Freitag, 5. November 2021

Mal 'ne gute Nachricht aus SA

 

Ein von seiner Familie nach der Freilassung gepostetes Foto:
Ali Mohammed al-Nimr

Die Pausen zwischen meinen freitäglichen Posts zur Raif Badawi werden immer länger, weil ich nichts zu berichten habe. Doch heute kann ich mal was Erfreuliches weitergeben.

Der inzwischen 27jährige Ali Mohammed al-Nimr ist am 27.Oktober 2021 von den saudischen Behörden freigelassen worden und zu seiner Familie zurückgekehrt.

Über den jungen Mann hatte ich bereits im Oktober 2015 an dieser Stelle gepostet. Ali al-Nimr war 17 Jahre alt, als er 2012 bei Protesten der schiitischen muslimischen Minderheit des Königreichs gegen die Regierung festgenommen wurde. Zwei Jahre später verurteilte ihn ein Gericht zum Tod durch "Kreuzigung" – i.e. in Saudi- Arabien eine Enthauptung, gefolgt von einer öffentlichen Zurschaustellung seiner Leiche mit wieder angenähtem Kopf. Al-Nimr hatte die Anklage immer in Frage gestellt und das Gericht darauf hingewiesen, dass Sicherheitsbeamte sein "Geständnis" durch Folter erzwungen hätten.

Sein Onkel, der schiitische Kleriker und Menschenrechtler Nimr an-Nimr, ein sehr populärer Prediger im Rang eines Ajatollah, ist bereits 2016 hingerichtetet worden. 

Der Scheich war ein lautstarker Unterstützer der vom Arabischen Frühling inspirierten Proteste, die 2011 in der Ostprovinz ausbrachen. Sie wurden von lokalen Schiiten angeführt, die sich seit langem darüber beschwerten, von der sunnitischen Monarchie Saudi-Arabiens an den Rand gedrängt worden zu sein. In der Ostprovinz befinden sich die größten Erdölvorkommen des Landes.

Einem Gnadengesuch des Vaters von Ali al-Nimr an den König im Jahre 2015 wurde nicht stattgegeben. Die französische Regierung setzte sich ebenfalls für ihn ein, und das Kollektiv "Anonymous" legte im September 2015 aus Protest gegen den Umgang mit al-Nimr mehrere Websites der saudischen Regierung lahm. Auch die Vereinten Nationen erinnerten das Regime daran, dass es sich verpflichtet hatte, Todesstrafen bei denjenigen nicht mehr zu vollstrecken, die zur Tatzeit Kinder waren. 

Das Urteil gegen al-Nimr wurde im Februar dieses Jahres in eine zehnjährige Haftstrafe umgewandelt, nachdem der König die Todesstrafe für einige von Minderjährigen begangene Verbrechen aufgehoben hatte. 

Getrübt wird die Freude über die Freilassung des jungen Mannes durch die Tatsache, dass zwei weitere junge Schiiten, die wegen ähnlicher Protestvorwürfe vier Monate später vom selben Gericht zum Tode verurteilt wurden - Abdullah al-Zaher und Dawood al-Marhoun -  und die bei ihrer Festnahme 15 bzw. 17 Jahre alt waren, immer noch in Haft gehalten werden.

Ein greifbares Zeichen des Fortschritts darf man nur bedingt in diesem Ereignis sehen, wurde doch gerade vor einem halben Jahr Mustafa al-Darwish, der ebenfalls 17 Jahre alt war, als er 2015 festgenommen wurde und nach Folter ein Geständnis abgelegt hat.

Es gibt Mutmaßungen, dass die Freilassung von al-Nimr zusammenhängt mit den auf diplomatischer Ebene seit einiger Zeit geführten Gesprächen zwischen Iran und Saudi-Arabien, die zu einer Normalisierung der Beziehungen beitragen sollen, was auf etliche Konflikte in der Region positive Auswirkungen haben würde. Vor allem Teheran spricht von Fortschritt. Es gibt aber auch andere, widersprechende Zeichen von der saudischen Seite...




5 Kommentare:

  1. Endlich mal eine gute Nachricht in einem Meer von schlechten...
    Für den jungen Mann und seine Familie aber darf man sich freuen. Wie er wohl die Haftzeit verarbeitet? So etwas prägt einen sicher sehr.
    Ich wünsche ihm alles Gute!
    Sieglinde

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Es gibt bei Twitter ein Video, in dem gezeigt wird, wie er aus dem Auto steigt und auf Frauen der Familie zugeht, sie umarmt usw. So eine Freundlichkeit & Harmonie im Gesicht: unglaublich! Ich war sehr überrascht.
      GLG

      Löschen
  2. Erst mal große Freude für den jungen Mann. Aber klar, es sind noch immer viel zu viele zu Unrecht verurteilt und inhaftiert. das Grauen hört nicht auf. Liebabendgruß, Eva

    AntwortenLöschen
  3. Freud und Leid in Deinem Post. Ich freue mich heute einfach für diesen jungen Mann. 10 Jahre seines Lebens…
    Dir einen herzlichen Dank für die Berichterstattung und das Dran Bleiben.
    Liebe Grüße Tina

    AntwortenLöschen
  4. wenigstens eine gute Nachricht ..
    hoffentlich kommen noch andere nach
    was die Machthaber dort sich anmaßen ist unbeschreiblich

    liebe Grüße
    Rosi

    AntwortenLöschen

Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

Mit dem Abschicken deines Kommentars akzeptierst du, dass dieser und die personenbezogenen Daten, die mit ihm verbunden sind (z.B. User- oder Klarname, verknüpftes Profil auf Google/ Wordpress) an Google-Server übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhältst du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.