Sonntag, 29. Oktober 2023

Mein Freund, der Baum: Schwarz - Erle

Über die Grau- oder Weißerle habe ich schon im Sommer 2019 einen Post an dieser Stelle veröffentlicht. Nun ist endlich die bekanntere Schwester bei mir an der Reihe...


Die Schwarz- Erle Alnus glutinosa ist ein mittelgroßer Laubbaum aus der Gattung der Erlen in der Familie der Birkengewächse Betulaceae. Sie wird auch gelegentlich Roterle, Eller oder Else genannt.

Uns ist sie meist geläufig durch die zäpfchenartigen Fruchtstände, die über den Winter am Baum bleiben. Vielen ist sie aber auch ein Begriff im Zusammenhang mit Johann Gottfried Herder's Dichtung "Erlkönigs Tochter", der seine Übertragung der dänischen Volksballade "Herr Oluf" 1778 in die literarische Welt ( und schließlich in den Kanon des Deutschunterrichtes ) eingebracht  hat.


Das Gehölz ist in Bezug auf Böden anspruchslos, sofern der Standort feucht oder sogar nass ist. Sie wächst sowohl auf Moorböden, als auch auf kiesigen, sandigen, lehmigen und tonigen Böden und verträgt Überschwemmungen bis zu 6 Wochen. Schwerpunktmäßig ist der Baum demzufolge entlang von Bächen und Flüssen sowie in Bruch- und Auwäldern verbreitet. Man findet ihn aber auch in nährstoffarmen Niedermooren. 

Die Erle ist sehr gut an solche Standorte angepasst, insofern als die Lentizellen an der Stammbasis  auch bei hohem Grundwasserstand eine ausreichende Sauerstoffversorgung der Wurzeln sichern. Sie hat zwar einen recht hohen Nährstoffbedarf, verfügt aber über die Fähigkeit, in Symbiose mit an ihren Wurzeln lebenden Bakterien der Gruppe der Actinomyceten, den Stickstoff aus der Luft zu binden ( deshalb kann der Baum seinen Stickstoffbedarf auch auf stickstoffarmen Standorten, wie  Moorböden, decken ).

In Mitteleuropa wächst die Schwarz-Erle vom Flachland bis zu einer Höhe von ca. 1200 Metern, also auch noch in den Alpen.  

In der Jugend ist sie lichtbedürftig und schnellwüchsig. Sie wird bis zu 25 Metern groß und rund 120 Jahre alt. Dabei wächst sie oft mehrstämmig und entwickelt eine eher schlanke Krone mit abstehenden Ästen. Auffällig ist die schwarz-graue, rissige Rinde.


Aus den violett-braunen Knospen, die schraubig angeordnet sind, entwickeln sich im Frühjahr Blätter mit 4-9 cm langer Spreite. Sie sind breit eiförmig bis rund geformt, an der Spitze meist eingekerbt wie bei einem Herz und am Rand grob gesägt. Oberseits sind sie dunkelgrün, unterseits mit gelblichen Haarbüscheln. Diese Blätter sind zunächst klebrig. Sie werden in noch grünem Zustand im Herbst abgeworfen und hängen teilweise noch bis Dezember am Baum.

Die Schwarz-Erle beginnt mit etwa zehn Jahren zu blühen. Sowohl männliche als auch weibliche Blüten befinden sich auf einem Baum, sie ist also einhäusig getrenntgeschlechtig. Diese Blütenstände werden bereits im Vorjahr angelegt und überwintern, wie auf meinen Fotos zu beobachten ist. Männliche Kätzchen sind zu 2-5 Exemplaren gebüschelt, 6-12 cm lang und hängen schlaff herab. Die weiblichen Kätzchen hingegen erreichen nur eine Länge von 3-4 mm. Nach milden Wintern beginnt die Schwarz-Erle schon im Januar zu blühen, gewöhnlich ist aber Februar bis April.

Die Blüten der Schwarzerle werden durch den Wind bestäubt, die Früchte auch durch ihn verbreitet. Die durchschnittliche Verbreitungsentfernung durch den Wind liegt bei 30 bis 60 Metern, die Ausbreitung durch Wasser ist effektiver, denn die Samen werden weiter transportiert und erreichen gut mit Wasser versorgte Böden. Im Wasser bleiben die Samen bis zu zwölf Monate lebensfähig.

Die weiblichen Blütenstände reifen zu holzigen, bis 2 cm langen Zapfen heran. Je Zapfenschuppe werden drei hellbraune, abgeflachte, einsamige Nussfrüchte gebildet. Die Samen reifen ab September und fallen bis zum Frühjahr hin aus. Im Winter sind diese eine wichtige Nahrungsquelle für den Erlenzeisig und den Stieglitz. 
Eingesetzt wird die Schwarz-Erle gerne zur Befestigung von Uferböschungen und Begrünung von feuchten Untergründen. Bei Aufforstungen ist sie ein wichtiges Pioniergehölz. Früher wurde das Holz aufgrund der guten Haltbarkeit unter Wasser für Pfahlbauten genutzt, denn das tote Holz der Erle ist gegen Fäulnis unter Wasser ausgesprochen resistent: Halb Venedig ist auf Pfählen von Erlenholz erbaut worden!


Die wissenschaftlich-lateinische Artbezeichnung glutinosa bedeutet übrigens leimartig und weist darauf hin, dass die klebrigen jungen Triebe früher als Fliegen-& Mückenfänger in den Häusern aufgehängt worden sind. Der Name beruht wohl auch auf der früher üblichen Verwendung der Rinde zum Schwarzfärben von Leder sowie zur Herstellung schwarzer Tinte aus den Fruchtzapfen. 

Gefährdet ist der schöne Baum durch das erst zum Ende des 20. Jahrhunderts auftretende sogenannte Erlensterben. Der Eipilz Phytophthora alni verursacht besonders an der Schwarz-Erle, aber auch an den anderen Varianten, eine Wurzel- und Stammfäule. Die Stammfäule kann schon nach mehreren Monaten zum Absterben von Bäumen führen, sie kann sich aber auch über Jahre hinziehen. Den Erlen schadet auch der Erlenrüssler Cryptorrhynchus lapathi durch Fraß unter der Rinde und richtet so im Holz erhebliche Schäden an. Larven des Blauen Erlenblattkäfers Agelastica alni können ganze Bäume kahlfressen. Der Erzfarbene Erlenblattkäfer Melasoma aenea bewirkt allerdings kaum Schäden.

In alten Zeiten ist die Schwarz-Erle oft als die Verkörperung der Moorhexen betrachtet und gefürchtet worden. Immerhin sollen auch die keltischen Druiden ihre Menschenopfer im erlenumstandenen Moor versenkt haben. Bezeichnenderweise spielt die Erle in der griechischen Mythologie eine ähnliche Rolle: So hielten an erlenbewachsenden Orten sowohl die Nymphe Kalypso als auch die Zauberin Kirke den Helden Odysseus jeweils mehrere Jahre in ihrem Bann.

Wie immer ist es jetzt an euch, eure im Blog veröffentlichten Begegnungen mit Bäumen hier zu verlinken. Dafür ist Zeit bis zum 25. November 2023. Viel Spaß beim herbstlichen Bäumesammeln!



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6 Kommentare:

  1. Liebe Astrid,

    vielen Dank für die Vorstellung dieses schönen Baumes.
    Der Name Erle sagte mir etwas, aber wie sie tatsächlich aussieht, hatte ich nicht auf dem Schirm.

    Besonders bemerkenswert finde ich, dass sie als Laubbaum Zapfen hat. Zapfen habe ich immer in Verbindung mit Nadelhölzern gebracht.

    Viele Grüße,
    Claudia

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  2. Die Schwarz-Erlen sind schon irgendwie mystische Bäume. Unterhalb meines Elternhauses gab es einen Bach mit Erlenwald. War immer etwas unheimlich für mich als Kind, gleichzeitig aber reizvoll...
    Dass sie solche natürlich Gefährdungen haben, wusste ich nicht. Ich habe sie immer für total robust gehalten.
    Venedig lässt grüßen und Nürnberg auch, wo Teile der Fleischbrücke im sumpfigen Gebiet auf 2000 Stämmen - auch von Erlen - stehen. Seit über 400 Jahren.
    Danke für die Vorstellung dieses mir wohlbekannten und doch unbekannten Baumes...
    Herzlichste Grüße
    Sieglinde

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  3. deine Baumriesen liebe Astrid sind mir immer wieder eine Freude anzusehen, stehen sie alleine in weiter Flur hat man ein ganz anders Gefühl Gesicht und Auge dafür , stehen sie in Reh und Glied zusammen ... eng" um sich aneinander zu schmiegen" verschwindet der einzelne Baum eher in der Masse...
    ein schöner Anblick sie einzeln zu sehen...
    auch umarmen kann Frau sie besser...riechen und spüren, fühlen wie sie unter deinen Händen leben..
    neues über sie durfte ich auch hier lesen..
    danke sagt angel...

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  4. Die Zapfenstände der Schwarzerle mag ich so gerne in der Vase, ein Ast wartet im Keller auf die jährliche Winter-Verdekorierung. ;-))
    Danke für dein Baumporträt.
    Lieben Gruß von Marita

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  5. ein wirklich interessanter baum, den ich sehr liebe. ich mag die zapfen - besonders wenn sie noch grün sind - und die form der blätter. die dürfen gerne löcher haben, denn man kann sie hervorragend zum drucken auf der gelliplatte benutzen :)!
    dass ihr holz so resistent gegen wasser ist, wusste ich bisher nicht - und schon gar nicht, dass venedig auf ihren pfählen gebaut wurde.
    hoffentlich lässt sich der befall mit pilzen und rüsslern aufhalten. es wäre so traurig, wenn diese schönen bäume aus der landschaft verschwinden würden.
    liebe grüße von mano

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  6. Schwarzerlen sind für mich im November DER Baum überhaupt, liebe Astrid. Da der November mit dem Gedenken an die Verstorbenen, zuerst die Heiligen und dann die gewöhnlichen Sterblichen, steht und die Schwarzerle angeblich die Tür zur Anderswelt öffnet. Danke für die wunderbare Vorstellung, meine Liebe. Ich hoffe von Herzen, Deine Genesung schreitet stetig voran. Ganz liebe Grüße, Deine Nicole

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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