Dienstag, 4. Januar 2022

Auf meinem Stehpult XIV

"KölnGold – das sind Ideen und Schätze 
aus Kunst, Kultur und Alltag 
aus 2000 Jahren Geschichte und Sammelleidenschaft." 

So bewirbt der Kölner Wienand - Verlag sein kiloschweres, über sechshundert Seiten umfassendes Buch, in dem sich mal wieder am besten schmökern lässt, wenn es auf dem Stehpult liegt: 

250 Gemälde, Skulpturen, Bauwerke, Handschriften und Alltagsgegenstände aus den Kölner "Schatzkammern" hat der Kunsthistoriker Matthias Hamann ausgewählt, darunter so mir wohl bekannte und geliebte wie das Diatretglas aus dem Römisch-Germanischen Museum, das Macke-Bild vom Thuner See ( "Dame in grüner Jacke", 1913 ), das ich am liebsten klauen würde, der Altar der Stadtpatrone im Dom, der Kornspeicher aus Indonesien im Rautenstrauch-Joest-Museum, Hokusais "Große Woge" im Museum für Ostasiatische Kunst, Manets "Spargelbündel" im Wallraf, der Woensam-Plan aus dem Stadtmuseum oder eben weniger berühmte wie die auf dem Foto zu sehenden gekrönten Märtyrer von Konrad Kuyn. 


Manches wird sehr kontrastreich präsentiert wie auf dieser Doppelseite: Roy Lichtensteins "Bildnis eines Mädchens" von 1965 und die Parlerbüste von 1390. Manches ist alltäglich wie ein Rimowa- Koffer aus jenen Zeiten des Unternehmens, als solche auch uns durch die Welt begleitet haben oder die Reissdorf- Kölsch -Werbung von 1968, die mich immer zum Schmunzeln gebracht hat, wenn ich am Rudolfplatz vorbeikam. Dass der Wälzer auf jegliche Chronologie pfeift und das Nebeneinander zeigt, das für Köln so bezeichnend ist, finde ich besonders herzerfrischend.

Ergänzt wird das üppige Bildprogramm mit Essays über je zwei Seiten in deutscher & englischer Sprache unter jeweils unterschiedlichen Schlagworten. So schreibt der Direktor der Philharmonie, der Niederländer Louwrens Langevoort, zu "Offenheit", der Bestattungsunternehmer und Festkomitee-Präsident des Kölner Karnevals Christoph Kuckelkorn zu "Lebensfreude", Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes, zu "Macht", Konrad Adenauer, Enkel des früheren Kölner Oberbürgermeisters & ersten Bundeskanzlers, zu "Herkunft" oder Annette Imhoff aus der gleichnamigen Schokoladendynastie über "Geschäftssinn".


Ein Bilderbuch vom Feinsten!

Das dieser Prachtband mit seinen Abbildungen all dieser Schätze dann nur 45 Euronen kostet, liegt daran, dass Kölner Bürgerinnen & Bürger es ermöglicht haben, immer auch im Hinterkopf, dass auf diese Weise zu  Zuwendungen an die Kölner Museen animiert werden kann. Die reiche Kölner Museenlandschaft ist ja gerade aus Bürgersinn zustande gekommen, nicht durch Fürsten wie anderswo in deutschen Städten ( siehe mein Post von 2018 dazu ).

Das zweite Buch - ebenfalls ein Weihnachtsgeschenk der Tochterfamilie - ist hingegen so leicht, dass man es auf den Knien liegend zusammen mit den Enkeln anschauen kann: "Frauenleben im Lauf der Zeit" von Katarzyna Radziwiłł & Joanna Czaplewska ( Illustration).

"Frauenleben im Lauf der Zeit" bewahrt einen davor, für naturgegeben zu halten, was nur aus unserer heutigen Sicht so aussieht, als sei es immer so gewesen. Gegen solche Gedanken scheinen mir auch manchmal junge Frauen heutzutage nicht immer gefeit zu sein.

Andererseits macht dieses Buch deutlich, dass Frauen immer einen wesentlichen Beitrag zum Leben der Menschen beigetragen haben, der nicht immer spektakulär, aber substanziell ist, gestern wie heute, und der sich nicht verstecken muss, auch wenn er in den Enzyklopädien & Geschichtsbüchern meist unter den Tisch fällt ( meine Great-Women-Posts singen ein Lied davon ). Das Buch macht deutlich, dass die Ungleichheit der Geschlechter, auch was Eigentum anbelangt, kein Naturzustand ist, ergänzt hervorragend auf unterhaltsame Weise die Geschichte, wie sie in der Schule - immer noch - gelehrt wird.

Katarzyna Radziwiłł erzählt sehr nüchtern und ohne jede Angriffslust oder missionarischen Eifer. Da braucht sich auch kein junger Leser ( das Buch ist ab acht Jahren empfohlen )  bei der Lektüre vor den Kopf gestoßen fühlen. Leseempfehlung!

Zum Schluss noch einmal ein Dankeschön an meine Familie für diese tollen, unterhaltsamen Geschenke!

9 Kommentare:

  1. Die Dame mit der grünen Jacke hängt bei Euch in Köln? Das ist ja toll. Ich mag sie auch so. Da lohnt sich immer mal wieder Besuch dorthin.
    Das ist ja ein wunderbares Buch, voll mit Überraschungen und Wohlbekanntem. Ich werde es anderen Kölner Freunden empfehlen, sollten sie es nicht schon kennen.
    Das Frauenbüchlein sollte in den Schulen durchgenommen werden. Das wäre mal ein echter Geschichtsbeitrag zu Herstory (besonders, wenn es nicht "missionarisch" daherkommt). Ja, es wird einfach zu leicht vergessen, welchen Beitrag Frauen geleistet haben und das obwohl sie oft nicht mal durften!
    In deinen Great Women lesen wir es ja leider sehr oft. Umso mehr bin ich dankbar für Deine Posts dort!
    Danke für die begeisternden Bücher, die Du uns auf deinem Stehpult vorgestellt hast.
    Herzlichst, Sieglinde

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  2. Ein solch großer Bildband, der immerhin schon ein ganz schönes Gewicht hat, für den ist ein Stehpult ideal, um darin zu stöbern, sich all die Schätze anzuschauen und gleichzeitig in andere Zeiten hineinzuschlüpfen. :-)

    Von deiner Familie hast du ein ganz besonderes Geschenk bekommen und ich denke, in diesem Buch wirst du bestimmt auch mal mit den Enkeln gemeinsam lesen.
    Die Ungleichheit der Geschlechter wurde und wird nach wie vor von uns Menschen gemacht, gelehrt. Im Sinne der NATUR sind Mann und Frau eigentlich gleich.

    Ganz liebe Grüße und ich wünsche dir noch ein schönes, frohes und gesundes Jahr 2022
    Christa

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  3. So ein grosser Prachtband und ich kann mir bei der Vielfalt all der Museen in Köln durchaus vorstellen, wie abwechslungsreich er ist.
    Deinen Eindruck, dass viele Mädchen es als selbstverständlich nehmen, welche Rechte sie heute in unserem Land haben, kann ich (trotz Altersunterschied) nachvollziehen. Das meine Eltern schon sehr früh dabei anders waren, habe ich bei Freundinnen gemerkt. Aber nichtsdestotrotz musste mein Vater von Rechts wegen ja noch die Zustimmung zB geben für ein Bankkonto seiner Frau. Kaum vorstellbar, dass eine Frau auch zu dem Zeitpunkt die Zustimmung fürs Arbeiten gehen brauchte.
    Jedenfalls beides sehr passende und schöne Geschenke
    Liebe Grüße
    Nina

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    1. Hab ich noch erlebt: Ich durfte nach der Trennung von meinem 1. Mann auch meinen neuen Wohnsitz nicht als Hauptwohnsitz nehmen, sondern nur als Zweitwohnsitz. Und bei meinem neuen Bankkonto gab es auch Scherereien. Vorher ist ich mir das auch alles nicht klar gewesen, da gab es etliche Tränen der Wut.
      GLG

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  4. Was für wunderbare Geschenke sind das!Das wertvolle Buch zu Köln und seinen Sammlungen und Gedanken dazu ist ein wirklicher Goldschatz. Und das Buch zu dem Frauenleben kann man nicht oft genug mit Kindern besprechen. Zum Glück gab es hier keine Probleme mit eigenen Bankkonten von Frauen, da ja 90% berufstätig waren und schon dadurch ein Konto brauchten, ohne jedes Einverständnis des Ehemannes.Alles andere aber war schon gleich und gar nichts "Gott gegeben". Herzlich, Sunni

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  5. So ein Stehpult ist ja enorm praktisch, vor allem bei solch schwergewichtigen Prachtbänden. Da blättert man doch immer wieder gerne und liest sich fest. Das Buch über die Frauenrechte ist ja sehr spannend. Da denke ich gleich an meine ältesten Enkelinnen...
    Liebe Grüße
    Andrea

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  6. Wow, was für tolle Bücher!!! August Macke mag ich auch sehr. Schade, dass er so früh sterben musste... Eure Museen wären ja auch schon alleine eine Reise wert - ich war leider noch nie in Köln.
    Liebe Grüße
    Ingrid

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  7. ein Schwergewicht von Buch ;)
    nicht nur binhaltlich ..
    ich habe von meinen Eltern auch eines das ich kaum heben kann
    und ich habe auch noch keine Ahnung was ich damit machen soll
    es heißt "Die Erde von oben"
    das andere Buch scheint auch sehr interessant zu sein..
    ja.. ich brauchte die Einwilligung meiner Eltern zur Heirat
    und mein Mann hätte mir erlauben müssen das ich arbeiten hätte können
    ..
    hat er aber nicht..

    liebe Grüße
    Rosi

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  8. Tolle Geschenke sind das. Das KölnGold wird sicher viele Entdeckungen fördern, die man sich dann mal original angucken kann. Dass Frauen ganz früher viel selbstständiger und unabhängiger gelebt haben als wir heute denken, das habe ich bei meinen Geschichtsrecherchen schon gemerkt. Da waren um 1800 schon Frauen Fabrikantinnen und Geschäftsinhaber. Wie sie das gemacht haben, weiß ich nicht, aber die waren oft erstaunlich modern.
    lg Johanna

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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