"Zukunft ist das, was Menschen daraus machen."
Florence Glaub, Zukunftsforscherin
"Wer die Geschichte der Menschheit als negativ erzählt,
beeinflusst auch die Zukunft entsprechend.
.....
Erfolg hatten in der Evolution diejenigen,
die kooperativ und sozial waren -
nicht die Stärksten.
.....
Wenn man aber Forschung und Fakten berücksichtigt,
sind die Zyniker die Naiven"
Rutger Bregman, niederländischer Historiker
"Wenn ich eine negative Nachricht sehe,
dann schaue ich hin,
denn es könnte ein Säbelzahntiger sein."
Marina Weisband, ukrainisch-deutsche Publizistin
"Wie gelingt Fortschritt?
Indem eine Gesellschaft Probleme löst
und daraus lernt."
Rahel Jaeggi, Schweizer Philosophin
Boah! Da klingelt es letzten Samstag um Viertel nach zehn, und ich liege noch im Bett! Aus dem Fenster im 1. Stock ( die Geranien blühen immer noch! ) verständige ich mich mit dem Postboten, und er deponiert die Post auf der Fußmatte. In der Post war u.a. die schöne Brosche von Roswitha/
weggefaehrtin. Sofort angesteckt und dann ein herzliches Dankeschön an dich in der alten Heimat!
Den ganzen Tag über habe ich noch aussortierten Weihnachtschmuck und mehr übers Nachbarschaftsnetz unter die Leute gebracht. Da konnte ich erst in der Dämmerung zum Supermarkt gehen. Früher habe ich das gerne gemacht und in die erleuchteten Fenster gespinkst, mein liebster Adventskalender...

Als ich Sonntafrüh wach wurde, wurde ich erstmalig der Tatsache gewahr, was da in einer Woche auf mich zukommt. Die Tochter um Hilfe gebeten, und schon konnte ich Bestellungen für Lieferdienste aufgeben und weitere Listen anfertigen. Anschließend habe ich meine muckende Overlockmaschine gründlich gewartet und den Schlafanzug fertig genäht, der seit Freitag herumlag. Dann war es Zeit, die restlichen Geschenksendungen zu verpacken, Plätzchendosen zu füllen, weitere aussortierte Weihnachtssachen unter die Leute zu bringen und schließlich & endlich mein neues MacBook mit dem alten zu synchronisieren. Zwischendurch kamen zum Glück die Nachbarn auf eine Stunde zum Tee vorbei, sonst wäre der Tag völlig ungemütlich gewesen. Ungemütlich war auch der Montag, so vom Wetter her gesehen. Bei meinem Stadtgang habe ich da nicht fotografieren mögen.

Von der Nachbarin zur Rechten hatte ich erfahren, dass der kleine Laden von "
Aktion Gruen" immer montags geöffnet ist. Und so bin ich dort endlich zu Vogelfutter gekommen, denn seit der grauslichen Mottenplage in den noch von meinem Mann angelegten Großvorräten hatte ich mir kein solches mehr ins Haus holen wollen. Aber ich mag doch meine kleinen Nachbarn so gerne und will sie durch den Winter bringen! Abends habe ich in der ARD-Mediathek den Film "
Bach - ein Weihnachtswunder" angeschaut. Sehr aufwühlend!
Ein Besuch bei der Friseurin stand in dieser Woche an...
... und einer auf dem Friedhof ( 28 Monate ist mein Mann nun tot ),...
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Der Eisenholzbaum/Parrotie im Winter |
... immer wieder noch das Backen von Weihnachtsplätzchen ( Nr. 10 & 11 ), Sortieren und Schmücken und viel Simelieren über die über siebzig Weihnachtsfeste, die schon hinter mir liegen. Die Alben, die davon erzählen, habe ich aus der Schublade im Sekretär geholt.
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Hinter dem "Efeugewölle" ist mein Häuschen versteckt...
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Am Freitag gab es doch tatsächlich Himmelsblau & Sonnenlicht.
Am frühen Abend war ich dann in der Nachbarschaft bei Freunden zum Weihnachtssingen. Es swingte ordentlich!
Der Anfang der Jahreszeit, die so ganz die meine ist, beschäftigt mich auch immer wieder, verbunden mit Dankbarkeit, weil es nun gemächlich wieder heller wird.
Solche und ähnliche Aussagen sind mir in den letzten Wochen vermehrt in den social media begegnet. Und sie haben mich angesprochen... Sie haben mich daran erinnert, dass für mich Weihnachten lange nicht den Glanz hat wie für die Jüngeren in der Familie, wie es mir stinkt, dass dafür so ein Weihnachtsmann allen Ruhm einheimst. Und offensichtlich scheint das momentan auch immer mehr anderen Frauen so zu gehen.
Weihnachten, dass hieß für mich über mindestens zwanzig Jahre: Doppel- bis Dreifachbelastung.
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Frau K. in der unteren Reihe, Mitte Projektthema "Engel" |
Beruflich habe ich meinen Schüler*innen die schönsten Wochen des Jahres beschert: Drei Wochen Projektunterricht zu besonders ansprechenden weihnachtlichen Themen ( Engel, Sterne, Weihnachten in aller Welt z.B., immer dem Jahrgang angepasst ). Das Herstellen eines dreizehnteiligen Kalenders mit Bildern aus dem Kunstunterricht gehörte auch Jahr für Jahr zum Programm ( und da nicht alle Kinder im Schulhalbjahr mit ihren Arbeiten fertig wurden, musste nachgearbeitet werden und ich den Überblick behalten ). Natürlich wurde dieser Kalender liebevoll als Geschenk für die Eltern verpackt in selbst hergestelltes Papier mit einen selbst gebastelten Gebamsel verziert. Und natürlich geschah das an den allerletzten Schultagen vor den Ferien. Und ebenso natürlich brauchte es dabei Hilfe, und jedes Kind hatte das Gefühl, zu kurz zu kommen und viele machten durch Quengeln aus meinem Hirn Haschée:
Einmal habe ich einem Kind, dass besonders ungeduldig war, entnervt gesagt: "Dann fass mal meine Stirn an, dann weißt du, wie es mir geht." Den Ausdruck von Ekel in seinem Gesicht, nachdem es an meine Stirn, in Schweiß gebadet, gepackt hatte, habe ich bis heute nicht vergessen. Zu all dem gab es in diesen Wochen den gemeinsamen Besuch eines Weihnachtsstückes, eine Weihnachtsfeier mit Eltern, Geschwistern, Großeltern, für die Gedichte, Lieder und Musikstücke eingeübt werden mussten. Und manches Mal, wenn mein Mann oder Mütter mir den Teig zur Verfügung stellten, wurden auch Plätzchen dafür gebacken. Fragt mich nicht, unter welchen Bedingungen das in verlotterten deutschen Schulgebäuden stattfand!
Kein Wunder, dass die Kinder in diesen Wochen immer aufgeregter, ja regelrecht durchgeknallter wurden vor lauter Erwartungen an das große Fest. Frau/man stelle sich das malgenommen mit zwanzig bis dreißig kleinen Menschen vor. Jauchzet, frohlocket...
Zuhause wartete auch ein Kind & eine große Familie auf ähnlichen Weihnachtszauber mit Besuch eines Weihnachtsstückes, mindestens eines Weihnachtsmarktes, gemeinsamem Basteln des Tannenbaumschmuckes ( jedes Jahr gab es ein neues Thema beim Kinderbaum ) oder von Geschenken für die geliebten Großeltern. Und ebenso hochgejuchert & nervlich angespannt war auch dieses Kind.
Geschenke für alle Familienmitglieder mussten erdacht, gefunden, gekauft, verpackt werden. Mein Mann gab sich immer viel Mühe mit dem Geschenk für mich, backte seine fünfundzwanzig Stollen für Kollegen, Freunde, Nachbarn und seine Plätzchen, die bis Karneval reichten, und beförderte den Baum in den Ständer & platzierte die ( echten ) Kerzen unter feuerpolizeilich genehmen Gesichtspunkten. Er kochte auch Teile des Weihnachtsmenüs ( übrigens ganz vorzüglich ). Aber für all das andere Drumherum war ich zuständig, auch für Einkaufs- und sonstige Listen, Besorgen, Verteilen, selbstredend auch für die ganze Weihnachtspost für die auch entfernte Verwandtschaft, die jährlichen Fotokalender für die Großeltern. Und klar, habe ich kurz vor Schluss auch noch den grade verlassenen Schwager zum Essen aufgenommen und manch anderen Wunsch kurzfristig erfüllt, bevor es dann am Weihnachtsfeiertag auf die Reise per Auto zu den Eltern bzw. ( wer grad dran war ) zur Schwiegerfamilie ging. Jauchzet, frohlocket... Entspannung war anders.
Ich kann mich erinnern, dass ich einmal - da war die Tochter schon Studentin und aus dem Studienort ins Elternhaus gekommen - so erschöpft war, dass ich auf eine blöde Bemerkung von ihr dermaßen ausgerastet bin, dass ich zur "Bescherung" erst am nächsten Tag in der Lage war, als ich mich wieder eingekriegt hatte...
Vor zwanzig Jahren hat sie dann allmählich Jahr für Jahr immer mehr übernommen ( vor allem das aufwändige mehrgängige Essen am Weihnachtsabend ) und in den letzten Jahren für mich und meinen Mann fürsorglich Weihnachtsatmosphäre geschaffen, zuletzt für mich alleine. Mittlerweile war sie selbst völlig in die übergroßen Fußstapfen des weihnachtlichen Helden getreten.
Jauchzet, frohlocket...
Das Weihnachtswunder ergab sich - gänzlich wundersam - beim Hören der ersten Takte des Bachschen Oratoriums. Als ich mir in dieser Woche
den dazugehörigen Film angeschaut habe, gab es am Schluss viele, viele Tränen aus Erinnerung an diese Magie, die dieses Fest auch für mich hatte, als ich noch Kind und unbelastet war, aber auch später, als ich mit dem mir eigenen, verfluchten Perfektionismus eine solche für meine Familie geschaffen habe. Ich bin gespannt, ob sich davon wieder etwas einstellen wird in den nächsten Tagen.
Die Inszenierung des Weihnachtsmannes, ob er Santa Claus oder Père Noël oder sonst wie genannt wird, empfinde ich inzwischen immer mehr als anmaßend und blöde. Mit Befana, der italienischen Weihnachtshexe, kann ich mich eher identifizieren. Denn zaubern, dass tun wir Frauen in dieser Zeit allemal viel mehr und besser.