Da hab ich grade gedacht, ich müsste unter dieser Rubrik mal wieder eine der architektonisch bemerkenswerten Siedlungen in Köln aus der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts posten, da lese ich im "Kölner Stadtanzeiger", dass zu den immobilienmäßig geschätzten & gefragtesten Vierteln der Stadt u.a. das Pauliviertel im Stadtteil Braunsfeld gehört. Also nichts wie hin...
Ausgangspunkt war die laute Verkehrsschneise, die auf der alten römischen Ost-West-Verbindung "Via Belgica "beruht, die Aachener Straße, eine der längsten Ausfallstraßen der Stadt.
Kann man sich gar nicht vorstellen, dass man - schlägt man sich quasi nach rechts "in die Büsche" - so eine romantische Idylle vorfindet.
Die Siedlung um den Pauliplatz entstand als Modell für beispielhaftes Bauen am Vorabend des Ersten Weltkriegs 1913/14 u.a. durch den Architekten Fritz Klein zur Werkbund-Ausstellung in Köln 1914. Sie basiert - wie schon einige andere Siedlungen, die ich in dieser Reihe gezeigt habe - auf dem Gartenstadtprinzip.
Blockrandbebauung aus repräsentativen, zweigeschossigen Häusern mit Vorgärten, zum Teil mit ausgebautem Dachgeschoss und Pseudogiebeln, aber auch ausgeprägten Giebelkonstruktionen, abwechslungsreichen Fassadengliederungen mit Erkern, Gauben & Sprossenfenstern sowie Krüppelwalmdächern - alles sehr gefällig!
Heimatstil nennt man diese Richtung der Architektur. Daher haben die Häuser auch alle einen Garten hinter dem Haus und zumeist auch einen Vorgarten. Die Straße wurde nicht schnurgerade angelegt, sondern sie macht einen Bogen.
Der Erhaltungszustand der Siedlung ist sehr gut.
Die historischen Zusammenhänge lassen sich noch gut nachvollziehen, halten sich die baulichen Veränderungen des Originalzustands in Grenzen und beeinträchtigen den Gesamteindruck nicht wesentlich. 17 Häuser sowie der Platz mit und die Brunnenanlage stehen auf der Denkmalliste der Stadt Köln.
Während der Werkbundausstellung war diese kleine Siedlung der Hit und lockte Besuchermassen an. Sechs dieser Neubauten waren auf die Familie eingetragen, die dieser Idylle den heutigen Namen gegeben hat, den Paulis.
Die Familie Pauli betrieb seit 1731 die kurfürstlichen Postlinien im Rheinland. Anfangs hatten sie nur das Monopol für die Strecke Köln - Bonn bzw. in der Gegenrichtung nach Neuss. Später kam auch u.a die Verbindung nach Venlo dazu. Die dafür notwendigen Posthöfe befanden sich allerdings in der Kölner Innenstadt. Gleichzeitig betrieb man eine Zeitung in der Bonner Posthalterei. Die Paulis waren wohl eine kinderreiche Familie von echter Kölscher Lebensart, freigiebig & lebenslustig &katholisch.
Den Brunnen auf dem Pauliplatz wie die sechs Häusern mit der Nummer 36-46 hat der Architekt Josef Alsdorff, damals Hausarchitekt der Paulis, gebaut, entworfen hat ihn der Bildhauer Willy Meller, der sich später auch mit den Nazis ( Vogelsang! ) gemein gemacht hat. Das Modell des Brunnens bekam auf der Ausstellung auch einen Preis. Er trägt den Namen des Hirtengotts Pan aus der griechischen Mythologie, dargestellt als pausbäckiges Kind mit Panflöte.
Im zweiten Weltkrieg wurde der Brunnen stark beschädigt. Dass er wieder funktioniert, ist den Anwohnern zu verdanken. Seit 1980 ist er denkmalgeschützt, 2002 wurde er restauriert. Daran beteiligten sich die Bewohner, ebenso, wie sie jetzt auch den Betrieb finanzieren. Er hat nun unterirdisch ein Reservoirbecken samt Umwälzpumpe und ist in der warmen Jahreszeit in Betrieb.
Die Mitte der Siedlung bildet der dreieckige Pauliplatz. Er besteht aus einer von Formschnitthecken...
... und Baumreihen ( Holzäpfel ) begrenzten Rasenfläche und einem ärmlichen, kaum zugänglichen, da eingezäuntem Terrain mit verschlossener Schranke. Die Schatten spendenden Linden und mehrere Bänken versöhnen, die einzige Tischtennisplatte wird wohl genutzt. Ob die zwei Schaukeltiere und die zwei Sandlöcher gefallen, wage ich zu bezweifeln. Etwas trostlos, das Ganze!
Die Sanierung erfolgte schon 2011 weitestgehend nach historischem Vorbild. Die Spielgeräte wurden allerdings ersatzlos abgebaut.
Übrigens hat hier am Pauliplatz 7 in den 1960er Jahren die bekannte, aus Köln gebürtige Theologin Dorothee Sölle ( siehe auch dieser Post ) gewohnt.
Ich hoffe, ihr seid mir mit Freude & Interesse durch dieses Großstadtidyll gefolgt. Meinen Beitrag verlinke ich wieder bei Heike 3hefecit.
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