Hier in meiner Stadt ist der November nicht nur ein grauer Trauermonat, hier "knubbeln" sich auch im November einige Möglichkeiten, richtig zu feiern, nämlich der Beginn der Karnevalssession und der Martinstag am 11. November. Deshalb nutze ich heute schon die Gelegenheit, mich des Themas "Martinstag", was hier im Rheinland mit dem Laternelaufen für die Kinder verbunden ist, anzunehmen, denn zum Karnevalsstart will ich dann ja auch ausführlich posten.
In der Stadt wird die besondere Beziehung zum Heiligen Martin dadurch betont, dass erzählt wird, am Todestag des Heiligen hätten alle Glocken in der Stadt geläutet. Und das, obwohl der Todesort des Martin das über 600 Kilometer Luftlinie entfernte französische Tours ist. Auf jeden Fall ist dem Heiligen eine der schönsten romanischen Kirchen geweiht, Groß St. Martin:
Und die Kinder im Rheinland feiern ihn mit Laternenumzügen in den Abenden um den Martinstag herum. Dafür werden in Kindergärten, Schulen & zu Hause Laternen gebastelt. Lieder & Musik spielen beim Umzug auch eine Rolle, und das Lied vom "De hellige Zinter Mätes" kennt hier jeder kleinste Stropp*. Dem Zug voran zieht immer ein Reiter oder zunehmend eine Reiterin, verkleidet wie ein römischer Legionär, und in manchen Städten - so in Bonn, der Stadt meiner Kindheit & Jugend - ein Wagen mit schnatternden, lebendigen Gänsen. Der Umzug endet dann auf einem freien Platz, an dem ein großes Feuer brennt & wo an alle Kinder ein Weckmann ( eine Figur aus Hefeteig mit einer Tonpfeife ) verteilt wird. Anschließend ziehen die Kinder alleine mit ihren Laternen und einem großen Büggel durch die Straßen & singen bei den Geschäftsleuten & Nachbarn, um mit Süßigkeiten belohnt zu werden. Na, erinnert das nicht an eine ähnliche Aktivität am 31. Oktober? Ich glaube, Halloween hat hierzulande nur deshalb so viel Erfolg, weil die Kinder in den meisten anderen Teilen unseres Landes auf so ein nächtliches Treiben verzichten mussten, wie wir es hier im Rheinland schon lange haben :-).
Seit meinem 9. Lebensjahr bastle ich Martinslaternen. Und bis zu meinem 15. Lebensjahr bin ich beim großen Bonner Martinszug mitgegangen ( das weiß ich noch so genau, weil ich damals die letzte Folge der tollen französischen Serie "Belphégor oder das Geheimnis des Louvre" im Regionalfernsehen verpasst habe - und die war mir seeehr wichtig ). Dann gab es eine Unterbrechung von nahezu 20 Jahren, bis meine kleine Tochter mit mir die Gänselaterne basteln wollte, die die Großen in ihrem Kindergarten angefertigt hatten. Sie empfand es als Zumutung, nur die Trommellaterne für die Kleinen machen zu dürfen...
Seitdem gehört die Martinslaterne zu meinem Jahreslauf, erst als Mutter, dann als Grundschullehrerin & Oma. Alljährlich überlegte ich mir neue Modelle oder luscherte zum Beispiel hier. Ich habe als Schülerin schon Recyclinglaternen aus ( benutzten! ) Röntgenplatten aus dem Unfallkrankenhaus der Nachbarschaft & roten Agfa- Fotokartons unter Anleitung meiner Kunstlehrerin, einer Nonne, in den 60ern hergestellt, Kleisterlaternen in allen Varianten & Tierformen, marokkanische Laternen aus schwarzem Fotokarton mit mit der Silhouettenschere ausgeschnittenen Mustern, Trommellaternen aus runden Käseschachteln, überzogen mit Mandarinennetzen aus dem Supermarkt usw. ...
Die Sache kam so richtig in Schwung, als ich mit meiner Kollegin & Freundin Regina ( ganz liebe Grüße, falls du mitliest! ) parallel arbeitete. Toll, als wir das Thema "Waldtiere" behandelten & die Kleisterlaternen mit Ästen und anderem Naturmaterial in Hirsche & Eichhörnchen verwandelten. Noch toller unsere Marktstände aus Schuhkartons, mit unzähligen Streichholzschächtelchen voller Gemüse, aus Krepppapier in der Auslage ( jahrelang haben wir die Streichhölzer verbraucht oder zum Abzählen benutzt ). Und ausgerechnet am Martinsabend regnete es, so dass die Eltern die schönen Bastelwerke in Folie einwickelten. Meist verwendeten wir bei unseren Laternen echte Kerzen, auch gegen den Protest von Eltern & Kindern - und passiert ist auch nie etwas! Nur bei dieser Geisterlaterne, mit Kunstfasergardine über dem Kleisterpapierkorpus, war uns das zu gefährlich:
Nach einer Sommertour entlang der Saale & dem Besuch des Museums in Merseburg kam mir die Idee, eine Laterne mit den Merseburger Zaubersprüchen zu machen:
Ein tolles Projekt für Kinder der dritten Klasse! Im Jahr darauf hatten wir uns viel mit dem Thema "Indianer" beschäftigt. Da lag es nahe, Tipi - Laternen zu bauen:
Immer wieder erreichen mich - auch drei Jahre nach Veröffentlichung dieses Posts - Anfragen per Mail, ob ich nicht Tipps zur Herstellung der Tipi - Laterne geben könnte. Und jedes Mal habe ich eine Antwort - Mail geschrieben und in den seltensten Fällen eine Dankeschön zurückerhalten. Ich bin ein privater Blog und kein Dienstleister, der kostenlosen Bastelservice zu Verfügung stellt, und inzwischen am Laternebasteln mit allem, was dazu gehört, nicht mehr interessiert bzw. nicht mehr aktiv.
Meine Zeit benötige ich für meine anderen Projekte & meine große Familie und werde daher auf keine Anfrage mehr reagieren. Eine ( ungefähre) Anleitung findet sich in dem alten "Werkbuch:Papier" von Ute & Tilmann Michalski. ( Nachtrag 11.10.2015 )
In den letzten Jahren habe ich immer mit dem großen C in deren Herbstferien neue Modelle für meine Klassen ausprobiert, denn in Zürich feiert man nicht Sankt Martin, und das große C hat halt rheinländische Wurzeln & vermisst den Brauch sehr:
Zuletzt mussten es immer Modelle sein, die von kleinen Kindern bewältigt werden konnten, da ich nur noch sechs- bis achtjährige Schüler hatte. Besonders schön, finde ich, sind ihnen diese Matroschkas gelungen:
Und um nicht unter Entzug zu leiden, werde ich dieses Jahr mit & bei den Tageseltern des kleinen M mit Eltern & Kindern Laternen basteln. Bin schon gespannt...
Für all diejenigen Leserinnen, die sich vor allem für Selbstgenähtes interessieren & bis hierhin durchgehalten haben zum Abschluss ( eher dürftige! ) Fotos des Nicky - Shirts, welches ich noch mit den Riegerschen Laternenläufern passend zur Räuberhose bestickt habe:
Schnitt: "Baby sweater" in Größe 86, Modell 2 aus Ottobre 1/2006 in ganz vereinfachter Form
Stoff: dunkelblauer Sternennicky von Stoff & Stil der vorletzten Winter - Saison
Stickdatei: "Laternenlauf"/Anja Rieger
So, und jetzt muss ich mich wohl um einen neuen Overall kümmern bei den Temperaturen, die angesagt sind.
* Schlingel, kleiner Kerl
achja! der martinsumzug hat viele jahre auch zu meinen lieblingstagen gehört und ist eines der rituale, die ich hier, für mein kind, besonders vermisse. wir behelfen uns aber trotzdem: mindestens eine laterne pro herbst wird gebastelt und kleine wanderungen durchs campo mit den passenden liedern.
AntwortenLöschentrotzdem fehlt das spektakel, das mich als kind besonders beeindruckte: wenn mitten in wien, st. martin auf dem platz vor der rudolfsheimer kirche einritt, um dann seinen mantel mit einem bettler zu teilen....
eure laternen-umzugs kombi gefällt mir sehr, wird nicht mehr lange dauern, bis die kleine auch laternen bastelt- die matroschkas sind herrlich!
glg nelli
Liebe Astrid, das war ja gestern ein kleiner Schreck, aber gut, dass es dem kleinen M schon viel besser geht. Ihr hättet gestern auch so zum Konzert kommen können, es gab keine Kontrollen, wer sich angemeldet hat oder nicht. Allerdings war das wirklich für Größere. Aber mein Kleiner war total begeistert als wir zwischen den Geigen, Hörnern, Fagotten und Querflöten saßen. Noch vor dem Einschlafen meinte er: die Tompete(gemeint waren die Hörner/Tuba ) waren aber soo laut!
AntwortenLöschenIch liebe es auch mit den Kindern Laternen zu basteln, das nicht nur im Kindergarten. Ich bin auch so gern den Martinsumzug vom Dom zu Gross St Martin gegangen, nur leider fiel dieser mit unserem Kigaumzug zusammen. LG (UPS, ist was lang geworden)
Hey, es gibt einem Umzug vom Dom zu Groß St. Martin??? Das hab ich gar nicht gewusst ( na ja, ich war ja immer beruflich martinsmäßig sehr eingespannt ).
LöschenAber dieses Jahr könnt ich ja mit meiner Enkelin mit. das würde mir SEEEHr gefallen!
Euch wünsche ich ein schönes Wochenende. Die Sonne scheint ja toll, nur 20 Grad kälter als letzten Sonntag ist es ;-)
GLG
Das ist bis jetzt der schönste Weg für den Martinsumzug für mich. Ich kann das leider nicht verlinken, aber auf der Homepage des Kölner Doms ist irgendwo die Einladung dazu. Dieses Jahr könnten wir sogar mit gehen, wenn ich keinen anderen Termin vergesse, denn es ist am 9.11. LG
Löschentolle laternenmodelle. gefällt mir, wenn es eine tradition ist, sich jedes jahr eine neue schöne bastelei auszudenken. hier im ort gibt es vorwiegend gekaufte laternen. oder eher schlichte modelle.
AntwortenLöschenliebe grüße . tabea
Manchmal ist es schon auch stressig, immer was Neues zu finden. Aber die Kinder sind immer so glücklich mit ihren Laternen. In meinem alten Stadtteil gab es Familien, von denen einige bei mir in der Klasse waren, die hatten eine ganze Sammlung & hängten sie immer hinter die Fenster, wenn wir im Dunkeln vorbeizogen. das ist für mich wie der Applaus im Theater...
LöschenGekauft wird bei mir auch: so z.B. eine Mondlaterne für meine kleine Enkelin, eine wie die, die schon ihre Mama jeden Abend vor dem Zubettgehen getröstet hat...Traditionen - ich glaube, die tun Kindern gut. ich war ja immer eher so eine alte Zöpfe - Abschneiderin.
Gute Nacht!
mein liebstes köllsche mädel...ich wusste ja bis heute gar nicht, dass sie so ein tausendsassa sind *lach*
AntwortenLöschenein grosses WOW ein tiefer KNIX
und ein festes UMARM
for you♥♥♥
küsschen
silke ;-)
Liebe Silke, DANKE! Ich freu mich!
Löschenliebe astrid...
AntwortenLöschenich kann mir gut vorstellen wie prachtvoll diese laternen beim umzug zur geltung kommen.
wenn elena grösser ist will ich mit ihr die räben selber schnitzen, darauf freue ich mich schon.
ich hoffe du hast deine 5 lieben bald wieder bei dir!!
herzliche grüsse eve
Liebe Eve, ja, Weihnachten kommen sie wieder her, s'ist jetzt nur der November, wo wir uns nicht sehen...
LöschenLaternen basteln mit Kindern macht so viel Spaß, da glaub ich, dass du dich freust, wenn du mit Elena welche schnitzen kannst!
GLG
Auf der Suche nach einer schönen Laternenidee bin ich wieder hier bei Dir gelandet, Astrid! Ist das nicht schön? Die (Blogger-)Welt ist eben auch ein Dorf ;)) Sind die Matroschkas eigentlich aufgemalt? Man kann es nicht so genau erkennen.. ich finde sie einfach super schön! Alles Liebe, Nicole
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