Als wir vor dreißig Jahren unser Grundstück kauften ( vor einer Woche habe ich davon erzählt ) befanden sich auf den anderen Grundstücken im Häusercarrée jede Menge großer, alter Bäume: Birken, Hainbuchen, Fichten, Eiben, ein großer Birnbaum beim unmittelbaren Nachbarn, Kirsch- und Pflaumenbäume.
Nur unser Garten war kahl bis auf einen arg malträtierten, jämmerlichen Rest eines Pflaumenbaumes und dem einer Tanne.
Jetzt sieht es genau umgekehrt aus: Unser Grundstück und das der geschätzten Nachbarin gegenüber sind voller Bäume, alle anderen Gärten haben ihren Baumschmuck verloren. Bis auf eine Ausnahme: In der südöstlichen Ecke des Carrées ist eine schöne, weit verzweigte Robinie stehen geblieben, die bis dato hinter all den Nadelbäumen kaum zu sehen war.
Die Gewöhnliche Robinie/Robinia pseudoacacia, der Einfachheit halber meist nur Robinie genannt, wird fälschlicherweise oft als Akazie bezeichnet und trägt deshalb auch den Namen Falsche Akazie oder Scheinakazie. Dabei handelt es sich einen sommergrünen Laubbaum, der ursprünglich aus Nordamerika ( Appalachen ) stammt und von Jean Robin 1601 nach Paris eingeführt wurde, weil er von der Schönheit des Baumes fasziniert war. Seit über 300 Jahren wird die Robinie überall in Europa als exotisches Ziergehölz in Parks und Gärten und inzwischen als Straßenbaum ( aufgrund ihrer Eigenschaften als streusalz- und emissionsresistente Baumart ) gepflanzt und hat sich inzwischen auch wild sehr weit verbreitet. Sie ist bei uns also ein Neophyt.
Vor allem hier in Köln hatte sie sich nach dem Krieg auf Trümmerschuttflächen breit gemacht. Die Zerstörungen und die anschließend meist länger andauernde Brache bzw. mangelnde Pflege vieler Grundstücke führten dazu, dass große Flächen entstanden, die mit Robinien bewachsen waren. Insofern kann sie wie die Akazie für die Wiedergeburt stehen, damals, nach dunkler Zeit...
Zwei Eigenschaften begünstigen die schnelle Verbreitung der Robinie:
Sie stellt nur geringe Anforderungen an den Boden ( und ist damit eine geeignete Baumart für die Wiederaufforstung von Wäldern, deren Bodenfläche durch Übernutzung ausgezehrt ist ). Und sie ist eine Baumart, die weitere Bodenerosion verhindert, ist also eine Pionierpflanze.
In Sandgebieten wird das bis heute genutzt, weshalb die Robinien auf märkischen Boden ein voller Erfolg beschieden war. Das einzige, was sie nicht mag, ist Staunässe im Boden. Ansonsten ist sie anspruchslos und ausbreitungswillig, vor allem, wenn ihr Standort warm ist. Der sandige, trockene Boden Brandenburgs ist für den Baum also ideal. Die Ursprungspflanze aller Robinien „in Spree- und Havelland“ soll einst Friedrich der Grosse in Sanssouci gepflanzt haben.
Eine weitere Fähigkeit der Robinie hat sie in den letzten Jahren aber in die Diskussion gebracht:
Der Baum, zu den Leguminosen gehörig, ist - wie alle Pflanzen dieser Gattung - in der Lage, durch menschliche Immission entstandenen Luftstickstoff mit Hilfe symbiotisch mit ihm lebender Knöllchenbakterien zu binden. Dieser fixierte Luftstickstoff wird dem Boden als Dünger zugeführt, und durch diese Anreicherung des Bodens werden wiederum seltene Pflanzen von anderen Krautpflanzen, wie z.B. Brennnesseln, verdrängt. Deshalb wird die Robinie aus Sicht des Naturschutzes oft nicht geschätzt.
Als Bienenweidepflanze hingegen erfährt die Robinie wiederum Hochachtung. Sie zählt zu den nektar- und zuckerreichsten Bienentrachtpflanzen ( in Brandenburg z.B. stellt die Robinie in guten Jahren bis zu 60 Prozent der Honigernte ). Ihr Zucker besteht aus etwa 60% Rohrzucker und 30% Fruchtzucker. Der Honig, welcher unter der Bezeichnung „Akazienhonig“ verkauft wird, hat eine helle, schwach gelbliche Farbe, ist sehr flüssig und kandiert nur sehr langsam im Verlaufe mehrerer Jahre aus.
Das Holz der Robinie wird ebenfalls sehr geschätzt, gilt es doch als widerstandsfähiger und dauerhafter als Eichenholz. Es ist fast perfekt: extrem biegsam, aber fest, dazu extrem dauerhaft und feuchtigkeitsunempfindlich, da naturimprägniert. Das Kernholz enthält Giftstoffe, die eine Zersetzung verhindern und eine Schutzbehandlung unnötig machen. Zwar fault die dünne äußere Schicht ( Splintholz ) schnell ab, aber was übrig bleibt, ist dauernder als Eisen und bleibt bei Nutzung im Freien lange stabil.
Die ganze Pflanze ist übrigens stark giftig, besonders die Rinde und die Früchte.
Die Robinie wird gern mit der Akazie verwechselt, doch haben die Gattungen nichts miteinander gemein. Die Robinie ist ein mittelgroßer Baum von gewöhnlich 15 und 20 m Höhe, kann aber bis zu 38 m hoch werden. Sie ist relativ kurzlebig: 100 bis 200 Jahre im Durchschnitt, bei forstwirtschaftlicher Nutzung meist nur 50 bis 60 Jahre alt. Der Stamm erreicht einen Durchmesser zwischen 50 und 100 cm.
Mittlerweile wurden viele schmückende Gartenformen gezüchtet. Beliebt bei uns ist die Kugel- oder Schirmakazie/Robinie pseudoacacia "Umbraculifera". Mit ihrem schlankem Stamm und der wohlgeformten Krone begrünt sie inzwischen viele Fußgängerzonen, Vorgärten und Spielplätze.
Die Akazie hingegen gedeiht nur in den Subtropen. Insofern ist der Herr Fontane dem Irrtum aufgesessen, den wir alle begehen, wenn er in seinen "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" schreibt:
"... und wir schritten dorfan, um der "Grelle" und ihren Anwohnern einen Besuch zu machen. Der Weg dahin führt durch eine Akazienallee und demnächst an einer ganzen Plantage von Akazien vorbei. Schon vorher war mir der besondere Reichtum des Dorfes an dieser Baumart aufgefallen. Man begegnet der Akazie überhaupt häufig in den Havelgegenden, aber vielleicht nirgends häufiger als hier. Es ist ein dankbarer Baum, mit jedem Boden zufrieden, und in seiner arabischen Heimat nicht verwöhnt, scheint er sich auf märkischem Sande mit einer Art Vorliebe eingelebt zu haben."
Diesen Post schicke ich heute auch nach Brandenburg, wo Ghislana/Jahreszeitenbriefe heute wieder unsere Baumposts sammelt und ihr sicher einige andere Baumporträts verlinkt findet. Besonders schön ist der von Andrea/Holunder über die Erle...
Sehr schön, danke Astrid! Ich mag den Duft der Blüten und unsere Bienen lieben sie auch ;-) Im Nachbarort sehe ich diese Bäume regelmäßig, da sie entlang einer Straße gepflanzt sind. Allerdings müssen sie da regelmäßig beschnitten werden und die Kronen bieten einen jämmerlichen Anblick. Die Art, wie diese Bäume wachsen vertragen keinen starken Schnitt, wenn man noch halbwegs schöne Kronen erreichen will. Als Straßenbegleitbaum muss sie anderen Kriterien genügen, wie du schön erklärt hast. Mir tuts immer weh, wenn ich sehe wie verstümmelt sie aussehen. Eine Baumart, deren Kronenform so in die Breite geht und nicht geschlossen erscheint, sollte man eher nicht an "engen" Straßen entlang pflanzen finde ich....
AntwortenLöschenLiebe Grüße
ELisabeth
auch bei uns in wien prägen die robinien das stadtbild und wird immer mehr zum problem. angeblich steht ja in wien die älteste robinie europas (stand 2011) ich werd mal nachschauen, ob es sie auch wirklich noch gibt.
AntwortenLöschenmeine mutter nennt die bäume nur "stingade agazibaam", weil sie den geruch der blüten gar nicht mag.
lieben gruß, susi
Das ist ja mal ein ganz besonderer Baumgruß von dir zu mir nach Brandenburg..., dankeschön ;-). Ja, die Robinien "summen" auch hier gerade... Die Blüten kann man übrigens essen, sie sind im Gegensatz zu den anderen Pflanzenteilen nicht giftig, in Apfelsaft ziehen gelassen, lässt sich z. B. ein feines Gelee draus kochen... Ja, die Robinien kommen mit kargem Boden und Trockenheit bestens klar, aber sie sind halt auch sehr durchsetzungsstark, gerade beobachte ich, wie an einem Waldrain die Wildrosen verschwinden, weil sie von wild ausgesamten, inzwischen über 6 m hohen Robinien nach und nach durchwachsen wurden. Dennoch - ein wunderschöner Baum, Weihnachten im Spätfrühling... Liebe sonnige Sonntagsgrüße, ich sitze im Garten, heute ist mal wieder ein ganz ruhiger Tag... Ghislana
AntwortenLöschenich mag die robinien auch so gern - wobei ich nicht wusste, dass sie giftig ist (bis auf die blüten, siehe ghislana!) und leicht andere pflanzen verdrängt. hier gibt es sie nicht so häufig und deshalb freue ich mich über jede, die ich zu sehen bekomme - besonders in der blütezeit!
AntwortenLöschenliebe grüße von mano
...die kleidchen für die mädels sind ja soo schön!!
Liebe Astrid,
AntwortenLöschenwunderschön diese Akazien. Unter diesem Namen kannte ich sie als Kind immer und wir haben mit den Blättern immer gespielt.
Ein Vater hatte sieben Söhne
das Gedicht endete immer mit Tod und da mußte man dann
ein Blättchen vom großen Blatt abknipsen.
Wer bis zum Schluß alle Blätter bis auf das oberste hatte, hatte gewonnen.
Beim Laufen heute habe ich diese wunderbare Robinie immer wieder gesehen, ihre weißen Blüten duften unbeschreiblich gut. Wir haben hier entlang meines Laufweges so viele viele Robinien, die aber frei wachsen dürfen. Da habe ich heute ständig an die gedacht.
Dir müßten permanent die Ohren geklingelt haben.
Es ist so schwül draußen, ich bin froh, dass ich wieder zuhause bis. Draußen ist auch nix los, irgendwie ist das heute nicht koscher.
Mit lieben Grüßen Eva
Gerade lese ich, dass man die Blüten verarbeiten kann. Da werde ich doch mal gucken. Danke Ghislana
Eigentlich ist dies unter den Neophyten ein sehr angenehmer Gast, finde ich. Danke, dass Du auf die Giftigkeit hingewiesen hast, die war mir bislang auch unbekannt. Das von Dir fotografierte Exemplar finde ich ausgesprochen schön!
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Andrea
Den Baum gibt es bei mir im kleinen Wäldchen auch häufig. Und der duftet - gigantisch!!! Hat mir in letzter Zeit meine Geh-Runden verschönert.
AntwortenLöschenLG Astrid rechtsrheinisch
Ihr Lieben, heute auf dem Heimweg aus dem Kölner Umland ist mir aufgefallen, wie stark die Robinie hierzulande vertreten ist - durch die Blüte sticht sie einem ins Auge.
AntwortenLöschenich mag das locker - filigrane an ihr sehr, teile allerdings auch die Vorbehalte, die ich auch immer gegenüber Neophyten hege, denn es verschwinden einfach zu viele heimische Pflänzchen...
Einen schönen Restsonntag!
Danke für diesen schönen und lehrreichen Baum-Post Artikel.
AntwortenLöschenMöchte dazu - egal um welche Bäume es sich dabei handelt - eine Textstelle von Hermann Hesse, welche mir besonders gefällt, hinzufügen.
Bäume sind Heiligtümer. Wer mit ihnen zu sprechen, wer ihnen zuzuhören weiß, der erfährt die Wahrheit. Sie predigen nicht Lehren und Rezepte, sie predigen, um das einzelne unbekümmert, das Urgesetz des Lebens.
Wünsche dir und allen Kommentatoren noch einen schönen Restsonntag :-)
...ich habe die Robinie erst vor ein paar Jahren entdeckt, liebe Astrid,
AntwortenLöschenals sie mir an einer Straße durch ihren starken Duft auffiel...seitdem sind allerdings schon ein paar dort gefällt worden...aber auch am Waldrand wachsen welche...sehr interessant, deine Ausführungen zu diesem Baum und besonders die Unterscheidung zur Akazie...danke,
liebe Grüße
Birgitt
Wunderschön Eure Robinie!
AntwortenLöschenIch liebe sie sehr. In München gibt es eine ganze Allee und wenn man dort zur Blütezeit geht, riecht man sie sofort - trotz Abgasen und Stadtluft.
Wir haben eine kleinere Form mit hell-grünen Blättern Robinia Friesia im Garten.
Eurer ist ganz besonders schön gewachsen!
Viele Grüße von Renate
Sehr informativ, liebe Astrid...Hier ist die Robinie eher eine Seltenheit...Ich hoffe, deine Feierei war schön...Bei uns hat das Wetter super gehalten. Einen schönen Sonntagabend! LG Lotta.
AntwortenLöschenBei mir steht die kleine Kugelform der Robinie im Garten...ein größerer Baum hätte dort nicht hingepasst, allerdings weiß ich nicht, ob ich das nochmal machen würde. Er hat eben gar keine Blüten oder Früchte. Wenigstens ein guter Vogellandeplatz und ein guter Futterplatz ist es auch. In Berlin oder Dresden sind mir schon häufig die duftenden Robinienbäume aufgefallen.
AntwortenLöschenLG Sigrun
Schön! Jetzt verstehe ich die vielen schönen Bäume hier. Meine Mutter sagt auch immer Akazie. Da werde ich ihr doch mal was erzählen können. Nicht weit von unserem Garten steht eine mit Lilafarbenen Blüten. Ich werde nachher vorbei gehen und mal ein paar Bilder machen. Denn die finde ich besonders schön.
AntwortenLöschenDanke für diesen sehr ausführlichen Bericht. Es macht immer wieder Spass bei dir zu lesen.
Andrea
überall blühen sie nun * und *beignets de fleurs d'acacia(robinier faux acacia)* kommen manchmal hier zu tisch ;)
AntwortenLöschenliebe grüsse
Hallo Astrid,
AntwortenLöschentja, so ein Zufall. Ich hatte jedenfalls nicht bei Dir reingeschaut, als ich meinen Post über die Robinie geschrieben habe. Wenn ich unsere beiden Schreibstile nebeneinander lege: brilliant geschrieben !
Wünsche Dir einen schönen Tag
Dieter
Hallo Astrid,
AntwortenLöschenjetzt habe ich sehr viel über die Robinie hinzugelernt.
Eine Baumart, die ich vor einem Jahr überhaupt noch nicht kannte.
Aber doch, es gibt sie auch in unserer Gegend.
Für mich sehr auffällig sind ihre wunderschönen, hängenden Blüten. Die Blüten der Akazie, so wie ich sie kenne stehen!
Aber anscheinend scheint eine Robinie auch eine Akazie zu sein, was mich ebenfalls sehr wundert?
http://www.baumkunde.de/Suche/Akazie/
LG Heidi
PS: Sorry, sie unter diesem Link auch nur als Scheinakazie aufgelistet.
LöschenSie sind wohl insofern verwandt, als sie zur Familie der Hülsenfrüchtler gehören :-)
LöschenLG
Hallo Astrid, Internet bildet, das kann man immer wieder feststellen. Jetzt habe ich eine ganze Menge dazu gelernt.
AntwortenLöschenDie Robinie ist ein toller Baum, den auch ich bisher für
eine Akazie gehalten habe. Und gleich werde ich noch mal
googlen, weil über den Duft nichts geschrieben wurde. Ich
verbinde mit diesem Baum einen starken Duft. Irre ich mich?
Ein schönes Wochenende und liebe Grüße
Edith
Hallo Astrid,
AntwortenLöschenwie schön, dass ich nun heute diesen Post bei Dir gefunden habe. Wenn unser Hochzeitsbaum in einigen Wochen in voller Blüte steht, werde ich meinen Post zu Dir hierher verlinken. Und jetzt ist es eine wunderschöne Vorfreude auf dieses Gartenjahr …
VG Silke