Montag, 27. Mai 2019

Eau de Cologne III

"Dat Wasser von Kölle is joot" sangen die Bläck Fööss in ihrem Hit von 1983. Damit waren aber nicht die Wässerchen gemeint, die seit dem 18. Jahrhundert unter dem Begriff "Eau de Cologne" weltweit Verbreitung gefunden haben. Ich hingegen will mich heute dieser Spezialität der Stadt zuwenden, denn dazu gibt es Geschichte und Geschichtchen zu erzählen:
"Ursprünglich aus dem 18. Jahrhundert ist das Eau de Cologne der Firma Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz. Der italienische Parfümeur Johann Maria Farina (1685–1766) schuf 1709 aus Ölen von Zitrone, Orange, Bergamotte, Mandarine, Limette, Zeder und Pampelmuse sowie Kräutern ein Duftwasser, das er zu Ehren seiner Wahlheimatstadt „Eau de Cologne“ zum ersten Mal in einem Brief von 1742 so benannte. Das Haus „Farina gegenüber“ übernahm damit die Herkunftsbezeichnung, die französische Offiziere dem Eau Admirable beigegeben hatten, und wurde so zum Erfinder des „Kölnisch Wasser“, das noch heute von der Firma in unveränderter Rezeptur hergestellt wird", so Wikipedia zu den Ursprüngen.
Als Kind hat mich der Werbefilm der anderen, inzwischen bekannteren Marke, nämlich "4711" der Firma Mülhens ( heute im Besitz des Stolberger Unternehmens Mäurer + Wirtz ), fasziniert, die ihre Namensgebung - die Hausnummer ihres Stammhauses in der Glockengasse - damit historisch untermauerte:



In meiner Ursprungsfamilie war aber eher das Duftwässerchen der Farinas in Gebrauch, und ich habe das rote Logo - eine stilisierte Tulpe - und das handschmeichelnde kleine runde Fläschchen in guter Erinnerung. Witzigerweise kannten die Damen der französischen Schwiegerfamilie der Tochter auch dieses Eau de Cologne von kleinauf. Das darf einen nicht verwundern, denn französische Soldaten, die im Siebenjährigen Krieg ab 1756 das Rheinland passierten, nahmen den Duft mit in ihre Heimat, wo er einen Siegeszug sondergleichen antrat. Das "Eau de Cologne" wurde das berühmteste Parfüm aller Zeiten. Am Ende seines Lebens konnte sich Johann Maria Farina damit rühmen, dass alle Königshäuser zu seinen Kunden zählten.



Kaiser Napoleon war ebenfalls ein großer Anhänger des "Eau de Cologne" und sprühte sich als Reinlichkeitsfanatiker täglich mit etlichen Flaschen ein. Sein Lieferant war Jean-Marie Farina, ein Nachfahre der Kölner Farinas, der 1808 eine Dependance in Paris eröffnet hatte. Viele kopierten sein erfolgreiches Duftwässerchen, so dass er sich bemüßigt fühlte, seine Unterschrift unter jedes Etikett zu setzen und damit das Copyright in der Parfümgeschichte zu erfinden.

Unter den zahlreichen Duftkopisten war auch der Kaufmann Wilhelm Mühlens, der 1794 sein "Echt Kölnisch Wasser" mit seiner Hausnummer 4711 herausbrachte. Die Farinas reagierten, indem sie ihrem Duft den Titel "Original Kölnisch Wasser" gaben. Damit gab es aber keinen Frieden: Der windige Kaufmann Mülhens machte auch sonst so seine Geschäfte, indem er Farina-Namensrechte - er hatte einen Mann namens Farina ins Unternehmen geholt - an 30 andere Firmen weiterverkaufte, bis ein königliches Oberlandesgericht zu Cöln dem im Jahr 1881 einen Riegel vorschob.



Doch selbst 1994 tauchten noch in Al*di-Regalen Duftwässerchen mit dem Namen Farina & dessen Logo im Regal auf. Der Duft, der dem Fläschchen entströmte, war dann aber typisch 4711. Insgesamt musste das Unternehmen im Verlaufe seiner dreihundertjährigen Geschichte gegen 1200 Farina-Plagiate vor Gericht ziehen.

In der Nachkriegszeit, als Werbestrategen, mit allen Kölner Wassern gewaschen, den Verkauf ankurbeln wollten, wurden die bekannten Legenden erst erfunden: 

Da hieß es nun, die Rezeptur des "Echt Kölnisch Wassers" sei ein Hochzeitsgeschenk eines Kartäusermönches an Wilhelm Mülhens gewesen. Auch die Geschichte im Werbefilm ist eine - zugegeben schöne - Fälschung aus jener Zeit: Durch historische Quellen nachweisbar hatte der Rat der Stadt Köln bereits vor dem Einmarsch der Franzosen die Hausnummerierung  in der Stadt angeordnet. Hingegen brachten die Franzosen den bis dato recht rückständigen Kölnern die Abschaffung des Zunftzwanges, die Einführung der Religionsfreiheit, die Umstellung des Münzsystems auf Francs und Centimes und schafften damit die Grundlagen für ein erneutes Aufstreben der uralten Stadt im 19. Jahrhundert, nun als Industriestadt...



Übrigens war das "Eau de Cologne" auch gar nicht als Duftwasser konzipiert, sondern als Medizin, die eingenommen werden musste. Dafür wurde ordentlich geworben und seine präventive Wirkung gepriesen, etwa gegen die Pest, Gelbsucht, aber auch Ohnmachten und gegen "stinkenden Atem".

Der Köln - Tourist hat heute die Wahl zwischen einer Führung im berühmten 4711-Haus in der Glockengasse und einer Führung im weniger bekannten Farina-Haus in der Nähe des Rathauses, wenn er tiefer in die Geschichte der kölschen Duftwässer einsteigen will. Das, was er dort erfährt, sind zwei recht unterschiedliche Schilderungen der Kölner Parfüm - Historie. Die Historikerin Julia Kaun stellte in einem Beitrag zum Buch  "Frankreich am Rhein" klar, welche wahr, welche gefaked ist...



Die um hundert Jahre längere Historie ist die der Farinas. Die großen Zeiten des Unternehmens sind zwar vorbei, aber im Ausland schlägt sich die Marke immer noch wacker. Die Rückbesinnung auf Altbewährtes hilft da weiter: So führt beispielsweise das Edelkaufhaus Manufactum das Farina - Eau de Cologne in seinem Sortiment. Das Unternehmen behauptet sich heute in der Nische der Exklusivität und beliefert nur ausgewählte inhabergeführte Parfümerien. In Köln ist es nur im Stammhaus bzw. im offiziellen Kölnshop erhältlich.

Ich selbst bin dem ursprünglichen Kölnisch Wasser bis heute treu geblieben, ja führe gar meine Vorlieben für zitrische Düfte, darunter die interessante Bergamotte, auf meine frühkindlichen sinnlichen Erfahrungen zurück...

"Dat Wasser von Kölle is joot"...

Und das ist meine ureigene Überzeugung. Ich bin weder von vom Eau-de-Cologne-Produzenten gekauft noch mit Duftwässerchen bestochen worden. Geruchsproben gibt's im Internet sowieso nicht, also muss es jeder selbst ausprobieren, ob's behagt. So viel zu dieser unsäglichen Werbekennzeichnung.


  



Weil es auch heute mit dem "Eau de Cologne" um eine besondere Art von Wasser geht, verlinke ich auch diesen Post mit dem Monatsmotto der Zitronenfalterin.

9 Kommentare:

  1. 4711 (und dann natürlich Tosca!), das war auch auf dem Toilette-Tisch meiner Mutter im Schlafzimmer zu finden und hat mich als Kind immer sehr angezogen. Mein Vater hatte es auf dem Nachttisch und zu Krankenaufenthalten wurde es in der kleinen, runden Flasche auch mitgenommen.
    Farina hingegen kannte ich lange nicht. Ich habe es auch noch nie gerochen. Selbst in "meiner" Drogerie damals haben wir es nicht verkauft.
    Aber den Duft von Bergamotte liebe ich auch.
    Danke für den sehr schön beschriebenen, schillernden Werdegang der Kölschen Wässer! Müsste nicht Köln sein, wenn es nicht solche Geschichten davon gäbe, scheint mir.
    Eine fein duftende Woche wünscht Dir Sieglinde

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  2. Der Duft von 4711 hat mich meine Kindheit durch begleitet. Omas und Grosstanten hatten das immer im Bad stehen, manchmal auch ein winziges Fläschchen für unterwegs. (das durfte ich dann irgendwann in meinen Kaufmannsladen stellen, habe es noch lange mit Wasser gefüllt, in der Hoffnung, das es doch noch etwas mehr duften möge) Als Kind fand ich den Geruch pur viel zu alkoholisch stechend. Heute kann ich verstehen, was für ein angenehmer Frischmacher es war und ist. Gerade diese angenehmen Bergamotte Düfte liebe ich heute auch sehr. Und das es als trinkbare Medizin geschaffen wurde, wundert mich gar nicht, Danke für diese Info.
    Duftende Grüsse (digital und daher musst Du es Dir vorstellen)
    Nina

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  3. Liebe Astrid,
    vielen Dank für die Auffrischung der Kölnisch-Wasser-Geschichte...bis zu meinem Besuch und der Führung bei Farina in 2015 wusste ich gar nicht davon. Sehr kurzweilig und interessant war die Führung durch das Haus und beim Duft-Tasting ;-) hatte von der gesamten Gruppe mein Mann den Treffer gelandet...hat mich mächtig überrascht. ;-)
    Lieben Gruß und hab eine feine Woche, Marita

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  4. ein weitergeleiteter Kommentar von meiner Mama:

    Liebe Astrid,

    Du bringst aber mein Gedächtnis wieder auf Trapp. Det Wasser war schon immer joot!
    Was das Köllnisch der Damen war, war das Pitralon der Herren. Unsere Freunde bzw. der männliche Teil davon, machte im www. ausfindig wo man das Rasierwasser noch bekommt. Eine Drogerie in der kleinen Nachbarstadt Zirndorf bekam es noch aus Amerika. Da war kein Weg zu weit, das mußte her.
    Der zweite Mann meiner Mutter so erinnere ich mich, hatte immer ein weißes Taschentuch in der Tasche stecken, das voll getränkt war mit 4711. Das zückte er immer und rieb seine Hände damit ein, sodaß um ihn herum immer dieser Duft in der Luft lag. Das waren die Jahre 1950-65. Die Flasche dazu stand auf der Frisierkommode im Schlafzimmer.
    Später in den 1990 Jahren, als viele neue Parfums auf dem Markt waren, traf ich mich immer Montags zum stricken in der Wollstube mit mehreren Damen. Eine davon benützte 4711 auch noch immer. Wenn ich es roch wußte ich sofort Frau Hofmann kommt. Diese Episode krönte darin, daß wir im großen Volkspark Marienberg mit dem Rad unterwegs waren. Als wir so fuhren, sagte ich zu meinem Mann, ich glaube davorne läuft Frau Hofmann. Und tatsächlich als wir neben ihr waren sagte ich: gell Frau Hofmann ich hab sie schon gerochen, ich wußte es, es war ihr Duft.
    Unvergeßen für alle Köllner wird er bleiben und es ist schön, daß es ihn noch gibt. Als wir 1962 heirateten bekam ich von meinem Mann ein kleines Feuerzeug als Sprühflakon, aber nicht zum Anzünden, sondern es hat einen kleinen Tank, der allerdings von ihm mit Chanell Nr. 5 befüllt war. Dies war der Duft der "jungen Leut". Ich hab es noch, es ruht mit ein paar Liebesbriefen in meinem Nachtkästchen.
    Ja, wo ist die Zeit nur geblieben, wenn ich so in der Vergangenheit krame, werde ich immer sehr traurig. 😢
    Traurig bin ich noch weil der Club die Liga wieder verlaßen muß. Freue mich aber für die Geißböcke daß sie es wieder geschafft haben nach oben zu klettern. So manches Spiel mit Stiefvater und Bruder und meiner fußballbegeisterten Mama habe ich mitverfolgt wenn der Club und Köln gegeneinander gespielt haben. Jetzt geht es aber nimmer, Fußball ist so anders geworden. Aber der FC Köln gehört einfach hinein in diese erste Liga.
    Jetzt versprüh ich mal das 4711 und renn durch das Haus und laß Dir auch noch Grüße hier. Die Helga

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  5. Liebe Astrid,
    ich musste schmunzeln über "und sprühte sich als Reinlichkeitsfanatiker täglich mit etlichen Flaschen ein." Ich fürchte, "reiner" hat Napoleon das nicht gemacht, höchstens "duftender" ;-) Wobei ich gestehen muss, dass ich Kölnisch-Wasser-Düfte nicht mag - schon gar nicht an MIR. Ich kenne nur 4711, denn meine Oma mütterlicherseits war so begeistert davon, dass sie mir zu fast jedem Anlass ein Fläschchen schenkte. Selbst nach ihrem Tod waren noch ein paar Flaschen übrig, die ich teilweise in die Waschmaschine zum Spülgang gab, um die Wäsche damit zu beduften. In so dezenter Form konnte ich damit umgehen.
    Danke auf jeden Fall für diese Reise in die Vergangenheit - ganz besonders fasziniert hat mich das Werbeflmchen!
    Herzliche Rostrosen-Grüße und eine schöne Woche,
    Traude
    https://rostrose.blogspot.com/2019/05/der-munchen-krimi-zwielichtige-tage-mit.html

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  6. An diesem Kölner Duftwässerchen kommt man nicht vorbei. Eine interessante und spannende Geschichte hat es!
    Leider reagiere ich ziemlich allergisch auf die meisten Parfumgerüche (auch im Waschmittel...). Mir bleibt nur übrig, an den Duftpflanzen selber zu schnuppern.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  7. meine großmutter väterlicherseits war 4711-süchtig und das roch man immer. als kinder mochten wir das gar nicht und ich kann heute noch keine parfümwolken ertragen. wenn sich in bus oder bahn eine damit mit hut und 4711 (oder farina?) hinsetzt, reiße ich aus, sonst gibt es niesattacken und husteritis.
    ein interessanter beitrag. was für fakes es früher auch schon so gab...
    liebe grüße
    mano

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  8. jetzt muss ich zu meiner Schande gestehen dass ich gar nicht wußte das Farina und 4711 verschidene Firmen sind
    ich dachte Farina wäre nur eine andere Marke von 4711
    danke für die Aufklärung ;)
    Köllnisch Wasser war natürlich DAS Duftwasser meine Jugend
    etwas anderes konnte sich meine Mutter wohl auch nicht leisten
    Tosca schenkte mein Vater ihr zu Weihnachten und mir und meinen Töchtern später Non Chalance .. (die Töchter mochten es aber nicht )
    das aller erste Weihnachtsgeschenk dass ich von meinem (Späteren) Mann bekam war eine Präsentpackung mit 4711 und einer Seife
    kann sein dass sie immer noch irgendwo liegt
    auch den Kasten hatte ich lange Zeit aufgehoben ;)
    lang lang ist es her ..

    nostalgische Grüße
    Rosi

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  9. Ein interessanter Streifzug durch die Kölner Duftgeschichte.Ich kenne es natürlich auch von einer alten Tante, die es auf ihrer Frisierkommode hatte.Fasziniert hatte mich als Kind die Minitaurausgabe, aber sie wurde nicht rausgerückt.
    duftende Grüße von Karen

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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