sie im alten Griechenland dem Gott Dionysos zugeordnet. Große Phalli, aus Feigenholz geschnitzt, wurden bei den Dionysos-Prozessionen präsentiert. Der römische Gott Priapus, Sohn des Dionysos und der Aphrodite gilt auch als der Beschützer der Feigen. Priapus’ Statuen, ausgestattet mit einem gewaltigen Penis, meist aus Holz und rot bemalt, sollten in Obst- und Weingärten als Glücksbringer eine reichhaltige Ernte garantieren. 

In der Bibel fertigen sich Adam & Eva nach dem Sündenfall Lendenschurze aus Feigenblättern, als sie sich ihrer Nacktheit bewusst geworden waren. Augustinus meint gar, "Feigenblätter bedeuten das Jucken der Sinnlichkeit". 

In Südeuropa - und inzwischen auch bei uns - ist die Geste verbreitet, jemandem die Feige zu zeigen, bei der man den Daumen zwischen Zeige- und Mittelfinger schiebt. Die Gleichsetzung der Feige mit der Vulva führte in manchen Sprachen so weit, dass das ursprüngliche Wort für Feige durch ein anderes ersetzt wurde.

Soviel meinerseits zu einem neuen Baumporträt. Jetzt seid ihr wieder an der Reihe, liebe Baumfreundinnen! Bis zum 29. Juni habt ihr wieder die Möglichkeit, eure Baumposts hier unten zu verlinken: 

You are invited to the Inlinkz link party!

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3 Kommentare:

  1. Liebe Astrid,

    ohja die Feige die löst hier auch immer Erinnerungen aus. Kindheitserinnerungen meines Mannes. Sie hatten in Athen einen riesigen alten Feigenbaum im Garten stehen :-)). Ich mag die Früchte auch so gerne. Danke für die Vorstellung.

    Liebe Grüße
    Kerstin und Helga

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  2. sehr interessant was du geschrieben hast
    vieles wußte ich noch nicht
    die Tochter hat Feigen im Garten
    das ist immer ein Schmaus für die Wespen ;)
    im Garten habe ich entdeckt dass vom Nachbarn eine Feige über den Zaun wächst ..vielleicht gibt es da auch was zu naschen .. hihi..
    liebe Grüße
    Rosi

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  3. Wir haben seit neustem auch eine Feige, allerdings als kleines Hochstämmchen im Miniformat. Ich habe es bei A*ld* vor dem Entsorgen gerettet ;) Die Früchte, die schon an ihr hingen, fallen gerade nach und nach grün ab. Tja, aber vielleicht wird es ja nächstes Jahr was ;) Dir einen ganz lieben Gruß und einen schönen, sonnigen Feiertag. Herzlichst Deine Nicole

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie weiterhin konsequent NICHT freischalten. ( Ausnahme: die amerikanische Gepflogenheit, nicht zu unterschreiben )

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