"In jüngern Tagen war ich des Morgens froh,
des Abends weint' ich; jetzt da ich älter bin,
beginn' ich zweifelnd meinen Tag, doch
heilig und heiter ist mir sein Ende."
Friedrich Hölderlin
Nach einer Woche mit schönen Sozialkontakten war mir nach Stille & Introspektion, nachdem ich wohl ein weiteres Wellental der Trauer in den letzten Wochen überstanden habe. Eine neue Gedichtsammlung auf dem Schoß, ein kaltes Getränk auf dem Tisch daneben - so habe ich dann den Wochenendabend auf meiner Terrasse verbracht.
"Der ewige Brunnen", eine von Dirk von Petersdorff neu überarbeitete Gedichte - Sammlung von 1955 habe ich mir geleistet. Literarische Überraschungen hielt sie aber nicht wirklich für mich bereit. Das ist wahrscheinlich auch schwer bei jemandem, der seit sechzig Jahren Lyrik liest...
Das erste Mal in diesem Jahr hab ich dann auch das Frühstück auf der Terrasse eingenommen. Bei 23 Grad war das einen Versuch wert. Und dazu, ganz wie in meiner Jugend, mit Sonntagsbrötchen & Schinken. Solche Genüsse tauchen auf meine alten Tage immer wieder mal in meinen Erinnerungen auf und dann gönne ich sie mir.
Der Wetterbericht für den Mittwoch sah Regen vor, also beste Vorraussetzungen für eine Unternehmung indoor. Der Dom war als erstes dran. Ich war schon gefühlte Ewigkeiten nicht mehr drin und habe Kerzen angesteckt.
Mein nächstes Ziel: das Museum Ludwig. Bevor sie in einem Monat zu Ende ist, musste ich die Ausstellung der Werke der wunderbaren Ursula ( Schultze - Bluhm ) anschauen. Ihre vielen Schreine oder Schränke hatte ich noch nie in natura gesehen, denn sie waren seit Jahrzehnten im Museumsdepot verschwunden & die Künstlerin, die immerhin über 30 Jahre in der Stadt gelebt hatte, so gut wie vergessen.
Ursula war mir als Teenager eine wichtige Inspiration für eigene Werke, die letztendlich auch Eingang in meine Mappe für die Aufnahmeprüfung an der Kunstschule fanden. Ihr galt dann auch 2014 schon mein fünftes Great-Women-Porträt in meinem Blog. Die Kölner Ausstellung umspannt ihre ganze Schaffenszeit von den Anfängen in den 1950ern bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts, ca. 200 Werke.
Den täglichen Eiskaffee habe ich dann auf der Terrasse des "Ludwig im Museum" eingenommen. Dort war ich auch schon über ein halbes Jahr nicht mehr gewesen. Am Nachmittag habe ich mich auf der hauseigenen Terrasse endlich allerhand organisatorischen & bürokratischen Dingen gewidmet und dabei wieder Neues kennengelernt ( Video-Identifikation z.B. ).
Überhaupt haben die gemäßigteren Temperaturen Mitte der Woche meine Produktivität gesteigert: Ich hab noch Bücher für den Bücherschrank aussortiert, zusammen mit Altglas weggebracht und "Akten" geschreddert. Und am Abend habe ich schließlich noch die Nichte mit Mann zum Kirschpflücken & Pizzaessen "empfangen".
"... heilig und heiter" ist mir dann ein solcher Abend...
... und lecker diese Knorpelkirschen! Am Abend drauf hab ich den Boulespielern zugeschaut.
Den Kirschbaum in meinem Garten hat er vor 37 Jahren gepflanzt. Nicht die einzige Erinnerung, die meinen Freitag dann zeitweilig überschattet hat angesichts des 20. Jahrestages, an dem mein geliebter "kleiner Bruder" uns unter tragischen Umständen für immer verlassen hat. Lange habe ich gebraucht, um dieses Ereignis ( das schlimmste bis dato in meinem Leben ) zu verdauen.
Das & die weiteren Verluste in den Jahren darauf, so meine Hoffnung, sollten mich genug gewappnet haben für den Verlust, den ich am allermeisten gefürchtet habe. Welch Selbsttäuschung! Seit nunmehr dreihundertsechzehn Tagen versuche ich zu akzeptieren & für mich einen Weg aus der Trauer zu finden.
Der Hölderlin-Vers hat sich auch an diesem Abend bestätigt: Die Laune hat sich den Tag über stark aufgehellt und war letztendlich "heilig und heiter", schien doch die Sonne bei angenehm warmer Temperatur ( die 25°C- Marke wurde nicht überschritten. Zum Juni meinten die Wetterleute notabene: zweitsonnigster seit Messbeginn! ) Und dann ist noch mein Bruder vorbei gekommen mit einer schönen Idee fürs Wochenende...
Sorry, es geht immer noch weiter mit den Prophezeiungen. Kaum ist die eine in der Welt, kommt schon die nächste um die Ecke:
Das Revolver - Blatt aus Austria - "Top informiert mit einem Klick" - u.a. spezialisiert auf solche Meldungen ( es ist nicht die erste dieser Art und wird auch nicht die letzte sein ), berichtet auch darüber. "Wahrlich wir leben in finsteren Zeiten" ( B. Brecht ).
Ich werde heute versuchen, Helligkeit in meinen Tageslauf zu bringen.
Daumen sind fest gedrückt für etwas mehr Helligkeit! Herzlich, Sunni
AntwortenLöschenManchmal ist es dunkel. Heute ist es angenehm nass, ich mag es heute und kuschel mich ein wenig ein. Im Ofen riecht es lecker. Ich hoffe sehr, Du findest Dein Licht. Trauer ist nicht planbar. Ein gutes Wochenende und liebe Grüße
AntwortenLöschenNina
Liebe Astrid,
AntwortenLöschendanke für den Einblick in deine Woche. Die Ursula Ausstellung habe ich mir auch angeschaut, fand sie aber ziemlich "schräg". Ich bin leider viel zu selten in Köln, meistens um etwas zu erledigen.
Ich wünsche dir ein schönes Wochenende, LG Heike
Das Wetter war heute nicht ganz so hell wie in den letzten Wochen liebe Astrid,
AntwortenLöschenich hoffe aber, Du hast die Helligkeit gefunden.
Ach ja die Aliens, die gibt es ja auch noch, könnte man glatt bei all den anderen Nachrichten vergessen.
Waren wir es ab. Wir haben schon so viele Weltuntergänge überlebt, dann schaffen wir das auch noch.
Hab einen schönen Abend, ganz lieben Gruß
Nicole
Ah ja, so sieht also ein Zeitreisender aus. Leider steht im Artikel nicht, welche Möglichkeit er dazu verwendet. Das wäre viel interessanter.
AntwortenLöschenGut 700km weg von zuhause schaffte ich es tatsächlich für eine kleine Weile zu mir selbst zu kommen. Auf dem Deich sitzend hielt ich Zwiesprache mit der Lieblingsmenschin, unabgelenkt. Ob durch den Wind oder die Trauer, es flossen die Tränen, einfach so. Jeder Mensch fehlt und dann das Glück in den Augen des Lieblingsmenschen sehen, als ich wieder Zuhause war.
Zeit und Muße für die Ursula-Ausstellung wäre schön gewesen, als ich in Köln war, denn die wäre auch mein Fall gewesen.
Viele liebe Grüße,
Karin
Liebe Astrid,
AntwortenLöschenich finde es toll, wie du immer versuchst, dir deinen Alltag so schön wie möglich zu machen, auch wenn manche Dunkelheiten darin liegen. Auf deinem Terrassentisch finde ich die Töpfe mit dem Zauberschnee so schön, ich mag ihn ganz besonders, habe mir aber dieses Jahr keinen gekauft. Auch der Schnittlauch im dekorativen Topf sieht toll aus.
Bin gerade noch zu deinem 12tel-Blick gehüpft. Deine Tischdekoration finde ich super, sehr schön! Und auf dem Plätzchen sieht der 6. Monat total nach Sommer aus.
Hab einen schönen Sonntag und sei herzlich gegrüßt
Ingrid
Trauer begleitet uns wie die Liebe, liebe Astrid. Leider ist es wohl so. Ich hoffe, die Tage werden wieder helle, doch die angenehmen Temperaturen können gerne bleiben. Unsere Kirschen sind schon alle aufgefuttert, was nicht wir gepflückt haben, haben die unzähligen Gartenvögel erledigt. Ganz liebe Sonntagsgrüße, Nicole
AntwortenLöschenAh, jetzt weiß ich welche Ursula Du kürzlich gemeint hast. Nicht die historische, sondern eine echte, die Dich beeindruckt hat. Das Portrait muss ich bei Gelegenheit nachlesen.
AntwortenLöschenDeine Woche hatte viele Erinnerungsmomente. Gut, dass Du Kerzen im Dom angezündet hast. Das Fenster von Richter erinnert mich immer an Deine Karnevalsfleckerl auf dem Header...
Hab einen guten Sonntag! Wir werden ihn in München verbringen.
Herzlichst, Sieglinde
Liebe Astrid,
AntwortenLöschenwenn ich deine Zeilen so lese, dann würde ich dir so gern helfen, ich weiß nicht wie.
Die Trauer ist schlimm. Trotz allem, du hast deine "Bande" um dich herum, Liebe Grüße,
Claudia
Liebe Astrid,
AntwortenLöschenmein Gott, wer liest denn sowas? War mein erster Gedanke als ich las "Aliens kommen...". Schaffen wir das denn nicht schon alleine? Aber, wenn es ein Zeitreisender ist, dann muss er es wohl wissen. Aber so einen Quatsch gab es schon immer und wird es auch immer geben.
Ich wünsche Dir einen wundervollen Sonntag.
Viele liebe Grüße
Wolfgang
kann Trauer je vergehen liebe Astrid, ich bezweifle es mittlerweile - sie schüttelt einen, knechtet uns, tut einfach nur weh und ist so dicht an uns dran - immer wieder...
AntwortenLöschenich sehe dich im Dom, kniehend, begleite dich mit der meinen die ich versuche abzustreifen und doch zu akzeptieren als ein Ganzes das zum Leben gehört, wir tragen müssen. Trost fnden wir nur vorrübergehend in kleinen Dingen der Ablenckung im Alltagsgeschehen, hoffen im Laufe der Zeit wird sie stiller, kleiner, aushaltbarer - vergessen werden wir geliebte Menschen nie....
ich halte oft deine Hand im Schlaf wenn ich träume..
wünschte ich könnte dem Schmerz der Trauer besser begegnen.
angel
eine beschauliche Woche ..
AntwortenLöschenja.. es geht oft auf und ab..
zum einen waren die kühleren Temperaturen gut um zu arbeiten
zum anderen kommen bei dunklen Wolken auch eher dunkle Gedanken auf
und Gedenktage haben es immer in sich :(
aber gut dass es sich auch immer wieder aufhellt
mit deinem Besuch im Dom erinnerst du mich daran dass ich da auch unbedingt noch über meinen schreiben muss ;)
hab einen schönen Sonntag
Rosi
Liebe Astrid, ich kann verstehen das es ein schwerer Jahrestag für dich ist, fühl dich gedrückt. Ich glaube das Buch wäre evtl. sogar etwas für meinen Mann, werde ich ihm gleich mal zeigen. Ich wünsche dir einen schönen Sonntag. LG moni
AntwortenLöschenLiebe Astrid,
AntwortenLöschenich wünsche dir einen wunderbar hellen Sonntag und eine gute neue Woche.
Lieben Gruß von Marita
Liebe Astrid, ich wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft. Für mich ist die schönste „Kirchenanlaufstelle“ in Köln nicht der Dom, sondern die Antoniterkirche (auch wenn ich katholisch bin) Ich finde es so schön, den schwebenden Engel von Ernst Barlach anzusehen. Er schafft irgendwie eine friedliche Stimmung. Herzliche Grüße aus dem Sauerland- Andrea
AntwortenLöschenDas satte Grün auf vielen deiner Bilder, zeigt dass es Sommer ist. Schön, dass es auch in der Grossstadt Schattenspendende Bäume gibt. Manchmal kann auch ein ganz simples Schinkenbrötli gute Laune machen.
AntwortenLöschenL G Pia
Schwere liegt auf deinem Text. Ich spür's! Und mir fällt eine Zeile aus dem Film "Verborgene Schönheit" ein. Da spricht die Liebe zum Vater eines verstorbenen Mädchens. Er ist verzweifelt und zerbricht fast an seiner Trauer ... und er schimpft mit der Liebe und er wirft ihr Allerlei vor ... und ich weiß nicht mehr auf welchen Satz sie es dann sagt, aber sie sagt, dass die Liebe ja noch immer da ist. Trauer ist eine Form von Liebe.
AntwortenLöschenDiesen Gedanken finde ich einfach wunderschön!
Ja, das ist zutreffend und wohl wahr. Die erste Form der Liebe hat mir nur besser gefallen, kannst du dir sicher vorstellen.
LöschenLiebe Grüße nach Wien!
ach,, dein Lyrik klemmt..
AntwortenLöschenist nicht vorhanden sagt Blogger
Ich hab den Post am Montagabend nicht mehr fertig bekommen und vergessen, ihn abzubestellen. Sorry & liebe Grüße!
Löschendie ursula-ausstellung hätte ich auch gern gesehen, da wär ich sicher vor vielem staunend davorgestanden.
AntwortenLöschenmit dir kirschen auf deiner wunderbaren terrasse zu essen und dich mal in den arm zu nehmen und zu drücken wäre auch sehr schön gewesen. leider werde die entfernungen im zunehmenden alter irgendwie immer weiter...
herzliche grüße und viele heitere sommertage
mano