"Keine Diktatur kann alle
und jeden dazu bringen,
ihr zu glauben,
daher greift sie ständig auf die Angst zurück."
Darja Kosyrewa, (19) polit. Gefangene in Russland
"Hass ist ein politisches Instrument."
Renate Künast
"Ich kann mir vorstellen,
dass einer der Gründe,
warum Menschen so hartnäckig
an ihrem Hass festhalten,
darin liegt, dass sie spüren,
dass sie gezwungen sein werden,
mit Schmerz umzugehen,
sobald der Hass verschwunden ist."
James Baldwin, amerikan. Schriftsteller
Im letzten Jahr hatte ich mich von ganz viel Weihnachtsbaumkugeln getrennt, aber ein Karton ist auf dem Treppenabsatz einfach stehen geblieben. Die Farben? Dabei haben diese Kugeln, eingestellt ins Nachbarschaftsnetz am Samstag, binnen Sekunden Interessierte angesprochen, zu meiner & der späteren Empfängerin Freude.
Dann habe ich, die Backstümperin, am Samstag noch ein weiteres Rezept, gefunden in der "Süddeutschen Zeitung", umgesetzt: Walnusskarteln. Statt Zucker wurden Datteln zum Süßen verwendet, und ich habe zum ersten Mal von Muscovadozucker gehört. Frau lernt nie aus, und ich habe ganz mutig an dem Rezept herummodifiziert.
Ein bisschen Himmelblau am Sonntagmorgen. Das & der Stern im Küchenfenster ( der meinen Namen trägt ), trugen zum Wohlbefinden bei...
Das Usselswetter blieb uns aber in den nächsten Tagen treu. Umso gemütlicher war es in der Weihnachtsbäckerei. Ich konnte nicht aufhören. Dabei backe ich doch wirklich nicht gerne, aber die Produkte mag ich sehr. Neun Sorten habe ich jetzt im Angebot, für Familie, Freund*innen, Nachbar*innen. Auch das ist eine wichtige Triebfeder für mich, sehe ich mich auf den Fußspuren des Herrn K. durch mein restliches Erdendasein wandeln...
Die Paketpost habe ich auch weiter beschäftigt bzw. sie mich. Über William Wahls Interpretation des neuzeitlichen Einkaufs- Phänomens hab ich mich beömmelt:
Endlich habe ich mir auch Karten für einen seiner Auftritte in Köln bestellt...
Meine eigenen Postaktivitäten konnte ich am Dienstagmittag abhaken. Ganz besondere Post habe ich selbst bekommen, von Katka, aus der Heimatstadt meiner geliebten Ma. Die alten Postkarten aus der Stadt, so, wie sie meine Mutter als Kind & Teenager noch wahrgenommen hat, haben Tränen in den Augen aufsteigen lassen.
Milá Katko, víš, jak moc pro mě tento kontakt s tebou znamená! Po tom všem, co naše dvě země a lidé v nich museli zažít, mám radost z našeho spojení v míru a přátelství. Díky moc!
Am Mittwoch wollte es gar nicht hell werden, es sei denn, frau bekommt ein Päckchen wie ich von der lieben Karin/fadenspiel und fingerwerk, berühmt & geschätzt wegen all ihrer selbst hergestellten Leckereien. Dank ihrer Gemüsebrühe steht einer wohlschmeckenden Petersiliensuppe an Weihnachten nichts im Wege. Ich danke dir von Herzen, du Liebe!
Weil es schon so dämmrig war, hab ich mir schon um drei Uhr drei von den Betthupferln zum Nachmittagstee ( Verveine in der Weihnachtstasse meines arg vermissten Herrn K.s ) genehmigt. Mmmmh!
Zwischendurch war ich auch wieder beim Zahnarzt bzw. Impfen..... Der Donnerstag ist dann schon unter "12 von 12" beschrieben. Bleibt noch der Freitag.
Besonders gefreut hat mich, dass ganz spontan doch noch ein Nachmittagskaffee mit Freundin & Nachbarin geklappt hat. Wie termingeplagt frau doch in der Vorweihnachtszeit ist! ( Gut, die Freundin musste bis heute Rehamaßnahmen nach der Hüft - Op vor 6 Wochen wahrnehmen... )
Schön war's! Wir haben erzählt, bis es richtig dunkel war.
Nur für eine sehr begrenzte Weile waren meine Gefühle am letzten Wochenende denen von damals ähnlich, als die Bewegung des "Arabischen Frühlings" fast auf den Tag genau vor 14 Jahren, ausgelöst durch die Selbstverbrennung des Gemüsehändlers Mohamed Bouazizi in Sidi Bouzid/ Tunesien, in Gang gekommen war. Endlich wehren sich die Menschen, dachte ich damals, gegen die Repressalien, die Ausbeutung, die Armut & Not durch korrupte Regimeeliten,. Und so dachte ich kurzzeitig auch am letzten Wochenende.
Die Hoffnungen auf eine politische Zeitenwende musste ich seinerzeit irgendwann begraben. Repression, Bürgerkriege und Islamismus bestimmen nach wie vor das Leben in vielen Länder des Nahen Ostens, den Menschen geht es - bestenfalls - wie zuvor, meist allerdings sehr viel schlimmer. Ausländische Mächte - darunter auch westliche, unbestritten - kochten in dem letzten Jahrzehnt und darüberhinaus ihr eigenes Süppchen - mit fürchterlichen Folgen. An die Flüchtlingsscharen muss ich sicher nicht erinnern.
Skepsis bestimmt also meinen Gemütszustand bezüglich dieser jüngsten Entwicklung. Und Peinlichkeit, wenn nicht gar Scham, überkommt mich, wenn Politiker hierzulande, besonders solche, die sich durch großzügigen Umgang mit Steuergeldern bei anderer Gelegenheit hervorgetan haben, sofort ein Handgeld & kostenlosen Rückflug von der Regierung fordern, damit die Syrer in ihr Land zurückgeschickt werden können. Das Flüchtlingsthema soll also - nun unter neuen Prämissen - im Wahlkampf ziehen ( Vorbild z. B. Donald Trump bzw. die Blaunen mit ihrer "Remigration" ). Und obwohl die Lage noch unübersichtlich ist ( und länger bleiben wird, so meine innere Stimme ), gab es bereits einen Tag, nachdem Baschar al-Assad im Kreml an die Tür geklopft hat, schon - wohlfeile - Überlegungen & das Gerede, dass Deutschland seine "Verpflichtungen übererfüllt" (Andrea Lindholz, CSU, stellvertr. Fraktionsvorsitzende ) habe. Oder wie es Severin Groebner ausdrückt:
"In Syrien rattern die Granatwerfer und Maschinengewehre, in Deutschland und Österreich rattern die Phrasendrescher der Menschenfeindlichkeit. Die einen feiern auf den Straßen, dass in ihrem Herkunftsland ein Diktator verschwunden ist, die anderen überlegen, wie sie diese Menschen mit der kulturfremden guten Laune los werden können."
Es gibt mittlerweile so gut wie kein Thema, kein Ereignis, keine weltpolitische Wende mehr, die nicht damit beantwortet werden kann mit der Forderung "Abschieben!" Sind wir so arm im Geiste, dass wir vergessen haben, wie es vor 79 Jahren für Deutsche war, die Zuflucht in anderen Ländern gesucht hatten und auch nicht sofort am 9. Mai 1945 zurückgeschickt worden sind in ein völlig zerstörtes Land, ohne funktionierende Infrastruktur usw.? Was für empathielose Politiker bewerben sich auf diese Art & Weise auf Regierungsposten! Ich habe inzwischen viele Stimmen gehört, die ebenso fassungslos ob dieses Verhaltens sind wie ich.
"Jetzt die Syrer zur Rückkehr aufzufordern, ist so, als würde man auf die Straße geflüchteten Bewohner anweisen, in ihr Haus zurückzukehren, obwohl das Dach noch brennt und weiter Einsturzgefahr besteht", so Ruprecht Polenz (CDU).Und an anderer Stelle sagt er: Dass man "Populismus am besten bekämpft, indem man andere Themen setzt, nicht indem man sich die Aussagen der Populisten selbst aneignet." Die qualifiziertere Losung!
Abschließend noch ein paar weitere Gedanken: Der Prager Frühling, die polnische Solidarność-Bewegung oder viele andere Erhebungen, die erst einmal erstickt worden sind, haben letztendlich den Weg für spätere Umbrüche gebahnt. Das zeigt auch, dass es sich in diesem jüngsten Fall lohnt, nicht aufzugeben. Das Kassandra - Syndrom gehört einfach nicht zu meinem Wesenskern. Und Negativitätsverzerrung ( früher mal "Schwarzmalerei" geheissen ) auch nicht. Solche war nämlich nur zu Beginn der erfolgreichen menschlichen Evolutionsgeschichte angebracht, als es überlebensnotwendig war, vom Schlimmsten ( Säbelzahntiger! ) auszugehen. Ich bin so alt, dass ich mir Gelassenheit gönnen kann: Das Leben hat mir beigebracht, dass, wenn Schlimmes passiert, wir auch das überstehen können. Die Angstmacherei ist das Privileg der Rechten...
Verlinkt mit dem Samstagsplausch der karminroten Andrea und den Sonntagsschätzchen
ihrer zitronigen Namensvetterin sowie dem Mosaic Monday von Heidrun.
Liebe Astrid,
AntwortenLöschendas Zitat von James Baldwin, er bringt es auf den Punkt.
Sobald der Hass aufhört, muss dieses Gefühl ersetzt werden und womit?
Wenn der Schmerz kommt und man ihn zulässt, das tut weh. Deshalb ist der Haß einfacher, der Schmerz wird unterdrückt. ( so meine Vermutung ).
Liebe Grüße,
Claudia
Dobré ráno, milá Astrid, děkuji za Tvá laskavá slova a skládám poklonu před Tvým dokonalým cukrovím! Přeji krásnou stříbrnou neděli! Katka
AntwortenLöschenPS. Máš krásný rukopis, hotové výtvarné dílo :-)
So kluge Worte und herzenswarm. Danke, liebe Astrid.
AntwortenLöschenJa, wir haben schon einige Umstürze kommen sehen und wissen um die Widrigkeiten. Einsturzgefahr besteht jedenfalls immer bei einem Umsturz. Und deshalb muss es erstmal ein Fundament für die Menschen geben, dem zu trauen ist. Dieses sehe ich noch nicht.
Deine Woche war richtig vorweihnachtlich: mit Plätzchen backen, Pakete packen und Zeit mit netten Menschen.
Nun wünsche ich Dir einen gemütlichen 3. Advent.
Herzlichst,
Sieglinde
Liebe Astrid, was für eine schöne, vorweihnachtliche Woche! Und Respekt: 9 Sorten Plätzchen,…. hmmmm, und eines sieht leckerer aus, als das andere.
AntwortenLöschenJetzt muss ich mich aber endlich bei dir für deine liebe Weihnachtspost bedanken, die mich schon vor einer Woche erreicht hat. Aber dann waren wir ja bald unter nach Berlin und nun hat mich der Alltag erst seit Freitag wieder.
Habe einen schönen dritten Advent und ♥️liche Grüße, Monika
Bei deinen Wochenschilderungen hatte ich fast schon Plätzchenduft in der Nase, yummy! Wie schön, dass der weihnachtliche Schmuck in glückliche Hände kommt. Immerhin hast du insgesamt viel Farbe ins graue Wetter gebracht.
AntwortenLöschenBei deinen politischen Betrachtungen musste ich oft nicken. Nur beim letzten Satz habe ich "leider nein" sagen müssen. Angstmacherei ist leider nicht das Privileg der Rechten. Ein Meister darin ist doch unser "Noch-Kanzler". Schwäche, Mutlosigkeit, Angst, Unaufmerksamkeit und Empathielosigkeit sind das Letzte, was wir uns gerade leisten können.
Das Zitat des geschätzten Ruprecht Polenz ist sehr gut gewählt. Ich hoffe, dass die nächste Regierung auch wieder neue und bessere Kontakte zu unseren europäischen Partnern, vor allem im Osten knüpft und pflegt. Ach ja, das Wort "Zeitenwende" hinterlässt wie auch das Wort "Besonnenheit" einen faden Nachgeschmack. Irgendwie wurden sie in diesem Jahr fast zu Unworten...
Herzliche Grüße
Andrea
Liebe Astrid, wie immer bewundere ich deine schönen Fotos und den Inhalt deiner Zeilen. Das war wirklich eine gute Woche für dich. Und dein Plätzchenmarathon ist ja kaum zu toppen.
AntwortenLöschenWie schön, dass so viele immer an dich denken, das wärmt doch mehr als es Wetter und Politik im Moment tun. Menschen, die einem zugetan sind, sind unser wichtigstes Gut, finde ich.
Was Syrien angeht, so denke ich, dass man da ganz, ganz vorsichtig sein sollte. Und vielleicht bedenkt einer der lauten Schreihälse, dass wir - wenn alle Syrer zurückgehen würden - mindestens die Hälfte aller Krankenhäuser schließen könnten. In abgelegenen Regionen noch mehr. Das trifft Pflegeheime genauso und viele andere Bereiche. Aber die lauthalse Polemik ist ja ein Zeichen unserer Zeit. Manchmal finde ich: Hätten wir das sonst oft sehr nützliche Internet nicht mit allen Möglichkeiten....wo würden die alle rumkrakelen? Das bietet natürlich die schnellste und beste Plattform...Liebe Grüße und ein gutes WE! Sunni
Du kannst nicht mehr aufhören zu backen, wie schön! Wir haben es noch gar nicht geschafft 😂
AntwortenLöschenAber ein paar müssen noch gemacht werden, für Freunde, Familie und auch.
Politik und Zeitgeschehen lassen einen wieder Mal fast sprachlos werden.
Mit lieben Grüßen und ein schönes Adventswochenende
Nina
Ich weiss nicht wie es dir geht, aber ich kann richtig runter fahren beim Guetzli backen, lasse Musik laufen und lasse alles andere aussen vor. Beim gemütlichen zusammensitzen und Degustieren kommt dann der Lohn der Arbeit. Dein Plätzchenteller sieht sehr Appetitlich aus.
AntwortenLöschenL G Pia
Nein, es verlangt bei mir richtig Konzentration. Als neulich ein Freund am Küchentisch auf einem Espresso saß und wir miteinander quatschten, ging mit dem Teig, den ich gleichzeitig ansetzen wollte, alles schief. Für mich ist es Meditation, bei der ich mich mit meinem verlorenen Mann, dem Bäcker meines Lebens, „verbinde“. Sehr viel entspannter ist das Vergustieren in der Gesellschaft.
LöschenGLG
Gleich beim ersten Zitat blieb ich beim Alter der politischen Gefangenen hängen. So jung. Das ging mir bis zum Ende deines teils positiven, teils pessimistisch stimmenden Texts nicht aus dem Kopf.
AntwortenLöschenLiebe Grüße, heike
Du bist wirklich zu einer fleißigen Keksbäckerin geworden. Was für ein Zucker? Ich musste erst einmal suchen, was das ist.
AntwortenLöschenIch bedanke mich sehr für deine Karte. Und treffen mit Freunden ist immer ein Highlight, vor allem in der Adventszeit, wenn die meisten Menschen nur noch unter Strom stehen.
Ich kann es nicht verstehen, dass alle gleich dazu übergehen, die Menschen zurückschicken zu wollen. Du sagst es ja, noch funktioniert nicht wirklich. Phrasendrescherei kostet übrigens in der Fußballkneipe einen Fünfer in das Phrasenschwein. Vielleicht sollten wir das auch in der Politik einführen, dann können wir vielleicht wieder mehr Geld in die Infrastruktur schieben!
Ich wünsche dir noch einen schönen Advent
Andrea
du mutige plätzchenbäckerin! dass du, obwohl du ungern backst, so viele leckereien hergestellt hast, ist wirklich großartig. der liebe herr k. wird sich auf seiner wolke sehr freuen und dir zufrieden zugeschaut haben! ich gestehe, ich habe nicht einen keks gebacken...
AntwortenLöschendanke für deine ausführungen zu syrien und anderem, ich kann dir da nur voll zustimmen.
liebe grüße und dir einen schönen 3. advent!
mano
Ach, wie schön, liebe Astrid. Da hat es ja noch mit einem gemeinsamen Klön-Tag geklappt. Das freut mich sehr für Euch! Astrid, ich habe mich noch gar nicht für die schöne Weihnachtspost bedankt. Deine Zeilen waren so erfrischend persönlich, dass ich den ganzen Nachmittag gelächelt habe. Dankeschön! Ganz liebe Adventsgrüße, Deine Nicole
AntwortenLöschenLiebe Astrid, vielen Dank für deine wie immer klugen Betrachtungen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße Ingrid
so schöne Kugeln..
AntwortenLöschenkein Wunder dass sie schnell weg waren .. ;)
und deine Plätzchen..alle Achtung
die sehen soooo lecker aus ..
ich habe am WE 2 Sorten gebacken für den Plätzchentausch
jetzt müsste ich eigentlich aufräumen :(
deinen Überlegungen zu den aktuellen Ereignissen stimme ich voll zu
es nist schon ein Armutszeugnis..
eigentlich müssten wir drum bangen dass die syrischen Kräfte im KH und in den Heimen von selber wieder gehen..denn wer soll sie ersetzen
dazu kommt die Unsicherheit
es sind Islamisten die das Land jetzt regieren werden
und es wird sicher auch bald rivalisierende Gruppen geben
man muss sich nur an den Sturz von Sadam Hussein oder Gadafi erinnern
es kommt selten etwas besseres nach ..
und die Türkei wird mit Argusaugen darauf achten dass sich kein freies Systhem etabliert :(
wir müssten viel mehr daran arbeiten diese Leute auszubilden und zu integrieren..wenn sie dann irgendwann heim möchten können sie etwas für ihr Land tun und es aufbauen ..
adventliche Grüße
Rosi
Heute kam meine letzte Weihnachtspost in den Briefkasten und ich kann mich um die Päckchen für die lieben Helferlein des Jahres kümmern. Für mehr reicht, trotz allem Wünschens, die Kraft nicht.
AntwortenLöschenDeine Kekse habe ich genossen, alleine, ungeteilt ... lecker und kleine Retter am Abend, wenn die Füße endlich oben lagen.
Baldwins Zitat hallt noch in mir nach.
Viele liebe Grüße
Karin