Wie lange will ich schon über diesen Baum schreiben! Seit ich seine Früchte 1999 gefunden habe, als wir die Treppe statt des Funiculares vom Burgberg in Buda zum Donauufer benutzt haben, geht er mir nicht aus dem Kopf. Ich hab die Früchte als Souvenir mit nach Hause genommen und dort haben sie auch eine Zeit überdauert, aber nicht ewig. Gesucht habe ich seitdem in allen Parks und Bäumeverzeichnissen nach dem Baum und den Früchten in allen exquisiten Blumenläden. Besonders erfolgreich war ich nicht.
Bei meinem letzten Besuch im Kölner Botanischen Garten habe ich dann einen entdeckt. Aber der war so versteckt zwischen anderem Gesträuch, dass mir kein sehr aussagekräftiges Foto gelungen ist:
Ein bisschen lieblos ausgesucht, der Platz, an dem man den originellen Baum gepflanzt hat, finde ich. Dabei hat er eine so interessante Geschichte:
Man findet ihn in heimischen Parks und ausgesuchten Arboreten, den Osagedorn oder Milchorangenbaum Maclura pomifera aus der Familie der Maulbeergewächse, der so schöne, eigenartige Früchte hervorbringt. Ursprünglich stammt er aber aus dem Süden der USA, wo sein natürliches Verbreitungsgebiet eine vergleichsweise winzigen Fläche im Dreiländereck Texas, Arkansas und Oklahoma ist, die der Lebensraum des indigenen Volkes der Osage war, die, zumindest was ihre Sprache anlangt, zur Gruppe der Sioux zählen. Die nutzten sein Holz für die Herstellung von Bögen, mit denen sie über ihr Siedlungsgebiet hinaus handelten. Noch im frühen 19. Jahrhundert war ein guter Osage-Bogen wertvoller als ein Pferd und eine Decke zusammen. Bis heute gilt dieses Holz als leistungsstärkstes Material für Bögen, allerdings auch als sehr anspruchsvoll in der Bearbeitung.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Osagedorn mittels Stecklingsvermehrung in den ganzen Vereinigten Staaten verbreitet und er wurde erfolgreich als "lebender Zaunpfahl" für die Rinderweiden der Farmer. Seine Zweige mit den starken und unangenehm spitzen Dornen können nämlich undurchdringliche Hecken bilden. Erst das Aufkommen des Stacheldrahtes verdrängte das nützliche Gewächs, doch das schwere, grobe, recht harte und beständige Holz wird immer noch gerne für Pfosten und Zaunpfähle verwendet, da das Kernholz schädlingsresistent und witterungsbeständig ist. Das Holz ist übrigens grellorange, sehr dicht und schwer und verrottet selbst in feuchtem Erdreich nur extrem langsam.
In Europa wurde der Baum in der Toskana und Kroatien eingeführt, ebenfalls als Zaun oder Wegebefestigung.
In seiner Heimat wächst der Osagedorn oder Milchorangenbaum bis zu 18 Meter hoch, allerdings langsam und mit der entsprechenden Knorrigkeit. Der Wuchs ist oft mehrstämmig und bildet eine malerisch, lockeren Krone von bis zu 14 Metern Durchmesser. Die Zweige sind orangebraun, und wie schon erwähnt, besetzt mit Dornen.
Da der Milchorangenbaum ein Herzwurzler ist, breitet sich das Wurzelgeflecht oberflächlich aus, gleichzeitig sucht sich der extrem anpassungsfähige Baum mit einer Pfahlwurzel Nährstoffe in den unteren Bodenschichten.
Die wechselständigen, kurz gestielten Laubblätter sind eiförmig, oben spitz, und dunkelgrün, unterseits blassgrün mit glattem Blattrand und bis zu 12,5 Zentimeter breit. Die Herbstfärbung ist gelb. Die Blütezeit beginnt kurz nach der Laubbildung und dauert von April bis Juni. Maclura pomifera ist zweihäusig getrenntgeschlechtig, die weiblichen und männlichen Blüten befinden sich also an unterschiedlichen Bäumen.
Der Osagedorn beginnt im Alter von 12 bis 15 Jahren zu fruchten und erst dann gibt es diese beeindruckenden, runzeligen und hellgrüne Früchte mit einem Durchmesser von 7 bis 15 Zentimetern, die sogar die Größe einer kleineren Melone erreichen können. Manche wiegen über 1 kg. Eigentlich sind es vom Fruchttyp her Steinfruchtverbände aus einsamigen Steinfrüchten und Fruchtfleisch zusammengesetzt.
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Weibliche Blüte CC BY-SA 3.0
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Später werden diese gelbgrün, wenn sie zwischen September und Oktober reif werden. Sie duften dann schwach nach Orangen. Ein enthaltener, bitterer Milchsaft lässt beim Trocknen die Früchte schwarz werden. In Mitteleuropa reichen die Temperaturen meist nicht für ein Ausreifen der Früchte, denn dazu werden lange und trockene Sommer benötigt, wie wir sie aber inzwischen auch immer öfter haben.
Die ganze Tragik dieser Früchte liegt darin, dass, obwohl fleischig, saftig und groß, kaum ein Tier davon naschen mag. Wozu also die Anstrengung, wenn kein Lebewesen weit und breit damit auch die Samen verschluckt und den Baum mit seinen Ausscheidungen verbreitet? Nur gelegentlich werden die Früchte noch von Grauhörnchen aufgebrochen, um an die Samen zu gelangen.
Die wahrscheinlichste und in wissenschaftlichen Kreisen als fast gesichert geltende Antwort darauf lautet, dass die "Milchorangen" einstens vom Präriemammut, den Mastodons und Riesenfaultieren gefressen wurden. Diese amerikanische Megafauna ist jedoch am Ende der letzten
Kaltzeit ausgestorben. Ein Baum bildet also unverdrossen Früchte, die seit rund zwölf Jahrtausenden keiner mehr mag. Dabei sind sie so verlockend schön!
Aus den Samen könnte man mit Sicherheit kleine Setzlinge ziehen. Um sicherzustellen, dass der Baum bei uns gedeihen kann, sollte er aber auf lehmhaltigem, humusreichem Boden gepflanzt werden und sonnig bis halbschattig stehen. Regen, Hagel und Wind machen ihm nichts aus. Auch Frost, Hitze und Trockenheit erträgt er, ohne Schäden zu erleiden. Er eignet sich außerdem gut, um in Städten mit stärker durch Schadstoffe belasteter Luft den eigenen Garten zu verschönern. Sein weiteres Plus: Der Osagedorn wird nicht so schnell von Fäulnis oder Schädlingen befallen. Er bietet sich geradezu an als echter Klimawandelbaum!
Werden die Bäume als Hecke gepflanzt, sollten sie regelmäßig zurückgeschnitten werden, ansonsten brauchen sie keine besondere Pflege.
Die ansprechenden Früchte des Milchorangenbaumes sind dafür bekannt, stechende Insekten fern zu halten und werden deshalb gerne auf Veranden und Balkonen zur Insektenabwehr platziert.
Ich hoffe, ich konnte euch mit dem Baum - Porträt etwas neugierig machen auf den "traurigsten Baum der Welt", wie er oft genannt wird, und ihr seid wieder animiert, eure Bäume hier zu verlinken. Das Linktool bleibt bis zum Ende des Jahres offen. Auch Weihnachtsbäume sind willkommen.
Den Baum kannte ich bisher nicht. Danke für das Portrait. Die Früchte finde ich ausgesprochen hübsch.
AntwortenLöschenHab‘ einen schönen ersten Advent.
Lieben Gruß aus dem kleinen Dorf zwischen den Meeren
Lydia
Was für ein besonderer Baum! Nie davon gehört. Allein die Samen sehen schon so lustig aus. Danke für das Portrait! herzlich, Sunni
AntwortenLöschenJa liebe Astrid, Du hast mich jetzt voll neugierig gemacht. Was für ein toller Baum und wie schade dass er dort im Botanischen Garten nicht so zur Geltung kommt. Ich kannte ihn nicht und träume jetzt mal von diesem Baum in meinem Garten :-)). Ich war ja im Mai das erste Mal in der Flora und es hat mich wirklich begeistert wie groß und schön dieser Park und die gesamte Anlage ist auch den Skulpturenpark fand ich toll. So viel grün überall dass man fast vergessen hätte in einer Großstadt zu sein.
AntwortenLöschenLiebe Grüße zum 1.Advent
Kerstin und Helga
Köln ist unter den vier deutschen Millionenstädten wohl die grünste Stadt, heißt es.
LöschenLG
Also, das ist ja mal ein interessanter Baum. Den kannte ich überhaupt nicht, dabei könnte er in Zukunft eine große Rolle spielen. So lange trägt er schon seine imposanten Früchte ohne, dass sich jemand groß dafür interessiert, das ist wirklich besonders. Vielleicht findet er bei uns nun auch eine Heimat - und nicht nur im Botanischen Garten. Das wär schön. Auch zur natürlichen Mückenabwehr ist er geeinet. Echt ein Multitalent.
AntwortenLöschenDanke fürs Vorstellen!
Herzlichst, Sieglinde
Liebe Astrid,
AntwortenLöschender traurigste Baum der Welt. - Den muss man doch einfach liebhaben. :-)
Und wenn er dann noch so schöne Früchte trägt und Blüten.
Ich mag ihn.
Danke fürs Vorstellen.
Viele Grüße,
Claudia
von Helga:
AntwortenLöschenLiebe Astrid,
mir ist schmerzlich klar geworden, daß Bäume keine Lobby haben, wenn es um Bauprojekte geht. 🌳
Eine Winterlinde mit einem Stammumfang von mehr als drei Metern durfte noch stehen bleiben. Aber.....ein Jahr später wurde auch an ihr die Kettensäge angelegt.
Ich erspare Euch nun weiteren Lug und Trug über Gesetze und Investoren.
Jeder macht nur das was ihm gelegen ist und darum wird das nie was mit dem Klimaneutral werden. Die nun wiederum schon auf dieses Trittbrett einer neuen Mitfahrgelegenheit gesprungen sind, machen jetzt Kasse.
Ich habe kein Fichtchen oder Nordmannstännchen einen Kopf kürzer gemacht, zwei Led Bäumchen stecken nebeneinder einträchtig in der Wiese und hängen an einer Zeitschaltuhr von 17 Uhr bis 2 Uhr in der Nacht, da dürfen sie mich erleuchten. Drumherum spenden mir ihre lebenden Genossen Sauerstoff und vertilgen gleichzeitig CO zwei.
Leidenschaftliche
Grüße von Helga 🌲
was für ein interessanter Baum
AntwortenLöschener könnte langsam wichtig werden
und vielleicht ist er dann nicht mehr traurig ;)
die Früchte sind ja wirklich bemerkenswert
liebe Grüße
Rosi
Ohhh wie interessant.
AntwortenLöschenHerzensgrüße
Anita
Guten Morgen liebe Astrid,
AntwortenLöschenda sind sie nun, meine Winterbäume...und wieder wurde mir bewusst, dass sie einfach wunderschön, majestätisch und einzigartig anzusehen sind. Sie zu betrachten ist für mich Meditation pur.
Deinen vorgestellten Baum kenne ich nicht und grad hab ich nochmal schnell meine Bilder aus der Flora durchgeschaut, aber auch da kein Foto von ihm...also haben wir ihn auch nicht bewusst gesehen.
Vielen Dank für die Vorstellung hier auf deinem Blog.
Hab eine gute Adventswoche - lieben Gruß von Marita