Freitag, 4. Oktober 2019

"Saudi-Arabien kann sich sogar aus einem Mord herauskaufen",

...zitiert in einem Artikel der "ZEIT" Andrea Backhaus die UN-Sonderberichterstatterin Agnès Callamard, die den Mord am saudischen Regimekritiker Jamal Khashoggi untersucht hat, vor genau einem Jahr in der Botschaft des Landes in Istanbul verübt. ( Hier ist das Interview nachzulesen, offensichtlich nicht hinter der Bezahlschranke. )

Agnès Callamard zu ihrer derzeitigen Einschätzung:
"Die westlichen Staatsführer scheinen langsam wieder normale Beziehungen zu Saudi-Arabien herstellen zu wollen. Vor allem für US-Präsident Donald Trump hat der Mord an Jamal Khashoggi nichts daran geändert, dass er den saudischen Kronprinzen zu seinen wichtigsten Verbündeten in der arabischen Welt zählt. Auch die europäische Regierungen, Deutschland eingeschlossen, scheinen eine Normalisierung mit Saudi-Arabien zu wollen. Das ist ein furchtbares Signal. Es zeigt, dass ein mächtiges Land wie Saudi-Arabien sich sogar aus einem Mord herauskaufen kann. Das macht mich wütend.  Gut ist hingegen, dass Journalisten und Menschenrechtsaktivisten seit einem Jahr Khashoggi gedenken und für die Wahrheit, für die Aufklärung des Mordes kämpfen."
Wer genauer wissen will, wie die Saudis bei diesem Mord vorgegangen sind, der mag den Artikel lesen. Es ist auf jeden Fall genau rekonstruierbar, da der türkische Geheimdienst die Botschaft verwanzt hatte. Mit Sicherheit kann man sagen, dass es nie ein Unfall war, sondern ein gut durchgeplanter Mord. "Ist das Opfertier eingetroffen?", fragte auf der Aufnahme Maher Abdulaziz Mutreb, der den Saudis zufolge das Tötungskommando angeführt hat, am Ende eines vorbereitenden Gespräches mit dem Forensiker. 

Nach Callmard war das ein "Staatsmord". Und inzwischen hat Mohammed bin Salman in einem Interview mit einem US-Fernsehsender auch zugegeben, dass der Mord unter seiner Verantwortung, weil unter seiner Amtsführung, geschehen ist. Dennoch ist der Prozess im Lande gegen elf Beteiligte wenig glaubwürdig. Agnès Callamard, die mit dem Staatsanwalt und anderen Beteiligten im Land sprechen wollte, hat nicht einmal eine Antwort auf ihre Anfrage erhalten.



Dass sich unsere westlichen Führer angesichts der massiven Menschenrechtsverletzungen im Lande selbst, den vielen Toten im Jemenkrieg und der Unterstützung islamistischer Terrororganisationen weiterhin still verhalten und ihre Geschäfte abwickeln - das ist eine traurige Wahrheit, an die man langsam gewöhnt ist. Sollten sich allerdings Touristen mit dieser Werbung - Willkommen im Reich der Wahabiten! - , eine Woche vor dem Jahrestag des Mordes geschaltet, ins Land locken lassen, könnte ich das nicht nachvollziehen...


7 Kommentare:

  1. Ich glaube nicht, dass wir jemals vergessen werden, zu was der von Trump so hochgeschätzte arabische Kronprinz imstande war, nämlich einen abscheulichen Mord zu veranlassen.
    Zu entsetzt sind wir doch immer noch und werden es immer sein über dieses furchtbare Verbrechen.

    Und ja, die europäischen Politiker sehen ständig nur den Wirtschaftsvorteil, aber so wie ich las, hat Frau Merkel erst vor ein paar Tagen einen weiteren mindestens halbjährlichen Rüstungs-Export-Stop veranlasst. Weil sie keine veränderten Voraussetzungen sieht. Deutschland hat tatsächlich als eins der wenigen Länder reagiert.
    Das läßt hoffen. - Brigitte




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  2. Liebe Astrid, das nette zuerst: Bestimmt wäre das Land mit diesen Landschaften, Wüsten, Bergen, Küsten und Riffen wunderschön! Vieles ist vergleichbar mit dem Oman, aber Saudi Arabien ist noch viel grösser...
    Der Ehrlichkeit halber muss man auch sagen, dass es noch so manche Länder auf der Erde gibt, welche eine ziemliche Masse an Touristen anlocken können, und die auch nicht wirklich eine reinere Weste haben als Saudi Arabien, sei es was die Menschenrechte allgemein, Frauenrechte, Todesstrafen, willkürliche "Gerichte", Politische gefangene, Folter, Umweltfrevel, usw. angeht.
    Es scheint wie überall: Business regiert... und im lechzen nach möglichst günstigem Erdöl überschlagen sich die (auch westlichen, sonst "engagierten") Staaten tatsächlich, dass es eine Schande ist.
    So ist es auch an jedem selbst, sich zu entscheiden und - wenigstens - für sich selbst die richtige Entscheidung zu fällen.
    Liebe Grüsse, Miuh

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  3. es ist wirklich schlimm
    aber Politik kennt keine Moral
    das sieht man in vielen Ländern
    nicht nur denen in Arabien

    ein Jahr nach dem Mord ..
    ein Jahr Trauerzeit??
    dann ist wieder alles beim Alten?
    Pfui Deubel
    ich würde weder dort noch in der Türkei.. USA .. oder Ungarn ect. Urlaub machen
    im Inland ist es auch sehr schön ;)

    liebe Grüße
    Rosi

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  4. Als Touristin habe ich immer eine gewisse Verantwortung und eine - wenn auch begrenzte - Macht. Schließlich bestätigt ein Besuch in einem Ort auch immer diejenigen, die dort wohnen in ihrem Leben und Tun. Manchmal möchte ich das unterstützen und manchmal möchte ich dies auf keinen Fall. In Länder mit solcherart Mörderpotential würde ich z.B. nie fahren, aber auch nicht in die USA, Türkei, Ungarn.. wie Rosi oben schon ganz richtig schreibt. Selbst Italien war für mich im letzten Jahr tabu, obwohl ich sonst immer einmal im Jahr dorthin fuhr.
    Diese persönliche Form der Einflussnahme nehme ich mir.
    GlG Sieglinde

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  5. ...mit Verspätung, da selber außer Gefecht im Krankenhaus gewesen, endlich ein Kommentar bei Dir!

    Die Empörung, ja ein persönliches Entsetzen sind definitiv vorhanden. Doch diese Gewalt ist nicht nur in der Ferne, sie ist leider längst in unserem Land weit verbreitet.

    Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Greueltat beispielsweise am Münchner S-Bahnhof. Der sinnlose Tod von einem hilfsbereiten Mann, Dominik Brunner, jährte sich zum 10. Mal... und wir waren in München und haben seiner gedacht.

    Was ich abstoßend finde, und dann regelmäßig lauter werde, wenn dann trotzdem Leute in diese Regionen zum Urlaub fahren. Das will nicht in meinen Kopf.

    ...so,jetzt wandere ich wieder weiter und möchte nicht versäumen, Dir ein angenehmes Wochenende zu wünschen.

    Sonnige Grüße aus Augsburg von Heidrun

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  6. Die Tatsache, dass die Politiker der meisten westlichen Länder diesen feigen Mord einfach so übergehen und ignorieren, ist wirklich ein erschreckendes Signal. Abscheulich!
    Wer sich als Tourist/in in so ein Land, gelenkt von einem menschenverachtenden Regime locken lässt, kann nur extrem dumm, leichtsinnig und/oder ebenso menschenverachtend sein.

    Liebe Grüße
    Andrea

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  7. Ein Gewissen zu haben scheint teuer zu sein - das scheinen sich viele Leute nicht leisten zu können oder zu wollen.
    Gruß
    Astrid rechtsrheinisch

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