Samstag, 12. Oktober 2024

Meine 41. Kalenderwoche 2024

 "Das neue Normal ist aber auch
 die unbehagliche Wahrheit, 
dass hier Kräfte wachsen, 
die gar keine demokratischen Mehrheiten 
brauchen, um mächtig zu wirken."
Meredith Haaf, "Mädchenmannschaft"

"Wer die Furcht kontrolliert, 
kontrolliert die gesamte politische Arena."
Eva Illouz, Soziologin

"Die Bereitschaft wächst, 
das eigene Anderssein als Maßstab für alle 
zu verstehen und durchsetzen zu wollen."
Klaus Kister

"Aber Widerstände verfügen 
über eine unzählige Bandbreit an Einwänden, 
die nie an der Grenze des Wissens scheitern, 
sondern sich immer 
aus den Weiten der Ignoranz speisen."
George Eliot, "Midddlemarch" (1871)

Da ich für ein Vorhaben Eicheln benötige, hab ich am letzten Samstag mittags überlegt, in den Stadtwald zu fahren, denn da weiß ich eine gute Stelle: An der haben mein Mann & ich mit dem damals noch kleinen M. im Herbst immer ordentlich Herbstfrüchte gesammelt. 

Also habe ich mich zur ( eher ungeliebten ) Haltestelle der Gürtelbahn begeben. Die kam auch sofort, schmiss uns dann aber zwei Haltestellen weiter schon wieder aus dem Zug: Nichts ging mehr, denn an der Kreuzung Aachener Straße war eine Bahn aus der Weiche gesprungen.

Also bin ich im Zickzack mit anderen Bahnlinien in die Innenstadt und von dort zurück zum Stadtwald gefahren ( ich glaube, die Linie 7 habe ich noch nie benutzt ). 


Ich mag die ordentlich bürgerliche Wohnbebauung aus den 1920er Jahren auf dem Weg zum Stadtwald gerne ( inzwischen sind die stattlichen Villen teilweise mit Firmenbüros belegt ). Dort befindet sich übrigens auch die Villa, in der sich Adolf Hitler am 4. Januar 1933 heimlich mit dem ehemaligen Reichskanzler Franz von Papen getroffen hat, um auszuloten, unter welchen Bedingungen Hitler und die NSDAP in eine deutsche Regierung mit deutschnationalen und konservativen Kräften eintreten könnten. Vier Wochen später war Adolf Hitler deutscher Kanzler und von Papen sein Stellvertreter. Was in den Monaten zuvor unmöglich schien, wurde Realität. Den Rest dürfte jede/r Leser*in kennen...



Von meinem Spaziergang werde ich ausführlicher am 20. Oktober berichten. Heim gekommen bin ich auch wieder mit der Kirche ums Kreuz, denn die Behinderung an besagter Kreuzung war auch vier Stunden später nicht behoben...

Am Sonntag fand wieder - diesmal der sechsundzwanzigste - Köln-Marathon mit mehr als 20 000 Teilnehmern bei Marathon plus Halbmarathon statt. Seit mein Bruder seinerzeit mitgelaufen ist, verfolge ich immer wieder mal dieses Ereignis - Kilometer 34 des Marathons liegt ja quasi vor meiner Haustür. Als ich die geschlossen hatte, hörte ich auch schon die eingängigen Rhythmen von "Samba É Vida", extra aus Meerbusch angereist. Die Verpflegungsstation am Kilometerpunkt leuchtete  in Orange.

Klar, wurde sie doch von den "Appelsinefunke", der Nippeser Karnevalsgesellschaft, zusammen mit der Handelskette R*WE, betrieben. Am ehemaligen Kaufhof warteten schließlich die veedelsansässigen "Ribombo de Nippes", um den Zuschauern wenigstens die Hüftsteifigkeit abzutrainieren und später die Läufer anzufeuern.


Ich wartete natürlich am Standort meines diesjährigen "12tel Blicks".

Wie könnte es in Köln anders sein? Auch ein Marathonlauf ist hier ein "Zoch"! Den ersten Läufer habe ich allerdings nicht gut aufs Foto gebannt bekommen, den zweiten schon.

Es dauerte, bis das breite Läuferfeld eintraf...

... und dankbar die Angebote an Wasser, Cola, Banane & Co wahrnahmen.

Gewonnen hat den Marathon Demeke Tadesse aus Äthiopien in zwei Stunden & zwölf Minuten. Mein Bruder hatte sich an diesem Sonntag auf einen Zehn-Kilometer-Lauf in seinem Naturschutz-Gebiet beschränkt, aber freudig Anteil genommen. ( Ehrlich gesagt sind wir erleichtert, dass er in seinem Alter nicht mehr mitläuft... )

An keinem anderen Tag seit dem Holocaust wurden mehr Juden ermordet als am 7. Oktober des vergangenen Jahres. Ich habe damals, da wegen eines unerwarteten gesundheitlichen Einbruchs hospitalisiert, dazu gesegnet mit zwei megaanstrengenden Bettnachbarinnen und einem Suizidversuch im Gebäude, so gar nichts mitbekommen und auch später einige Zeit gebraucht, um diese privaten Erfahrungen zu verarbeiten. Bis heute ringe ich darum, die Geschehnisse in Israel zu verstehen, nachzuvollziehen, mich zu positionieren. 

Es war mir an diesem Jahrestag eine innere Notwendigkeit, meine Anteilnahme auszudrücken, und so bin ich zur Synagoge gefahren, um eine Rose niederzulegen und inne zu halten.


In dieser Gegend um den schönen Rathenauplatz haben einstmals viele jüdische Kölner gewohnt und waren dann in sogenannten Judenhäusern zusammengepfercht worden, bevor sie zur Ermordung in den Osten deportiert wurden. Davon zeugen die vielen Stolpersteine in den Straßen, über die ich gelaufen bin. Ansonsten: Am Rathenauplatz gab es den ersten Bücherschrank in der Stadt - auch so eine Erinnerung, aber 'ne positive.

Runterkommen - wie kann man das besser, als beim Warten auf Handwerker? Am Mittwoch habe ich das zwei Stunden lang in der Wohnung der Nachbarn am Ende meines Gartens gemacht. Und anschließend dann auch noch drei in meinem eigenen Zuhause.

So ein Perspektivwechsel macht mir Spaß.


Am Donnerstag habe ich mich wieder in den Kölner Südwesten aufgemacht, um an einem offenen Dialognachmittag im neuen Historischen Archiv der Stadt Köln teilzunehmen. 





Offen gesagt, war ich neugierig, wo nun seit der unsäglichen Vernichtung der historischen Quellen beim Archiveinsturz vor über fünfzehn Jahren die Überreste untergekommen sind. Ein Freund meines Mannes war Archivar dort und das alte Gebäude war uns gut vertraut.


Mir hat das sachliche Gebäude gefallen, und richtig viel Eindruck haben mir die Ergebnisse einer Gruppe von Seniorenstudierenden gemacht, die sich Einbürgerungsgesuche  aus dem Archiv vorgenommen haben, die in Köln während der Franzosenzeit ( 1794-1815  ) gestellt worden sind. Wer kann schon die alte Kurrentschrift lesen?

Als ich durch den Unipark ging, kam mir der Geruch von zerbröseltem, trockenen Laubwerk in die Nase. Das ist dann die Zeit, zu  Hause vom Kaffee auf Verveine-Tee mit Zitrone & Honig umzusteigen...



Liebe Follower*innen und alle, 
die mir "nach dem Mund reden. Klar, die sind alle geimpft und das merkt man"!

Das war ja, so bloggermäßig gesehen, ein recht intensives Wochenende, dieses letzte, aufgrund der Reaktionen auf meinen letzten Kalenderwochenpost. "... viele Blogger, die kommen gar nicht mehr auf Deinen Blog, der eine einzige Lachplatte ist" - dafür war hier aber richtig was los: 

Immerhin haben sich an diesen Tagen die Zahlen der eingetragenen Leser*innen bis zu einer Zahl erhöht, von der ich schon länger geträumt habe, besagter Post wurde mehr als elfhundert Mal aufgerufen und auch mein Beitrag zu Emerenz Meier hat allein in zwei Tagen so viel Zuspruch erfahren, wie kein Great-Women-Post in den Wochen & Monaten zuvor. Was stört es also die deutsche Eiche, wenn sich die Wildsau an ihr kratzt? ( Um mal Walter Kempowski zu zitieren... )

Missgunst & Neid erfahre ich schon mein Leben lang: Dieses Gefühl, entsprungen aus einem selbst nicht immer wahrgenommenen Mangel, der sich aus dem Vergleich nährt, kenne ich gut. Neid sagt was über den Neider selbst aus: Wir suchen Vergleiche, wenn wir unsicher sind. Auf die Lebensspanne betrachtet, passiert das bei großen Umbrüchen, wie wir sie seit der Pandemie ja immer wieder erleben mussten. Das kann ich gut nachvollziehen, dass es einem bei der derzeitigen Polykrise so ergeht.

Nicht nachvollziehen kann ich, dass man dann mit Gehässigkeiten oder Beleidigungen im Trump-Stil gegen Leute agiert, die man nicht persönlich kennt. Manchmal sogar mit Verleumdungen/übler Nachrede, wie ich sie wiederholt während des Sterbens meines Mannes geschrieben bekommen habe: "Du hast ihn ausgeschaltet, [... ] du willst nur an sein Geld kommen". So was erfüllt den Strafbestand des  § 187 StGB und  ist strafrechtlich verfolgbar. Grade im Internet, denn dort gilt eine solche Verleumdung als öffentlich, so der Gesetzgeber. Öffentlich, weil die Behauptung von einem größeren, unbestimmten und nicht verbundenen Personenkreis unmittelbar wahrgenommen werden kann, um noch mal die Rechtslage zu verdeutlichen. Seinerzeit war ich viel zu angeschlagen, um entsprechend zu reagieren. Inzwischen bin ich anders drauf...

Klar: Jedes offene Kommunikationsangebot birgt die Gefahr eines Kontrollverlustes. Ich werde jetzt nicht, wie es bei anderen Bloggerinnen üblich geworden ist, die Kommentarfunktion völlig ausschalten, aber solche Äußerungen, die beleidigend & herabsetzend sind, falsche Tatsachen behaupten oder a priori unterstellen, man dürfe seine Meinung nicht sagen, kein Forum mehr in meinem Blog bieten. 

Aber das war eigentlich nur ein randständiges Thema für mich am letzten Wochenende, diese erwähnten Einschüchterungsversuche anonymer Besucher meines Blogs. Mein ursprüngliches Anliegen ist im Kommentarbereich des Posts leider auf der Strecke geblieben. Die Schreiberinnen dieser Kommentare dürften in der Schule unterm Aufsatz noch den Vermerk "Thema verfehlt" kennengelernt haben. Doch ihre Taktik des Nicht-Bezugnehmens machen ihnen ja ihre laut- und reichweitenstarken Vorbeter*innen bei den Öffentlich-Rechtlichen mit großem Erfolg vor: Jedes Thema, egal welches, kommt gelegen, um alleine die eigene Agenda unterzubringen. ( Und dadurch entsteht so ein Eindruck, wie eingangs im Zitat beschrieben. ) Aufs Gegenüber & seine Aussage wird nicht eingegangen. 

Mein Thema im Post waren die diversen Ausformungen der Gewalt gegen Frauen, aber nicht die Ausgrenzung von Schwulen & Lesben, nicht linke, nicht grüne Politik, nicht die Impfungen und auch nicht die "Woken". Monsieur Pelicot ist einem Volk zugehörig, dessen Verfassung Frauen den gleichen Wert zumisst. Wieso ist dann im Kommentar die Sprache von Menschen aus Ländern, in denen Frauen einen anderen Wert haben, "und diese Menschen haben hier nichts zu suchen"? Noch einmal: Es ging um Vergewaltigung, Mord, verbale Herabsetzung von Frauen durch Männer und das Ausbleiben eines versprochenen Gesetzes. Der "Meinungsaustausch" wurde also in eine Richtung geleitet, die mit meinem Anliegen nichts zu tun hatte. Wenn Kommentator*innen nicht bei der Sache bleiben wollen oder können, dann sollte frau ihre Energie anderweitig verwenden: Abschweifungen dieser Art werde ich zukünftig also nicht mehr tolerieren. 

Jetzt reicht's aber in dieser Angelegenheit: Runterfahren war die abgelaufene Woche angesagt! Wenn man in seinem Leben auf die Zielgerade gelangt ist, weiß man um die Halbwertzeit solch ideologischer Auseinandersetzungen. Allen, die sich unter besagtem Post sonst geäußert haben, sage ich diesmal allerdings ein extra


für ihre Geduld & Toleranz, bevor ich mich zu Andrea Karminrot in Berlin zum Samstagsplausch setze. Und ja, liebe Ivana, mit dir würde ich auch gerne auf dem Sofa sitzen & mich mit dir austauschen!

Macht et  joot!

                                                                                          


Außerdem verlinke ich mich auch wieder mit "Niwibo sucht Bunt", den Sonntagsschätzchen und dem Mosaic Monday.

3 Kommentare:

  1. Wir leben in einer Zeit, wo die Widerlichkeit ganz offen ihr Gesicht zeigt! Widerlich und dumm, so kann man es zusammenfassen. Meist Menschen, die, wenn sie überhaupt selbst bloggen, ihre Texte aus Vorlagen abschreiben, die Rechtschreibung nicht beherrschen und ihr Gift scheinbar nur über solche Medien loswerden, weil es in der Praxis keiner mit ihnen aushält. Dazu kommt, wie du völlig richtig schreibst, dass sie Inhalte nicht erfassen können oder wollen. Aber wer erwartet das auch bei solchen Personen? Dir, liebe Astrid, ganz herzliche Grüße! Sunni

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  2. Das erste Zitat ist besonders gruslig. Von einer möglichen "Tyrannei der Minderheit" sprach kürzlich ein Soziologe. Man mag sich das garnicht ausdenken...
    Toll aber, dass Dein kluger und umfassender Blog soviel mehr Zuspruch gefunden hat. Das hast Du sowas von verdient!
    Deine Woche war sportlich. Du warst viel unterwegs und um Dich rum waren auch viele unterwegs. Der Köln-Marathon hat ja eine super Stimmung. Mein Sohn läuft auch Marathon, aber nicht mehr die in den großen Städten. Er bevorzugt inzwischen die Provinz wie z.B. Schwabach und meist auch nur noch Halbmarathon. Ja, Ü40, da wirds gemütlicher...
    Danke, dass Du eine Rose niedergelegt hast. Ich weiß noch genau, wie es für Dich vor einem Jahr war. Eine schlechte Zeit.
    Gut, dass die persönliche Zeit inzwischen viel besser ist.
    Herzlichst,
    Sieglinde



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  3. Ich schließe mich Sunnis Worten an.
    Mit vielen lieben Grüßen, herzlichst
    Karin

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst! Ich setze allerdings voraus, dass am Ende eines anonymen - also von jemandem ohne Google- Account geposteten - Kommentars ein Name steht. Gehässige, beleidigende, verleumderische bzw. vom Thema abweichende Kommentare werde ich nicht veröffentlichen.

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