Mittwoch, 22. Oktober 2014

Herbstgedicht / Strudlhofstiege II


Wenn die Blätter auf den Stufen liegen
herbstlich atmet aus den alten Stiegen
was vor Zeiten über sie gegangen.
Mond darin sich zweie dicht umfangen
hielten, leichte Schuh und schwere Tritte,
die bemooste Vase in der Mitte
überdauert Jahre zwischen Kriegen.

Viel ist hingesunken uns zur Trauer
und das Schöne zeigt die kleinste Dauer.









Dieses Gedicht von Heimito von Doderer steht auf einer Tafel, angebracht am Fuße der Strudlhofstiege im 9. Wiener Bezirk/Alsergrund.





























Die Stiege überwindet einen Höhenunterschied zwischen der Liechtensteinstraße, die auf sie zuführt, und der Strudlhofgasse, die von der Stiege eine Verbindung zur Währinger Straße ist.





























"Die Strudlhofstiege" ist auch der Titel eines Romanes von Heimito von Doderer, 1951 erschienen, der das Leben etlicher Angehöriger des Wiener Bürgertums in den Jahren 1923 bis 1925 beschreibt.





























Ich habe den Roman mehrmals gelesen und dem Hörbuch während meines Krankenhausaufenthaltes bzw. meinen Augenoperationen gelauscht, so dass ich auf dieser Stiege den Protagonisten wie dem Melzer, der Grete Siebenschein, dem René Stangeler oder der Mary K. zu begegnen glaube.





























Ich habe den österreichisch eingefärbten Klang der Sprache Doderers im Ohr und bewege mich auf der Treppe in dem Tempo, in dem sich die Geschichten im Roman entfalten. ( Für die Joggerin in hellblau, die sich während unseres Besuches die Stiege immer wieder auf und ab hetzte, hatte ich so gar kein Verständnis. )





























Man muss sich auf die Strudlhofstiege - Roman wie Treppenbauwerk -  einlassen, um dem Wunderbaren in diesem Hauptwerk der österreichischen Literatur auf die Spur zu kommen.( Das gilt auch für das Gedicht, finde ich.)


Das ist mir bei unserem zweiten Besuch ( vom ersten ist hier zu lesen ) sehr viel mehr gelungen und hat zu einer inneren Ruhe geführt, bevor wir uns wieder dem brausenden Alltag in der Währinger Straße gestellt haben.


Wer sich für das Hörbuch interessiert, kann hier fündig werden.
Den Roman kann man hier erwerben.


Dieser Roman Heimito von Doderers sowie der Besuch des besonderen, gleichnamigen Treppenbauwerkes sind wieder ein Kulturtipp von mir. Ich verlinke deshalb auch diesen Post mit der gleichnamigen Blogparade bei Tanja Praske.


15 Kommentare:

  1. "was vor Zeiten über sie gegangen" - diese Gedichtzeile passt hervorragend zu deinen schönen Fotos. Lg mila

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  2. Wunderschön verwoben, die Treppe, der Roman, die Geschichte, die Stadt... Noch ein interessantes Buch, das ich mir im Herbst vormerken sollte. Liebe Grüße
    Andrea

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  3. Ich bewundere immer wieder dein Wissen und es ist schön dir "zuzuhören" bzw. zu lesen. Kein Wunder, dass du Lehrerin geworden bist, du kannst es einfach.
    Ich bin nun richtig neugierig geworden.
    Schöne Grüßean diesem herbstlichen Tag
    Jutta

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    1. Ich bin wirklich aus dem Grunde Lehrerin geworden, um die Bildung weiterzugeben, die ich genossen habe, und habe dafür mein Kunststudium abgebrochen.Die Hauptschule war mein Ziel. So war das damals, 1970... ist dann alles etwas anders gekommen. Na, ja...
      GLG

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  4. ... sollte ich allmählich wohl auch mal lesen ... oder hören :-)

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    1. Ich empfehle das Hören...beim Doodeln z.B....;-)
      GGLG

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  5. So eine schöne Komposition aus dem Gedicht, deinen Gedanken und den Bildern dazu!
    Die Strudelhofstiege ist eines meiner Lieblingsbücher! Bei Gefallen würde ich unbedingt "die Dämonen" als Erweiterung des Heimito von Doderischen Universums empfehlen :-) GLG Ruth

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    1. Danke! "Die Dämonen" stehen schon auf der Lektüreliste....
      GLG

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  6. Wieder ein ganz und gar gelungener Beitrag aus dem schönen Wien und mehr... Die Fotos und die Texte sind so schön herbstlich melancholisch stimmend und passen zu meiner etwas angebundenen Lage, bisschen sehr erkältet, graues Wetter... Lieben Gruß nach Köln Ghislana (deren Verständnis für Jogger-Hetzerei auf solch einer Stiege auch gegen 0 tendiert, tsss, ob die ein bisschen von dem weiß, was du weißt von der Stiege...?)

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  7. Heimito von Doderer - ein ungewöhnlicher Name für einen (wie es scheint) ungewöhnlichen Mann!! Ich finde seine Zeilen einfach schön, wie wunderbar von Dir uns daran teilhaben zu lassen.. und dass Du das Ganze auch noch mit so schönen Bildern untermalst.. hach!!
    Herzlichst, Nicole

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  8. Ich hab sie noch nie gelesen! Immer wieder denk ich mir: Jetzt besor ich mri den Schmöker... hmmm. Wieder mal ein Stups. Vielleicht ja diesmal.

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  9. Liebe Astrid,
    in meiner Studienzeit in Wien bin ich auch öfter die Stiege auf- und abgestiegen, obwohl ich eine Ecke davon entfernt gewohnt habe (6., falls es Dich interessiert). Und das Gedicht habe ich doch tatsächlich nicht einmal gelesen, schäm. Allerdings hast du mir jetzt mit dem Gedicht so viel Lust auf den Roman gemacht (auch noch nicht gelesen, doppelschäm), dass ich jetzt gleich auf dem Heimweg einen Abstecher in den Buchladen meines Vertrauens machen werde und ihn bestelle.
    Ganz liebe Grüße,
    Karin

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  10. Ach ja, bevor ich's vergesse: Die Bilder sind weltklasse!
    Bis bald,
    Karin

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  11. Liebe Astrid,

    vielen herzlichen Dank für diesen berührenden Beitrag zur Blogparade - berührend durch das Gedicht, berührend durch die schönen Bilder - merci!

    Was mache ich nur nach Sonntag, wenn meine Kultur-Tipp Parade vorüber ist? Gut, dass es Feedly gibt, somit werde ich deinem Blog folgen können. Vor allem wünsche ich mir noch mehr Artikel zur Kultur - du machst das einfach toll und ich schließe mich meinen Vorrednerinnen an: Ich habe wieder etwas gelernt!

    Herzlich
    Tanja

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  12. ...nein rennen würde ich sie auch nicht, liebe Astrid,
    weder hinauf noch hinunter...sie lädt doch zum gemächlichen Schreiten ein...
    faszinierend, dass du diese Treppe mit den Romanfiguren bevölkern kannst,

    lieber Gruß Birgitt

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