Freitag, 3. Mai 2019

Internationaler Tag der Pressefreiheit


Heute feiern wir den Tag der Pressefreiheit, obwohl es zum Feiern weltweit wenig Grund gibt. Den Traum, durch den technologischen Fortschritt mit der Einrichtung des Worldwidewebs würde der freie Fluss der Informationen weltweit ermöglicht,  können wir inzwischen abschreiben.

Immer mehr repressive Regime unterbinden diesen freien Informationsfluss durch Publikationsverbote, entziehen Medien die wirtschaftlichen Grundlagen, verhängen drakonische Gefängnisstrafen, zensieren das Internet oder überwachen es umfassend oder schaffen die Möglichkeit ab, mit der restlichen Welt in Verbindung zu treten. Iran, China, auch Russland und die Türkei taten sich da zuletzt besonders hervor.

"Mächtige erwarten vom Journalismus oft, dass er ihnen huldigt - oder ein Sabbatical nimmt, notfalls im Gefängnis", schreibt Nicolas Richter zum Tag heute an dieser Stelle, und nimmt besonders auf die Vorkommnisse im kleinen Nachbarland Bezug, die mich schaudern lassen.

Die politischen Klassen fühlen sich gerne in ihrem Herrschaftsanspruch bedroht und nutzen inzwischen die neuen technologischen Möglichkeiten, die sich ihnen durch die Digitalisierung bieten, zur Propaganda zu ihren Gunsten. So verbreiten sie Lügen, gefälschte Videos und Fotos, die gezielt beeinflussen sollen, verkaufen Fake News als alternative Fakten, zetteln Desinformationskampagnen in den Sozialen Medien an, platzieren Verleumdungen und Drohungen - all das gehört inzwischen zur alltäglichen Erfahrung all jener, die im WWW unterwegs sind. Immer mehr sind an den Manipulationen echte Kommunikationsprofis beteiligt, z.B. bei "Russia Today" oder  "Al Jazeera". In einer immer schwerer durchschaubaren Welt locken sie mit vereinfachten Erklärungsmustern und Sichtweisen. Nicht nur die klassische Presse ist bedroht, auch die Meinungsfreiheit im privaten Raum, was man an den Folgen für Blogger in Ländern wie in Bangladesch, Pakistan, Saudi - Arabien oder China ablesen kann.

Pressefreiheit ist nicht etwas, was einem die Herrschenden huldvoll gönnen oder gewähren: Es ist ein Menschenrecht. Das ist verankert in der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte", auch "Deklaration der Menschenrechte", "UN-Menschenrechtscharta", "Charta der Menschenrechte" oder kurz AEMR genannt, vor über 70 Jahren verabschiedet, von 147 der 195 Länder unserer Erde inzwischen anerkannt:


















Europa gehört, laut "Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e. V.", kurz BDZV, zu den Regionen, in denen sich die Lage zuletzt mit am stärksten verschlechtert hat. Auch die USA sind auf der Rangliste nach unten gerutscht. Die Menschenrechtsorganisation "Reporter Ohne Grenzen" (ROG) hat vor zwei Wochen zu diesem Tag eine Rangliste veröffentlicht, die hier aufgerufen werden kann. 

Auch in unserem Land ist die Zahl der gemeldeten tätlichen Angriffe gegen Journalistinnen und Journalisten 2018 gestiegen, was angesichts der systematischen verbalen Hetze niemanden mehr erstaunen sollte. Platz 13 auf der Rangliste kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Gerede von der "Lügenpresse" sich immer öfter in tätlichen Angriffen niederschlägt, vom menschenverachtenden Dauer - Ton in den Sozialen Medien abgesehen, der auch Blogger und Bloggerinnen trifft, die eine andere Meinung äußern.



Die Mechanismen, die ablaufen, wenn man sich gegen solche Hetze wehrt, sind immer dieselben: a) stilisiert man sich zum stetigen Opfer hoch und b) beruft man sich auf seine Meinungsfreiheit. Beleidigungen sind nur nicht mehr von der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit gedeckt, wenn auf die persönliche Herabsetzung des Gegenübers abgezielt wird, sondern ein Straftatbestand, nur zur allgemeinen Erinnerung.

( Juristisch erstreckt sich das Recht auf freie Meinungsäußerung übrigens auch nicht auf wissentlich falsche Tatsachenbehauptungen. Und wenn ich in meinem Blog bestimmte Kommentare nicht frei schalte, hat das mit der im Artikel 5 erwähnten Zensur nichts zu tun: Da dies ein privater Blog ist, habe ich hier Hausrecht, und da kann ich ohne Begründung jeden ausschließen, so wie ich jeden aus meiner Wohnung rausschmeißen kann. Das gilt übrigens auch für Facebook, was ein privates Unternehmen ist, das gerade Konten mit Hassbotschaften gesperrt hat. )

Gestern habe ich hier im Blog das Porträt einer mutigen Journalistin veröffentlicht, deren Leben sich einschneidend verändert hat, als sich in unserem Land ein Regime angemaßt hat, alleinig zu bestimmen, was Recht und Ordnung ist. Vielleicht hilft die Lektüre, sich noch einmal daran zu erinnern, was wir an der Pressefreiheit haben und sich vor Augen führen: Dort, wo es die Pressefreiheit nicht gibt, gibt es die anderen bürgerlichen Freiheiten dann meist bald auch nicht mehr!


In diesem Sinne ein freies Wochenende!







Was man von der Europäischen Union erwarten sollte - immerhin sind in drei Wochen Wahlen - hat die Liberale Sabine Leutheusser - Schnarrenberger in diesem Beitrag zum heutigen Tag formuliert...

8 Kommentare:

  1. Österreich wurde ja gerade eben erheblich zurückgestuft. Zu Recht.

    AntwortenLöschen
  2. Ein riesengroßes Dankeschön an Dich, liebe Astrid, die Du immer wieder Themen hier aufgreifst, die äußerst wichtig, ja zukunftsweisend sind.
    Deine Artikel haben unschätzbaren Wert.

    Viele herzliche Grüße
    Elena

    AntwortenLöschen
  3. wenn man das viele rot und schwarz auf der "karte der pressefreiheit" sieht, kann einem wirklich schlecht werden.
    liebe grüße
    mano

    AntwortenLöschen
  4. Das mit Österreich schmerzt uns ganz besonders, wie Du Dir denken kannst.
    Danke für diesen Post über das überlebensnotwendige Gut der Pressefreiheit.
    Mir scheint, viele merken den Verlust erst, wenn es sie nicht mehr gibt. Die Zeichen sind sehr ernst zunehmen. Hoffentlich gehen wenigstens viele Menschen zur Europa-Wahl und wählen da u.a. die Pressefreiheit!
    Liebe Grüße
    Sieglinde
    P.S. der Link zu Leuthäusser-Schnarrenberger geht bei mir nicht

    AntwortenLöschen
  5. Hab den Fehler gleich behoben!
    GLG

    AntwortenLöschen
  6. ein weitergeleiteter Kommentar von meiner Mama:

    Liebe Astrid,

    alleine an den wenigen Kommentaren bei brisanten Themen die Du immer aufgreifst, kann man erkennen, daß sich die Maße der Menschen nur auf das Wohlergehen konzentriert. Die Ärmsten der Armen müßen eh stumm abhalten. Bin oft enttäuscht wie wir hier leben ( dürfen). Leider kann auch ich nichts dazu beitragen, komme aus der Generation Redeverbot oder Denunziation. ! Auch schon alles erlebt. Trotzdem mutig von Dir hier immer zu berichten. Danke dafür.
    Regengrüße, heute bei der Konfi mit dem schönen Girls Buch als Geschenk mit von der Partie, von der Helga.

    AntwortenLöschen
  7. oh jaa..
    mit dem Beschneiden der Pressefreiheit fängt es an
    dann werden unliebsame Menschen die nicht auf Linie sind "ausgeschaltet"

    und irgendwann trifft es vielleicht auch die die heute wegschauen ..
    und wie du schon schreibst reden sich die Verdreher und Hetzer dann auch auf die Meinungsfreiheit heraus die sie bei anderen abwürgen

    liebe Grüße
    Rosi

    AntwortenLöschen
  8. Reporter ohne Grenzen lese ich schon längere Zeit auf Instagram mit.... Und nun endlich ab zu deinem Frauenporträt der Woche ;-). Lieben Gruß Ghislana

    AntwortenLöschen

Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

Mit dem Abschicken deines Kommentars akzeptierst du, dass dieser und die personenbezogenen Daten, die mit ihm verbunden sind (z.B. User- oder Klarname, verknüpftes Profil auf Google/ Wordpress) an Google-Server übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhältst du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.