"Den Älteren unter uns ist sie noch gut in Erinnerung: Die elegante, selbstbewusste und streitbare Journalistin Franca Magnani, die über Jahrzehnte hinweg die Berichterstattung über Italien im deutschen Fernsehen prägte", schreibt Almut Irmscher an dieser Stelle. Und da ich zu den Älteren gehöre ( und zu jener Zeit noch begeisterte Fernsehguckerin war ), ist mir die italienische Journalistin mit ihrem Deutsch mit leichtem Einschlag an Schwyzerdütsch und dem charmant rollenden R, ein Begriff. Sie war in der ARD jahrelang das "Gesicht Italiens"- bevor der Bayerische Rundfunk sie hinauswarf.
Am 29. Oktober hatte sich ihr Todestag zum zwanzigsten Mal gejährt - etwas verspätet widme ich ihr meinen heutigen Post.
Franca Magnani erblickt als Franca Schiavetti am 31. Juli 1925 in Rom das Licht der Welt. Ihr Vater, Fernando Schiavetti, im Ersten Weltkrieg „mehrfach verwundeter und ausgezeichneter Kriegsfreiwilliger und Leutnant der Alpini“, Lehrer & Journalist, ist zum Zeitpunkt ihrer Geburt Sekretär der republikanischen Partei und Chefredakteur der römischen Parteizeitung „Voce Repubblicana“, ihre Mutter Giulia Bondanini, die mit Fernando seit 1918 verheiratet ist. Seit in Italien die Faschisten unter Benito Mussolini an der Macht sind (1922), gerät der Vater zunehmend politisch unter Druck.
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1926, als Franca kaum ein Jahr alt ist, muss ihr Vater, nachdem er von faschistischen Banden überfallen worden ist, Italien verlassen und ins Exil nach Frankreich gehen. Seine Frau folgt ihm heimlich mit der älteren Tochter Annarella nach. Franca wird von den Eltern für eine Flucht für zu klein befunden und beim Großvater mütterlicherseits - Chino Bondanini - in Todi ( Umbrien ) zurückgelassen. Der Großvater väterlicherseits Ercole Schiavetti arbeitet übrigens als Polizeipräsident für das faschistische System - ein politischer Riss geht also auch durch diese Familie ( der sich anlässlich eines Besuches bei diesen Großeltern im Jahre 1933 bei der achtjährigen Franca nachhaltig auswirken wird ).
Das Ehepaar Schiavetti gelangt nach Marseille, wo der Vater sich dann als Gelegenheitsarbeiter, Drucker und Lastwagenfahrer durchschlägt.
Als Franca drei Jahre alt ist, wird sie von Chino Bondanini zu ihren Eltern gebracht. Die Trennung vom geschätzten Opa empfindet das Kind als große Erschütterung. Und der Vater ist empört, weil der Großvater Mussolini selbst um die Genehmigung ersucht hat, das Kind seinen Eltern bringen zu dürfen: „Das verzeihe ich Ihnen nie, dass Sie dem Duce Gelegenheit gegeben haben, sich großzügig zu zeigen“, soll er gesagt haben.
Franca wächst ab da in den unruhigen und aufregenden Verhältnissen der Emigration auf, geprägt von den politischen Entwicklungen jener Zeit in Europa. Im Domizil ihrer Eltern finden sich italienische Sozialisten & Kommunisten ein, die ebenfalls im Exil leben, und am gemeinsamen Tisch werden gesellschaftliche & soziale Themen erörtert, bei denen der Vater sich sehr überzeugt von sozialistischen Idealen zeigt:
"Stets wurde über Frauen und Männer geredet, die ihren Überzeugungen und Idealen treu blieben und sich nicht durch Schmeicheleien und Drohungen beirren ließen, wenn es gilt eine Aufgabe zu erfüllen oder eine Meinung zu vertreten", wird sie sich später in "Eine italienische Familie" erinnern.
Diese politischen Diskussionen, die alltags in der Familie stattfinden, prägen das Kind. Sie lernt auch viele Politiker kennen ( u.a. Sandro Pertini, der spätere Staatspräsident Italiens ), die im demokratischen Italien nach dem Krieg Bedeutung erlangen werden.
1931 verliert der Vater seine Arbeit als Lastwagenfahrer in Marseille, so dass die Familie 1932 nach Zürich weiterzieht, wo er auf Gelegenheitsarbeiten nicht angewiesen ist, sondern als Sprachlehrer bei der Berlitz School arbeiten & ein bescheidenes Auskommen finden kann ( die Schweiz erlaubt dem Exilanten aber auch nur diese Lehrtätigkeit ). Bald übernimmt er auch die Leitung der neu gegründeten "Scuola libera italiana", der demokratischen Antwort auf die faschistische Schule der italienischen Regierung in der Casa d'Italia in Zürich. Beide Eltern Francas unterrichten an dieser Schule bis 1945. Gleichzeitig gibt der Vater Kurse für Emigranten in Arbeiterkultur und ist Mitarbeiter der Zeitung "Libera Stampa". Im November 1943 gründet er mit anderen Antifaschisten die "Federazione delle colonie libere italiane" in der Schweiz.
Franca hat bereits in Marseille die Schule besucht und setzt ihre schulische Ausbildung in Zürich unter anderem in der "Scuola libera italiana" fort. Über das Schweizer Exil berichtet sie später, dass sie einen Kulturschock erlitten hat, denn eine derart geordnete Welt hat sie bis dato nicht erfahren. Sie lernt Schwyzerdütsch, aber auch Schweizer Tugenden wie Ordnung und Pünktlichkeit und so wichtige Dinge wie „das Tragen von Filzpantoffeln in der guten Stube“ oder wann Teppiche ausgeklopft werden dürfen.
Anders als in Marseille werden in der Schweiz die italienischen Exilanten strikt kontrolliert und beargwöhnt. Trotzdem entwickelt sich in Zürich ein aktives Zentrum des italienischen Antifaschismus mit vitaler eigener Infrastruktur im ( heute noch existierenden ) Restaurant „Cooperativo“, genannt „Coopi“. Und auch die Wohnung der Schiavettos ist wieder ein wichtiger Treffpunkt & Hort des politischen Austausches.
Von ihrem Vater lernt Franca die tägliche Lektüre verschiedenster Zeitungen schätzen und im Zürcher Schauspielhaus inspiriert sie das Theater, das vor allem durch die hochkarätigen deutschen Exilanten wie Therese Giehse u.a. geprägt wird. Bei diesen Besuchen wird die junge Franca vom sieben Jahre älteren Philosophiestudenten und späteren Dr. phil. Arnold Künzli begleitet, Antifaschist wie die Schiavettis, den sie als Neunzehnjährige 1944 schließlich heiratet. Doch die Ehe wird nicht von Dauer sein, denn Franca fühlt sich stets "unter Kuratel": Sie ist "aus der Obhut meines Vaters direkt in die meines Mannes übergegangen".
Mit Arnold Künzli geht sie nach dem Krieg zunächst nach Rom zurück. 1947 folgt sie ihm, dem Auslandskorrespondenten der Basler "National- Zeitung", nach London. Über ihren London - Aufenthalt ( von dem sie sehr angetan ist ) schreibt sie Artikel, die ihr Vater, inzwischen Chefredakteur einer Zeitung in Bologna, dort veröffentlicht. 1949 begleitet sie den Ehemann dann nach Bonn und publiziert Artikel über den deutschen Regierungssitz in der Schweizer Illustrierte "Annabelle" sowie in der "Weltwoche".
Journalismus als Beruf habe sie sich nicht ausgesucht, wird sie später sagen: "Ich wurde hinein geboren." Auch das Interesse an der Politik, ihren klaren analytischen Blick für Italiens Gesellschaft und ihren Instinkt für die Bewertung von Politpersönlichkeiten muss sie nicht erlernen. Ihre besondere Biografie hat ihr zu diesen Fähigkeiten verholfen.
1951 erfolgt die Trennung von Künzli. 1952 wird die Ehe in der Schweiz geschieden.
Bereits 1947 hat Franca einen italienischen Kommunisten kennen & lieben gelernt, der während des Krieges im Untergrund in Jugoslawien im Widerstand gegen Hitler-Deutschland gekämpft hat: Valdo Magnani. 1953 heiraten sie und bekommen zwei gemeinsame Kinder, Marco (1953) und Sabina (1955).
Freilich ist das Leben mit dem eigenwilligen, unabhängigen Denker, der sich zur offiziellen Linie der Kommunistischen Partei Italiens quer legt, nicht nur Sonnenschein: Nachdem Valdo Magnani 1951 den Stalinismus in der Sowjetunion angeprangert hat, wird er prompt aus der Partei ausgeschlossen. Selbst die Eltern Schiavetti stellen sich gegen Francas Ehemann. Der Vater schreibt als Journalist eisige Kommentare gegen den Schwiegersohn. Für Franca beginnt "die Emigration im eigenen Land".
Als ihre Mutter 1955 an Magenkrebs stirbt, ist ihr Ehemann beim Begräbnis ausdrücklich nicht erwünscht. Auch der ( nichtkommunistische ) Vater Schiavetti, ein Mann mit Prinzipien, beugt sich in diesem Fall dem Druck der Verhältnisse in der damals starken italienischen Linken. Erst 1956, nach einer eine Rede Chruschtschows, in der Valdo Magnanis Urteil bestätigt wird, kommt es zu einer Beilegung des familiären Konflikts.
In jener Zeit konzentriert sich Franca ausschließlich auf ihre Familie, und ihre journalistische Stimme verstummt. Doch Anfang der Sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts meldet sie sich zurück: Zunächst verfasst sie Artikel für den "Vorwärts" der deutschen SPD sowie das Schweizer Wochenblatt "Die Tat". Schließlich wird sie Auslandskorrespondentin des deutschen Fernsehens, und ab 1964 berichtet sie dann aus dem ARD-Studio Rom besonders engagiert für die "kleinen Leute", Minderheiten, Frauen, immer fundiert und durchaus nicht politisch gefällig oder harmlos. Von nun an liefert sie alljährlich bis zu 100 Berichte über die Politik und die Gesellschaft Italiens.
Sie ist die erste Auslandskorrespondentin im deutschen Fernsehen und gleichzeitig "die einzige Ausländerin, die über ihr eigenes Land berichtete", wie sie selbst erzählt. Ihr Credo: "Je mehr Bürger mit Zivilcourage ein Land hat, desto weniger Helden wird es einmal brauchen."
Liberal & unabhängig, nicht festgelegt auf parteipolitische oder ideologische Linien, dazu mit Chic & Charme italienischer Art ( und einer gewissen erotischen Ausstrahlung ) wird sie regelrecht zum Publikumsliebling. Sie wird wahrgenommen als die "damenhafte Reporterin mit dem römischen Profil".
1968 beteiligt sich Franca an Demonstrationen und politischen Versammlungen. Auch verfolgt sie die Emanzipationsbewegung der Frauen wohlwollend und begleitet sie mit ihren entsprechenden Berichten, die allerdings immer um Objektivität bemüht sind. Zur Frauenbewegung meint sie später: „Sie war nötig, bei allen Übertreibungen und Ausschreitungen- und es war eine Revolution. Die Frauen haben mehr erreicht, als alle politischen Beobachter – einschließlich mir selbst – für möglich hielten.“
1977 übernimmt der CSU-nahe Journalist & Franz - Josef - Strauß - Anhänger Wolf Feller das ARD-Studio in Rom. Franca Magnanis Sendezeiten beschneidet dieser empfindlich. Doch sie bietet ihm Paroli. Auf Fellers Ausruf: " Sie werden noch auf den Knien vor mir liegen!", reagiert sie: "Ich werde, außer vor Gott, niemals vor irgendjemandem auf den Knien liegen."
Ist sie 1969 noch insgesamt 101-mal in Tagesschau und Weltspiegel zu hören & zu sehen, sind es 1980 dann nur noch zwölf Beiträge. Deshalb verklagt sie den Bayerischen Rundfunk, der hinter Feller steht, wegen Diskriminierung. 1987 wird ihr schließlich fristlos gekündigt. ( Die Kündigung wird aber 1991 vor Gericht für ungültig erklärt. Und 1994 kommt es zu einem Vergleich mit dem Bayerischen Rundfunk.)
1982 stirbt ihr Mann Valdo, knapp siebzigjährig, in Rom.
1983 wird ihr der von der SPD gestifteten „Fritz-Sänger-Preis für mutigen Journalismus“ als erste Laureatin verliehen in Anerkennung „ihres jahrelangen unerschrockenen Widerstandes gegen die Einschränkung ihrer journalistischen Arbeit“. Laudator ist kein anderer als der Nobelpreisträger Heinrich Böll.
Trotz der fristlosen Kündigung durch den Bayerischen Rundfunk kann Franca Magnani ihre journalistische Tätigkeit fortsetzen. Ihre Beiträge sind nun beim Westdeutschen Rundfunk zu hören ( in "Monitor" und der West-3-Auslandssendung "Weltweit" ). Außerdem ist sie ein beliebter Talkshowgast und tritt unter anderem bei den Sendern SFB und SWF auf. Wer viel Zeit hat, kann sie in dieser Talkshow von 26. August 1991 unter anderen Teilnehmern hören und sehen:
1990 publiziert sie ihre Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend - "Eine italienische Familie" -, die schnell zum Bestseller wird. Dieser irreführend bescheidene Titel steht weniger für die Familie Magnani als für die Familie der Antifaschisten, die sich im Exil getroffen hat. Auf leicht verständliche und auch humorvolle Art erzählt sie die Geschichte Italiens und Europas, immer analytisch durchdrungen & politisch und weit entfernt von einer narzisstischen Selbstbespiegelung.
Ihr humanistisches Credo ist auch: Staat, Politik, die Parteien und die Institutionen sind für die Menschen da und nicht umgekehrt. Wer sie für politische, soziale oder sonstige Zwecke instrumentalisiert, missachtet ihre Würde & Achtung. Der Wert des Einzelnen übersteigt den der Gemeinschaft - eine Vorstellung, die in unseren Tagen von manchen gesellschaftlichen Gruppen wieder umgekehrt wird und durchgesetzt werden soll.
1992 wird ihr das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Am 28. Oktober 1996 erliegt sie im Alter von 71 Jahren in ihrer Geburtsstadt Rom einer Krebserkrankung. "Bambini, wenn ich tot bin, seid nicht traurig. Erinnert euch immer daran: Ich habe ein volles und glückliches Leben gehabt mit babbo und euch zusammen!"
Posthum erscheinen - von ihren Kindern Sabina und Marco herausgegeben - ihre Texte in den Büchern "Mein Italien" (1997), "Rom – Zwischen Chaos und Wunder" (1998) und "Wer sich erinnert, lebt zweimal" (2000), ein Sammelband aus verschiedenen Texten ihrer Werke.
Dass Franca Magnani aber nicht nur durch und durch eine "Signora politica", Italienerin und Europäerin zugleich war, sondern auch einfach ein Mensch, macht ein letztes Zitat ihrer Tochter Sabina Magnani-von Petersdorff ( Quelle hier ) deutlich:
Von ihrem Vater lernt Franca die tägliche Lektüre verschiedenster Zeitungen schätzen und im Zürcher Schauspielhaus inspiriert sie das Theater, das vor allem durch die hochkarätigen deutschen Exilanten wie Therese Giehse u.a. geprägt wird. Bei diesen Besuchen wird die junge Franca vom sieben Jahre älteren Philosophiestudenten und späteren Dr. phil. Arnold Künzli begleitet, Antifaschist wie die Schiavettis, den sie als Neunzehnjährige 1944 schließlich heiratet. Doch die Ehe wird nicht von Dauer sein, denn Franca fühlt sich stets "unter Kuratel": Sie ist "aus der Obhut meines Vaters direkt in die meines Mannes übergegangen".
Mit Arnold Künzli geht sie nach dem Krieg zunächst nach Rom zurück. 1947 folgt sie ihm, dem Auslandskorrespondenten der Basler "National- Zeitung", nach London. Über ihren London - Aufenthalt ( von dem sie sehr angetan ist ) schreibt sie Artikel, die ihr Vater, inzwischen Chefredakteur einer Zeitung in Bologna, dort veröffentlicht. 1949 begleitet sie den Ehemann dann nach Bonn und publiziert Artikel über den deutschen Regierungssitz in der Schweizer Illustrierte "Annabelle" sowie in der "Weltwoche".
Journalismus als Beruf habe sie sich nicht ausgesucht, wird sie später sagen: "Ich wurde hinein geboren." Auch das Interesse an der Politik, ihren klaren analytischen Blick für Italiens Gesellschaft und ihren Instinkt für die Bewertung von Politpersönlichkeiten muss sie nicht erlernen. Ihre besondere Biografie hat ihr zu diesen Fähigkeiten verholfen.
1951 erfolgt die Trennung von Künzli. 1952 wird die Ehe in der Schweiz geschieden.
Valdo Magnani Source |
Bereits 1947 hat Franca einen italienischen Kommunisten kennen & lieben gelernt, der während des Krieges im Untergrund in Jugoslawien im Widerstand gegen Hitler-Deutschland gekämpft hat: Valdo Magnani. 1953 heiraten sie und bekommen zwei gemeinsame Kinder, Marco (1953) und Sabina (1955).
Freilich ist das Leben mit dem eigenwilligen, unabhängigen Denker, der sich zur offiziellen Linie der Kommunistischen Partei Italiens quer legt, nicht nur Sonnenschein: Nachdem Valdo Magnani 1951 den Stalinismus in der Sowjetunion angeprangert hat, wird er prompt aus der Partei ausgeschlossen. Selbst die Eltern Schiavetti stellen sich gegen Francas Ehemann. Der Vater schreibt als Journalist eisige Kommentare gegen den Schwiegersohn. Für Franca beginnt "die Emigration im eigenen Land".
Als ihre Mutter 1955 an Magenkrebs stirbt, ist ihr Ehemann beim Begräbnis ausdrücklich nicht erwünscht. Auch der ( nichtkommunistische ) Vater Schiavetti, ein Mann mit Prinzipien, beugt sich in diesem Fall dem Druck der Verhältnisse in der damals starken italienischen Linken. Erst 1956, nach einer eine Rede Chruschtschows, in der Valdo Magnanis Urteil bestätigt wird, kommt es zu einer Beilegung des familiären Konflikts.
In jener Zeit konzentriert sich Franca ausschließlich auf ihre Familie, und ihre journalistische Stimme verstummt. Doch Anfang der Sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts meldet sie sich zurück: Zunächst verfasst sie Artikel für den "Vorwärts" der deutschen SPD sowie das Schweizer Wochenblatt "Die Tat". Schließlich wird sie Auslandskorrespondentin des deutschen Fernsehens, und ab 1964 berichtet sie dann aus dem ARD-Studio Rom besonders engagiert für die "kleinen Leute", Minderheiten, Frauen, immer fundiert und durchaus nicht politisch gefällig oder harmlos. Von nun an liefert sie alljährlich bis zu 100 Berichte über die Politik und die Gesellschaft Italiens.
1990 |
Liberal & unabhängig, nicht festgelegt auf parteipolitische oder ideologische Linien, dazu mit Chic & Charme italienischer Art ( und einer gewissen erotischen Ausstrahlung ) wird sie regelrecht zum Publikumsliebling. Sie wird wahrgenommen als die "damenhafte Reporterin mit dem römischen Profil".
1968 beteiligt sich Franca an Demonstrationen und politischen Versammlungen. Auch verfolgt sie die Emanzipationsbewegung der Frauen wohlwollend und begleitet sie mit ihren entsprechenden Berichten, die allerdings immer um Objektivität bemüht sind. Zur Frauenbewegung meint sie später: „Sie war nötig, bei allen Übertreibungen und Ausschreitungen- und es war eine Revolution. Die Frauen haben mehr erreicht, als alle politischen Beobachter – einschließlich mir selbst – für möglich hielten.“
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Ist sie 1969 noch insgesamt 101-mal in Tagesschau und Weltspiegel zu hören & zu sehen, sind es 1980 dann nur noch zwölf Beiträge. Deshalb verklagt sie den Bayerischen Rundfunk, der hinter Feller steht, wegen Diskriminierung. 1987 wird ihr schließlich fristlos gekündigt. ( Die Kündigung wird aber 1991 vor Gericht für ungültig erklärt. Und 1994 kommt es zu einem Vergleich mit dem Bayerischen Rundfunk.)
1982 stirbt ihr Mann Valdo, knapp siebzigjährig, in Rom.
1983 wird ihr der von der SPD gestifteten „Fritz-Sänger-Preis für mutigen Journalismus“ als erste Laureatin verliehen in Anerkennung „ihres jahrelangen unerschrockenen Widerstandes gegen die Einschränkung ihrer journalistischen Arbeit“. Laudator ist kein anderer als der Nobelpreisträger Heinrich Böll.
Trotz der fristlosen Kündigung durch den Bayerischen Rundfunk kann Franca Magnani ihre journalistische Tätigkeit fortsetzen. Ihre Beiträge sind nun beim Westdeutschen Rundfunk zu hören ( in "Monitor" und der West-3-Auslandssendung "Weltweit" ). Außerdem ist sie ein beliebter Talkshowgast und tritt unter anderem bei den Sendern SFB und SWF auf. Wer viel Zeit hat, kann sie in dieser Talkshow von 26. August 1991 unter anderen Teilnehmern hören und sehen:
1990 publiziert sie ihre Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend - "Eine italienische Familie" -, die schnell zum Bestseller wird. Dieser irreführend bescheidene Titel steht weniger für die Familie Magnani als für die Familie der Antifaschisten, die sich im Exil getroffen hat. Auf leicht verständliche und auch humorvolle Art erzählt sie die Geschichte Italiens und Europas, immer analytisch durchdrungen & politisch und weit entfernt von einer narzisstischen Selbstbespiegelung.
"Eine Demokratie ist nicht nur eine kluge Konstruktion verschiedener Machtzentren, die sich von Fall zu Fall gegenseitig kontrollieren, ein Ingenieurwerk der checks and balances. Sie gründet sich auch wesentlich auf der Annahme universeller ethischer Werte. Der Widerstand ( gegen den Totalitarismus und Faschismus im 20. Jahrhundert -Ergänzung durch mich ) bleibt bis heute in weiten Teilen Westeuropas die wichtigste kollektive Erfahrung auf der Basis dieser Werte."Faschismus & Totalitarismus lehnt Franca auch deshalb ab, weil sie diese ethischen Werte verachten & mit Füßen treten, das Individuum nichts wert ist, ebenso wie Freiheit, Recht, Humanität und Solidarität. Immer dann, wenn sie nach dem 2. Weltkrieg auf solche Konstellationen trifft, reagiert sie äußerst entschieden. Obwohl Silvio Berlusconi damals noch frisch an der Macht ist, sieht sie das voraus, was zwei Jahrzehnte später allen anderen klar werden wird.
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1992 wird ihr das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Am 28. Oktober 1996 erliegt sie im Alter von 71 Jahren in ihrer Geburtsstadt Rom einer Krebserkrankung. "Bambini, wenn ich tot bin, seid nicht traurig. Erinnert euch immer daran: Ich habe ein volles und glückliches Leben gehabt mit babbo und euch zusammen!"
Posthum erscheinen - von ihren Kindern Sabina und Marco herausgegeben - ihre Texte in den Büchern "Mein Italien" (1997), "Rom – Zwischen Chaos und Wunder" (1998) und "Wer sich erinnert, lebt zweimal" (2000), ein Sammelband aus verschiedenen Texten ihrer Werke.
Dass Franca Magnani aber nicht nur durch und durch eine "Signora politica", Italienerin und Europäerin zugleich war, sondern auch einfach ein Mensch, macht ein letztes Zitat ihrer Tochter Sabina Magnani-von Petersdorff ( Quelle hier ) deutlich:
"Sie konnte Geschichten erzählen und Walnüsse im angewinkelten Ellbogen knacken, sie konnte Kühe melken und wie ein Straßenjunge schrill auf zwei Fingern pfeifen. Am meisten aber bestaunten wir sie wegen der Leichtigkeit, mit der sie den Stengel einer Kirsche im geschlossenen Mund nur mithilfe der Zunge zu verknoten wusste."Auch so kann ich sie mir vor dem Kolosseum oder der Spanischen Treppe in Rom gut vorstellen...
Oh, ich sehe sie noch vor mir.Einzigartig! Immer wartete ich darauf, ob sie irgendwo im TV zu sehen sei. Eine tolle, völlig ungekünstelte, intelligente und schöne Frau -in jedem Sinne! Liebe Grüße, Sunni
AntwortenLöschenja, wenn man sich in so vielen anderen làndern und situationen anpassen muss ist das auch ein grosses erlebnis und vorteil...
AntwortenLöschenein schönes frauenportrait.. da ich nie das deutsche fernsehen sah ..habe ich sie bei dir kennengelernt! danke..
Du weißt, wovon du sprichst 😊
LöschenGLG
Liebe Astrid, ich bin begeistert über ihre Reihe GREAT WOMEN! Nach Angelika Kaufmann nun Franca Magnani! Ich wünsche mir ihre Reihe in Buchform, da könnte ich sie in jede Leseecke mitnehmen.
AntwortenLöschenDanke auch für ihren Beitrag vor 2 Tagen, oft geht das Tagesgeschehen ganz schnell an einen vorbei. Diskussionsstoff im Freundes- und Familienkreis ist damit reichlich verhanden.
DANKE!
LG
Stubi - Elisabeth
Liebe Astrid,
AntwortenLöschendanke, dass Du die Erinnerung an Franca Magnani wachhälst, das letzte Zitat ihrer Tochter ist klasse. In das Video habe ich mal kurz reingeguckt und auch da wurden Erinnerungen wach.
Liebe Grüße Margot
ja, da gehöre ich wohl auch zu den Älteren... Auch bei uns eine geschätzte Persönlichkeit die mit Kompetenz, Charme und Herz präsent war!!! Auch wenn es langweilig wird - wieder Großartig, dein Great Women Post!!!
AntwortenLöschenherzliche Grüße
Liebe Astrid, schön, dass du (mich) erinnerst, ich muss doch mal in eins in ihrer Bücher gucken. Ich sehe sie vor mir, höre ihre Stimme, habe sie wohl auch ein bisschen bewundert in ihrer Art. Eine tolle Frau. Und gleich ist sie wieder da, diese unterschwellig immer vorhandene Italiensehnsucht... Als ich mich Mitte der 90er mit mehr oder weniger ernsthaften Auswanderungsgedanken trug, war ein Gärtnerinnen-Leben auf einem italienischen Wein- oder Olivengut mein Ziel... Lieben Gruß Ghislana
AntwortenLöschenLiebe Astrid,
AntwortenLöschenauch von mir ein herzliches Dankeschön! Deine Zusammenfassungen sind mit Herz und erfrischender Wortwahl geschrieben. Auch ich dachte schon mal: das gehört in ein Buch! Geht übrigens kostenlos über google, frag mal Katrin (daily perfect moment) die kennt ich da aus.
LG pipistrello
Liebe Petra, ich weiß. Ich habe nur so gar keine Lust, mich mit den Forschen & Erlangen von Bildrechten abzugeben. Da ist mir das Lesen, Recherchieren, Schreiben so viel mehr wert für mein Wohlbefinden...;-)
LöschenGLG
Wieder eine große starke Frau mit viel italienischem Charme und Klasse! Danke für Deine Beiträge dieser schönen Reihe, ich lese sie immer wieder mit viel Freude und Interesse.
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Kebo
Lärm hat mamma nie gestört_ Zitat aus dem Buch < Mein Italien<, im Vorwort von ihrer Tochter Sabina geschrieben- und ich liebe es_ Rom ohne Lärm geht gar nicht!!. Diese großartige Frau hat mir die Lust auf Rom und dort hinter < die Kulissen< zu schauen immer angetrieben.. Ich schätzte ihre klare Formulierungen und Witzigkeit. Sie war DIE Frau für den RAI und ARD und ihre Sendungen habe ich mit großem Interessen verfolgt.<Mein<Rom ist immer mit Franca Magnani verbunden und ihre Bücher stehen in meiner Rom<literatur. Danke fürs Erinnern
AntwortenLöschenGruß zu dir
heiDE
Was für eine tolle Frau! Ich kann mich noch schwach daran erinnern, sie im Fernsehen gesehen und vor allem gehört zu haben. Dass sie Bücher geschrieben hat, wusste ich gar nicht. Hast du die gelesen?
AntwortenLöschenLG, Ingrid
Nur die "Italienische Familie". Bin sonst nicht so der Italienliebhaber wie Heide ( bis auf Venedig )...;-)
LöschenLG
Toll gewählt. Ich habe ihre Beiträge geliebt und die Bücher verschlungen. Eine großartige Frau.
AntwortenLöschenLG
Magdalena
Natürlich kann ich mich an Franca Magnani erinnern! Danke für die tolle Biographie. Und das Buch "Eine italienische Familie" werde ich zu Weihnachten verschenken. Danke für den Tipp!
AntwortenLöschenLiebe Grüße Andrea
Auch ich erinnere mich sehr gut an sie, auch weil ich ihren Namen so mochte!
AntwortenLöschenZum Lesen komme ich dann morgen noch einmal in Ruhe...
Lieben Gruß von Ulrike
franca magnani war immer ein bisschen eine heldin für mich. toll, wie sie damals feller die stirn geboten hat. ich mochte sie einfach total gern und habe sie später im fernsehen immer sehr vermisst.
AntwortenLöschenes freut mich total, dass du sie hier zu deinen great woman ausgewählt hast!
liebe grüße
mano
oh jaa..
AntwortenLöschenich erinnere mich an sie..
hab sie immer gerne gesehen und vor allem gehört ;)
eine großartige Frau..
danke für das Portrait
liebe Grüße
Rosi