Donnerstag, 23. März 2023

Great Women #331: Vera Lynn

Auf die Frau, die ich euch heute vorstellen möchte, wurde ich durch eine Ansprache der inzwischen verstorbenen englischen Königin im April 2020 anlässlich der Corona-Pandemie  aufmerksam, in der sie Familien und Freunden, die während der Pandemie getrennt worden waren, versicherte: "We’ll Meet Again" - ein Songtitel, der in den Zeiten des 2. Weltkrieges zum Hoffnungsträger der britischen Soldaten und ihrer Familien gewesen ist. Gesungen hat ihn seinerzeit Vera Lynn.



"Wir werden uns wiedersehen. 
Ich weiß nicht, wo. 
Ich weiß nicht, wann. 
Aber ich weiß, 
dass wir uns eines sonnigen Tages wiedersehen. 
Lächle weiter, wie du es immer tust, 
bis der blaue Himmel alle dunklen Wolken vertreibt." 

Vera Lynn erblickt das Licht der Welt am 20. März 1917 im Londoner Vorort East Ham als Vera Margaret Welch. Ihr Vater Bertram Samuel Welch, ein Klempner, ist bei ihrer Geburt 34 Jahre alt, ihre Mutter Annie Martin, eine Schneiderin, achtundzwanzig. Seit 1913 sind sie miteinander verheiratet und haben bereits einen Sohn namens Roger .

Im Jahr 1919 - Lynn ist zwei Jahre alt - erkrankt das kleine Mädchen an Diphtherie und ist dem Tode nah. Sie wird auf eine Isolierstation gebracht und erst nach drei Monaten von dort entlassen. Verständlich, dass ihre Mutter sie in Watte packt, lange Zeit den Kontakt zu anderen Kindern unterbindet und Lynn nicht auf der Straße spielen lässt. Die wird sich später erinnern, dass ihre Mutter mit ihrem älteren Bruder nicht so streng gewesen ist wie mit ihr.

Schon früh entdeckt man ihr Gesangstalent, und sie tritt mit sieben Jahren in örtlichen Clubs auf. Mit bereits elf Jahren gibt sie die Schule für eine Karriere als Tänzerin und Sängerin in einer tourenden Varieté-Revue auf und nimmt den Nachnamen ihrer Großmutter mütterlicherseits als Künstlernamen an. Einen formalen Gesangsunterricht erhält das junge Mädchen nicht.

Fünf Jahre später tritt sie sowohl als Solistin als auch Frontfrau mehrerer Bands auf. Vom Wesen her introvertiert und bescheiden -  im Gegensatz zu vielen Gesangsstars ihrer Zeit - macht ihre zurückhaltende Art sie beim Publikum sehr beliebt.

1935 hat Lynn dann schon ihren ersten Radioauftritt mit dem Joe Loss Orchestra, einem der beliebtesten britischen Tanzorchester weit über die Landesgrenzen hinaus. Zu diesem Zeitpunkt ist sie auch auf Platten, die die Tanzbands veröffentlichen, darunter neben der von Joe Loss auch die von Charlie Kunz, als Sängerin, quasi als weiblicher Crooner, zu hören. Mit ihrer warmen Stimme ist sie dafür geradezu prädestiniert:

1936 kommt Lynns erste Solo-Platte auf dem Label "Crown" heraus. "Up the Wooden Hill to Bedfordshire". Die Orgelbegleitung bei ihrer Cover- Version des Titels von Elsie Carlisle lässt das Ganze unnötig schnulzig erscheinen. 

Bei Joe Loss bleibt Lynn relativ kurze Zeit, bei Charlie Kunz ein bisschen länger. Mit seiner Band nimmt sie während dieser Zeit mehrere Standardmusikstücke auf. Für ihren Lebensunterhalt arbeitet sie zunächst noch als Verwaltungsassistentin des Leiters einer Schifffahrtsgesellschaft im Londoner East End. Mit 22 Jahren hat sie dann mehr als eine Million Platten verkauft und kann ihren Eltern ein Haus und sich selbst einen Austin 7  finanzieren.

Doch dann bricht der 2. Weltkrieg aus. Als sie sich mit ihrer Familie um das Radio versammelt hat, um Premierminister Neville Chamberlains Rede zum Ereignis anzuhören, denkt sie, wie sie sich später erinnert: "Oh well, bang goes my career." Vera meldet sich zum Freiwilligendienst, bekommt aber zu hören, sie solle das tun, was sie am besten könne: Unterhalten. Bestärkt wird sie durch ein Umfrageergebnis beim "Daily Express": Die Befragten haben sie dabei zu ihrer Lieblingsunterhalterin gewählt. "Sweetheart" wird ihr Spitzname unter den Streitkräften.

"We'll Meet Again" wird 1939 veröffentlicht und findet im Verlauf des Krieges zunehmend Zuspruch beim britischen Publikum. Vera dazu: "Es ist ein gutes Lied, da es zu jedem passt, der sich von jemandem verabschiedet." Das Lied ist von Ross Parker, Pianist & Kompositeur, und Hughie Charles, Songwriter und Musiktheaterproduzent aus Manchester, und mit Arthur Young am Novachord, einem neuen Instrument, dem weltweit ersten kommerziell erhältlichen polyphonen Synthesizer, aufgenommen worden. ( 1953 nimmt sie es erneut in Begleitung von Soldaten der britischen Streitkräfte auf. ) Da es ein gutes Abschiedslied ist, singt Vera es auch gerne am Ende eines Auftritts.

Zunächst singt sie für Leute, die Londons U-Bahn-Plattformen als Luftschutzkeller aufsuchen. Ab 1940 tourt sie mit dem "Aristokraten britischer Tanzbands", Bert Ambrose, als Teil des Ambrose-Oktetts durchs Land. Die Band tritt in Sendungen der BBC auf. 1941 verlässt Vera dann aber wieder diese Musikgruppe. 

Mehr als 20 Prozent der Briten schalten jeden Sonntagabend die Show ein, in der Lynn inmitten der Kriegsnot Lieder der Hoffnung vorträgt und Briefe von Menschen vorliest, die durch den Krieg getrennt worden sind: "Addressing myself not to an audience in the conventional sense, but to scattered individuals - an intimate conversation, but to a couple of million people", so beschreibt sie ihr Tun später. Dank der Kurzwellensender der BBC ist sie weltweit zu hören.

Nach einer Reihe britischer Militärniederlagen in Nordafrika argumentiert eine kleine, aber lautstarke Mehrheit, dass das Radio "sloppy sentimental rubbish" sende und damit die Moral der Streitkräfte untergrabe.

Der BBC sind jetzt ihre Songs auch zu sentimental & melancholisch und man befürchtet, die Menschen noch mehr zu deprimieren und eben eine negative Auswirkung auf die Kriegsmoral. Doch als man Vera Lynn und ihr Radioprogramm "Sincerely Yours" cancelt, folgt Protest. Alsbald darf sie wieder Grüße aus der Heimat an die Front in den Äther schicken und auch andere ihrer Musikerfolge wieder vortragen: "There’ll Always Be an England" 1940 und "(There’ll Be Bluebirds Over) The White Cliffs of Dover" 1941 - das Lied, welches mir auch nicht aus dem Kopf ging, als ich drei Jahrzehnte später die Klippen von der Fähre aus gesehen habe.

Aber: "No song captured the heartbreak and optimism of Britain at war better than We'll Meet Again", schreibt Marc Savage hier. Und Vera selbst äußert sich später so zu ihrem Erfolg:

"As I saw it, was reminding the boys of what they were really fighting for, the precious, personal things rather than the ideologies and theories."

18 000 Zuschriften erhält sie. Ein Zuhörer schreibt:

"The words of her songs may have been so much sentimental twaddle. But she treated them with as much tenderness as though they were precious old folk, as though they meant something, something that she believed in and assumed that her audience believed in too."  
Im Film "We'll Meet Again"
(1943)

1943 darf sie sogar die Hauptrolle in dem Film "We’ll Meet Again" spielen, der teilweise auf ihr eigenes Leben zurückgreift: Eine schöne junge Tänzerin, Peggy Brown, entdeckt ihre Gabe zum Singen und nutzt ihr Talent dazu, die britische Armee in Europa zu unterhalten.

Dieser 84-minütige Film wird eigentlich mehr oder weniger von einer Reihe von Songs zusammengehalten, die die 26jährige Sängerin darbietet, darunter "Be Like the Kettle and Sing" und "After The Rain". Während einer Hochzeitsszene singt sie gar das "Ave Maria". Der Plot und die Darbietungen sind nicht besonders überzeugend, aber es herrscht eine irgendwie nette Kriegsatmosphäre: So hat Peggys BBC-Chef sein Büro in einem unterirdischen Bunker. Am Ende singt Vera Lynn vor einem echten Militärpublikum ( siehe Eingangs-Video ). Das ist durchaus bewegend, sowohl wegen des Liedes und der Reaktion darauf, als auch wegen des Sinns für solche Momente der Geschichte.

Tatsächlich tritt Vera Lynn auch für die Entertainments National Service Association (ENSA) vor britischen Soldaten an der Front auf, unter anderem in Ägypten, in Indien (Bengalen) und 1944  im umkämpften Burma. Kapitän Sir Tom Moore, Veteran des Zweiten Weltkriegs, der während des Corona-Lockdowns mehr als 32 Millionen Pfund für NHS-Wohltätigkeitsorganisationen gesammelt hat und damit bekannt worden ist, gesteht einmal später: "Sie hatte einen großen Einfluss auf mich in Burma und blieb mir mein ganzes Leben lang wichtig." Für ihre Unterhaltung britischer Einheiten im von Japan besetzten Land wird sie 1985 den Burma Star erhalten. 

Vera erfährt in jener Zeit viel Bewunderung für ihren Mut und ihre Bedürfnislosigkeit während dieser Auftritte ( sie muss z.B. in Grashütten übernachten und - wenn überhaupt - mit Hilfe von Wassereimern duschen ). Für die Soldaten, abgeschnitten von der übrigen Welt, ist ihre Stimme ein Stück England.

1944 hat sie noch einen weiteren Film - "One Exciting Night", aus dem diese Szene stammt:

Nach der Niederlage Nazideutschlands sendet das BBC Variety Department am "Victory in Europe Day" im Mai 1945 eine Siegessendung. Vera ist natürlich dabei neben vielen anderen Entertainern. 

Schon 1941 hat sie den Klarinettisten, Saxophonisten und Mitglied von Ambroses Orchester Harry Lewis geheiratet, der 1950 auch ihr Manager wird. Sie leben zusammen in Ditchling in der Grafschaft East Sussex. Nun ist es Zeit für eine Familienpause: 1946 bringt Vera ihr einziges Kind, ihre Tochter Virginia Penelope Anne, zur Welt. Ende der 1940er Jahre tritt sie dann wieder regelmäßig im Radio auf. Als die BBC 1951 findet, dass ihre Musik nicht mehr zeitgemäß ist, wechselt sie zum englischsprachigen Programm von Radio Luxembourg. 

Mit ihrem Ehemann Harry Lewis

1952 ist sie die erste britische Künstlerin, die mit dem Song "Auf Wiedersehen, Sweetheart" ( nach dem deutschen Titel, der spätestens seit Elvis bekannt, aber erstmals 1950 von Rudi Schuricke gesungen worden ist ) einen Nummer-Eins-Hit in Amerika hat - neun Wochen lang. 

Zwei Jahre später hat sie mit "My Son, My Son" ihre einzige britische Nummer-Eins-Single, von ihr selbst zusammen mit Gordon Melville Rees geschrieben.  Unter die ersten zwölf in UK gelangt sie auch noch mit "The Homing Waltz“ und "Forget-Me-Not".

Auch in den deutschen Charts platziert sie sich mit drei Liedern, u.a. "Sogno d’oro, my Darling" und "Sweetheart my darling my dear" (1959). Unterstützt wird Vera Lynn dabei von Werner Müller und dem Rias Tanzorchester und singt auf Deutsch - letzteres ein kleiner Achtungserfolg!

1960 wechselt Vera nach mehr als 20 Jahren das Plattenlabel, von Decca geht sie zur EMI. Dort veröffentlicht sie Alben mit größtenteils Neuaufnahmen von Jazzstandards wie "As Times Go By" und Unterhaltungsmusik aus der Zeit des 2. Weltkriegs. Für das Musical auf "Blitz!" nimmt sie 1962 "The Day After Tomorrow". Sie steht selbst nicht im Stück auf der Bühne, aber die Darsteller dort hören das Lied im Radio, während sie sich vor den deutschen Bomben schützen. 1967 nimmt sie "It Hurts To Say Goodbye" auf, ein Song, der die Top 10 der "Billboard Easy Listening Charts" erreicht ( ein Titel, den ich dann auch wieder kenne ).

1973
Die populäre Musik ändert sich in dieser Zeit rasant. Doch die Sängerin, inzwischen über 50 Jahre alt, findet immer noch ihr Publikum: 

Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre moderiert sie ihre eigene Varieté-Serie auf BBC1 und ist häufiger Gast bei anderen Varieté-Shows wie 1972 in der "Morecambe & Wise" Weihnachtsshow. Im gleichen Jahr gehört sie zu den Hauptpersonen im BBC-Jubiläumsprogramm "50 Jahre Musik". 1976 moderiert sie wiederum "Ein Jubiläum der Musik" der BBC mit Popmusik-Hits der Jahre 1952-1976 aus Anlass des silbernen Jubiläumsjahres von Königin Elizabeth II. Für den britischen Medienkonzern ITV präsentiert sie 1977 ein Special anlässlich der Neuveröffentlichung ihres Albums "Vera Lynn in Nashville", welches Popsongs der 1960er Jahre und Country-Songs enthält. Stellvertretend sei hier daraus der Titel "For The Good Times" verlinkt.

In den 1980er Jahren nimmt Vera Lynn beim Label Pye Records zwei Alben mit zeitgenössischen Popsongs auf, darunter Coverversionen von Künstlern wie ABBA - so z.B. "Thank You For The Music" - und Barry Manilow. 

1982 veröffentlicht sie die  Single "I Love This Land", geschrieben von André Previn, um das Ende des Falklandkrieges zu markieren - "... die endgültige Bestätigung, falls überhaupt nötig, dass dies eine Übung in Nostalgie für die emotionalen Gewissheiten der Vergangenheit statt einer Begegnung mit den globalen Realitäten der 1980er Jahre" ist, so ein Kritiker damals.

1992
Ihren letzten (geplanten) öffentlichen Auftritt absolviert die nunmehr 78jährige 1995 vor dem Buckingham-Palast anlässlich der Feierlichkeiten zur Erinnerung an den VE-Day, das Kriegsende in Europa. Doch zehn Jahre später taucht sie nochmals bei einem Konzert auf dem Trafalgar Square in London aus Anlass der Feierlichkeiten zum 60. VE-Tag überraschend auf. Sie hält eine Rede, in der sie die Veteranen lobt und die jüngere Generation auffordert, sich immer an deren Opfer zu erinnern, und stimmt ein paar Takte von "We’ll Meet Again" an. Beim 70. VE-Day wie auch beim 75. präsentiert die walisische Sängerin Katherine Jenkins den für die Briten historischen Song, während Vera Lynns Original aus den Kriegsjahren eingeblendet wird.

Die unverwüstliche Künstlerin gelangt mit 92 Jahren mit ihrem Album "We’ll Meet Again – The Very Best of Vera Lynn" 2009 noch einmal auf Platz 1 der britischen Albumcharts und wird damit die älteste lebende Sängerin, die unter den Top 20 gelistet worden ist. Nach einem weiteren Album im Jahr 2014 kommt noch einmal drei Tage vor ihrem einhundertsten Geburtstag eine weitere Neueinspielung mit ihrer Originalstimme heraus. Im April 2020 veröffentlicht sie und die Sängerin Katherine Jenkins während der COVID-19-Pandemie ein Duett von "We’ll Meet Again", dessen Erlös gespendet wird. Sowohl dieses Duett als auch die Originalversion von "We’ll Meet Again" von 1939 anlässlich des 75. Jahrestages des Kriegsendes erreichen im Frühjahr 2020 die britischen Singlecharts - ein weiterer  Altersrekord!

Schon 1976 ist Vera Lynn zur Dame ernannt worden und im Jahr 2000 wird sie nach einer landesweiten Umfrage als die Britin bezeichnet, die den Geist des 20. Jahrhunderts am besten verkörpert.  

Wie sehr Vera Dasein mit Land und Menschen verwoben ist, zeigt auch diese Lichtinstallation zu ihrem 100. Geburtstag:


Die Königin schreibt in ihrer Gratulation: 
"Sie haben uns alle im Krieg und nach dem Krieg erheitert und aufgebaut, und ich bin sicher, dass heute Abend die blauen Vögel von Dover herüberfliegen werden, um Ihnen ein glückliches Jubiläum zu wünschen."
Im Jahr ihres hundertsten Geburtstages ist sie auch die meistverkaufte Künstlerin des Jahres in Großbritannien und überholt damit zeitgenössische Künstlerinnen wie Dua Lipa und Lana del Rey.

Als die Corona - Krise das Land erschüttert hat, greift die Königin dann auch in einer Fernsehansprache im April 2020 die Kriegsbotschaft der Dame Vera Lynn auf und versichert Familien und Freunden, die während der Coronavirus-Pandemie getrennt worden sind: "Wir werden uns wiedersehen."

Vera Lynn als Sängerin überstrahlt also alles, was man sonst so über ihr Leben weiß: 

Schon 1953 gründet sie die Wohltätigkeitsorganisation für Zerebralparese SOS ( "The Stars Organization for Spastics" ) und wird deren Vorsitzende. Der "Vera Lynn Charity Breast Cancer Research Trust" wird 1976 mit als Vorsitzender und späterer Präsidentin ins Leben gerufen. 1992 errichtet sie eine "School for Parents and Handicapped Children", verhilft der Einführung einer neuen Website zur Aufzeichnung von Sozialgeschichten, "The Times of My Life", in den Cabinet War Rooms in London zur Aufmerksamkeit und verfasst eine Autobiografie ( "An einem sonnigen Tag" auf Deutsch, 2009 ). 2009 hat sie auch die British National Party (BNP) des Holocaustleugners Nick Griffin verklagt, weil die "The White Cliffs of Dover" ohne ihre Erlaubnis auf einem Anti-Einwanderungs-Album verwendet hatten. Mit den Ansichten der Partei will sie nicht in Verbindung gebracht werden.

Beispiele für die Rolle, die Vera für das britische Gedächtnis gespielt hat und spielt, ist einmal das 1979er Album von Pink Floyd "The Wall", das ein Lied mit dem Titel "Vera" enthält und das auf IHR Lied anspielt mit dem Text "Erinnert sich hier jemand an Vera Lynn? / Erinnere dich daran, wie sie das sagte / Wir würden uns wieder treffen / An einem sonnigen Tag?". "We’ll Meet Again" dient seinerzeit auch als Intro zu den Live-Auftritten der Band 1980 und 1981. Der gleichnamige Film von 1982 beginnt mit "The Little Boy that Santa Claus Forgot" von Vera Lynn. 

Dann ist da noch das Ende von Stanley Kubricks schwarzer Komödie über die Auslösung des Dritten Weltkriegs und die nukleare Vernichtung der Zivilisation, "Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben" zeigt mehrere Minuten nuklearer Explosionen mit der musikalischen Untermalung durch die 1953er Version von "We’ll Meet Again": 


Und dann gibt es noch eine ( erhaltene ) Dampflokomotiven der WD Austerity 2-10-0-Klasse der North Yorkshire Moors Railway mit dem Namen Dame Vera Lynn und zwei Ferry - Boote für den Woolwich Ferry Service über die Themse.

Aus Anlass ihres 103. Geburtstages veröffentlichtes Foto
Source
Vera Lynn stirbt am 18. Juni 2020 in ihrem Haus in East Sussex im Alter von 103 Jahren. Sie erhält eine militärische Beerdigung am 10. Juli 2020, dem 80. Jahrestag des Beginns der Luftschlacht um England. Ihr Sarg wird in einen Union Jack gehüllt durch ihren Wohnort zum Krematorium gefahren. Hunderte von Menschen säumen die Straßen, während zwei Spitfire - Flieger das Ortszentrum überfliegen.

Unter denen, die der Familie schriftlich Beileid bekunden, ist die Königin, Prinz Charles und die Herzogin von Cornwall, der damalige Premierminister Boris Johnson, Musiker wie Paul McCartney und natürlich Katherine Jenkins. Die BBC unterbricht am Todestag ihr reguläres Programm.

Während ich an diesem Post geschrieben habe, habe ich mich immer gefragt, ob wir in unserem Land eine Künstlerin, einen Künstler haben, dem eine solche Verbundenheit und Verehrung entgegengebracht wird oder wurde, die eine solche Legende ist, die Stimme einer Ära, in der die Zivilisation am Ende schien, die zweitwichtigste Stimme des Landes nach Winston Churchill? Wir scheinen in dieser Hinsicht ganz schön cool zu sein, verglichen mit den Menschen jenseits des Kanals. Mag aber auch sein, da unsere Rolle in dieser Epoche der Geschichte eine eher unrühmliche gewesen ist, dass wir da auch in puncto populäre Musik lieber alles tief vergraben haben. "Es ist immer unangenehm, sich an einen Krieg zu erinnern, den man verloren hat", sagt dazu der Sozialpsychologe Harald Welzer.

Mich hat die Beschäftigung mit dieser Geschichte, dieser Frau, übrigens keineswegs cool gelassen...



8 Kommentare:

  1. Ein tolles Portrait einer Großes erschaffenden Frau, deren Leben wohl reich erfüllt von Gesang und Musik war. Und beim Reinhören in einige Stücke war mir klar, dass mir "We'll Meet Again" auch schon begegnet ist. Ich kann mich für diese von großen Orchestern begleitete Musik durchaus erwärmen. Vera Lynn's Stimme hat tatsächlich diese eigene Art von Wärme, die perfekt mit den Texten und der Musik verschmilzt. Für mich äußerst nachvollziehbar, dass sie mit ihren Songs unzähligen Menschen Hoffnung und Heimatgefühle schenken konnte und dadurch bis zu ihrem Tod höchst angesehen war. Und dass sie auf diese Weise lange Zeit die wichtigste Stimme neben Winston Churchill war.
    Was mich auch beeindruckt, ist ihr soziales Engagement für breit gefächerte Themen. Kein Wunder also, dass sie am Ende ihres so langen Lebens viele Würdigungen erhielt!
    Vielen Dank, liebe Astrid, für ein umfangreiches Portrait und essenzielle weiterführende Links!
    Ich wünsche Dir einen gut verbrachten Tag,
    liebe Grüße, C Stern

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  2. Was für eine imposante Frau, diese leuchtenden Augen.
    Sie erinnert an meine eigene Großmutter, über die ich im nächsten Post erzähle. Sie wurde nie berühmt ... aber sie bleibt meine Heldin, aus vielerlei Hinsicht.

    Liebe Grüßle aus Augsburg von
    Heidrun

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  3. Nein, cool lässt einen das Leben von Vera Lynn nicht. Du hast es sehr ausführlich portraitiert und mir auch die unterschiedlichen Zeiten nahegebracht, in denen sie gewirkt hat.
    Lili Marleen mit Lale Andersen und Marlene Dietrich ist mir dabei immer durch den Kopf gegangen. Wenn es auch nochmals eine ganz eigene Geschichte ist.
    Wie stark Musik wirken kann, haben wir ja auch erst kürzlich in Corona-Zeiten erlebt als Künstler ohne Auftrittschancen ganz neue Formate entwickelt haben und z.B. auf oder vor Balkons oder im Internet Hoffnung durch ihre Musik vermittelt haben.
    Starkes Portrait!
    Herzlichst, Sieglinde

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  4. grossartig diese Biographie eines leuchtenden Talents der damaligen Zeit die ich denke, niemanden kalt lässt,....welch ein Portrait, ihre Stimme begelitet mich durch meinen Vormittag, man kann dir gar nicht genug danken, dass du uns in diesen Genuss gebracht hast...
    lieben Gruß angel...

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  5. Nein, so eine Künstlerin hatten und haben wir nicht. Bezüglich des "einen" Liedes ist mir spontan bei den ersten Sätzen Lale Andersen mit ihrem "Durchhaltelied" denken. Wie unglaublich anders ist doch die Lebensgeschichte. Und es war berührend zu lesen, wie verehrt sie wurde, was für ein Mensch sie aber auch gewesen ist. Jetzt muss ich doch gleich Mal reinhören...
    Danke und liebe Grüße
    Nina

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  6. Da sehe ich doch gerade, dass sie "Lili Marlene" auch auf Englisch tatsächlich gesungen hat
    Das wollte ich doch noch nachträglich dazu schreiben
    LG
    Nina

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  7. von Helga:

    Liebe Astrid,

    welch wundervolles Portrait einer ganz großen Sängerin. Ich bin ganz hin und weg, leider hat der Krieg und die Jahre danach vieles nicht so populär erscheinen lassen können. Es fehlten die vielen Sender und das Television um es besser unter die Menschen bringen zu können. Heute wo wir vieles „to go“ machen und mit diversen Ohrstöpseln unterwegs sind (ich gehöre natürlich nicht dazu), ist viel mehr möglich.
    Danke für den Rückblick auf eine great women allererster Güte.

    Herzlichst Helga

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  8. Danke für dieses so spannende Portrait von Vera Lynn. Ja, die Briten sind sehr verbunden mit ihrer Geschichte, die natürlich auch getragen wird durch solche Musiker*innen und ihre Lieder. Was für ein gesegnetes Alter die Dame erreichen durfte und die Wertschätzung der Bevölkerung bis zuletzt erleben konnte. Was für ein Glück!
    Liebe Grüße
    Andrea

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst! Ich setze allerdings voraus, dass am Ende eines anonymen - also von jemandem ohne Google- Account geposteten - Kommentars ein Name steht. Gehässige, beleidigende, verleumderische bzw. vom Thema abweichende Kommentare werde ich nicht veröffentlichen.

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