Freitag, 18. März 2022

Raif Badawi ist frei, aber...

... business as usual in Saudi Arabia: 

Einen Tag nach der erfreulichen Nachricht, dass der Blogger Raif Badawi immerhin das Gefängnis verlassen durfte, wurden insgesamt 81 Menschen, darunter 7 Jemeniten & ein Syrer, hingerichtet. Das ist ein barbarischer Rekord! 1980, nach dem Sturm auf die Große Moschee in Mekka, wurden 63 mutmaßliche Teilnehmer an einem Tag geköpft.

Das Land "glänzt" ohnehin mit Rekorden auf diesem Gebiet: 2016 haben allein im Januar 47 Personen, im Gesamtjahr 2019 184 Menschen durch staatliche Gewalt ihr Leben verloren. Im folgenden Jahr 2020, als die Saudis den G20-Vorsitz übernommen hatten, gab es eine "kurze Atempause der Repression",  2021 gab es im ersten Halbjahr dann wieder 40 Exekutionen. Innerhalb von zweieinhalb Monaten in diesem Jahr sind schon 100 Personen getötet worden.

Die jetzt Hingerichteten seien wegen unterschiedlicher Verbrechen verurteilt worden, hat das saudische Innenministerium über die staatliche saudische Nachrichtenagentur SPA verlautbaren lassen. Wie die Männer diesmal getötet wurden, wurde nicht mitgeteilt.  Das saudische Innenministerium veröffentlichte eine Erklärung mit völlig allgemeinen Anschuldigungen gegen die Getöteten: 

"Sie haben sich mit ihren fehlgeleiteten Gedanken, abweichenden Methoden und Überzeugungen mit externen Loyalitäten und feindlichen Parteien verbunden, und ihnen Treue aufgrund von Korruption und Irreführung versprochen, so dass sie terroristische Handlungen begangen haben, wie Töten, Verletzen von Heiligkeiten und Angriffe  auf Gotteshäuser und Regierungshauptquartiere."

Die Einsicht in die Dokumentation mehrerer Fälle durch Menschenrechtsorganisationen bestätigte, dass die Anklagen keine schwerwiegenden Vergehen enthielten und einigen nur die Teilnahme an Demonstrationen für Gerechtigkeit und Menschenrechte vorgeworfen wurde. ESOHR hat eklatante Verstöße gegen die Standards für faire Gerichtsverfahren aufdecken können, einschließlich der Verweigerung des Zugangs zu einem Anwalt, Anwendung von Folter und der Verweigerung der Kommunikation mit der Außenwelt.

In den letzten 3 Jahren hatder Kronprinz, kurz MBS, versprochen, dass er die Todesstrafe noch abschaffen wird. Jetzt verübten er und sein Vater King Salman das größte Hinrichtungsmassaker in der saudischen Geschichte - das Vertrauen in offizielle Versprechungen des Regimes sollte auch unsere Regierenden endlich dahinfahren lassen. 

Die Freude von Raifs Frau Ensaf Haidar ist nur zu verständlich. Doch nun, eine Woche später, dominieren wieder andere Aspekte:

Da wäre zum einen die Summe von 250 000 Euro ( umgerechnet ), die der Blogger noch zu zahlen hat. Das wäre wohl das geringste Problem. Da ist aber zum anderen noch der dritte Teil der Strafe: Das zehnjährige Ausreiseverbot aus Saudi-Arabien. Vor Ablauf der zehn Jahre könne Badawi das Land nur im Falle einer Begnadigung durch den König verlassen. "Das gegen Raif verhängte Urteil war zehn Jahre Haft, gefolgt von einem Reiseverbot derselben Dauer", sagte der Ministeriumsvertreter. Das sei endgültig. Und wie man das Regime kennt, ist es an Hartherzigkeit kaum zu überbieten.

Die Provinz Québec, wo Ensaf mit den Kindern lebt, hat Raif auf eine Prioritätenliste für Einwanderer aus humanitären Gründen gesetzt. Da ist aber noch viel mehr zu tun auf höchster kanadischer Regierungsebene. Ich hoffe, dort hat man im Kopf auch noch ein Plätzchen für dieses Problem frei...





2 Kommentare:

  1. Es ist ein Elend. Mehr fällt mir nicht mehr ein.
    Halt dich tapfer!
    Magdalena

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  2. Ich hoffe auch auf Kanada...
    Ansonsten fehlen mir die Worte bei diesen Zahlen, die ja Menschen sind.
    Sieglinde

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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