Donnerstag, 18. April 2019

Great Women # 178: Tania Blixen

Um es vorneweg zu sagen: Nein, ich habe den Kultfilm der 1980er Jahre  - "Jenseits von Afrika" - nicht gesehen. Mein Favorit war damals  "Babettes Fest". Die Schriftstellerin, die die Vorlagen für diese Filme geliefert hatte, habe ich einmal in einem Sammelband über europäische Autorinnen kennengelernt, als die Frauenbewegung sich daran machte, die wieder ins Gedächtnis zurückzuholen. Verwirrt hat mich, dass diese bemerkenswerte Frau so viele verschiedene Namen hatte: Bei uns in Deutschland ist sie Tania Blixen.



"Es ist stets die Idee des Paradieses, 
auf die es ankommt, 
und wenn eine hinreichend ansprechende Illusion 
erschaffen werden kann, 
folgt die Wirklichkeit von selbst."

Tania Blixen wird am 17. April 1885 als Karen Christence Dinesen geboren, in Rungstedlund, zwanzig Kilometer nördlich von Kopenhagen am Öresund gelegen ( aus ihrem Kinder- und Kosenamen "Tanne" machen Freunde später "Tania" ). Ihr Vater ist Wilhelm Dinesen, Offizier & Schriftsteller und später auch Politiker, ihre Mutter Ingeborg Westenholz. 

Auf dem Herrenhof Katholm in Djursland geboren, ist für Wilhelm Dinesen als zweitgeborenem Sohn eine Karriere als Offizier vorgegeben. Als 18jähriger nimmt er am dänisch-deutschen Krieg, danach am französisch-deutschen Krieg teil und wandert anschließend nach Wisconsin aus, wo er unter den Chippewa lebt und Vater einer Tochter wird. Nach einer weiteren Kriegsteilnahme kauft er, nunmehr 35 Jahre alt, drei dänische Landgüter, darunter auch Rungstedlund, und heiratet zwei Jahre später Ingeborg Westenholz.

Die ist Tochter eines Finanzministers & Staatsrates, der als Großhändler u.a. in London gewesen ist und das Gut Matrup in Horsens gekauft hat, auf dem Ingeborg geboren worden ist. Die Familie ist sehr religiös und hat sich dem Unitarismus verschrieben. Ihr erster Sohn wird die Mutter später beschreiben als den "religiösesten Menschen, die ich je kannte".


Mit der Mutter und der jüngeren Schwester
( ca.1887)
Das Paar bekommt schnell hintereinander drei Töchter: Inger (1883 ), dann Karen/Tania und ein Jahr später Ellen, bevor in einem Abstand von sechs Jahren zwei Söhne - Thomas (1892) und Anders (1894) folgen.

Karen/Tania ist musisch veranlagt, wie auch ihre Schwestern, doch zieht sie es vor, sich sprachlich auszudrücken. Schon die Achtjährige verfasst kleine Gedichte, Märchen, Erzählungen und Schauspiele, die sie mit Geschwistern und Freunden aufführt. Außerdem illustriert sie ihre Werke gerne mit Zeichnungen oder ihre Lieblingsliteratur von Shakespeare und Charles Dickens.

Als sie zehn Jahre alt ist, begeht der Vater, seit 1892 Mitglied im Folketing, in seiner Kopenhagener Wohnung, Suizid, nachdem er die Diagnose Syphilis erhalten hat. Die Vorstellung, als alter, kranker Mann weiterleben zu müssen. scheint ihm unerträglich gewesen zu sein, so will es jedenfalls das Familiennarrativ. Tatsache ist aber auch, dass zu diesem Zeitpunkt eine Geliebte, Anna Rasmussen, von ihm schwanger ist, wo er doch gegenüber seiner Schwiegermutter (!)  ein Treueversprechen in Bezug auf seine Ehefrau abgegeben hat.

Für das Mädchen, das dem Vater sehr nahe steht, ist das ein schwerer Schlag, denn nun ist sie völlig dem streng religiös geprägten Regiment von Mutter, Großmutter, einer Tante und der Hauslehrerin wie dem Kindermädchen ausgesetzt, da sie zu Hause mit ihren Schwestern unterrichtet wird. Ständig werden sie damit  behelligt, "... und zwar mit der größten Sicherheit, über das Gute und das Böse im Leben, über Recht und Unrecht, über Pflichten und Handlungen, sowie über das rechte, passende Wort – sogar über die passenden, die artigen Gedanken." ( Quelle hier ) Der Vater hingegen hat sie dereinst in das wald- und wasserreiche Hinterland von Rungstedlund mitgenommen, er, ein leidenschaftlicher Jäger und Freiluftmensch, aber auch dem Schreiben zugetan, hat er doch 1889 als "Boganis" seine vielgelesenen "Jagdbriefe" veröffentlicht. All das ist jetzt vorbei.

Die drei Schwestern, Tania rechts
Karen/Tania wird als unangepasst, "außerhalb dieses Geistes" stehend von der Mutter erlebt.  Deren Charakter ist geprägt von Verzicht und Pflichttreue, währen die Tochter den Freiheitsdrang, die Risikobereitschaft, ja Abenteuerlust des Vaters geerbt zu haben scheint. Sie wünscht sich in einem Gedicht Flügel, um aus der bedrückenden Enge entfliehen zu können, entwickelt einen Widerstand gegen die streng religiöse Lebensweise der Familie und geht auf Distanz zur Kirche.

1898 verbringt sie mit ihren Schwestern in der Schweiz, wo sie Französisch lernt. Mit 17 Jahren darf sie Zeichenunterricht an einer privaten Zeichenschule in Kopenhagen nehmen und ein Jahr später wird sie sogar an der neueröffneten Kunstschule für Frauen der dänischen Kunstakademie angenommen. Aber sie schreibt und dichtet auch weiterhin, kann sogar einige ihrer Novellen unter dem Pseudonym "Osceola" - der Name des Hundes ihres Vaters - in literarischen Zeitschriften veröffentlichen, allerdings ohne große Resonanz.

1913
1910 dann geht sie mit ihrer Schwester nach Paris, um dort weiteren Malunterricht zu nehmen, aber offenbar ohne großen Erfolg. Das Gesellschaftsleben der Stadt, das doch so viele ihrer Zeitgenossen anzieht und inspiriert, schreibt sie in ihre Tagebuch, habe sie "so leid, dass ich mich übergeben könnte."

Ihre Sommerfrischen verbringt sie gerne bei den väterlichen Verwandten in Skåne in Südschweden. Sie verliebt sich dort in ihren Halbvetter Hans Blixen-Finecke, einen verwegenen Reiter. Aber der zeigt keine Gegenliebe, im Gegensatz zu seinem Zwillingsbruder Bror.

Schließlich akzeptiert Tania die Avancen des jungen Barons, und zur Überraschung der Familie verloben sie sich Weihnachten 1912. Keine erste Wahl, aber die Chance für sie, der Familie endlich zu entfliehen! Und eine Allianz auf Gegenseitigkeit, denn der auf großem Fuß lebende Bror braucht das Geld, das Tania mit in die Ehe bringt.

Ein gemeinsamer Onkel, der sein Glück in Siam gemacht hat, redet dem Paar ein, dass sie nach Kenia gehen sollten, um eine Farm aufzubauen. Er unterstützt das ganze Unternehmen sogar zusammen mit Tanias Mutter mit 150 000 Dänischen Kronen. Zu Beginn des Jahres 1913 reist Bror Blixen-Finecke nach Kenia. Tania folgt ihm dann im Dezember per Schiff von Neapel nach Mombasa, der Hafenstadt des Protektorats Britisch-Ostafrika, wo sie am 14. Januar 1914 heiraten. Blixen hat da schon die erste, für Viehzucht eingerichtete Farm weiterverkauft und eine neue, die "Swedo-African Coffee Company" in M'Bagathi, in der "Great Lakes area" erworben

Später wird Tania über diesen Lebensabschnitt schreiben, dass sie "in eine Vita Nuova" gereist sei, "in das, was für mich mein wirkliches Leben wurde". Wie sehr diese zweite Menschwerdung nicht nur reines Glück gewesen ist, wie es ihr späterer Roman eher suggeriert, wird aus den nach ihrem Tod veröffentlichten Briefen erkennbar:

Wahrscheinlich infiziert ihr Mann, der nicht nur ruchlos mit dem Geld ihrer Familie ( "Ich glaube, Blix war der einzige Mensch auf der Welt, der ernsthaft glaubte, eine Rechnung sei bezahlt, wenn er sie unterschrieb." ) , sondern auch mit der ehelichen Treue umgeht, sie bald nach der Hochzeit mit Syphilis. Die wird zwar früh erkannt und teils durch Quecksilber-, teils durch Salvarsanbehandlungen im dänischen Reichshospital im zweiten Stadium aufgehalten werden, womit das Risiko von Ansteckung und eine Schädigung des Gehirns gestoppt wird. Aber das Rückenmark wird angegriffen, so dass Tania zeitlebens an außerordentlich schmerzhaften Anfällen von Magen- und Darmkrämpfen leiden wird. Da die Behandlung weitestgehend in Dänemark durchgeführt wird, bedeutet dass, dass Tania den wahren Charakter ihrer Krankheit vor ihrer Familie verbergen muss. Ihr Bruder Thomas Dinesen, ihr engster Vertrauter in der Familie & Adressat von vielen ihrer Briefe aus Afrika, wird erst 1926 aufgeklärt.

Die Kaffeeplantage - vom hauptsächlichen Geldgeber Aage Westerholz in "The Karen Coffee Company" nach dessen Tochter Karen benannt - , ist bald in größeren Schwierigkeiten durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges und die Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Briten, was eine Minimierung der Plantagenarbeiter und Versorgungsengpässe verursacht. Nichtsdestotrotz kauft die Gesellschaft 1916 eine größere Plantage in M'Bogani, am Fuße der Ngong-Berge, unweit Nairobi,  Zum Besitz gehören 6000 Hektar Land, 600 für die Kaffeepflanzung, 3400 als Weideland für die indigene Bevölkerung und 2000 Hektar bedeckt unberührter Urwald.

M'Bogani
Die Farm erweist sich als wirtschaftliches Desaster: Die Lage, 2000 Meter über dem Meer, ist für den Kaffeeanbau schwierig; Dürrezeiten verderben die ohnehin kärglichen Ernten, Überschwemmungen, Heuschreckeninvasionen, Epidemien unter den Farmarbeitern, ein Großbrand in der Kaffeeaufbereitung – jedes Jahr bringt neue Katastrophen!

Mehr als tausend Menschen leben und arbeiten auf der Blixen-Farm, die ihnen medizinische Versorgung und eine Schule, auch für Erwachsene, bietet. Die "Baroness Blixen" ist eine eher ungewöhnlich Kolonialherrin, die dennoch hinter dem "Konzept einer herrschenden Klasse" steht. Unterstützt wird sie von einem Somali, der ihr Vertrauter wird und ihr beisteht, als ihr Mann immer mehr der Farm fern bleibt, auf Safari geht oder sich in Nairobi auf andere Abenteuer begibt.

Im Januar 1921 verlässt der Baron Blixen seine Frau endgültig. Nachdem der Onkel drei Monate die Farm inspiziert hat, ernennt er seine Nichte anstelle ihres Ehemanns zur Managerin. Obwohl die Farm nicht rentabel ist, mag Tania sie nicht aufgeben:
"Unsere eigentliche Not war der Mangel an Kapital; es war in der Anfangszeit vertan worden, ehe ich die Leitung der Farm übernahm. Wir konnten keine grundlegenden Verbesserungen vornehmen und mussten von der Hand in den Mund leben. Es ist eine schwere Bürde, eine Farm allein auf seinen Schultern zu tragen. Meine schwarzen und sogar die weißen Angestellten überließen mir die ganze Angst und Sorge um ihr Geschick, und zuweilen schien mir’s, dass auch die Ochsen der Farm und die Kaffeebäume das gleiche taten. Es war, als wären sie miteinander übereingekommen, alle die redenden und stummen Geschöpfe, dass ich schuld war, wenn der Regen sich verspätete und die Nächte kalt waren."
Eine Scheidung von Bror von Blixen wird 1922 beantragt. Völlig verschwindet er nicht aus ihrem Leben. Eine Zeitlang lebt er auf der Flucht vor Gläubigern in einem benachbarten Massai-Reservat. Später organisiert er gegen Honorar Safaris für wohlhabende Jäger von M'Bogani aus.

1922 fotografiert von ihrem Bruder Thomas
Damals schon besteht auf Tanias Seite eine leidenschaftliche Liebesbeziehung zu dem Engländer Denys ("Tiny") Finch Hatton, ein wohlhabender Brite, Eton-Schüler, Oxford-Absolvent, Abenteurer, Kunstliebhaber, Genießer, den sie 1918 kennengelernt hat. Eine feste Verbindung kommt für ihn, der Ansprüche und Verpflichtungen scheut, aber nicht in Frage, schon gar keine Ehe. Tania aber wünscht sich Kinder. 1925 zieht Denys Hatton dennoch bei ihr ein und zieht die professionelle Großwildsafari in ganz Ostafrika auf, um Geld zu verdienen ( im November 1928 ist der britische Thronfolger Prinz Eduard VIII. zu Gast auf der Farm ). Drei Mal wird Tania von ihrem Geliebten schwanger und erleidet immer eine Fehlgeburt.

Die unterschiedlichen Lebensentwürfe der Beiden führen dazu, dass Tania sehr viel allein ist. Und sie tut, was sie immer gerne getan hat: Sie schreibt. Ihrem Bruder teilt sie mit, dass sie ein Buch auf Englisch begonnen hat. Schon Anfang 1924 hat sie ein Essay angefangen über die "Moderne Ehe", in dem sie propagiert, die freie Liebe "mit mehr Würde und Schönheit zu praktizieren". Nun sind es Erzählungen.

1934
1929 dann die Trennung von Denys Hatton. Der kommt im Mai 1931 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben und wird allerdings von Tania in den Ngong Hills begraben. Die sitzt da praktisch schon auf gepackten Koffern: Das Leben auf Pump macht ihr ihre Familie nicht weiter möglich, denn infolge der Weltwirtschaftskrise fällt der Kaffeepreis ins Bodenlose,. Die Farm wird zwangsversteigert. Der neue Besitzer bietet ihr zwar an, weiter im Haus wohnen zu bleiben, aber das ist undenkbar für Tania!

Da kehrt sie lieber, auch von der Krankheit gezeichnet, nach Dänemark in die gefürchtete Gemütlichkeit ihres Elternhauses zurück. Dort beginnt sie, "um mich abzulenken, zu schreiben, wie ich es in der Regenzeit auch schon in Kenia hie und da getan hatte ... Was blieb mir denn, ich hatte nichts gelernt und außerdem kein Geld". Sie muss feststellen, dass sie den Maßstäben, die an eine Frau der Oberschicht in der damaligen Zeit gestellt werden, nicht gerecht werden kann. Es zählt einfach nicht, dass sie in Afrika eine riesige Farm gemanagt hat. Ein Dasein außerhalb der Norm ist das Einzige, was ihr bleibt. Immerhin kann sie im mütterlichen Haushalt durchsetzen, dass von nun an jegliche Störung ihrer schriftstellerischen Arbeit zu unterbleiben hat.

Source
"Mitte April 1934 erschien im Verlag Harrison Smith and Robert Haas, New York, ein Band mit Geschichten: Seven Gothic Tales. Den Namen des Autors, Isak Dinesen, kannte niemand, doch das Buch hatte Erfolg, beim Publikum wie bei der Kritik, und wurde zum Book of the Month gekürt. Daß die Geschichten von einem Skandinavier, womöglich von einem Dänen stammten, war leicht zu mutmaßen; am 30. April veröffentlichte die Kopenhagener Tageszeitung Politiken eine bewundernd-zustimmende Besprechung aus der Feder des Lyrikers und Romanciers Tom Kristensen, und tags darauf war einem Interview in demselben Blatt zu entnehmen, daß man es nicht mit einem Dänen, sondern einer Dänin zu tun hatte, mit der geschiedenen Baronin Karen Blixen-Finecke, die damals neunundvierzig Jahre alt war", schreibt Hans Grössel dazu in der "Zeit"
Nach dem Erstlingserfolg - 1935 kommen die Erzählungen dann auch in Dänemark heraus - schreibt Tania noch viele weitere Erzählungen. Ihr Erinnerungsbuch "Den afrikanske farm" ( "Afrika – dunkel lockende Welt" in der Ausgabe von 1938 bzw. 1954, "Die afrikanische Farm" 1989 ) erscheint im Oktober 1937 in Dänemark, im selben Jahr in London ( "Out of Africa" ) und im darauf folgenden Jahr in den USA, wo es wieder zum "Buch des Monats" gewählt wird.

In Dänemark ist "Den afrikanske farm" das beliebteste Werk der Schriftstellerin. Schon zu ihren Lebzeiten verkauft es sich mehr als drei Mal so oft wie jedes andere Buch von ihr. Ihre übrigen Geschichten und Erzählungen mit dänischem Hintergrund hingegen werden nie Bestseller in ihrem Heimatland  -  ein Paradox.

"Out of Africa" hat diesen erzählerisch und atmosphärisch dichten Ton, den u.a. Ernest Hemingway an Tania Blixen schätzt. Der hält sie sogar für  nobelpreiswürdiger als sich selbst - immerhin wird sie auch zweimal nominiert. Mit Hemingway hat sie gemeinsam, dass sie mittels Literatur einen Mythos schafft, indem sie den "schwarzen Kontinent" so verlockend, wild und faszinierend beschreibt, dass er zu einer Metapher für Freiheit & für die Harmonie zwischen Natur und Kultur wird. Ihr gelingt ein sehr subjektives Porträt, das die Vermarktung Afrikas beklagt und einen Abgesang auf die Idylle dort und die Natürlichkeit formuliert. Widersprüche zwischen Einfühlung und Überheblichkeit gibt es aber zuhauf in diesem Werk.

1942
Anfang 1939 stirbt die Mutter, mit Mitte fünfzig erbt Tania den Hof, ist plötzlich finanziell unabhängig und erlebt ihren weltweiten Durchbruch. Während der Besatzung Dänemarks durch die Nazis kommen 1942 die "Winter's Tales" ("Wintererzählungen") heraus, die am ehesten in der literarischen Tradition Dänemarks stehen, 1944 erscheint ihr zweiter Roman "Die Rache der Engel", unter dem Pseudonym Pierre Andrezel, eine Allegorie auf den Untergang der Naziherrschaft.

Ihre anderen Erzählungen spielen oft im 19. Jahrhundert und erzählen vom Verfall feudaler Gesellschaften, von Dekadenz, von Außenseitern, Helden und exzeptionellen Menschen. Die Wahl ihrer Themen und ihre Erzählweise ist dabei immer auf Abstand zu den aktuellen Problemen der dänischen Gesellschaft - keine spielt im 20. Jahrhundert! - vielleicht ein Grund für die doch so geringe Zahl ihrer Leser, was zu einer lebenslangen Enttäuschung bei der Schriftstellerin beiträgt. In einem Fernsehinterview erklärt sie ihre Gründe für solch eine Festlegung: "Mit der Vergangenheit stehe ich vor einer geschlossenen Welt, die in all ihren Bestandteilen vollendet ist, und deshalb kann ich sie in meiner Phantasie leichter umformen." Auch in Deutschland kommt ihre Art des Erzählens nicht  so an, während Tania ( als Isak Dinesen ) sich in den Vereinigten Staaten vom ersten Buch an durchgesetzt und ihren Weg in die Weltliteratur genommen hat.

Erst bei den "Schicksalsanekdoten" -  1958 unter dem Titel "Anecdotes of Destiny" zuerst in New York erschienen, in Deutschland 1960 bei S. Fischer - ist der Weltruhm offenbar auch bis in die Bundesrepublik gedrungen und die Zurückhaltung verflogen.

In ihrem zweiten Leben als erfolgreiche Schriftstellerin gilt Tania Blixen als eine etwas exaltierte und exzentrische ältere Dame, durchaus elegant gekleidet ( wobei die Turbane und Tücher nur den Haarausfall verdecken sollen ) und in ihrem Hause umgeben von jungen Leuten, die ihr Wohnzimmer als literarischen Salon nutzen. Dort werden auch die Radiosendungen aufgenommen, die in den 1950er Jahren mit ihr ausgestrahlt werden.

Source
Die letzten sieben Jahre ihres Lebens sind geprägt von ihren Leiden, die sie auch am Schreiben hindern. Immer wieder kommt sie ins Krankenhaus wegen Dehydrierung und Unterernährung. Die Gründe für ihre Erkrankungen sind bis heute Gegenstand von Forschungen und reichen von der Vergiftung durch Metalle über Medikamentenmissbrauch bis zur Magersucht und psychosomatischen Störungen. Vielleicht, so eine Expertin, die ihre Krankenakte untersucht hat, hat Tania Blixen ihr Kranksein auch nur benutzt, um ihre persönliche Legende zu schaffen.

Sehr viel lebendiger schaut sie auf den diversen Fotos ihrer letzten Reise nach Amerika 1959 aus.

1961
Dort trifft sie unter anderem in Nyack-on-Hudson die Schriftstellerin Carson McCullers, Arthur Miller und dessen Ehefrau Marilyn Monroe. Tania Blixen: "Wir hatten eine riesig vergnügliche Unterhaltung über Jugend, Alter und Teenager... Marilyn Monroe ist ganz unwiderstehlich. Sie ist nicht so hübsch, wie ich gedacht hatte ..." Das erzählt sie dem Reporter der "Berlingske Tidende".

Das Erzählen guter Geschichten scheint sie bis zum Schluss zu mögen, als sie nur noch 35 Kilo wiegt und am 7. September 1962 in Rungstedlund verstirbt. Dort im Park wird sie unter einem großen Baum begraben, ebenso eine kleine Kiste mit Erde von ihrer afrikanischen Farm.

Vor ihrem Tod hat Tania dafür gesorgt, dass ihr Haus eine Stiftung wird. Noch zu ihren Lebzeiten mussten aufwändige Renovierungsmaßnahmen ergriffen werden, so dass die Stiftung bei ihrem Tod hoch verschuldet ist. Die Verfilmung von "Out of Africa" 1985, mit einem Oscar gekrönt, befördert den erneuten Verkauf ihrer Bücher und verschafft der Stiftung genug Geld, um 1991 endlich das Karen- Blixen-Museum zu eröffnen.

Nach ihrem Tod wird Kenia 1963 von Großbritannien unabhängig. Die dänische Regierung kauft das Haus Tania Blixens in Afrika und schenkt es im gleichen Jahr dem jungen Staat. Auch dieses Haus steht seit 1986 Besuchern als Museum offen.

Diesen Post widme ich all den Dänemark - Liebhaberinnen unter meinen Leserinnen...


13 Kommentare:

  1. Wie schön, dass Du an die Dänemark-Liebhaberinnen denkst!
    Dieses Jahr werde ich Rungstedlund besuchen, wohnen wir doch ganz in der Nähe im Sommer-Urlaub. Bin schon gespannt auf diesen Ort.
    Von Tania Blixen habe ich leider nur die Filme gesehen und nix gelesen... Asche auf mein Haupt. (Aber Babettes Fest war genial verfilmt. Haben wir auf Video und erst vor ein paar Wochen wieder angesehen.)
    Auf jeden Fall eine höchst bemerkenswerte Frau und ich freue mich, sie hier bei Dir zu finden. Diese Mischung aus sich anpassen müssen und höchst empanzipiert sein, finde ich besonders faszinierend.
    Danke fürs Vorstellen und in Erinnung bringen. Werde mir entsprechende Lektüre mit nach Dänemark nehmen...
    Schönen Gründonnerstag wünsche ich Dir,
    Sieglinde

    AntwortenLöschen
  2. Oh ja, Dänemark und Tania Blixen. Was für eine Frau. Und Dänemark war uns viele Male ein Ort zum Ausruhen und wirklichen Zu-uns Kommen. Leider habe ich es nicht geschafft, das Museum der Stiftung zu sehen. Aber ich kenne alle Bücher und Filme, wunderbar! Herzlich, Sunni

    AntwortenLöschen
  3. Noch ein Grund, irgendwann einmal nach Dänemark zu reisen. Von Tania/Karen Blixen wusste ich schon einiges, aber du hast es wieder so wunderbar aufgefrischt, ergänzt, hinterfüttert und zum Genuss gemacht.
    Liebe Grüße
    Andrea

    AntwortenLöschen
  4. ein weitergeleiteter Kommentar von meiner Mama:

    Oh ja liebe Astrid,

    Tania, Karen Blixen alias Meryl Streep, welch ein Begriff. Über ihr Leben jenseits des Filmes, wußte ich bis dato noch nichts. Schön nun von Dir zu erfahren was sonst noch geschah. Danke und frohe Osterfeiertage wünscht Dir die Helga

    AntwortenLöschen
  5. Ich liebe generell Europas Norden und zähle mich deshalb einfach als Zielgruppe dazu ;-) Wunderbar und bewegend Babette im pietistischen Umfeld und wie sie es ein Mal schafft diese Menschen aus ihrer pietistischen Verkrustung herauszuholen. Stéphane Audran in der Rolle der Babette, perfekt!
    Perfekt auch, dass du gerade heute diesen Blogpost herausbrachtest. Damit hast du indirekt das Vorankommen meiner Baustelle gefördert. Danke.
    Dass Tania Blixens Geschichten in Dänemark eher geringen Erfolg hatten, war mir nicht bekannt, wie noch ein paar andere Informationen, die du wieder für uns recherchiert hast. Danke.
    Mit vielen Grüßen,
    Karin

    AntwortenLöschen
  6. du bist so süß!! ich fühle mich direkt angesprochen!! zweimal war ich schon in rungstedlund und verzaubert vom haus und dem garten. ich glaube, sie hat verfügt, dass immer besondere blumensträuße im haus stehen sollen. dafür hatte sie selbst ja ein händchen (ich habe manchmal bei deinen sträußen daran gedacht!!) und hat ihre zimmer immer wundervoll damit dekoriert und z.t. diese sträuße dann auch gemalt. das museum ist auch sehr interessant und lohnt auf jeden fall einen besuch. zwischen rungstedlund und dem öresund verläuft heute allerdings eine recht viel befahrene straße, sodass die idylle nicht mehr so ganz vorhanden ist wie zu der zeit, als sie dort lebte.
    ich habe zwei ihrer bücher gelesen. den film "jenseits von afrika" mochte ich auch sehr, auch wenn er verkitscht ist und nicht den wahren begebenheiten entspricht, aber meryl streep ist in karens (ha, ich nenne sie karen!) rolle einfach wunderbar. na, und robert redford... immerhin bin ich durch den film an ihre bücher gekommen und so auch nach rungstedlund.
    danke für den ausführlichen beitrag. ich wusste das meiste schon, aber es war spannend nochmal alle zusammenhänge in einem beitrag zu finden.
    liebe grüße
    mano

    AntwortenLöschen
  7. Liebe Astrid,
    ach, was hab ich den Film geliebt! (... ist auch schon wieder ein paar Tage alt...) Robert Redford und Klaus Brandauer mit der wunderbaren Meryl Streep, die Kulisse der atemberaubenden Landschaft... schmacht!
    Leider habe ich mich nie mit Tania Blixen beschäftigt, der Fim ist mir aber bis heute im Gedächtnis...auch die Musik...
    Den Begriff "Unitarismus" habe ich gleich mal gegoogelt... Danke an's Erinnern und die vielen Informationen!
    Schöne Ostertage
    Marita

    AntwortenLöschen
  8. oh ja, das war ein ires Leben. Danke für Deinen Bericht! Ich habe diverses von ihr gelesen, genauso über sie, sie war schillernd und eine fessendle Erzählerin. Rungstedlund habe ich nie besucht, hm, Dänemark müsste man mal wieder bereisen, grins. ich winke Ostergrüße, Eva

    AntwortenLöschen
  9. Eine Bekannte hast du mir wieder sehr nahegerückt. Ich habe irgendwann vor langer Zeit mal was Längeres über ihre Lebensgeschichte gelesen und fand das so spannend, woe sie sich so durchschlug... Afrika, wollte ich immer hin. Erledigt hat es die Tochter mit einem Praktikum in einem Urwaldhospital in Kamerun. Ganz liebe Grüße und ein schönes Osterfest 💚 - Ghislana

    AntwortenLöschen
  10. Liebe Astrid,
    Habe heute durch Zufall deinen wunderbaren Bericht über Tania Blixen auf deinem Blog gelesen.
    Für mich zählt sie zu den ganz besonderen Frauen, und ihre Bücher und ihre Lebensgeschichte faszinieren mich.
    Ich habe vor zwei Jahren das Museum besucht, während einer Städtereise nach Kopenhagen.
    Dort wollte ich unbedingt hin und war sehr begeistert. Sogar mein Mann war ganz angetan von ihrer Lebensgeschichte.
    Schön, dass du die Erinnerungen an diese Reise für mich mit deinem Bericht wieder aufgefrischt hast.
    Liebe Grüße Manuela

    AntwortenLöschen
  11. Köstlich wie kurzweilig zu lesen, liebe Astrid. Tania alias Karen Blixen verkörpert durch Meryl Streep imponiert, gleichzeitig lassen verschiedene Szenen ahnen was es hieß zu dieser Epoche Frau gewesen zu sein.

    Mut, den wir Dank solcher starker Frauen heute in mannigfaltigen Rechten für uns ernten dürfen.

    Danke für dieses Lebensbild von Baronin Blixen. Die berühmten Sätze prägten sich mir ein
    „Ich weiß ein Lied von Afrika, dachte ich, von den Giraffen und vom afrikanischen Neumond, der auf dem Rücken liegt, von den Pflügen auf dem Acker und von den verschwitzten Gesichtern der Kaffeepflücker. Weiß Afrika auch ein Lied von mir? Zittert die Luft über der Steppe jemals in einer Farbe, die ich an mir hatte, spielen die Kinder ein Spiel, in dem mein Name vorkommt, wirft der Vollmond einen Schatten auf die kiesbestreute Einfahrt des Hauses, der dem meinen gleicht? Halten die Adler von Ngong nach mir Ausschau?“

    Himmelblaue Grüße zum Wochenende von Heidrun

    AntwortenLöschen
  12. dass ich die Lebensgeschichte von Tania Blixen damals übersehen weil deine Seite wahrscheinlich für mich nicht so bekannt war, verzeihst du mir hoffentlich. wahrscheinlich kam mir auch die schlimme Diagnose meiner
    ererbten Herzgeschichte und die anschließende OP dazwischen.
    Die Lebensgeschichte Tania Blixens liest sich phantastisch und der Film Jenseits von Afrika erzählt mit Merryl Streep, Robert Redford und Klaus Brandauer ihr damaliges Leben, ihre Sehnsüchte und Wünsche was Partnerschaften angeht, ihre Erkrankung und ihr Ende in dieser Kulisse Afrikas in beeindruckender Weise, ich weiß noch, damals hab ich wie ein Schlosshund geheult und fand die Musik und die Bilder zum Film wunderschön.
    Er ist mir lange im Gedächtnis geblieben.
    Dass du heute ihre Lebensgeschichte und ihren Werdegang so wunderbar aufzeichnest mit einem Füllhorn an Informationen über die damalige Kolonialzeit ist ein Erlebnis für das ich dir herzlich danke...
    liebe Grüße - " gefunden" habe ich's durch den heutigen Beitrag den Tina zum Buch schrieb..angel

    AntwortenLöschen

Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst! Es wäre schön, wenn ein Name am Ende des Kommentars stehen würde.

Eine Kommentar - Moderation behalte ich mir vor.

Mit dem Abschicken deines Kommentars akzeptierst du, dass dieser und die personenbezogenen Daten, die mit ihm verbunden sind (z.B. User- oder Klarname, verknüpftes Profil auf Google/ Wordpress) an Google-Server übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhältst du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.