Mit meinem heutigen Frauenporträt begebe ich mich mal wieder auf unbekanntes Terrain. Italien und seine Geschichte sind mir relativ unbekannt mit Ausnahme der Antike, dafür kenne ich mich mit der Kunst etwas besser aus. Und da ist mir die heutige Dame aufgefallen: Isabella d’Este Gonzaga. Neugierig gemacht hat mich die Diskussion, ob nicht sie es ist, die für die berühmte "Gioconda" Modell gestanden hat.
Isabella d’Este kommt am 17. März 1474 - also heute vor 548 Jahren - in Ferrara in Norditalien zur Welt. Manche Quellen geben als Geburtsdatum den 18. Mai an. Doch laut Angaben ihrer Mutter hat sie Isabella, ihr erstes Kind, an einem Dienstag geboren, also kommt eher der 17. März in Frage, denn der 18. Mai 1474 ist ein Montag gewesen.
Die Eltern auf einer Münze anlässlich ihrer Hochzeit (1473) |
1471, also drei Jahre vor Isabellas Geburt, hat der Vater die Herzogtümer Ferrara, Modena und Reggio von seinem unverheirateten und kinderlosen Halbbruder Borso übernommen. Ihm verdankt das Herzogtum seine nun einsetzende wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Ercole lässt Ferrara ab 1490 durch den Architekten Biagio Rossetti befestigen und erweitern, wobei erstmals in Europa – bei einem mittelalterlichen Stadtkern – breite und gerade Straßen gebaut werden.
Die kleine Isabella wird umfassend - vor allem musikalisch - ausgebildet. Das ist vor allem ihrer ebenfalls gebildeten Mutter wichtig gewesen. Diese selbst spielt Harfe, sammelt mit großer Leidenschaft die Bilder der bekanntesten Maler und verfügt über eine kleine, eigene Bibliothek. Es gibt etliche Bücher, die ihr speziell gewidmet sind.
In ihrer Zeit wird der Hof von Ferrara vor allem aber für seine anspruchsvolle Musikpflege überregional berühmt. Schon ein Vorgänger Ercoles hat, um das Ansehen seines Hofes gegenüber wesentlich mächtigeren Herrschern jenseits der Alpen aufzuwerten, eine Hofkapelle installiert. Unter der Regentschaft von Isabellas Vater ist dann unter dem Einfluss ihrer Mutter die Musik als Repräsentationskunst und als Bildungsgut weiter im Ansehen gestiegen. In den 1480er Jahren ist die Ferrareser Kapelle die größte in ganz Italien.
Die Mutter verfügt gleichwohl durch ihr Heranwachsen am aragonesischen Hof von Neapel über ein breites politisches Wissen, um ihrem Ehemann mit Rat zur Seite stehen und ihn bei kriegsbedingter Abwesenheit als Regentin vertreten zu können. Leonora wird zudem eine extreme Menge gesunden Menschenverstandes zugeschrieben, auch, dass es auf sie zurückzuführen ist, dass Frauen in Ferrara positiver betrachtet und aufgrund ihrer Bildung höher geschätzt werden, als es bis dahin der Fall gewesen ist. Besonders ihre aktive, positiv wahrgenommene Rolle als Regentin führt zu literarischen Huldigungen und so auch zu einer Aufwertung der Rolle der Frauen insgesamt bzw. einer Ermunterung derselben zu weiterer intellektueller Bildung.
Ihre Erstgeborene erhält wie all ihre Geschwister Unterricht in Latein, in der griechischen und römischen Geschichte, in der klassischen Literatur und im Tanz. Sie lernt ein Tasteninstrument, Laute ( bzw. vihuela da mano ), lira da braccio und viola da gamba spielen und verfügt über eine schöne Singstimme. Unterwiesen wird sie dabei von Johannes Martini, einem anerkannten Kantor der väterlichen Kapelle.
1490 |
Aber erst zehn Jahre später, am 12. Februar 1490, wird Isabella dann als neue Markgräfin in Mantua einziehen.
Ihr Mann Francesco Gonzaga II., am 10. August 1466 geboren, tritt als Erstgeborener des dritten Markgrafen von Mantua, Federico I. Gonzaga, und der Margarete von Wittelsbach im Jahre 1484 die Nachfolge seines Vaters an. 1489 wird Francesco zum Oberfeldherren der venezianischen Truppen berufen. 1495 wird er sich in eine Liga gegen Frankreich einreihen, bei der auch Venedig, Kaiser Maximilian, Ferdinand V. von Aragon sowie der Heilige Stuhl mit von der Partie sind. In der Schlacht von Fornovo gegen Charles VIII. von Frankreich gelingt es dem Markgrafen schließlich im Sommer des Jahres einen überragenden Sieg zu erlangen und die französischen Truppen in die Flucht zu schlagen. Francesco Gonzaga ist kein wirklich guter militärischer Anführer, lässt sich aber gerne als glorreicher Feldherr darstellen, so z.B. als Cesar in einem Triumphzug, gemalt von Mantegna, dem Hofmaler der Gonzagas.
Der Marchese ist also eher ein Militärheld, der sich mehr für Sport und Pferde als für Kunst und Literatur interessiert, aber seine junge Frau in ihren Ambitionen als Förderin der Künste unterstützt. Schon bei ihrer Ankunft in Mantua beginnt Isabella mit der Planung für ihr "Studiolo" in den ihr zugewiesenen Wohnräumen im Erdgeschoss des St. Nicola- Turms des Castello San Giorgio. Als Vorbild dient ihr ihr Onkel Leonello d’Este, der sich als erster Herrscher ein solches Studierzimmer in seiner Sommerresidenz in Belfiore hat einrichten lassen. Über einen Zeitraum von insgesamt 39 Jahren wird sich Isabella allein dieser Herzenssache widmen.
Francesco II. Gonzaga, Markgraf von Mantua (links), Castello San Giorgio Mantua |
Das Studierzimmer wird untergebracht in einem von zwei eigentlich schlecht beleuchteten Räumen ohne Kamine im San Niccolò-Turm der Burg: Der obere Raum wird das eigentliche Studiolo und der darunter zu ihrer tonnengewölbten "Grotta", die über eine Treppe und eine mit Marmor verzierte Tür zugänglich sind.
In Zukunft wird sie das Studiolo für das Schreiben, auch von Korrespondenzen, zum Studieren - so lässt sie sich ihre lateinischen Bücher aus Ferrara kommen - sowie zum Präsentieren der Höhepunkte ihrer Sammlungen nutzen. Zunächst besitzt sie nur archäologische Gegenstände, später jedoch moderne Kunstwerke, die einen Kontrast zu den antiken bilden.
Bereits ein Jahr nach ihrer Vermählung beauftragt sie einen Maler aus Padua, den Fries im Vorzimmer ihres Studiolo auszumalen. Dabei tritt sie sehr resolut auf, als der sich viel zu viel Zeit lässt. Noch hat sie keinen Plan von der Ausgestaltung, denn der Haus- & Hofmaler der Gonzagas, Andrea Mantegna, wird von ihr nicht einbezogen. Auch stehen ihr nur bescheidene finanzielle Mittel zur Verfügung, und Isabella verwendet zum Beispiel übrig gebliebene Fliesen aus dem Landhaus ihres Mannes für den Fußboden des Raumes.
Es ist ohnehin sehr erstaunlich, was diese sehr junge Frau schon zu Beginn ihrer Ehe zu leisten hat: Ihr Mann, als Militärkommandeur in Diensten Venedigs, lässt Mantua von ihr regieren. Dann bringt sie 1493 auch ihr erstes Kind zur Welt, die Tochter Eleonora, die diesen Namen zu Ehren ihrer kurz zuvor verstorbenen Großmutter erhalten hat. Obwohl ein Mädchen, finden von Seiten der Mantuaer Bevölkerung Feierlichkeiten und Freudensbekundungen statt, was damals sehr ungewöhnlich ist. Auch Isabellas Ehemann freut sich über die Tochter und hat nicht auf die Geburt eines Stammhalters gesetzt, Isabella hingegen schon und sie ist enttäuscht. Auch ihr zweites Kind 1496 ist ein Mädchen, Margherita, das aber nur zwei Monate alt wird.
Francesco Gonzaga ist immer noch als Kriegsherr unterwegs, wechselt 1499 gar die Seiten und bietet jetzt seine Dienste dem neuen französischen König Ludwig XII. an. Für ihn wird er dann 1503 Generalstatthalter im Königreich Neapel. Isabella wird seine Abwesenheit nicht sonderlich gestört haben, denn ihr Verhältnis zu dem misstrauischen Gatten soll nicht mehr das Beste gewesen sein.
Bronzemedaille von Isabella d'Este (1498) |
Auch der Maler Pietro Perugino, der ein weiteres Gemälde beiträgt, muss durch das große Selbstbewusstsein einer Frau beim Beurteilen von Kunstwerken erheblich verunsichert gewesen sein. Leonardo da Vinci, den Isabella 1500 um ein Gemälde ersucht, reagiert auf ihr Verlangen nicht wirklich ( was er sich als etablierter & geschätzter Künstler sicher leisten kann ). Ein Werk von ihm in ihrer Sammlung hätte Isabellas Studiolo nobilitiert. Zur Ausstattung des Raumes trägt schließlich noch Lorenzo Costa mit zwei Gemälden bei. Seine "Krönung der Isabella" als Personifikation eines neoplatonischen Frauenideals & als Herrscherin über die Künste übertrifft alle bis dato bekannten Bildformeln. Es ist als Selbstdarstellung im Sinne der idealen Herrscherin und Mäzenin zu sehen und zu verstehen. Das Ziel der Marchesa, Werke der angesehensten Künstler der Zeit um sich zu versammeln, kann dennoch als gescheitert betrachtet werden.
Leonardo da Vinci: cartone per il Ritratto di Isabella d'Este (1499/50) |
Als der Machtkampf zwischen Frankreich und Italien bzw. Mailand 1512 wieder aufflammt, flüchtet der berühmte Maler samt Porträt nach Rom und arbeitet für den Papst. Auch dort sucht ihn Isabella auf als Gast des Papstes und kehrt nur auf Wunsch ihres Mannes nach Mantua zurück. "Ich bin hier in Mantua, aber mein ganzes Herz ist in Rom. Zumindest kann ich fühlen, dass ich meinem Mann gehorcht und ihn zufrieden gestellt habe … Mein Körper ist hier, wie ich wiederhole, aber meine Seele ist dort!", schreibt sie hinterher.
1515 wird bei Friedensverhandlungen mit dem französischen König, an denen der Künstler teilnimmt, ihm eine Ernennung an den französischen Hof angeboten. Tatsächlich zieht Leonardo samt Isabellas Porträt nach Frankreich. Sein Sekretär wird es in eine Liste aufnehmen: "Dame der Lombardei, in Öl gemalt, aus dem Leben, ziemlich schön". Nach Leonardos Tod kommt das Gemälde, das "La Joconde" tituliert ist und die ganze Welt unter dem Namen "Mona Lisa" kennt, in den Besitz des französischen Königs. Es gibt durchaus eine ganze Reihe von Indizien, dass es sich dabei um das Porträt der Isabella d'Este Gonzaga handeln könnte...
Als Leonardo da Vinci die bis heute erhaltene Skizze der Mantuaer Fürstin anfertigt, steht diese vor der Geburt ihres dritten Kindes. Mit 26 Jahren erfüllt Isabella als Mutter dann zu ihrer Zufriedenheit ihre Pflicht und schenkt am 17. Mai 1500 einem Sohn das Leben, Federico, benannt nach seinem Großvater. Weitere Söhne - Ercole und Ferrante - kommen 1505 und 1507 auf die Welt. Vor denen hat sie zwei Mädchen geboren, von denen Livia mit sieben Jahren 1508 stirbt und ihr Name der im August des gleichen Jahres letztgeborenen Tochter weitergegeben wird. Isabella, so behaupten Spötter, liebe ihre Hunde mehr als ihre Töchter.
Neben der Bildung, der Kunst und der Politik hat Isabella ein großes Interesse an der Mode und sie "setzt den Ton" im Italien ihrer Zeit. Selbst der König von Frankreich, François I., ersucht sie einmal um eines ihrer Gewänder, um es den Frauen an seinem Hof zur Nachahmung vorzuführen. Sie legt sehr viel Wert auf ihr Erscheinungsbild und versucht sich äußerlich besonders vorteilhaft zu präsentieren. Ihre Kleidung und ihr Schmuck zeugen von der hohen Relevanz optischer Perfektion in ihrer repräsentativen Rolle als Herrscherin. Zahlreiche Ausgaben für wertvolle Stoffe und Schmuck finden sich in ihren Listen. Die ansprechende Selbstinszenierung als Fürstin des Staates an der Seite eines Mannes, der vor allem seine militärische Macht und seine Führungspersönlichkeit herauskehrt, ist damals obligatorisch. Isabella ist zudem bestrebt, auch auf dem Gebiet der Mode eine führende Stellung zu behalten.
Benvenuto Tisi da Garofalo: Beatrice & Isabella d'Este (1503-06) |
Als ihr Bruder Alfonso, der Ferrara-Erbe, sich 1502 anschickt, Lucrezia Borgia, die berühmte Papsttochter zu heiraten, hat Isabella ihre "Spione" beauftragt, Informationen über Lucrezias Kleidung und Gewohnheiten an sie weiterzuleiten. Auch mit ihrer Schwester Beatrice, verheiratet mit dem sehr viel besser situierten Ludovico Sforza, Herzog von Mailand, konkurriert sie auf diesem Gebiet.
Für die tonangebende "fashionista" ist auch Juwelenschmuck wichtig. Viele Jahre lang kann Isabella jedoch die meisten ihrer bei der Hochzeit mitgebrachten Juwelen nicht tragen:
Ihr Mann Francesco Gonzaga ist nicht der Finanzstärkste und benötigt zum Beispiel 1494 eine Summe für einen Wahlkampf, um seinen jüngeren Bruder Sigismondo in den Kardinalstand zu hieven. Isabella erklärt sich bereit, einen Teil des Schmucks zu verpfänden, um dem Haus Gonzaga Ehre zu verschaffen. Das gibt sie dann aber auch zwei Jahre später als Grund an, als sie den Schmuck bei ihrem Mann zurückfordert. Ohne Erfolg! Im Gegenteil: Der bittet sie sogar, auch noch ihren restlichen Schmuck zu verpfänden. Ohne Juwelen aufzutreten, wäre im täglichen Leben für eine Marchesa allerdings als unangemessen angesehen worden und hätte ihrem Status und vor allem ihrer Ehre noch mehr geschadet.
Das lässt uns aber fragen, warum sie sich von Leonardo ohne Schmuck hat darstellen lassen. Der Schnitt von Isabellas Kleid und ihre Frisur in Leonardos Zeichnung entspricht der damaligen Mode, aber die neueste Hofmode hätte Schmuck eingeschlossen, und sein Fehlen bleibt für eine Dame ihres Standes sehr ungewöhnlich. Auf das "Warum" habe auch ich keine Antwort gefunden.
Übrigens hängt in jenen Tagen auch die Beurteilung, ob jemand schön sei, nicht vom Kleidungsstück, sondern vom sozialen Status der Trägerin ab. Andererseits wird Isabellas Kleidung - ebenso wie ihre Sammlung von Kunstobjekten und Antiquitäten - als ein äußeres Zeichen für Isabellas innere Tugenden angesehen. Lob erfährt Isabella auch wegen ihrer Bildung, ihren intellektuellen Fähigkeiten, ihres Charakters, weniger wegen ihres Aussehens. Nur die Dichter machen da schon mal eine Ausnahme und sprechen von ihrer wohlgestalteten Figur.
Mit ihrer sechs Jahre jüngeren Schwägerin Lukrezia kann sie nicht konkurrieren. Das sieht wohl auch Isabellas Ehemann Francesco so, dem eine lange, leidenschaftlichen Affäre mit eben jener Lukrezia ab 1502 nachgesagt wird. Diese Liaison soll erst 1512 geendet haben, als Francesco sich bei Begegnungen mit Prostituierten die Syphilis zugezogen hat.
Federico Gonzaga (1511) |
1512 ist Isabella auch die Gastgeberin eines Kongresses in Mantua, auf dem die Rückkehr an die Macht der Sforza in Mailand und die der Medici in Florenz, also in letzterem Fall der Sturz der an Frankreich gebundenen Herrschaft von Piero Soderini, beschlossen wird. Als Fürstin wirkt sie viel durchsetzungsfähiger und kompetenter als ihr Ehemann, der darüber bei seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft "not amused" gewesen ist. Er fühlt sich gedemütigt von seiner politisch überlegen agierenden Frau, ist aber auch auf sie angewiesen, denn in der Verwaltung des Stadtstaats wird ohne Isabellas Wissen & Zustimmung sich "kein Blatt rühren".
Das alles versetzt der ehelichen Beziehung wohl den letzten Todesstoß. Infolgedessen beginnt Isabella, sich frei und reisend im Land zu bewegen und bis zu Francescos Tod nach längerer Krankheit am 19. März 1519 unabhängig von ihm zu leben.
Mit dem Tod ihrs Ehemannes übernimmt Isabella die Regentschaft für ihren noch minderjährigen Sohn. Sie spielt ihre politische Rolle als Führerin eines Stadtstaates so gut, dass sie Mantuas Position stetig verbessern kann und sich das Wohlwollen ihrer Untertanen immer wieder sichert. Dafür studiert sie auch Architektur, Landwirtschaft und Industrie und folgt den Prinzipien des Niccolò Machiavelli, die dieser in seinem Buch "Der Prinz für Herrscher" aufgestellt hat.
Auch hat sie erkannt, wie wichtig die Vernetzung mit den wichtigsten Machtzentren ihrer Zeit ist und schickt ihren dritten Sohn, nachdem sie gute Erfahrungen mit dem Aufenthalt ihres Ältesten am französischen Hof gemacht hat, 1524 mit 17 Jahren an den Hof Karls V.. Für ihren zweiten Sohn reist sie 1525 mit einem kleineren Gefolge nach Rom, um sich dort beim Papst für einen Kardinalstitel für ihn einzusetzen. Der, aus dem konkurrierenden Haus der Medici, hält Isabella bis 1527 hin. Sie bietet dem Papst schließlich 40 000 Dukaten, die er dringend benötigt, um Angriffen der französischen Streitkräfte standzuhalten.
Es wird angenommen, dass Isabella der lange Aufenthalt durchaus gelegen kommt, macht ihr doch zu Hause in Mantua die Geliebte ihres Sohnes, Isabella Boschetti, den Einfluss streitig. Überhaupt missbilligt sie das Verhältnis, steht es doch einer Eheschließung ihres Sohnes zum Zwecke der Nachkommenssicherung im Wege.
Palazzo Colonna (1754) |
So kommt es, dass Isabella d'Este Gonzaga noch in Rom ist, als sich die außer Kontrolle geratenen Söldnertruppen Karls V. von der Lombardei aus in Richtung "Ewige Stadt" bewegen. Sie organisiert, dass der Palazzo Colonna zu einer Verteidigungsbastei umgerüstet wird und insgesamt über 3000 Adligen und deren Bediensteten in den Mauern des Palastes Zuflucht bietet, als die vor den kaiserlichen Soldaten Schutz suchen. Isabella setzt einfach darauf, dass ihr jüngster Sohn, inzwischen als Höfling Karls V. im Heer aufgestiegen, seine schützende Hand über sie hält.
Ganz geglückt ist ihr das dann nicht, denn die seit Monaten ohne Sold gebliebenen Söldner aus verschiedenen Ländern lassen sich endgültig nichts mehr von ihren Vorgesetzten sagen, und Isabella muss etliche zehntausend Golddukaten zur Auslösung zahlen. Letztendlich gelingt es ihr mit Hilfe ihres Sohnes, mit dem größten Teil der Eingeschlossenen über Barken auf dem Tiber bis nach Ostia zu kommen und von dort aus mit dem Schiff nach Genua. Der Palazzo Colonna bleibt der einzige Palast in Rom, der damals nicht geplündert worden ist.
Peter Paul Rubens: Isabella in Rot ( Kopie eines Gemäldes von Tizian von 1529; ca. 1605 ) |
Es ist die Zeit, in der im sogenannten "Damenfrieden von Cambrai" die Tante Karls V., Margarethe von Österreich, und Luise von Savoyen, die Mutter von François I., sich an einen Tisch setzen und einen Interessenausgleich aushandeln, weil beide Herrscher nicht direkt miteinander kommunizieren wollen. Die französische Krone verzichtet u.a. dabei auf alle Ansprüche in Italien (Genua, Herzogtum Mailand und Königreich Neapel). Mailand und Neapel gelangen so unter den direkten Einfluss Karls V. . Isabella hat also nicht Anspruch auf das Alleinstellungsmerkmal! Aber sie gehört zu den politischen Kräften, die einen nicht konfrontativen Ansatz in der Außenpolitik befürwortet haben. Nur so hat sie auch die Unterstützung ihrer Untertanen bewahren können.
1530 reist Isabella nach Bologna, als eben jener Karl V. vom Papst zum Kaiser gekrönt wird. Sie kann ihn überzeugen, den Status ihres Sohnes durch die Verleihung der Herzogswürde zu verbessern. Der Kaiser hat aber gleichzeitig auch einen Vertrag über den Abschluss einer Ehe zwischen dem neu erhobenen Herzog und der kaiserlichen Cousine Giulia d’Aragona in petto, den der frischgekürte Herzog widerwillig - siehe die Geliebte!- unterschreibt. Aber es wird wieder alles anders kommen: Auch dieses Eheprojekt wird scheitern wie auch ein weiteres. Über Isabellas Meinung dazu habe ich nichts herausgefunden...
In der Zwischenzeit hat Isabella längst ihre neuen Witwengemächer in der Corte Vecchia, dem räumlich großzügiger bemessenen Teil des herzoglichen Palastes von Mantua bezogen. Auch das Studiolo und die Grotta verlagert sie dorthin und schon 1520-23 hat sie mit den Umbauten der Räumlichkeiten begonnen und Antonio Allegri, genannt Correggio, mit zwei Gemälden auf Leinwand beauftragt, die "Allegorie der Tugend" und die "Allegorie des Lasters", welche die Tür vom Korridor in das Studiolo flankieren sollen. Es dauert mehr als zehn Jahre, bis die Wände dieses neuen Studierzimmers wieder mit den Werken von Mantegna, Perugino und Lorenzo Costa aus dem alten behängt sind. Die Grotta, nun genauso groß wie das Studiolo, wird mit acht Wandschränken ausgestattet, deren Türen mit kunstvollen Holzintarsien versehen sind, und die Teile der Sammlung beherbergen.
Tizian: Isabella d'Este (1534-36) |
Gonzaga Kapelle in Mantua |
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Wie spannend! Am Anfang dachte ich, es geht gar um zwei Frauen :)
AntwortenLöschenBei der Geschichte um den fehlenden Schmuck musste ich sofort an die Büste der Nofretete denken. (keine Fertigstellung, damit sie beim Künstler verbleiben kann)
Heute Abend lese ich noch mal etwas genauer durch, Danke Dir aber schon jetzt für ein schönes Portrait wieder.
Alles Liebe
Nina
Was für eine faszinierende Persönlichkeit Isabella d’Este Gonzaga war! Offensichtlich mochte sie keine Frau neben sich dulden, auch nicht ihre Töchter. Schade, dass wir nicht wissen, ob sie die "Mona Lisa". Da gibt es ja auch noch andere Aspirantinnen. Aber es ist spannend, mit ihr durch ihre Zeit zu reisen!
AntwortenLöschenDanke für das wunderbare Portrait!
Liebe Grüße
Andrea
Eine sehr besondere Frau stellst Du heute vor. Sie gilt auch als eine Vorläuferin der frühneuzeitlichen Salons mit ihrem "Musenhof" und Studiolo. Eine Art erste Salonière sozusagen und Sammlerin von Kunstschätzen.
AntwortenLöschenSie war bestimmt eine starke, sehr beeindruckende Frau. Und sehr gut vernetzt obendrein. Und vielleicht sogar die Mona Lisa....
Danke für Ihr imposantes Portrait sagt herzlichst,
Sieglinde
Eine beeindruckende Frau. In Italien begegneten wir häufiger ihrem Namen und Erzählungen, auch der "Mona Lisa"-Vermutung. Aber du hast wieder sehr genau das Leben gezeichnet.Was für ein Leben zu den damaligen Zeiten! Herzlich, Sunni
AntwortenLöschenDanke für deine aufwändige Recherche zu dieser beeindruckenden Frau! Sie wusste offenbar, was sie wollte und konnte ihre Interessen durchsetzen, eine starke und wohl harte Frau. Sympathischer erscheint mir Isabella Boschetti, ihre Lebensgeschichte habe ich nun auch nachgelesen. "Ihr" Palazzo Te in Mantua wirkte auf mich offener und freundlicher.
AntwortenLöschenWir haben vor Jahren den riesigen Palazzo Ducale in eisiger Kälte (im Winter, ungeheizt) durchwandert und bestaunt, ich habe ihn ziemlich düster in Erinnerung...
lg
Dass der Palazzo düster und kalt wirkt, glaube ich dir gerne. Er ist ja auch überdimensioniert.Ich bin ja durch all diese Städte nur durchgerauscht, gibt es für mich ja nur Venedig... Aber ich besitze einen Prachtband von der camera degli sposi, nachdem mich ein kleines Buch von Inger Christensen dazu so sehr fasziniert hat ( "Das gemalte Zimmer" ). Da habe ich dann schon öfter bereut, nicht Halt gemacht zu haben...
LöschenLG
für mich ist das auch völlig unbekanntes terrain und all die vielen namen und geschichten verwirren mich. diese isabella war sicher eine sehr intelligente, starke frau und persönlichkeit, scheint mir aber mit wenig herzenswärme durchs leben gegangen zu sein.
AntwortenLöschenliebe grüße
mano
Sehr interessant, liebe Astrid!
AntwortenLöschenVielleicht war sie ja wirklich die Mona Lisa.
Aber auf jeden Fall eine war sie eine sehr
faszinierende Persönlichkeit!
Ganz viele liebe Frühlingsgrüße von der Urte