Mittwoch, 1. Mai 2019

Mein Freund, der Baum: Japanische Nelkenkirsche

Seit mehreren Jahren höre und lese ich immer wieder über den touristischen Hype um die Bonner Heerstraße, die inzwischen eine beliebte Anlaufstelle für Touristen, vor allem aus Asien, ist. Heutzutage gilt dieses Viertel, das zu meinen Studententagen ein etwas abgewracktes Handwerkerviertel mit schmalen Straßen, aber viel Durchgangsverkehr war ( und von daher günstig , was die Zimmermieten anbelangte ) im Frühling als eines der schönsten der ehemaligen Bundeshauptstadt. Der Reiseanbieter "Travelcircus" kürte die Heerstraße sogar zu einer der 15 schönsten Straßen der Welt. Der Grund: Stadtplaner befassten sich Mitte der Achtzigerjahre mit der Sanierung, historische Fassaden wurden endlich gepflegt, die Verkehrslage beruhigt und - vor allem - Japankirschen gepflanzt  - alles damals nicht zur Freude der Anwohner. Und heute sind die wieder sauer, weil sich in der Zeit der Kirschblüte unendlich viele Touristen in der Straße tummeln ( und sich wohl auch daneben benehmen - im letzten Jahr tauchten Plakate auf, auf denen gedroht wurde, Kupfernägel in die Bäume zu schlagen, um den Fotowahnsinn zu stoppen ). Die Heerstraße mit ihren blühenden Kirschbäumen verfügt über "Instagramability", sieht also im Foto-Netzwerk Instagram gut aus. Und das gilt im Tourismus mittlerweile als harte Währung. Ich habe das Phänomen zum Anlass genommen, über den Baum zu recherchieren und ihn zu fotografieren, um euch einen Post in der Reihe "Mein Freund, der Baum" bieten zu können.

Bei den in Bonn und vielerorts gepflanzen Japankirschen handelt es sich um die Japanische Nelkenkirsche prunus serrulata 'Kanzan'. 'Hisakura' ist eine Wuchs zwar ähnlich Art, doch deren Blüten sind ungefüllt und lichtrosa:



Eine in den Blüten der Nelkenkirsche 'Kazan' recht ähnliche Form ist 'Kikiu shidare zakura', die Kaskadenkirsche, eine andere Sorte die Japanische Säulen-Kirsche prunus serrulata 'Amanogawa‘, die schlank in die Höhe wächst. Insgesamt bieten hiesige Baumschulen und Gartencenter bis zu zehn verschiedene Varianten an, darunter auch hängende und rotblättrige Arten. 

Die bei uns gepflanzten Japankirschen sollten nicht mit der Japanischen Maienkirsche prunus x yedoensis 'Somei Yoshino' verwechselt werden, die im Mittelpunkt des berühmten  Festes der Japaner - Hanami, (Tag des Grüns 29. April bis 5. Mai)  - rund um die Kirschblüte - Sakura - steht. Die Japanische Maienkirsche ist übrigens der Klon eines einzigen Baumes, der  durch Pfropfen auf der ganzen Welt verbreitet worden ist. Der Ursprung dieses variantenreichen Bastards ist sowohl botanisch als auch geographisch nicht mehr festzustellen.

Eine schöne Website über die diversen, in Japan blühenden Sorten ist hier zu finden.

Alle Japankirschen gehören zur Gattung Prunus mit ungefähr 250 Arten, darunter die uns so bekannte Aprikose oder Marille, die Kirschpflaume ( mein letzter Baum - Post ), unsere Pflaume, die Schlehe, die Vogel-Kirsche, Urform unserer Süßkirsche, die Sauerkirsche, die Gewöhnliche Traubenkirsche, die Mandel und der Pfirsich.

Die meisten Japankirschen sind Hybrid-Sorten, und solche wie die 'Kanzan' sind über eine lange Zeit in Richtung auf eine große, gefüllte und lange Blüte gezüchtet worden - und damit auch überzüchtet , da vollkommen steril und für Insekten uninteressant und kaum duftend. Bei diesen Bäumen wurden die Staubgefäße zu Blütenblättern umgezüchtet, es gibt also keine Früchte und somit entfällt, was eigentlich einen schönen Kirschbaum ausmacht.  

Um neue Bäume zu erhalten, werden Reiser der Japankirschen auf einen Stammbildner - meist Prunus avium, die Vogel - Kirsche - veredelt, also  künstlich vegetativ vermehrt. Die Bäume sind sozusagen  Klone eines einstmals zufällig entstandenen Baumes, der gefallen hat, das bedeutet auch, dass alle Bäume einer Sorte genetisch identisch sind. So gewonnene sortenreine Exemplare werden selten 50 Jahre alt, während aus Sämlingen entstandene doppelt so alt und viel mehr werden.

Die Japankirschen stammen tatsächlich aus Japan, Korea, China. Unsere Nelkenkirsche ist 1913 aus letztgenanntem Land nach England eingeführt worden und wird seitdem in den gemäßigten Zonen Nordamerika und Europa kultiviert.


Die Japanische Nelkenkirsche ist ein rasch wachsender v-förmiger Großstrauch oder Baum mit einer steifen, trichterförmigen Krone und kann bis zu 12 Metern hoch und 8 Meter breit werden. Damit ist sie weniger für Hausgärten geeignet, denn die Krone benötigt viel Platz. Deshalb findet man sie in  Botanischen Gärten, Parkanlagen und als Straßenbaum. Pro Jahr wächst sie 30 - 70 Zentimeter weiter, wenn sie auf einem lockeren, möglichst tiefgründigen Boden in voller Sonne gepflanzt worden ist. Besondere Pflege braucht sie nur in den auch bei uns häufiger auftretenden sehr trockenen, heißen Sommern. Frostempfindlich ist sie hingegen nicht.



Der Stamm neigt zu Drehwuchs mit Wulstbildungen, wenn der (Edel-) Reis und die Unterlage nicht kompatibel sind. Auch an der Veredelungsstelle in 1,80 - 2,20 Metern Höhe kommt es zu Überwallungen, Knollenbildungen und zu massiven Änderungen des Querschnitts zwischen Stamm und Krone. Die noch junge Rinde ist glatt & kastanienbraun mit Lentizellen, mit zunehmendem Alter  bildet sich eine typischen Ringel-Borke aus mit Maserknollen und Reaktionsholz im Bereich der Veredlungsstelle. Die alte Borke ist dann grau bis schwarz.

Der besondere Wert der Japanischen Nelkenkirsche liegt in ihren Blüten: Sie ist ein Zierbaum mit Blühgarantie, und diese Blüten erscheinen bereits bei neu gepflanzten Exemplaren in großer Fülle. Die gefüllten Blüten - daher der Begriff 'Nelke' im Namen - zeigen sich Ende April/Anfang Mai und werden bis zu 4 - 5 cm im Durchmesser groß. Sie wachsen in dichten Trauben in Büscheln von 2 bis 5 Blüten, behalten die ganze Zeit ihre kräftige rosa Farbe und werden nicht blass. Nachdem sie verwelkt und herabgefallen sind, bildet sich unter älteren Bäumen ein rosa Blütenteppich. 


Der Austrieb der Blätter ist zunächst kupferfarbig, später grün. Die Blätter sind eiförmig-lanzettlich, 6 bis 12 Zentimeter lang, mit einer lang ausgezogenen Spitze. Der Blattrand ist scharf und manchmal doppelt gesägt, die Zähne mit feinen Grannen versehen. Der Blattstiel wird bis zu 6 Zentimeter lang. Die Blätter sind wechselständig angeordnet. Im Herbst verfärben sich diese gelb, rot, orange und rufen den Eindruck eines rötlichgelben Flammenmeeres hervor.


Auch wenn die Japankirsche keine Früchte trägt, kann sie von den gleichen Krankheiten befallen werden wie die mit ihr verwandten Obstbäume, darunter auch der Pilz Monilia ( Spitzendürre ).

Inzwischen ist die rosa Pracht schon wieder Vergangenheit, in Bonn wie auch hier bei uns im Veedel, und das Laub der Japanischen Nelkenkirsche ist für die  nächsten Monate dicht und dunkelgrün...



Dieser Post wird wieder verlinkt mit Ghislanas Naturdonnerstag/ Schwerpunkt "Baum", immer am 1. Donnerstag des Monats.





15 Kommentare:

  1. Guten Morgen liebe Astrid,
    ich mag deine Baumvorstellung sehr, zudem sind seine Blüten so schön!
    Dir einen sonnigen Feiertag und liebe Grüsse
    Eda

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Die Zürcher Bertastraße in der Nähe des Sihlfelds muss ähnlich schön sein....
      Einen schönen Feiertag!

      Löschen
  2. Ja ja, schön anzusehen ist diese Strasser auf alle Fälle. Und das die Stadt daraus Kapital schlägt, wo doch ab dem Beethoven Haus sowieso schon viele Besucher aus Fernost da sind, kann ich verstehen. Aber die Anwohner auch.
    Schön ist dieser Baum und Deine Vorstellung definitiv. Nach dem Winter erfreut man sich einfach an so einer Pracht!
    Liebe Grüße und schönen Feiertag
    Nina

    AntwortenLöschen
  3. wenn ich nochmal in berlin in den "gärten der welt" im frühling unterwegs bin, muss ich die seite von japandigest mitnehmen! da gab es nämlich sehr viele verschiedene kirschbäume, die ich alle nicht auseinanderhalten konnte. aber deine hier vorgestellte nelkenkirsche war bestimmt auch dabei!
    liebe grüße und einen schönen 1. mai!
    mano

    AntwortenLöschen
  4. Da bin ich ja froh, dass unsere lieben Nachbarn von gegenüber damals in zwei japanische Kirschen investiert haben - obwohl ich nicht weiß, in was für eine Sorte. Der Anblick, wenn sie blühen, ist immer wieder so herrlich. (Und im Endeffekt haben wir mehr davon als sie ;-)
    Danke, dass ich wieder ein bisschen schlauer geworden bin.
    Liebe Grüße
    Andrea

    AntwortenLöschen
  5. Da mir die Bonner Heerstraße unbekannt war, habe ich gerade mal nach ihr gegoogelt und dabei traumhaft schöne Fotos gefunden. Allerdings kann ich auch nachvollziehen das die Anwohner sich nicht ohne Grund über einige Besucher ärgern. Den Link über die diversen Sorten fand ich sehr interessant und habe ihn deshalb gleich abgespeichert.
    LG
    Sigi

    AntwortenLöschen
  6. Na ja, die muss man ja auch nicht kennen, so wie ich höchstens Mülheim an der Ruhr in deinen Blogbeiträgen kenne. Ich habe eine wichtige Zeit meiner Kindheit und Jugend in Bonn verbracht, insgesamt 16 Jahre. Meine Familie, die noch dort lebt, verschickt auch alljährlich Fotos. Aber die sind halt auch alle instgramable, also noch schöner als der Schein.
    LG

    AntwortenLöschen
  7. Eine japanische Nelkenkirsche steht auch in unserem Garten. Direkt vor dem Küchenfenster. Immer ein schöner Anblick, jedes Frühjahr.Vielen Dank für deine recherche. Beste Grüße von Rela

    AntwortenLöschen
  8. Guten Morgen liebe Astrid
    und danke für die Vorstellung dieser wunderschön blühenden Bäume. Als aufmerksame Leserin bei Dir ist mir diese Strasze denn auch längst bekannt und ich hatte bereits früher gegoogelt... (wenn ich auch nicht auf Instagram zugreifen kann)
    Allerdings bin ich mal wieder fassungslos: wie kann man nur den Gedankne haben, Bäme zu beschädigen, nur weil einen der Fototiourismus der Mitmenschen stört?!?! Wie weit sind wir denn inzwischen?!? - Na gut, dasz ich so vieles gar nicht mitbekomme, ich würde mich sonst wohl nur noch aufregen -
    Einen sonnigen Mai (mit dem nötigen Regen)
    wünscht Dir
    Mascha
    (die immer noch krank ist und demnächst wohl doch ins Krankenhaus musz)

    AntwortenLöschen
  9. Da war ich nun schon zweimal in Japan, habe auch immer einige blühende Kirschbäume erleben dürfen, aber so Informatives über die Kirschbäume habe ich noch nicht gelesen ;-). Danke für die vielen Informationen und die schönen Blütenfotos, vor allem den Hinweis auf die Kirschbaum-Seite im Web. Ich bin mir nicht sicher, was ich hier für eine vor Jahrzehnten gepflanzt habe, es ist eine gefüllte, die Blüten erscheinen erst mit dem Austrieb der Blätter. Du kannst dir denken, wie schwer sie es unter Kiefern und im trockenen Sand hat, von Krone keine Spur... Zumal der Verflossene ihr und allen Nachbarn einen "Heckenschnitt" verpasst hatte. Mir fiel wast das Herz in die Hose, als ich nach Hause kam. "Wieso, soll doch eine Hecke werden..." Liebste Grüße Ghislana, schon fast auf dem Weg in den Schulgarten...

    AntwortenLöschen
  10. Ich glaube so ein Kirschblütenbaum den du näher vorstellst steht vor unserem Wohnzimmerfenster in Nachbars Garten. Leider hat die Spitzendürre unseren Aprikosenbaum erwischt.
    L G Pia

    AntwortenLöschen
  11. Auch bei uns gibt es einige Straßen die mit der Japanischen Kirsche bepflanzt sind. Ich finde sie sehr schön, aber auch sehr schade, dass wir nur den Anblick haben und nicht eine Kirsche, die genießbar wäre. Da liebe ich den gemeinen Kirschbaum in Papas Garten einen Ticken mehr.
    Der Blütenteppich ist allerdings auch sehr schön.
    Lieben Gruß
    Andrea

    AntwortenLöschen
  12. Bei uns isses die Ritterstraße, aber als Wohnstraße für Touristen zu weit vom Schuß, vor der Christuskirche ein begehrtes Fotomotiv und für alle AnwohnerInnen immer die Pracht rund um den Frauenlobplatz. Sehr ausführliches Pflanzenportrait, danke dafür! Lieben Friergruß, pah ist das kalt heute. Eva

    AntwortenLöschen
  13. bei uns gibt es auch noch einige Bäume davon die sich gehalten haben
    viele sind aber schön gefällt da sie ihr Lebensalter wohl erreicht hatten
    diese hellere Art (Maienkirsche) hat es auch in einigen Exemplaren als Straßenbaum ..sie blüht später

    liebe Grüße
    Rosi

    AntwortenLöschen
  14. Das ist ein ganz großes Plus für den Ziergarten...sie blühen schon, wenn sie neu gepflanzt und noch klein sind. Ich hatte eine in Freiberg gepflanzt und sie hat mich total mit ihrer Blütenfülle überrascht. Allerdings war das eine andere, fast weiß blühende Sorte.....kojou-no-mai.
    LG Sigrun

    AntwortenLöschen

Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

Mit dem Abschicken deines Kommentars akzeptierst du, dass dieser und die personenbezogenen Daten, die mit ihm verbunden sind (z.B. User- oder Klarname, verknüpftes Profil auf Google/ Wordpress) an Google-Server übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhältst du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.