Jakob von Hoddis
Weltende
Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten - liest man - steigt die Flut.
Der Sturm ist da, die wilden Meere hüpfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Weitsichtig scheint er gewesen zu sein, dieser Jakob von Hoddis, denn er veröffentlichte dieses Gedicht schon am 11. Januar 1911, das heutzutage übrigens als Auftakt zum ( lyrischen ) Expressionismus gilt. Aber ob er wirklich geahnt hat damals, dass er selbst Opfer einer von Menschenhand gemachten Katastrophe werden sollte, 31 Jahre später?
Denn Jakob von Hoddis, geboren als Hans Davidsohn, Großneffe der "schlesischen Nachtigall" Friederike Kempner, zeitlebens psychisch labil, wurde als Insasse der jüdischen Heilanstalt in Bendorf-Sayn bei Koblenz deportiert und von den Nazis ermordet. Was von ihm blieb, sind zweihundertsechs Gedichte ( hier sind ein paar mehr zu lesen ), einige wenige Prosatexte und Briefe.
Ich fand dieses Gedicht ganz passend, um mit ihm an das Kriegsende zu erinnern, heute vor 73 Jahren, etwas, was mich immer wieder beschäftigt, vor allem weil ich feststellen muss, dass um mich herum die Erinnerung verblasst und sich in vielen Köpfen nationalistische Gedanken breit machen, die einfach leugnen, dass der Nationalismus für uns in Europa immer Krieg bedeutet hat.
Ich kann es nicht verstehen & nachvollziehen.
Als ich Material für meine Collage zum Gedicht suchte, habe ich die Kartons & Ordner mit den Hinterlassenschaften meiner Eltern und meiner Schwiegermutter durchgesehen. Und plötzlich bekamen die damaligen Erlebnisse wieder ein Gesicht, die Folgen für meine damals noch nicht ganz sechzehnjährige Mutter, meinen noch nicht ganz vierjährigen Mann ( und ich dachte an meine älteste Enkelin im ähnlichen Alter bzw. die jüngsten ) und die Unmenschlichkeit dieses Geschehens & die Ignoranz heute hat mich mit kalter Wut gepackt...
Verlinkt mit dem Creadienstag und der 15fünfzehn- Sammlung im Mai bei Miss Herzfrisch
Ich fand dieses Gedicht ganz passend, um mit ihm an das Kriegsende zu erinnern, heute vor 73 Jahren, etwas, was mich immer wieder beschäftigt, vor allem weil ich feststellen muss, dass um mich herum die Erinnerung verblasst und sich in vielen Köpfen nationalistische Gedanken breit machen, die einfach leugnen, dass der Nationalismus für uns in Europa immer Krieg bedeutet hat.
Ich kann es nicht verstehen & nachvollziehen.
Als ich Material für meine Collage zum Gedicht suchte, habe ich die Kartons & Ordner mit den Hinterlassenschaften meiner Eltern und meiner Schwiegermutter durchgesehen. Und plötzlich bekamen die damaligen Erlebnisse wieder ein Gesicht, die Folgen für meine damals noch nicht ganz sechzehnjährige Mutter, meinen noch nicht ganz vierjährigen Mann ( und ich dachte an meine älteste Enkelin im ähnlichen Alter bzw. die jüngsten ) und die Unmenschlichkeit dieses Geschehens & die Ignoranz heute hat mich mit kalter Wut gepackt...
Verlinkt mit dem Creadienstag und der 15fünfzehn- Sammlung im Mai bei Miss Herzfrisch
Danke für diesen nachdenklichen interssanten Beitrag - ich kannte den Dichter bisher nicht und leite den Link gleich mal an meinen Scchatz weiter (auch ein Lyrikfan)
AntwortenLöschenBlauhimmelgrüsze für einen schönen Dienstag sendet Dir
Mascha
du hast recht , wir müssten öfter nachdenken ...!!!!
AntwortenLöschenSchönes Gedicht, kaum zu glauben, daß es schon so alt ist! Deine Collage ist wunderbar, hat mich gleich angezogen und ich habe mich hineinvertieft. Und mein Geburtsjahr (nicht das Datum) steht auch mit drin.
AntwortenLöschenLG Renate D.
Liebe Astrid,
AntwortenLöschenein ganz klares JA!!!!!
Vielen Dank für deine so wertgeschätzten Posts,
die einen immer bereichert wieder ziehen lassen!!!
Hab einen schönen Mai!
Gerne hätte ich, dass du mich öfters hier lesen kannst,
leider geht das gerade nicht wirklich...
heute sollst du aber mal wieder ein sichtbares Zeichen finden!
Herzliche Grüße schickt dir
Monika*
No hard feelings, liebe Monika!
LöschenIch kriege es momentan auch nicht hin, wie ich will.
Alles Liebe!
Herrje.. da sieht es aber schlecht aus mit unser Erde. Es passt sowohl in die Vergangenheit als auch zur Gegenwart. Hoffen wir auf die Zukunft. Herzlichst, Nicole
AntwortenLöschenNa, die wird noch schlechter, wo wir doch jetzt im Mai schon daran sind, über die uns zustehenden irdischen Ressourcen hinaus zu leben, schau mal hier:
Löschenhttps://www1.wdr.de/wissen/natur/ressourcen-verbrauch-bevoelkerung-100.html
LG
Du hast so Recht! Und mich packt die kalte Wut, wenn ständig mehr für Waffen gefordert und ausgegeben werden soll. "Nie wieder Waffen in deutsche Hände..." . So hieße es doch mal, oder? Alles vergessen, immer mehr, immer größer, immer bedrohlicher....Ich schicke dir einen sonnigen Gruß, trotz allem. Sunni
AntwortenLöschenein nachdenklich stimmendes Gedicht
AntwortenLöschenund eine perfekte Collage dazu ..
der Krieg hat nie aufeghört
er hat sich nur anderen " Nährboden" gesucht :(
liebe Grüße
Rosi
Beeindruckend! Einige Bücher von Susanne Bode beschäftigen sich mit den Folgen von Kriegen auf die nächsten Generationen (Kriegskinder, Kriegsenkel). In vielen Interviews ergibt sich ein erschreckendes Bild, auch heute leiden noch Menschen an den Folgen der zwei Kriege im vorigen Jahrhundert in Europa, zählt man die Kriege im ehemaligen Jugoslawien dazu, sind noch mehr betroffen, und sie wissen es nicht einmal. Was belastet und schwer zu verändern ist hat oft in Kriegen seine Wurzeln. Wir alle müssen uns damit auch heute noch auseinandersetzen, ich tue es immer wieder und es hilft mir manches besser zu verstehen...
AntwortenLöschenIch habe herzzereissende Geschichten zu hören bekommen, als ich 2005 mit Kindern eine Projektwoche zum Thema "Als der Krieg zu Ende war" durchgeführt und sie aufgefordert habe, ihre Großeltern zu befragen. Und einige Geschichten habe ich mit ihrer Erlaubnis auszugsweise auf Plakate geschrieben und bei der Abschlussausstellung aufgehangen. Die Großeltern kamen dazu, mit Tränen in den Augen: "Bisher hat sich doch keiner für uns interessiert und uns gefragt." Erschütternd, wie viel Drama diese Kinder in sich bewahren mussten...
LöschenÜbrigens war Sabine meine Nachbarin, als sie noch Redakteurin bei der "Emma" war. Das Thema hat sie erst sehr viel später aufgegriffen...
LG
die - eben gelesenen - gedichte von jakob von hoddis sind schon harter tobak. und ja, das "weltende" könnte gestern geschrieben sein*. deine collage setzt es unglaublich gut um. ich bin beeindruckt!
AntwortenLöschen*kalte wut im bauch habe ich ständig bei den nachrichten. herrn t.s gestrige erklärung zum iran z.b. - so dumm und so gefährlich.
liebe grüße
mano
Das Gedicht kenne ich schon einige Jahre und es mich damals schon sehr aufgerüttelt. Nun in Verbindung mit Deiner eindrücklichen und sehr stimmigen Collage, bekommt es noch mehr Wirkung.
AntwortenLöschenKeine guten Zeiten!
Herzlichst grüßt Dich Sieglinde
ein anspruchsvoller post - mit einer grandiosen collage! ja, du sprichst mir aus dem herzen, muss sich denn dieser mist immer wieder wiederholen?? das kann doch nicht sein. ich muss doch nicht jedes leid selbst durchleben, bevor ich es empathisch nachvollziehen kann... ich hab auch ganz schön pessimistische tage zwischendurch und - na ja, dann verdräng ich wieder, um es auszuhalten.
AntwortenLöschen