Ferdinand von Saar
An den Mond
Längst, du freundliches Nachtgestirn,Ist dein Geheimnis verweht.Erkenntnisstolz blickt der Knabe schonZu dir empor,Denn verfallen bist du, wie alles jetzt,Der Wissenschaft,Die deine Höhen und Tiefen mißt –Und wer weiß, ob du nicht endlich doch nochErstiegen wirst auf der MünchhausenleiterDer Hypothesen.Dennoch, du alter, treuer Begleiter der Erde,Webt und wirkt dein alter Zauber fort,Wenn du, Aug' und Herz erfreuend, emportauchstMit dem sanftschimmernden MenschenantlitzUnd seligen Frieden gießestÜber tagmüde Gefilde.Noch immer, wachgeküßt von deinem Strahl,Seufzt Liebe zu dir hinan –Und immer noch, ach! besingen dich Dichter.
Ferdinand Ludwig Adam von Saar ist 30. September 1833 in Wien in eine geadelte Beamtenfamilie hineingeboren worden, wurde jedoch früh Halbwaise und lebte mit seiner Mutter in deren Elternhaus, besuchte Volksschule & Gymnasium und schlug dann eine Militärlaufbahn ein. Nach der Teilnahme am Italienfeldzug des Jahres 1859 quittierte er den Dienst in der Armee 1860, um nur noch für die Literatur zu leben.
Hohe Schulden aus der Zeit seines Militärdienstes brachten ihn mehrmals ins Gefängnis, bis den inzwischen fast Vierzigjährigen adlige Gönnerinnen von der größten Schuldenlast befreiten. Bald darauf erhielt er eine erste Anerkennung für seine "Novellen aus Österreich", die einen autobiographischem Charakter aufweisen. Berühmt wird er aber 1893 mit seinen "Wiener Elegien", einer Gedichtesammlung. Er lebte meist als geduldeter Gast auf den gräflich Salm’schen Schlössern Blansko und Raitz (Mähren, letzteres ist dezenter Hintergrund der Collage ) oder auf Gutshöfen seiner Freunde und in der Villa der Bankierseheleute Wertheimstein an der Döblinger Hauptstraße.
"Er war einer der namhaftesten realistischen Erzähler an der Wende zum 20. Jahrhundert, ein Poet von feinster Stimmung und ein Meister novellistischer Technik. Er schilderte die k. u. k. Armee, die Wiener Gesellschaft und die Verfallserscheinungen der alten Monarchie mit psychologischem Scharfsinn. Seine von tiefer Menschlichkeit zeugenden Erzählungen sind meist autobiographisch getönt und stehen dem Stil des Wiener Impressionismus nahe", so Wien Geschichte Wiki über den bei uns kaum bekannten Dichter.
Als realistisch-pessimistischer Erzähler gilt er als Nachfolger eines Franz Grillparzers oder Theodor Storms, stellenweise ist er auch noch romantischen Vorstellungen verhaftet. Literarisch wird er gern mit der mährisch-österreichischen Erzählerin Marie von Ebner-Eschenbach verschwistert. Gegen Ende seines Lebens wurden dem Dichter Ehrungen zuteil, auf die er lange vergeblich gehofft hatte.
Ferdinand von Saar litt unter Depressionen, erst recht, nachdem seine Frau, die er erst mit 48 Jahren geheiratet hatte, nach drei Jahren Ehe 1884 durch Suizid aus dem Leben geschieden war. Zuletzt verstärkte das Leiden an Darmkrebs die Schwermut des Dichters. Am 24. Juli 1906 machte er schließlich seinem Elend in seiner kleinen Wohnung in Wien-Döbling mit seinem alten Armeerevolver ein Ende.
Weitere Novellen & Gedichte von ihm sind beim Projekt Gutenberg zu finden.
Wieder einmal der schöne Mond am Morgen, dem ich heute hier begegne.
AntwortenLöschenDas Gedicht ist eindringlich und eigen und Deine Collage passt perfekt dazu. Zwei Kleinode.
Den Dichter kannte ich nicht. Sein Leben klingt wahrhaft wie das eines echten Dichters mit all seinen düsteren Erfahrungen. Und sehr wienerisch.
Herzlichst grüßt Sieglinde
Was für ein tragisches Leben! Und ja, der Mond...unser ewiger Begleiter.
AntwortenLöschenEin wahrlich spektakulärer Himmelskörper. Herzlich, Sunni
Ja, der Mond. Immer eine besondere Anziehungskraft, ob zu- oder abnehmend oder Vollmond.
AntwortenLöschenSo schön beschrieben im Gedicht und das Gedicht als Karte umgestaltet. Erfreut beides.
Der Dichter ist mir neu. Man kann seine Schwermut durchs Gedicht durchscheinen sehen. Schwermut - ein Begriff, der allmählich auch aus der Mode kommt. Dabei sagt er doch so viel aus.
Liebe Grüße
Claudia
Liebe Astrid,
Löschendarf ich dir eine klitzekleine Kleinigkeit zusenden?
Ich habe es gesehen und dachte, es passt perfekt zu Mond und Erde.
Ist nicht viel, aber durchaus für den Alltag geeignet und fast täglich einsetzbar und ich denke, es könnte dir gefallen.
Liebe Grüße
Claudia
Tatsächlich habe ich von diesem Dichter bislang noch nichts gehört (oder wieder vergessen). Sein Mondgedicht hört sich recht modern an.
AntwortenLöschenTraurig, dass sich das Leben von Saars immer zwischen finanzieller Not, wenig Anerkennung und Tragik bewegte.
Liebe Grüße
Andrea
Wunderschöne Lyrik und ein bedauernswerter Poet. Danke dir!
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Ingrid
tragisch der Lebensweg dieses Dichters
AntwortenLöschenund so treffend dsa Gedicht
aber trotz aller Wissenschaft
wir schauen immer noch zu dem Mond hinauf
und lassen uns in seinen Bann ziehen
liebe Grüße
Rosi