Meine 6. Kalenderwoche 2020

Am Montagmorgen verbreiteten wenigstens der Himmel und die treibenden Traubenhyazinthen Zuversicht.

Mittags dann  erlösende Nachricht! Ein weiterer Schritt ist dieses Mal mal wirklich gut verlaufen...

Hierher wäre ich auch besser sofort gegangen, statt mich mit dem Onlinehandel herumzuschlagen,...

... denn dort habe ich alles bekommen, was ich wollte.

Und in der Straße mit den Wimpelketten beim dänischen Stoff - Dealer auch. Dazu gab es aber noch eine sehr nette Zugabe:
Eine Mitarbeiterin kam sofort auf mich zu, um meine Stoff zuzuschneiden. Wie sich herausstellte, ist sie schon länger Leserin meines Blogs, arbeitet noch nicht so lange bei Stoff & Stil, hatte aber gehofft, mich dort mal persönlich zu treffen. Das Gespräch mit ihr hat mir richtig gut getan!

Und auf dieses Erlebnis setzte dann Christa mit einer Mail das i-Tüpfelchen:
Sie war durch eine Stille Leserin auf einen angeblich toten Storch aufmerksam gemacht worden und zur angegebenen Stelle gefahren, um diese Leserin zu treffen. Die hat ihr dann auch erzählt, dass sie sonst noch bei mir liest.

Ich finde das immer wieder schön, wenn ich erfahre, wer so hinter den hohen Klickzahlen steckt. Echte Bloggerinnen gehören ja inzwischen einer eher einer aussterbenden Art an, da fragt frau sich manches Mal, wer das ist, der noch Interesse an den Blogposts hat...

An dieser Stelle dann auch mein Dankeschön all den Leserinnen und Lesern, die mir am Wochenende in ihren Kommentaren noch mal bestätigt haben, das ich mit meiner Auffassung vom Bloggen nicht so schief liege wie meine Kritikerin.

Am Mittwoch auf dem Weg zur Fußpflege haben wir nicht schlecht gestaunt, dass man das Haus mit der Praxis jetzt auch von hinten sehen kann, zuhause dann nicht minder über die beiden exotischen Gäste am Erdnuss - Silo für die Singvögel.

Und ein Staunen hat auch der klare, blaue Himmel hervorgerufen. Am nächsten Tag war dann alles wieder nassgrau...

Lange tagsüber auf eine Nachricht gewartet. Am Donnerstagabend dann ein paar rosa Wölkchen am Himmel, auch in dieser Hinsicht.

Freitagfrüh - das war mal ein Wetterchen, dass mich froh & munter machte: Ostwind, eine Temperatur knapp über dem Gefrierpunkt, Sonnenschein! Da ging es mit Schwung zum Sport und der Kopf war mal frei von allen Sorgen & Gedanken dieser Woche.

Da fühlte ich mich auch fit genug für die ( vorkarnevalistische ) Höhle des Löwen der 5. Kölner Jahreszeit, Festartikel Schmitt. Überraschend ruhig war es dort, fast so ruhig wie in der romanischen Kirche St. Kunibert in der Nachbarschaft...

... wo ich  ein bisschen Zeit für Kontemplation fand. Andere fanden die trotz frischer Temperaturen sogar draußen am Weiher des Theodor - Heuss - Ringes.

"Nach dem Spiel 

"Das dürfen die Leute ja gar nicht!" 

kommt das Spiel: 

"Ich weiß gar nicht, was Sie wollen – 

so schlimm ist es nun auch wieder nicht!" 

Das möchte ich nicht mitspielen, 

und ich werde es nicht mitspielen." 

Kurt Tucholsky 4.3.1933

Seinen 130. Geburtstag am 9. Januar habe ich doch glatt verschwitzt. Aber ich denke, eine Würdigung  einen ganzen Monat später würde er nicht krumm nehmen: Kurt Tucholsky.

Vor allem, wo er wieder so zeitgemäß geworden ist!

Als ich diesen Teil meines Posts am Dienstag überlegt und geschrieben hatte, habe ich aber nicht im mindesten an die Abstimmung am nächsten Tag in Thüringen gedacht. Da schien es dann kurzzeitig so weit, wie es Tucholsky, satirisch überzeichnet, 1931 gereimt hat:

Rosen auf den Weg gestreut

Ihr müßt sie lieb und nett behandeln,
erschreckt sie nicht – sie sind so zart!
Ihr müßt mit Palmen sie umwandeln,
getreulich ihrer Eigenart!
Pfeift euerm Hunde, wenn er kläfft –:
Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft!

Wenn sie in ihren Sälen hetzen,
sagt: »Ja und Amen – aber gern!
Hier habt ihr mich – schlagt mich in Fetzen!«
Und prügeln sie, so lobt den Herrn.
Denn Prügeln ist doch ihr Geschäft!
Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft.

Und schießen sie –: du lieber Himmel,
schätzt ihr das Leben so hoch ein?
Das ist ein Pazifisten-Fimmel!
Wer möchte nicht gern Opfer sein?
Nennt sie: die süßen Schnuckerchen,
gebt ihnen Bonbons und Zuckerchen ...
Und verspürt ihr auch
in euerm Bauch
den Hitler-Dolch, tief, bis zum Heft –:
Küßt die Faschisten, küßt die Faschisten,
küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft –! 

Theobald Tiger

Die Weltbühne, 31.03.1931, Nr. 13, S. 452

Hieß es noch vor 26 Monaten: "Lieber nicht regieren als falsch regieren", war das Schnee von gestern am vergangenen Mittwoch im Thüringer Landtag, als sich ein Vertreter eben dieser Partei  mit Hilfe der Blaunen in den Sattel hat heben lassen und dort oben erst einmal sitzen geblieben ist.

In meinen Augen eine Grenzüberschreitung von gewissem historischen Ausmaß, was die Bundesrepublik Deutschland anbelangt, und das alles, weil zwei konservative Parteien den Blaunen indirekt den Vorzug geben, um den Linken eines auszuwischen. Ein Konservatismus, der mit dem ( gerichtlich bestätigten ) Faschisten kooperiert, um einen Ministerpräsidenten, der wohl von der Bevölkerung geschätzt wird, vom Spielfeld zu schlagen, zeigt eine Skrupellosigkeit, die man offensichtlich den US-Republikanern abgeschaut hat. Die Führungsposition gehört also nicht mehr jenen Personen und Organisationen, die am besten moderieren und die größte rationale Zustimmung in der Bevölkerung erzielen, sondern denjenigen, die das Geschäft der Spaltung mit der größten Hemmungslosigkeit betreiben.

Die betroffenen beiden Parteien legen zudem eine politische Unfähigkeit & Unreife an den Tag, weil sie weiterhin bis heute ( und sicher darüber hinaus ) ständig taktieren, statt sich ihrer ideologischen Fallstricke endlich zu entledigen. Ob Postkommunisten oder Rechtsradikale gefährlicher für unsere Demokratie sind - darüber haben die beiden Parteien in Thüringen nun also eine richtungsweisende Entscheidung getroffen. "Der Begriff der Bürgerlichkeit liegt im Dreck", kommentierte Nico Fried an dieser Stelle - das kann man wohl sagen!

Die Auswirkungen für die Bundesländer im Osten, ja, der ganzen Bundesrepublik sind unkalkulierbar.  Ich sehe durchaus die Gefahr, dass die Blaunen ihre Beteiligung an der Macht nutzen werden, um die abgekämpft - desolaten Schwarzen aus der Führungsposition im ostdeutschen konservativen Lager zu verdrängen.

"Wir müssen die Gespaltenheit dieses Landes überwinden, die aufgeheizte Stimmung, die wir im Land spüren. Deshalb ist es wichtig, dass wir im Parlament vernünftige Entscheidungen für die Zukunft Thüringens treffen, und zwar im Parlament unter Demokraten", äußerte sich der nunmehrige Ministerpräsident Thüringens vor seiner Wahl. Hast du fein hingekriegt, indem du dem Testosteron gehorcht hast, statt den Verstand zu gebrauchen!

Der Wunsch nach Neuwahlen ist nichts anderes als der Wunsch, dass alles ungeschehen zu machen und sich nicht sich ernsthaft mit dem eigenen Fall ( im doppelten Sinne ) beschäftigen zu müssen. Neuwahlen kosten Zeit, Geld und Energien, die für eine gute Regierung gebraucht würden. Stattdessen steht jetzt wieder mal Beschäftigung mit sich selbst im Mittelpunkt ( dabei haben die Blaunen doch gerade den eigenen Kandidaten doch nur geopfert aus Liebe zum Land, zur Demokratie und um eine solche Unruhe zu vermeiden! ).

Selbst wenn man es den Schwarzen und Gelben abkauft, dass sie nichts geplant hatten oder von den Plänen der Blaunen nichts wussten - von Politprofis erwarte ich, dass sie sich mit der Strategie und Taktik dieser Partei, bei denen zu viele nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, auseinandersetzen und sie auf dem Schirm haben! Es passiert ja nicht zum ersten Mal - ich sage nur Brexit - wo Populisten alle üblen Tricks angewandt haben, um ihr Ziel zu erreichen.

In Thüringen ist auf jeden Fall grob fahrlässig gehandelt worden ( und verantwortungslos gegenüber unserem Land ). Seit 1945 hat sich niemand von destruktiven Kräften so in eine taktische Falle locken lassen. Der Vordenker der Blaunen, K*bitschek: "So konstruktiv-destruktiv wie H*cke hat aus dieser Partei heraus noch keiner agiert. In Thüringen jemanden so auf einen Stuhl zu setzen, dass es in Berlin einem anderen Stuhl die Beine abschlägt: Das taktische Arsenal der AfD ist um eine feine Variante reicher."


Da ich durch das Tucholsky - Gedicht die historische Dimension in diesen Beitrag selbst ins Spiel gebracht habe, sehe ich mich abschließend in der Pflicht, auch dazu was zu sagen, ob nun wirklich "ein Hauch von Weimar" ( Gerhard Baum ) über dem Land liegt:

Ich meine nicht, denn Geschichte wiederholt sich eben nicht eins zu eins! Bemerkenswert fand ich z. B., dass sofort nach dem Thüringer Desaster der "Business Insider", ein hundertprozentiges Springer - Produkt, eine Website veröffentlichte mit Zitaten des Bernds aus seinem Buch bzw. Veranstaltungen - in jenen düsteren Tagen unserer Geschichte war immer klar, dass die Wirtschaft hinter AH stand. Das kann sich die exportabhängige, globalisierte deutsche Wirtschaft gar nicht mehr leisten.

Dann fehlt den Blaunen eine vereinheitlichte, gewalttätige Organisation wie die SA. Es gibt viele Gruppen, die bedrohen, Listen aufsetzen, in den sozialen Medien trollen und Sachen und Menschen mit Gewalt attackieren, aber die agieren eher lose vernetzt ( und ich will die keinesfalls verharmlosen, sollte doch gerade mein ursprünglicher Beitrag davon handeln ) und dominieren beileibe noch nicht deutschlandweit den öffentlichen Raum. Ich kann allerdings nicht einschätzen, ob sie nur auf ein Zeichen der Partei lauern.

Und letzten Endes schließt unsere rechtsstaatliche Struktur von der Verfassung her autoritäre Optionen aus ( am Beispiel des Herrn T. erlebt man anschaulich, wie das anderswo aussieht ). Die Zivilgesellschaft hat heute eine viel breitere Basis, was die Ablehnung einer Zusammenarbeit mit Antidemokraten anbelangt, und geht eher auf die Straße. ( In der Weimarer Zeit war das einzig und allein die Aufgabe der Sozialdemokraten und Kommunisten. ) Das liegt auch daran, dass wir eben über Kenntnisse über das ganze Ausmaß der katastrophalen Folgen des Nationalsozialismus verfügen. Auch lässt sich unsere politische Landschaft nicht so einfach in links und bürgerlich unterteilen ( auch wenn sich da Einige reichlich Mühe geben, Menschen, denen das Grundgesetz & die Menschenrechte lieb und teuer sind, als links auszugrenzen ). Wer noch mehr Gesichtspunkte kennen lernen möchte, dem sei das Interview mit dem Historiker Michael Wildt von der Berliner Humboldt-Universität empfohlen.

Wie's weitergehen mag? Ob das Streben nach Macht um jeden Preis oder das Verantwortungsbewusstsein für demokratische Werte stärker ist? Noch kann man da kein Urteil fällen, bei manchen Akteuren und ihren Volten könnte man derzeit glatt verzagen. Ich raufe lieber die Haare vor solcher Blödheit...

Verlinkt mit dem Samstagplausch bei Andrea/ Karminrot und dem Winterglück bei Wolfgang & Loretta