Freitag, 2. August 2019

Neues in Saudi - Arabien?

Saudi-Arabiens Königshaus versucht ja nun immer wieder aufs Neue mit seiner Öffentlichkeitsarbeit für ein besseres Image zu sorgen, national wie international. Neuester Coup: 

Vor einer Woche wurde neuen Dekrete in der staatlichen Wochenzeitung des Königreichs "Umm Al-Kura" veröffentlicht, unter Bezugnahme auf einen Regierungsbeschluss. Demnach können saudische Frauen künftig selbst über ihre Reisen entscheiden und ihnen wird erlaubt, einen Reisepass zu beantragen und ohne die Erlaubnis eines Mannes ins Ausland zu reisen. Die neuen Regelungen sollen für alle Frauen über 21 Jahren gelten.

Weitere Änderungen erlauben es den Frauen in Zukunft auch, eine Hochzeit, Scheidung oder die Geburt eines Kindes eintragen und ihren Kindern offizielle Familiendokumente ausstellen zu lassen. Die jüngsten Änderungen wurden von den Saudis bei Twitter groß gefeiert.

Das finden heute auch bei uns sämtliche Medien mitteilenswert, sogar auf den digitalen Infowänden & den Leuchtkästen in unserer U-Bahn kommt die Nachricht groß raus.

Doch wer genauer hinsieht bzw. sich mit dem Land beschäftigt, muss sich fragen, warum dann diejenigen, die diese Rechte schon lange, lange gefordert haben, immer noch im Gefängnis sitzen bzw. in dieses geworfen werden, wie es zum Beispiel im April mit dem Journalisten und Blogger Thumar Al-Marzouqi und seiner hochschwangeren Frau Khadijah al-Harbi, selbst aktive Frauenrechtlerin & Schriftstellerin, und fünf weiteren Journalisten passiert ist?

Thumar Al-Marzouqi

Das Ehepaar wurde zu Hause in Riad verhaftet und seitdem fehlt, trotz internationaler Unterstützung und vehementer Forderungen, sie freizulassen, von ihnen jegliche Spur, ebenso den anderen Betroffenen. Vorgeworfen wird ihnen allen, dass sie Reformen diskutieren und die Rechte der Frauen in Saudi-Arabien unterstützen.

Schon Ende März dieses Jahres war Anas al-Mazrou, Dozent an der King Saud University, verhaftet worden, nachdem er auf der Buchmesse in Riad in einer öffentlichen Podiumsdiskussion nach dem Verbleib der Frauen - Aktivistinnen gefragt hatte.

Wer sich kritisch über die Verfasstheit der saudischen Gesellschaft äußert, muss also nach wie vor mit Verfolgung, Inhaftierung und Folter rechnen. Und dabei schrecken die Behörden auch vor der Misshandlung von Frauen nicht zurück, wie die Aussagen von einigen freigelassenen Aktivistinnen bezeugen.

Nassima al-Sadah

Auch die Frauenrechtlerin Nassima al-Sadah hat diese Rechte für ihre Geschlechtsgenossinnen gefordert und sitzt nach wie vor seit dem 30. Juli 2018, also seit einem Jahr, ohne Anklage im Gefängnis, seit Februar dieses Jahres zudem in Isolationshaft. Vorgeworfen wird ihr der Kontakt zu ausländischen Medien. 

"Altera manu fert lapidem, panem ostentat altera" oder Zuckerbrot und Peitsche, das altbewährte Mittel totalitärer Herrscher... Nach wie vor soll das gesamte saudische Volk wissen, dass jegliche Form von Kritik oder gar Infragestellung der autoritären Praktiken des Staates rigoros verfolgt wird und Menschenrechte nur per Gnadenakt gewährt werden.

Wer mag, kann hier noch weitere kritische Stimmen nachlesen.


4 Kommentare:

  1. Diese wunderbar gepriesenen Meldungen hörte ich heute während meinem Frühstückstee im Radio. Unglaublich! Doch die Neuerung, dass ein Mann nun seine gewünschte Scheidung von seiner Frau über Kurznachrichten des Handys übermitteln darf, ließ mir den Schluck Tee stecken bleiben. In welcher Welt leben wir eigentlich?
    Das deutliche Statement der beiden Kommentatoren am Ende ihres Beitrags: "Wollen wir da leben?" - NEIN!", tröstete mich wenig.
    Als es in den Nachrichten noch um Waffenlieferungen in die Region ging, dachte ich mir, Augenwischerei geklappt. Es ist zum k*****.
    Trotzdem, schön dass Du dran bleibst!
    Viele Grüße,
    Karin

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  2. Gestern in der Tagesschau war es auch eine große Nachricht. Jedoch auf die Gefangenen wurde mit keinem Wort hingewiesen. So bleiben Nachrichten einen großen Teil der Wahrheit schuldig.
    Vielleicht wird jetzt der Mut und die Verzweiflung der Frauen belohnt, die geflohen sind und diese Öffnung quasi damit erzwungen haben. Wie weit sie wirklich geht, wird man sehen... Heiraten ohne Einwilligung des Vormundes dürfen Frauen dort auf jeden Fall nicht, soweit hat die Tagesschau die Nachrichten dann doch wirklichkeitsnah berichtet.
    GlG Sieglinde

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  3. Wie Recht Du hast. Da wird ein bißchen Kosmetik betrieben und hier geraten alle aus dem Häuschen. Und warum? Wegen Selbstverständlichkeiten.
    Magdalena

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  4. alles das was für andere Frauen in freien Ländern selbstverständlich ist
    wir dort scheibchenweise als Wohltat gewährt
    wofür die Frauen ihrem (Be )Herrscher die Füße küssen sollen :(
    hoffentlich nutzen viele Frauen die Möglichkeit und machen sich aus dem Staub
    vielleicht erreichen sie durch eine Abstimmung mit den Füßen mehr als mit Worten

    liebe Grüße
    Rosi

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