Freitag, 28. Juni 2019

Von Samar Badawi & anderen Frauen und dem Khashoggi-Bericht

Samar Badawi ist nach einer Nachricht von Aljazeera am Donnerstag zum ersten Mal seit ihrer Festnahme am 30. Juli 2018 wieder in der Öffentlichkeit aufgetaucht. ( Sie wurde seinerzeit zusammen mit Nassima al-Sadah, einer Frauenrechtlerin aus der Ostprovinz Saudi-Arabiens, und Amal al-Harbi festgenommen -  hier habe ich über die Frauen berichtet )

Sie musste vor dem Gericht erscheinen, das sie zusammen mit anderen Frauenrechtsaktivistinnen angeklagt hat. Es handelt sich um einen "Specialized Criminal Court", ein sogenanntes Terrorismusbekämpfungsgericht in Riad, das vor allem aber politische Aktivisten und Dissidenten juristisch verfolgt.

Zur Erinnerung:

Über ein Dutzend saudischer Frauenrechtlerinnen wurden Mitte Mai 2018 kurz vor Aufhebung des Fahrverbots für Frauen festgenommen. Einige von ihnen wurden gefoltert und mit Vergewaltigung bedroht, dennoch wurde bisher kein Täter zur Rechenschaft gezogen. Bereits im März 2019 forderten 36 Staaten des "Human Rights Council at the United Nations" ( Menschenrechtsrat der UN ) Saudi-Arabien auf, alle Personen, die wegen der Ausübung ihrer Grundrechte inhaftiert worden sind, freizulassen, darunter zehn namentlich genannte Frauenrechtlerinnen.

Tatsächlich wurden einige von ihnen nach fast zehnmonatiger Haft ohne Anklageerhebung vor das Gericht gestellt und einem zutiefst unfairen Verfahren unterzogen. Sieben Menschenrechtsverteidigerinnen wurden inzwischen vorläufig freigelassen. Andere wurden weder angeklagt noch vor Gericht gestellt und bleiben bisher willkürlich im Gefängnis. 

Die saudischen Behörden setzten zudem ihre Kampagne gegen die Meinungsfreiheit der Bürger des Landes fort: Im April 2019 ließ die saudische Regierung wieder weitere vierzehn Blogger, Schriftsteller und Familienangehörige von Frauenrechtlerinnen festnehmen, darunter war auch der Sohn von Aziza Al Youssef, eine der Frauen, die am 28. März 2019 vorläufig freigelassen worden waren.


Agnes Callamard
Source
In dieser Woche, am 26. Juni, hat die Uno-Sonderberichterstatterin für aussergerichtliche, standrechtliche oder willkürliche Hinrichtungen, Agnes Callamard, dem "Human Rights Council at the United Nations" in Genf ihre Erkenntnisse zur Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi vorgetragen ( für starke Nerven hier einige Details und weitere Links ).

Agnes Callamard forderte, dass die Regierungschefs, die an diesem Wochenende am G20-Gipfel in Japan teilnehmen, die Mächtigen aus Riad drängen sollten, "die volle Verantwortung" für das zu übernehmen, was sie als staatlichen Mord ( "absichtliche, vorsätzliche Hinrichtung" ) an Khashoggi bezeichnet.
"Für US-Präsident Donald Trump, der MBS zu seinem wichtigsten Verbündeten in der arabischen Welt erkoren hat, aber auch für Angela Merkel, die in Saudi-Arabien noch immer einen Stabilitätsanker im Nahen Osten sieht, ist der Bericht vor allem eines: peinlich", schreibt Christoph Sydow dazu im "Spiegel". 

Gleichzeitig veröffentlichten 40 Organisationen der Zivilgesellschaft einen Brief, der an 48 Außenministerien in aller Welt gesendet wurde, in dem sie diese auffordern, auf die sofortige und bedingungslose Freilassung saudischer Aktivisten zu drängen und sicherzustellen, dass diese ihre Menschenrechtsaktivitäten ohne die Androhung von Repressalien fortsetzen können. 

Ebenfalls zu diesem Zeitpunkt haben in Genf zwei Schwestern aus Port Elizabeth in Südafrika, Yumna Desai und Huda Mohammed, wegen ihrer jahrelangen Inhaftierung in Jiddah bei den Vereinten Nationen Klage gegen das Regime eingereicht:

Yumna Desai, eine ehemalige Englischlehrerin der Universität von Ha'il in Norden Saudi-Arabiens, und ihre Schwester Huda Mohammad, die mit einer saudischen Bürger verheiratet war und eine Tochter mit saudischer Staatsbürgerschaft hat, waren beide seit 2015 für insgesamt vier Jahre inhaftiert, ohne über die Gründe dafür informiert zu werden, ebenso ihre beiden jüngeren Brüder, Studenten in Saudi - Arabien. Anderthalb Jahre nach ihrer Festnahme erfuhr Yumna Desai, dass sie nicht näher bezeichneter "Cyber-Verbrechen" schuldig ist, während ihre Schwester bis heute noch nicht weiß, was ihr vorgeworfen wird.

"Wir haben nie eine Erklärung erhalten, warum wir verhaftet wurden", sagte Desai während ihrer Aussage am Rande des UN-Menschenrechtsrates. Beide berichteten über Fesseln, wochenlange Einzelhaft und andere Foltermaßnahmen. Mohammad sagte, sie habe erst nach zwei Monaten und langem Bitten einen Kamm und Hygieneartikel wie Seife und Shampoo bekommen. Sie haben erlebt, dass Kinder mit ihren Müttern inhaftiert waren, und vier Frauen im Gefängnis ihre Kinder zur Welt bringen mussten.
"Ich stehe heute hier, um den Stimmlosen, den Häftlingen, die physisch und psychisch gefoltert wurden und jahrelang ohne Gerichtsverfahren dort saßen, eine Stimme zu geben. Besuche, Telefonanrufe und medizinische Hilfe wurden verweigert", so Yumna Desai. "Es sind nicht nur Leute wie Loujain al-Hathloul, Aziza al-Yousef oder Samar Badawi, die sich alle im selben Gefängnisflügel wie ich befanden, über die wir empört sein sollten. Es war völlig willkürlich und illegal, nicht nur für mich, sondern auch für all die restlichen Mädchen.


Es ist schon beeindruckend, wie viele Menschen daran arbeiten, die grausame Fratze des so selbstbewusst auftretenden Regimes immer wieder sichtbar zu machen...


4 Kommentare:

  1. ich habe den Bericht von Spiegel- online gelesen und bin mehr als entsetzt!!! Unfassbar wie grausam die Menschen sein können-bestialisch!!
    Wenn solche Berichte doch mehr Unmoralische lesen würden.!!!
    Meine Hoffnung ist zerrüttet- ich glaube keinem Saudi- schon lange nicht mehr und alle anderen Politiker sind feige oder dummschwätzig.
    Gruß nach Köln- nach langer Zeit mal wieder
    heiDE

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  2. G20-"Familienfoto":
    Wer steht in Einigkeit in der Mitte? Wer steht am Rande?
    Ja, so schauts derzeit aus mit der Weltlage. Ich hoffe auf die Demokraten in den USA und Kamala Harris.
    GlG Sieglinde

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  3. Wenn das ginge, würde ich dich meinem Ordner mit Nachrichten-Feeds auf meinem Handy einverleiben, dann bekäme ich deine Nachrichten immer ganz frisch. Ich fühle mich von dir auf diesem Gebiet so gut informiert, wofür ich sonst ewig im Netz herumsurfen müsste. Dass du das für uns tust, ist ein großes Geschenk, auch wenn die Inhalte meist traurig und irritierend sind und wütend machen. Herzlich Danke und liebe Grüße Ghislana

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  4. ja..
    es ist eine Schande
    vor allem dass immer noch Politiker vor diesen Menschen "dienern"
    sie müssten wirklich geächtet werden
    und zwar von allen
    wirtschaftlich könnten auch die Saudis es sich gar nicht leisten
    z.B. ihr Öl zu drosseln
    denn sie brauchen die Einnahmen
    wie gesagt ..wenn alle sich einig wären
    wäre dieser Fiesling ganz klein
    wie gut dass da kein Gras drüber wachsen kann..
    dass es immer Mutige gibt

    und gut dass du immer wieder daran erinnerst

    liebe Grüße
    Rosi

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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