Freitag, 1. Januar 2021

Haftstrafe für Loujain al-Hathloul

"Ein Anti-Terror-Gericht in Saudi-Arabien hat eine der bekanntesten Frauenrechtlerinnen des Landes zu fünf Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Loujain al-Hathloul wurde laut dem staatsnahen saudischen Online-Portal Sabq und anderen lokalen Medien in der Hauptstadt Riad schuldig gesprochen; sie habe versucht, eine grundlegende Änderung des Regierungssystems in der absolutistischen Monarchie herbeizuführen. Außerdem habe sie der nationalen Sicherheit geschadet, indem sie die "Agenda anderer Staaten" über das Internet verbreitet habe", berichtete Paul Anton Krüger am Montag dieser Woche für die "Süddeutsche Zeitung".

Darüber, dass dieser Prozess bevorstand, habe ich schon vor über einem Monat an dieser Stelle geschrieben, über Loujain al-Hathloul und ihre Anliegen, ihre Inhaftierung und ihre Foltervorwürfe schon in diversen Posts auf meinem Blog. Nun ist sie also zu fünf Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden - die Begründung dafür ist ja weiter oben zu lesen gewesen. Binnen 30 Tagen kann die Frauenrechtlerin gegen das Urteil noch Berufung einlegen. Es wird allerdings durch saudiarabischen Medien verbreitet, al-Hathloul habe gestanden, mit ausländischen Diplomaten und Journalisten sowie Menschenrechtsorganisationen gesprochen zu haben. Ihre Geständnisse habe sie freiwillig und ohne äusseren Zwang gemacht. Wer's glaubt, wird selig... Die Vorwürfe der Folter hatte das Gericht vergangene Woche zurückgewiesen.

Zwei Jahre und zehn Monate dieser Haftstrafe sind von der Justiz zur Bewährung ausgesetzt, was bedeuten könnte, dass die junge Frau, die am 15. Mai 2018 festgesetzt worden war, Mitte März freikommen könnte. Aber nach all den Erfahrungen traue ich dem saudischen Regime und seiner Justiz jede neue Volte zu. Außerdem könnte die 31-Jährige während ihrer Bewährungszeit immer wieder leicht ins Gefängnis geworfen werden.

Das Urteil hat einige Kritik hervorgerufen:

Der Sicherheitsberater des zukünftigen US-Präsidenten, Jake Sullivan, bezeichnete es als "ungerecht und beunruhigend". Sie habe lediglich ihre "universellen Rechte wahrgenommen". Joe Biden hatte bereits vorher angekündigt, Waffenlieferungen an Saudi - Arabien zu überprüfen und das Regime für die Ermordung des Publizisten Jamal Khashoggi zur Verantwortung zu ziehen.

Selbst der Sprecher des scheidenden US-Außenministers Mike Pompeo verkündete, man sei besorgt über Berichte, dass al-Hathloul zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sei. Die USA hätten immer "die Bedeutung von freier Meinungsäußerung und friedlichem Aktivismus in Saudi-Arabien betont".

Die Menschenrechtsbeauftragte im Auswärtigen Amt, Bärbel Kofler, teilte mit, dass die Bundesregierung das Urteil sehr bedauere. Man habe sich "viele Male mit großem Nachdruck" gegenüber der saudischen Regierung für eine Freilassung von Loujain al-Hathloul eingesetzt. Ihr Fall sei einer von vielen, die zeigten, "dass die saudischen Behörden mit übermäßiger Härte" gegen Menschenrechtler und Aktivisten vorgehen.

Zahlreiche Mitglieder des amerikanischen Kongresses hatten ebenso wie Politiker in Europa und Menschenrechtsorganisationen schon vor dem Urteil immer wieder die Freilassung der Menschenrechtlerin gefordert.

Zusammen mit Loujain al-Hathloul ist von demselben Anti-Terror-Sondergericht in Riad Mayaa al-Zahrani zu ebenfalls fünf Jahre und acht Monate Haft verurteilt worden. Und auch sie könnte bei Anrechnung ihrer bisherigen Haftdauer im Frühjahr 2021 auf Bewährung freikommen. Ihr wurde ebenfalls vorgeworfen, die "Agenda anderer Staaten" über das Internet verbreitet zu haben, wie das regierungsnahe Online-Portal Sabq verbreitet hat, welches nach eigenen Angaben an der Verhandlung teilnehmen durfte. Ausländischen Diplomaten war es dagegen verwehrt, begründet mit der Corona-Epidemie.

Saudi - Arabien hat mal wieder gezeigt, dass "seine Rhetorik über Menschenrechtsreformen völlig hohl ist", so Heba Morayef,  Direktorin für die Region Nahost und Nordafrika bei Amnesty International. Das kann man wohl sagen.



3 Kommentare:

  1. ja.. ich habe es gelesen
    die Urteilsbegründung ist ein Hohn
    mich wundert nur die Bewährung..
    tut sich da doch etwas und wollen die nur nicht ihr "Gesicht" verlieren ??
    hoffentlich kommen beide wirklich frei

    liebe Grüße
    Rosi

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  2. Ich hoffe auch, dass es keine Volte mehr gibt. Aber auch mir scheint der drohende Gesichtsverlust erzwang noch eine Gefängnisstrafe. Was diese Frauen durchgemacht haben, können wir uns gar nicht vorstellen.
    Hoffentlich ändert sich nun die Lage durch den neuen Präsidenten der USA. Besonders aber hoffe ich auf Kamala Harris.

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  3. Liebe Astrid,
    das macht mich wirklich fassungslos, wenn ich lesen muss, aus welchen Gründen, auch in unserer Zeit, Menschen für lange Zeit im Gefängnis zum Schweigen gebracht werden.

    Ich wünsche Dir ein frohes und gesundes neues Jahr.
    Viele liebe Grüße
    Wolfgang

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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