Donnerstag, 9. Juni 2022

Great Women #302: Dorothea Erxleben

Über die heutige großartige Frau stolpert frau immer wieder, wenn es darum geht, wer wann was zuerst gemacht hat, z.B. die erste Frau an einer Universität, die erste Promotion in Medizin, die erste in Mathematik usw. Dorothea Erxlebens Name ist dann immer dabei, denn sie ist die erste Frau gewesen, die an einer deutschen Universität in Medizin den Doktortitel erworben hat, und das schon 1754. Der nächsten Frau gelang das erst wieder 1817.


"Wer nicht warten kann, kann auch nicht heilen"

Steinweg 51
Source
Dorothea Erxleben erblickt als Dorothea Christiana Leporin am 13. November 1715 in Quedlinburg das Licht der Welt. Ihre Eltern sind der 26jährige Dr. Christian Polykarp Leporin, Arzt in Aschersleben und späterer Stadtphysikus von Quedlinburg, und die acht Jahre ältere Anna Sophia Meinecke, Tochter des angesehenen Hauptpredigers von St. Nicolai und Konsistorialrates Albert Meinecke, der einundsechzig Jahre in Quedlinburg gewirkt hat. Das Haus der Familie im Steinweg 51 ist heute noch erhalten. Dorothea ist ihre zweite Tochter, Maria Elisabeth ist drei Jahre zuvor geboren. Zwei Jahre nach Dorothea kommt im Steinweg auch ihr Bruder Christian Polykarp zur Welt, Johann Christian Justus folgt 1720.

Dorothea ist ein zartes, kränkliches Kind, das einen Großteil seiner frühen Lebensjahre im Bett verbringen muss. Sie legt jedoch eine große Wissbegierde an den Tag und bringt sich im Alter von vier Jahren das Lesen bei. Willkommene Ablenkung ist ihr die Anwesenheit während des Unterrichts des Bruders durch den Vater.

Dorotheas Vater gehört zu jenen Männern der Zeit der Aufklärung, die beklagen, dass die Talente begabter Frauen in der Küche und am Nähtisch verschwendet werden. Und Dorothea ist begabt. Also unterrichtet der Vater sie gemeinsam mit dem Bruder. Da sie lerneifriger ist, stachelt sie den Bruder beim Lernen sogar mit an. Sie wird in Französisch & Mathematik unterrichtet, Religion & Geschichte lehrt sie Diakon Erxleben. Dorothea verliebt sich schon in ihrer Jugend in den achtzehn Jahre älteren, mit ihrer Cousine Sophia Elisabeth Meinecke verheirateten Mann.

Als der Bruder Lateinunterricht vom Rektor des örtlichen Gymnasiums erhält, nimmt auch Dorothea daran Anteil. Allerdings zu Hause, denn es gebietet der Anstand, dass das Mädchen nicht außer Haus zu einem Lehrer geht. Also arbeitet Dorothea dort die Lektionen durch, die der Bruder mitbringt. Manchmal bekommt sie noch zusätzliche Aufgaben angetragen. Tobias Eckhard, der Rektor, schreibt an Dorotheas Vater über das Mädchen: "Hier drinnen, lieber Freund, steckt etwas, das hoch hinaus will ... vielleicht höher, als wir beide ahnen … höher jedenfalls, als wir in unserem begrenzten Denken einem Frauenzimmer zugestehen…"

Es ist auch Eckhard, der in Briefen an Dorothea von seinen Reisen auf die Italienerin Laura Bassi aufmerksam macht, die in Bologna 1732 promoviert hat.

Auch medizinische Schriften gehören zum Ausbildungsprogramm der Arzttochter, und ab ihrem 16. Lebensjahr nimmt der Vater sie auf seine Krankenbesuche mit, ja, lässt sich von ihr gelegentlich in der Praxis vertreten. Sie darf Wunden verbinden, Pflaster auflegen und Arzneien mischen. Die Mutter besteht allerdings darauf, dass Dorothea auch im Haushalt angelernt wird, was sie akzeptiert. Sie legt sich freilich immer ein Buch auf dem Küchentisch zurecht, damit sie nebenher studieren kann.

"Ich war um so viel williger, derselben fleißigen und getreuen Unterricht anzunehmen und mir auf das beste zu Nutzen zu machen, je mehr ich glaubte, daß alle wohlgesittete junge Frauenspersonen in den Studiis eben so fleißig als in Dingen, die Haushaltung betreffen, müßten unterwiesen werden. Und weil ich urtheile, daß die Gelehrsamkeit unserem Geschlechte nicht allein wohl anstehe, sondern auch Frauenspersonen nach derselben zu trachten verbunden wären, wurde ich niemals überdrüßig, mich unterrichten zu lassen..."

Links das Gebäude der Ratswaage,
in dem die Universität Halle
nach der Gründung untergebracht war

Als ihr Bruder Christian 1740 in die neu gegründete Universität von Halle eintritt, würde es ihm Dorothea gerne gleich tun - doch Frauen werden nicht zugelassen. Es scheint wohl eine Idee der Äbtissin des Quedlinburger Frauenstiftes, Marie Elisabeth von Holstein-Gottorf, Patientin bei Vater Leporin, gewesen zu sein, dass Dorothea sich an den gerade installierten jungen König von Preußen, Friedrich II., bei seiner Erbhuldigung in der Stadt wenden und um Erlaubnis für ein Studium ersuchen solle. 

Vorher hat aber schon der Ausbruch des ersten Schlesischen Krieges die Pläne der Geschwister Leporin durchkreuzt: Der Bruder, seit 1735 Unteroffizier, soll mit in den Krieg ziehen. Ohne Christian hat Dorothea keinen Zugang in jeglicher Form zu den Vorlesungen. Im Vertrauen auf ein königliches Reskript, das den Bürgersöhnen den Militärdienst erlässt, wenn sie zum Zeitpunkt der Einberufung bereits Cives Academici sind, leistet Christian Leporin seiner Einberufung nicht Folge, sondern setzt zunächst sein Studium fort, was als Fahnenflucht gewertet wird. Und auf die steht die Todesstrafe. Er flüchtet sogar in die nahe gelegene Landgrafschaft Hessen-Kassel.

Dorothea versucht nun, ihre Wünsche nach Universitätszulassung mit der Bitte um Gnade für den gefährdeten Bruder zu verbinden und übergibt den Gesandten des Königs eine Schrift, die sie selbst verfasst hat und worin sie in aller Form bittet, den Bruder vom Militärdienst zu befreien und ihnen beiden das Studium der Medizin in Halle zu ermöglichen. Obwohl die Kommissarien wohlwollend nach Berlin berichten und die Herren von Lüderitz und von Plotho sogar beim Generalauditorium vorstellig werden, verzögert sich die Bearbeitung des Amtsvorganges.

Unterdessen verschärft sich die Situation der Familie Leporin weiter: Als Ersatz für den Deserteur soll der jüngere Bruder Johann Christian, Kaufmannslehrling zu diesem Zeitpunkt, eingezogen werden. Da auch dieser nicht Folge leistet, droht letztendlich dem Vater eine strenge Haft, so dass der sich ebenfalls verflüchtigt.

Schließlich und endlich wird am 1. Dezember 1740 die Rechtslage für Studenten durch ein königliches Reskript eindeutig geklärt: Danach sind grundsätzlich alle Studenten auf Wunsch vom Militärdienst freizustellen.

Auch der Petition Dorotheas ist letztendlich ein positives Schicksal beschieden: Am 30. März 1741 erklärt das Preußische Departement der Geistlichen Affairen, "alles was uns möglich ist beyzutragen", dass "diese beyde Candidaten" studieren und promovieren könnenMit diesem Schreiben wird die Aufnahme des Studiums für Dorothea sowie die Fortführung desselben für Christian genehmigt, die Entlassung vom Militärdienst verfügt und sogar ein "Beneficium", ein Stipendium, in Aussicht gestellt. Eine solche finanzielle Unterstützung der beiden Studienkandidaten käme sehr gelegen, denn die finanzielle Lage der Leporins ist angespannt. Ein königlicher Erlass an die Universität Halle vom 15. April 1741 lautet dann  noch:

"Seine Majestät verfügt, daß die ihm zu Gnaden empfohlene Leporin der medizinischen Fakultät in Halle bezüglich vorzulegender Promotion rekommandiert sein solle, sobald sie sich dieserhalb weiterhin melden würde."

Eine in entsprechenden Kreisen nicht unumstrittene Entscheidung!

Als ob Dorothea sich damit nicht schon vorher auseinandergesetzt hätte, und zwar schriftlich, sogar schon drei Jahre zuvor! 1742 veröffentlicht sie diese Notizen unter dem Titel "Gründliche Untersuchung der Ursachen, die das weibliche Geschlecht vom Studieren abhalten, Darin deren Unerheblichkeit gezeiget, und wie möglich, nöthig und nützlich es sey, Daß dieses Geschlecht der Gelahrtheit sich befleiße, umständlich dargeleget wird." Der Vater soll sie dazu ermuntert haben. Auf 15 Druckbögen, 240 Seiten, die in 410 Paragraphen eingeteilt sind, setzt sie sich mit den Vorurteilen ihrer Zeitgenossen auseinander.

Christian jedoch, aus dem Militärdienst entlassen, verlässt die Universität in Halle ein Jahr später, geht nach Göttingen, wo er Ende 1743 promoviert.

Und Dorothea? Die hat inzwischen am 14. August 1742 im Alter von 27 Jahren den Diakon Johann Christian Erxleben, inzwischen Witwer & Vater von fünf Kindern, geheiratet. Mit der Eheschließung liegen ihre Prioritäten nun ganz bei der Familie und so legt sie das große Privileg, an einer Universität promovieren zu dürfen, erst einmal ad acta.

"Ob ich gleich durch die Erfahrung überzeuget wurde, daß der Ehestand das Studiren des Frauenzimmers nicht aufhebe, sondern daß es sich in der Gesellschaft eines vernünftigen Ehegatten noch vergnügter studiren lasse, wurde dennoch die vorgehabte Promotion durch meine Heyrath vorerst verzögert, da die mir nunmehro obliegende Sorgfalt für die Erziehung fünf annoch unerzogener Kinder, deren Anvertrauung ich als das erste Pfand der Liebe meines Mannes anzusehen hatte, meine Abwesenheit nicht wohl verstattete; ich auch in dieser vergnügten Ehe öfters erfahren mußte, daß traurige und fröhliche Zufälle abwechselten."

Ihre verstorbene Cousine Sophia hat sie im Pfarrhaus der Neustädter Nikolaikirche natürlich oft besucht und ein freundschaftliches Verhältnis zu ihr gepflegt und ihre Kinder aufwachsen sehen. Es ist durchaus naheliegend, dass sie sich der Halbwaisen - die älteste, Friedrich Georg Christian, ist gerade neun Jahre alt - annimmt. Eben jener Friedrich wird ihr später schriftlich seine Dankbarkeit bezeugen, "gegen diese ewig theure und geliebte Mutter, die es, wie es schien, mit Hintansetzung ihrer selbst, mir und meinen Geschwistern ward..."

Neben dem Familienleben und den Aufgaben als Frau eines Diakons bleibt ihr nicht viel Zeit zum weiteren Studieren:

"Meine damaligen Umstände verstatteten weiter nichts, als daß ich alle Zeit, welche mir die häuslichen Geschäfte übrig liessen, dazu anwendete, in denen vornehmsten so wol theoretischen als practischen Theilen der Medicin mich immer vester zu sehen und nicht so glücklich werden konnte, diejenigen zu hören, welchen ich das, was ich weiß, zu danken habe, gereichte es mir dennoch zu einem ausnehmenden Vergnügen, daß ich mir ihre gründlichen Schriften zu Nutze machen konte. Ich bediente mich besonders derer nie genug zu rühmenden Albertischen und Junckerschen, wie auch derer Hoffmannschen, Werlhoffischen, Coschwitzischen, Börhavischen und anderer Gelehrten Schriften."

Die Wissenschaft gibt sie also nicht auf, auch als sie in ihrem zweiten Ehejahr im Juni 1744 ein leibliches Kind bekommt, Johann Christian Polycarp Erxleben. Zwei Jahre später, im September 1746 bringt sie Christian Albert Christoph zur Welt.

Im November 1747 stirbt dann nach längerer Krankheit Dorotheas Vater, der ihr so viel bedeutet und sie so gefördert & ermutigt hat. Sie muss nunmehr die gesamte Praxis des Vaters übernehmen, auch um finanzielle Verpflichtungen, die seine Erben abzulösen haben, einzuhalten. Zu all diesen Belastungen kommt eine langwierige Krankheit ihres Mannes.

Im März 1750 wird Dorotheas einzige Tochter Anna Dorothea geboren, aus deren späterer Familie ( sie heiratet einen Wigand) einmal eine Reihe bekannter Wissenschaftler hervorgehen wird.

Ungeachtet der Tatsache, dass sie weder ein Studium noch eine Promotion vorweisen kann, kümmert sich Dorothea um die Patienten aus der Praxis ihres Vaters. Sie wendet sich aber auch besonders armen, schlecht zahlenden Patienten zu, die ihre Ärztekollegen in der Stadt froh sind, nicht übernehmen zu müssen. Ihr größer werdender Patientenkreis ist aber wohl auch auf ihre erfolgreiche Behandlung der Krankheit ihres Mannes zurückzuführen.

Am 16. Februar 1753, sechs Jahre nach dem Tod des Vaters, wird Dorothea dann ein amtliches Schreiben des Stiftshauptmannes von Schellersheim zugestellt. In der Anlage befindet sich ein Brief der Quedlinburger Ärzte Johann Tobias Herweg, Henricus Wilhelmus Grasshoff und Andreas Adolph Zeitz, die schwerwiegende Vorwürfe gegen die junge Frau erheben und sie der Kurpfuscherei beschuldigen. Dorothea soll für den Tod einer Frau an Fleckfieber – "Friesel" – verantwortlich sein.

Auf das verleumderische Pamphlet antwortet Dorothea fünf Tage nach Zustellung des Schreibens mit großer Sachlichkeit und systematisch vorgehend. Auch legt sie dar, warum sie das Examen nicht abgelegt hat und bekundet, dass sie dazu immer noch bereit sei. Die drei Ärzte reagieren mit weiteren böswilligen Unterstellungen. Die vierte Schwangerschaft Dorotheas kommentierten sie so:

"... aus dem Wochen Bette unter den Doctor Huth kriechen, ist ja wohl ein paradoxon... und warum hat Sie es dahmahls im ledigen Stande nicht gethan, Sie war ja hin nach Halle mit ihren Bruder, aber Sie kam schöne wieder in der Weiber Mütze."

Obwohl kein eindeutiger Beweis für den Vorwurf erbracht wird, wird Dorothea der Betrieb der Praxis vorerst verboten.

Der Stiftshauptmann gibt ihr schließlich drei Monate Zeit, das Examen nachzuholen. Doch zuvor kommt am 14. April 1753 ihr viertes Kind, Johann Heinrich Christian, zur Welt, der später Jurist, Kaiserlicher Notar und Vizekanzler der Universität Marburg werden wird. Sie muss also um Aufschub des Termins zur Fertigstellung der Promotionsschrift bitten. Zum 6. Januar 1754 meldet sie sich zur Promotion.

Die Dissertation mit dem lateinischen Titel „Quod nimis cito ac iucunde curare saepius fiat causa minus tutae curationis“ und das Promotionsexamen absolviert sie mit der Erlaubnis des preußischen Königs. Ihre Prüfung und den Abschluss absolvierte sie mit Bravour:  

„Sie hat allein zwey ganze Stunden hindurch die an sie gethane Fragen mit einer bewunderungswürdigen Bescheidenheit und Fertigkeit angenommen, gründlich und deutlich darauf geantwortet, und die vorgelegten Zweifel mit der gröster Richtigkeit aufgelöset. Hierbey bediente sie sich eines so schönen und zierlichen Lateins, so daß wir glaubten, eine alte Römerin in ihrer Muttersprache reden zu hören. Eben so geschickt und geschwind zeigte sie ihre zusammenhangende und gründliche Erkentniß in der Lehre von der Gesundheit des Cörpers, in der Wissenschaft von den Krankheiten desselben, und ihrer Heilung; so war ihr auch gleichfalls die Materia medica, und die Art Recepte zu verschreiben, nicht unbekant."

Am 12. Juni 1754 wird sie nach langem Warten von Professor Johann Juncker zum "Doktor der Arzeneygelahrtheit" ernannt. Juncker ist von seiner Doktorandin derart angetan, dass er sich in den "Wöchentlichen Hallischen Anzeigen" zur Prüfung äußert, um die einzigartige Leistung Dorotheas auch in einem außeruniversitären Kreis bekannt zu machen. Auch an den König geht ein Bericht, der darauf schriftlich reagiert.

1755 erscheint die deutsche Entsprechung ihrer Dissertation mit dem Titel "Academische Abhandlung von der gar zu geschwinden und angenehmen, aber deswegen öfters unsichern Heilung der Krankheiten". Darin bezeichnet sie beispielsweise Schwitzen als Allheilmittel als lächerliche Ansicht und warnt ausdrücklich vor einem zu raschen Wechsel des Medikaments, wenn nach Meinung des Patienten die Wirkung nicht rasch genug eintritt. 

Es ist geradezu bewundernswert, dass Dorothea diese Übersetzung und Kommentierung innerhalb eines Jahres geschafft hat, denn neben der Ausübung der ärztlichen Praxis, den Pflichten einer Pfarrfrau und den Sorgen um eine große Familie, noch wissenschaftlich zu arbeiten, ist das eine enorme Leistung. Zudem betrauert sie in diesem Jahr den Verlust ihres zweiten Sohnes Christian, der mit nur neun Jahren gestorben ist.

Nach dem erfolgreichen Examen und dem Erlangen des offiziellen akademischen Grad als Ärztin übt Dorothea Christiane Erxleben für ihr restliches Leben diesen Beruf in Quedlinburg aus. Es gibt schriftliche Zeugnisse, die von der Zufriedenheit ihrer Patienten berichten. 

1757 stirbt ihre Mutter und anderthalb Jahre später, am 26. März 1759, ihr Mann im Alter von 61 Jahren. Als Witwe eines Geistlichen bekommt sie üblicherweise für ein Jahr nach dem Tod geringe Bezüge.

Am 13. Juni 1762, also vor 260 Jahren, erliegt die sonst so erfolgreiche Ärztin mit 47 Jahren selbst einem Brustkrebsleiden.

Einen Monat später druckt die "Berlinische privilegierte Zeitung" einen Nachruf: 

"Diese Stadt bedauert den Verlust einer Seltenheit des schönen Geschlechts, den sie durch den frühzeitigen Tod der Hochgelehrten und Hocherfahrenen Frau, Frau Dorothea Christiana Erxleben, geborene Leporin, der Arzeneygelahrtheit Doctor erlitten. Diese sowohl durch ihren edlen Charakter und ungeheuchelte Gottesfurcht würdige, als durch schöne und gründliche Wissenschaften berühmte Frau, schrieb mit gleicher Leicht- und Gründlichkeit in Deutscher, Französischer und Lateinischer Sprache, sowohl in Prosa als ligata oratione, und erhielt den Doctorhuth den 12. Juni 1754 auf der Universität Halle. Unermüdet das Elend des armen Nächsten zu lindern, exercirte sie praxin medicam mit Ruhm, Glück und göttlichem Seegen.[..] hätte es doch Gott gefallen diese Jahre zu verdoppeln!"

Bis es Frauen im Deutschen Reich generell erlaubt wird zu studieren, dauerte es nach Dorotheas Tod noch fast hundertvierzig Jahre. Erst am 20. April 1899 bekommen Frauen die Erlaubnis, an den Staatsprüfungen für Fächer wie Medizin, Zahnmedizin und Pharmazie teilzunehmen. Zwar gibt es einige Ausnahmen, wo es weiblichen Studentinnen gelungen ist zu promovieren ( Charlotte Heidenreich, Henriette Hirschfeld-Tiburtius, Ida Democh-Maurmeier und Mathilde Wagner ), doch es dauert noch bis zum Jahr 1900, dass nach dem ordentlichen Beschluss des Bundesrates die ersten Ärztinnen ihre Staatsexamina ablegen dürfen. Baden ist das erste Bundesland, das 1900 mit seinen Universitäten Freiburg und Heidelberg Frauen zum Medizinstudium zulässt. An den preußischen Universitäten können sich Frauen für das Studium der Medizin sogar erst zum Wintersemester 1908/09 einschreiben.


Heute trägt das Lehrklinikum der Universität Magdeburg in Quedlinburg ihren Namen. In Quedlinburg am Kornmarkt gehört die Darstellung der Dorothea Erxleben seit 1993 zu dem von Bernd Göbel von 1986 bis 1989 geschaffenen Ensemble der Brunnenfiguren. Anlässlich ihres 300. Geburtstags widmete Google ihr ein Doodle. Zahlreiche Straßen in ganz Deutschland tragen inzwischen ihren Namen. So viel Beharrlichkeit, gegebene Umstände nicht als unabänderlich hinzunehmen, sollte nicht vergessen werden...





6 Kommentare:

  1. Nehmen wir uns ein Beispiel an ihr, kann man nur sagen. Herzlichst, Sunni

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  2. Erxlebens Biographie ist absolut beeindruckend! Was für eine Frau!
    Liebe Grüße
    Andrea

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  3. kannte nur die briefmarke und bin froh so vieles über Dorothea Erxleben zu erfahren ! lieber gruss
    mo

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  4. die Briefmarke kenne ich natürlich
    aber der Name und die Person dahinter waren mir unbekannt
    eine erstaunliche Frau die trotz persönlichen Schwierigkeiten
    und dazu noch der Aufgabe eine große Familie zu pflegen
    unbeirrbar ihr Ziel verfolgte und auch erreichte
    da könnte sich wirklich mancher eine Scheibe von abschneiden
    vor allem die Mamas die vor lauter Handy ect. schon mit einem Kind überfordert sind
    wieder ein tolles uns ausführliches Portrait
    dankeschön

    liebe Grüße
    Rosi

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  5. hier in der region ist ihr name natürlich bekannt und in quedlinburg natürlich erst recht. aber ich habe doch tatsächlich noch nie den brunnen fotografiert, werde das aber beim nächsten besuch dort nachholen.
    eine beeindruckende frau, deren biographie ich im detail noch nicht kannte, aber von der ich sehr beeindruckt bin.
    wieder mal ein dickes dankeschön für deine recherche und den beitrag!
    liebe grüße
    mano

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  6. Ein beeindruckender Wille nach Wissenserwerb schon im Kindesalter und eine Zähigkeit trotz der vielfach sie fordernden Lebensumstände, Hut ab vor dieser energischen, zielstrebigen Frau! Danke für das Portrait, wieder eine Frau mehr kennengelernt. Lieben Gruß, Eva

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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