Meine 2. Kalenderwoche 2025

Als Jürgen Habermas 2022 von der 

"Refeudalisierung der Gesellschaft

im Zeitalter der Massenmedien schrieb, 

war noch gar nicht abzusehen, 

dass es mal einen Megamultimilliardär geben könnte, 

der US-Präsidenten, 

argentinische Bürokratiehasser, 

italienische Staatschefinnen 

und deutsche Rechtspopulistinnen 

für Nebenrollen in seinem Weltbild verpflichtet."

Andrian Kreye, Journalist 

"Wir entwickeln eine Illusion

 von unserer Macht über uns selbst

 und finden es immer schwerer, 

die normale Realität der Enttäuschung zu ertragen."

Ian Craib, Soziologe

"... resignative Reife, 

das ist mit zunehmendem Alter 

den Realitäten des Lebens 

mit einem freundlichen Schulterzucken, 

mit Nonchalance gegenüber zu treten."

 Arnold Retzer, Paartherapeut

Nachdem mich die Deutsche Bahn zu meiner größten Zufriedenheit am vergangenen Samstag wieder nach Köln gebracht hatte, musste ich mich mental mit der fünften Jahreszeit beschäftigen. Hier sollte nämlich am Montag drauf ein Basar zugunsten obdachloser Frauen stattfinden und Karnevalsklamotten verkauft werden. 

Wo ich doch meinen entsprechenden Schrank etwas aufräumen wollte: die Gelegenheit! Und so kramte ich in Kisten & Kästen, während es draußen andauernd bei 9°C regnete. Susanne hat dann sogar alles noch mit ihrem Lastenrad abgeholt, und ihre Tochter ein Kostüm für sich aus meinen Beständen gefunden. Sonntagsfreude! Möge auch die dicke Lappenjacke meines Mannes selig jemanden durch die Karnevalszeit bringen! ( Am Abend nach dem Basar sind übrigens 2368 € in der Kasse gewesen! )

Montagfrüh eine schlimme Nachricht, die mich gelähmt im Bett verharren ließ, rief sie doch die Gefühle vom Sommer 2022 wach. Lichtverhältnisse vor den Fenstern wie Götterdämmerung taten ihr Übriges. Der Krach von der Altpapierabholung brachte mich letztendlich auf die Beine bzw. in Schwung ( deshalb das Foto für die Challenge der Zitronenfalterin ), es wurde tagsüber auch weiter im Haus herumgepusselt und abends die Wassergymnastik wieder aufgenommen.

Auch hatte ich wieder Lust, mich an die Nähmaschine zu setzen: Der enorme Vorrat an Wachstüchern & Co. muss mal abgebaut werden! Abends hab ich mich spontan mit einer Freundin zum Abendessen verabredet. Wir haben viele Berührungspunkte aus dem Arbeits- & Familienleben in der Vergangenheit, da gibt es viel zu quatschen.

Am Mittwoch stand eine Zahnreinigung an, und wie immer, wenn ich in diesem Veedel bin, gucke ich auch bei dem Laden vorbei "der alles hat, was man möchte, aber nicht braucht" ( O-Ton meiner damals kleinen Tochter ). Zum Glück habe ich nichts gekauft, denn mein Geld musste ich anschließend in den Schlüsseldienst investieren: Mein oberes Kastenriegelschloss an der Haustür ließ sich nicht mehr öffnen. Ich kann nur immer die Infrastruktur in meinem Veedel loben, denn der Schlüsseldienst um die Ecke schickte mir ziemlich flott nen geschickten Techniker. Und ich hab auch noch was gelernt: Regelmäßig warten lassen!

In der Nacht auf Donnerstag hat es bei uns dann auch mal geschneit, aber der anschließende Regen dezimierte die weiße Pracht. Am Vormittag gab es dann einen zweiten Versuch ( das Wintergartendach war leicht bedeckt ).

Ich selbst hatte mir schon mein alljährliches Winterträumchen auf der Bilderleiste in der Küche inszeniert. Auf der Bauminsel, meinem Haus gegenüber, blüht der Gemeine Schneeball.

Tagsüber weiter große Schneeflocken, so dass es dann wieder weißer im Garten war.Auf Schnee mag ich im Winter nicht verzichten, liebe Andrea! - Ich mag übrigens solche Tiepolo - Himmel...

Im Verlaufe des Freitags wurde er immer schöner. - In meinem Garten blühen noch keine Schneeglöckchen. So habe ich mir ein paar Alpenveilchen besorgt.

Sechs Wochen sind es noch, bis wir wieder die Mitglieder des Deutschen Bundestages - und damit eine zukünftige Regierung - wählen werden. Dem Ganzen sehe ich mit viel Bauchgrimmen entgegen, denn ich habe den Eindruck, dass viele ( zu viele ) Mitbürger*innen eher den Ängsten denn der Hoffnung & Zuversicht nachgeben. Populisten und "Experten" und von ihnen initiierte Desinformationskampagnen nutzen Ängste als Hebel, auch um die bundesrepublikanische Gesellschaft wie schon in etlichen anderen Ländern aus der Bahn zu werfen. Angst ist ein perfektes Werkzeug, wenn man umstürzlerische Ziele verfolgt: Sie lähmt, feuert Wut an und lässt demzufolge Menschen irrational handeln.

Dazu der FDP-Politiker & 92jährige Mitbürger in Köln, Gerhard Baum:

"Viele Deutsche fremdeln mit der Freiheit. Wenn man es gut begründet und machtvoll oder raffiniert vorträgt, geben sie für die Sicherheit die Freiheit her. Da spielt auch wieder diese Furie eine Rolle, von der gerade die ganze Welt gekennzeichnet ist. Die Furie heißt Angst. Sie vernebelt den Blick. Sie ist die hinterhältigste Gefahr für die Freiheit."

Tom Wannenmacher vom Mimikama-Team aus Österreich weiß, wie das genutzt wird, denn seit 14 Jahren beschäftigen sie sich mit dem Phänomen:

"Eine der gefährlichsten Waffen im Arsenal der Angstindustrie sind Fake News. Ein geschickt platzierter Tweet, ein bearbeitetes Video oder ein pseudo-wissenschaftlicher Artikel reichen aus, um Millionen in Aufruhr zu versetzen."

( Mimikama - inzwischen vielfach ausgezeichnet- kann ich nur empfehlen: Auch in kleinsten Kleinigkeiten, z.B. wie wir Senioren übers Ohr gehauen und betrogen & verängstigt werden, wird im täglichen Newsletter informiert. ) 

Ob jetzt solche Memes 

auch unhinterfragt bleiben werden?

Mark Zuckerberg hat unterdessen einen "kulturellen Wandel" seit der amerikanischen Präsidentenwahl beobachtet und ist zum Stiefellecker des Trampeltieres "elon-muskiert" ( Gavin Kahlmeier ). Er mag noch so oft wie möglich behaupten, er kämpfe für die Meinungsfreiheit: In Wirklichkeit bereitet er endgültig einen perfekten Nährboden für Fake News, für die Propaganda der Demokratiefeinde. 

Und es ist Quatsch, Faktenchecks als Zensur zu bezeichnen. Das ist so, als würde man die Waage für Übergewicht verantwortlich machen... Inzwischen ist es ja schon illiberal, einmal nachzusehen, ob gewisse Behauptungen stimmen oder aus der Luft gegriffen sind, wenn es nach Jasper von Altenbockum von der "FAZ" geht.

"Die Welt ist im Jahr 2025 nach rechts gerückt und darüber verrückt geworden." D'accord, Stephan Anpalagan!

Seit Beginn der Pandemie habe ich ja feststellen müssen, wie sich auch Blogger*innen durch Angst und gefälschte "Nachrichten" in wütende, menschenverachtende Mitmenschen verwandelt haben, bis heute Sündenböcke ausmachen, verbal auf Andersdenkende einhacken und weiterhin einen Beitrag dazu leisten, die Gemeinschaft zu spalten. Möglicher Endeffekt: Es bringt einen dazu, sich zurückzuziehen, zu resignieren oder selbst irrational zu handeln und keine Lösungen für die ja nicht zu verleugnenden Probleme der Menschheit zu suchen. Auch das habe ich in dieser Community registriert.

"Der schlichte Umstand, jemanden oder etwas gefährlich zu nennen, erzeugt Feindseligkeit und Verdacht... Sobald sie zu einem dauerhaften Merkmal der Gesellschaft wird, verwandelt Furcht die Gesellschaft in einen Kriegsschauplatz." So die Soziologin Eva Illouz.

Wenn ich mal über meine kleine überschaubare Welt hier in meinem Veedel, meiner Familie, meines Freundeskreises hinweg & hinaus in unsere Gemeinschaft schaue, habe ich genau diesen Eindruck. Ich denke, ich bin inzwischen alt genug, um erfahren zu haben, dass die Welt allerdings nicht so einfach schwarz-weiß ist, wie sie in Social-Media-Schnipseln dargestellt wird. Probleme lösen sich nicht durch markige Sprüche & Parolen, durch Ausgrenzung & Runtermachen einzelner Personen oder Gruppen. Was bleibt, ist, dass solche Beiträge dazu beitragen, dass Fake-News immer & überall Gesprächsthema werden & bleiben. 

Und - das ist inzwischen hinlänglich bekannt & erfahrbar - Lügen bedienen drei Reize: Überraschung, Unterhaltung und Emotionen und haften von daher länger im Gedächtnis als die Wahrheit. Da können viele noch so widersprechen & aufklären. Und: Aura reicht in der Aufmerksamkeitsökonomie für den Sieg. Auch wenn die der blaunen Kandidatin die der Schneekönigin ist.

Das ist mir bewusst, auch, dass ich hier mit meinen Blogbeiträgen nur meine "Blase" erreiche, aber nicht die, die für solche Parteien stimmen, die sich zugleich gegen sie selbst & ihre Interessen richten ( z. B. durch die in den Parteiprogrammen avisierte Steuerpolitik ). Ich werde es trotzdem tun, aufklären über Falschnachrichten, weil ich die Hoffnung nicht aufgebe, manche Leser*in an die Wahlurne zu bringen und sich vorher noch einmal genau zu überlegen, wem sie ihre Stimmen geben. Demnächst also mehr.

                                                                       

Verlinkt mit dem Samstagsplausch bei  Andrea in Berlin, dem Mosaic Monday bei Heidrun und den Fotofragezeichen bei Andrea am Bodensee