Dienstag, 4. Juni 2019

Mein Rasen

Als ich der Zitronenfalterin neuestes Monatsmotto las, verfinsterte sich mein Gemüt, denn ich muss zugeben, das Thema "Ab in den Garten!" löst bei mir Gefühle von Schmerz, Verlust, Unzulänglichkeit aus, die ich im Moment gar nicht haben will, weil ich um meine Resilienz fürchte, die ich doch zur Bewältigung meiner alltäglichen Anforderungen brauche.  Aber dieser Anblick ermutigte mich, doch etwas zum Thema beizutragen:

Mein Rasen blüht nämlich grade, beziehungsweise er fängt damit an. Ja, richtig gelesen: Rasen! Der heißt so, weil vor dreißig Jahren an dieser Stelle, wo sich die Polsterglockenblume Campanula poscharskyana seit ein paar Jahren ausgebreitet hat, ein gepflegter, englischer Rasen befunden hat. Von uns selbst angelegt, nachdem die Erde von allen Überbleibseln grober wie feinster Art, die noch aus der Zeit der Zerstörung Kölns durch Bombenangriffe im Boden waren, befreit & durchgesiebt worden war ( hier kriegt man so in etwa einen Eindruck ).



















Genauer gesagt gab es auf unserem quasi baumlosen Grundstück damals zwei Rasenstücke und zwei Flächen mit ner Wildwiese, ebenfalls frisch ausgesät. Die eine sogar auf einem Stück, bei dem ich vorher versucht habe, durch eine Kartoffelanpflanzung den Boden zu lockern.  

Doch die Wildwiese will mageren Boden. Den gab es bei uns nicht, denn vorher hatten die zahlreichen Bewohner unseres kleinen Hauses intensiv Gemüseanbau mit entsprechenden Düngergaben betrieben. 

In den Folgejahren schwand die Blumenpracht schnell dahin und kam nicht wieder ( das sollte man bei der Aussaat von Wiesenkräutern wissen), die zahlreichen Katzen der Nachbarschaft legten die Gräser & Kräuter gerne platt, um sich zu sonnen oder ihre Beute zu verzehren ( und uns die Knochen zu hinterlassen, was wir ärgerlich fanden ). Außerdem war Fläche für einen Sandkasten und eine Schaukel gebraucht worden, denn auch Kinder sollten was vom Garten haben. Da kein großer Baum für solche Zwecke vorhanden war, spendeten die Großeltern ein Gestell. Und das fand seinen Platz auf der kleineren Wildwiese.

Die größere Fläche wurde so nach und nach eingegrenzt durch Wildrosenbüsche im sonnigen Teil, Rhododendren im Halbschatten. Irgendwie breiteten sich die Rosen immer mehr aus und sollten dauerhaft bewundert werden können. Also musste ein kleiner Platz für zwei Stühle und einen Tisch her. Außerdem wurde eine Fläche für die temporäre Wäschespinne gebraucht. Und nicht im Nu, aber auf Dauer war diese Wiesenfläche "aufgebraucht". Aber wir hatten ja näher am Haus noch die Rasenflächen...

Die wurden jede Woche ( mit Handrasenmäher! ) gemäht, gewässert, gedüngt, im Frühjahr vertikutiert und gesandet und immer wieder ergänzt, nachdem unsere neu gepflanzten Bäume immer größer wurden und Schattenrasen angesagt war. Vom Rand her dehnten sich die Staudenbeete auch weiter in Richtung Rasen aus, und der Herr K. und ich wünschten uns - nachdem die sonnenhungrige Tochter nicht mehr bei uns wohnte - einen Platz für die sommerliche Siesta auf dem Feldbett unter dem Baumschatten. Und schon war wieder ein Stück mit Ziegelsteinen gepflastert.

Schließlich war nur noch ein kleines Rasenoval übrig, im dichten Schatten der Magnolie. Jeder Rettungsversuch mit schattenverträglicherem Saatgut ergab nur eine schüttere Grünfläche. Was tun? Während wir noch hin und her überlegten, schritten die Glockenblume, Storchschnabel, Veilchen, Erdbeerpflänzchen, Klee, Akelei und alles, was so in unserem Garten im Schatten gedeiht, zur Tat und besiedelten das Brachgelände.

Und als wir uns das ein bisschen angeschaut hatten, hieß es: Passt! Die Fläche bekam dann nur noch im Herbst Krokusse spendiert, und der Herr K. hat immer wieder die Zwiebeln verblühter Tulpen aus meinen Töpfen auf der Terrasse dazwischen verbuddelt, die in der laublosen Zeit mit ihren Farben prunken. 

Jetzt, im Alter, sehen wir, dass es gut war, denn die Kraft zum Gärtnern schwindet...




20 Kommentare:

  1. Schön, zu sehen, wie sich Euer Garten Euch und Eurem Leben angepasst hat. Zu jeder Lebensphase lebendig und doch das Passende.
    Die Glockenblümchen sind auf jeden Fall wunderbare "Rasenbesetzer".
    Ein gewisses Maß an Arbeit macht ein Garten immer, so naturnah kann er gar nicht sein. Gut, wenn man diese Arbeit dann seinen Kräften gemäß einteilen kann.
    Und für das Nickerchen zwischendurch ist zum Glück ja immer ein Platz...
    Herzlichst grüßt Sieglinde

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  2. Liebe Astrid,

    ein spannender Bericht, welchen Verlauf einen Garten bisher nahm. Eigentlich habt ihr stets immer alles richtig gemacht und ihn den jeweiligen Lebensumständen angepasst.
    Und siehe da, jetzt im Alter hilft euch die Natur und erfreut euch mit den Blüten der Pflanzen, die das Oval erobert haben. :-)

    Diese Polsterglockenblume hat sich in unserer Straße entlang einiger Häuserfronten gebildet. Der Anblick ist einfach eine Wucht und die Bienen freuen sich auch. :-(

    Liebe Grüße und hab einen schönen Tag
    Christa

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  3. Liebe Astrid,
    wie schön, ein Garten ohne Rasen.
    Ja, Du hast richtig gehört, ich finde Gärten ohne Rasen viel interessanter.
    Rasen kann doch jeder, aber sich schöne gemütliche Ecken einzubauen, der Natur Platz zu lassen, das ist so eine Sache, die kann nicht jeder.
    Wir haben auch keinen Rasen (mehr), hatten auch nie viel und ich war es leid, die Strandtuchgröße bei meiner Allergie gegen Gras wöchentlich zu mähen. Also wurden die Beete vergrößert und der Rest mit alten Steinen verlegt, auf dem jetzt jede Menge Töpfe stehen.
    Nun muss zwar jede Woche gefegt werden, aber das geht auch langsam und gemächlich.
    Genieße Deinen schönen Garten und habe heute einen herrlichen Tag,
    Nicole

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  4. Liebe Astrid,
    eure "Rasenfläche" gefällt mir sehr, sehr gut, so ist der Garten doch auch viel bunter und die Insekten freuen sich sicher. Ein Garten wandelt sich immer, wenn wir es nicht tun, sorgt die Natur dafür.
    Ich wünsche Dir noch eine wunderschöne Woche.

    Viele liebe Grüße
    Wolfgang

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  5. Hallo Astrid,

    ich finde, dein Garten hat sich wunderbar den Bewohnern angepasst....oder ist es umgekehrt?

    Ich überlege gerade auch, das noch vorhandene Gras (Rasen kann man dazu wirklich nicht sagen), derart umzugestalten, bzw. der Natur ihren Lauf zu lassen, dass nur noch ein kleinerer Fleck Grün vor dem Pool und dem Gartenhaus verbleibt, als Standfläche für die Liegen und die Zelte meiner Enkel.

    Gleich hole ich mir bei der Buchhändlerin ein Buch ab, dass das "Verwildern" des Gartens zum Thema hat, von Dave Goulson, eifrige Blogleserin die ich bin, wurde das Buch so interessant vorgestellt, dass ich hoffe, darin wirklich Tips zum Beschleunigen zur Renaturierung der Flächen zu finden.

    Mein einsamer Frosch im Teich quakt, die Seerosen blühen in großer Zahl, New Dawn, Leonardo da Vinci und zahlreiche namenlose rosafarbene Rosen blühen derzeit - was gibt es Schöneres als einen Garten?

    Beste Grüße aus dem sonnigen Münsterland - Brigitte

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  6. Liebe Astrid,
    ach du schreibst so schön über die Entwicklung deines Gartens. Wunderbar. Der Garten lebt mit seinen Besitzern und er spiegelt seine Besitzer wieder. Unser Garten besteht auch schon 45 Jahre und hat sich im Laufe der Zeit mit und durch uns und durch sich selbst verändert, Bäume sind größer geworden, Pflanzen wurden heimisch. Bleibt abzuwarten, wie lange unsere Kräfte noch ausreichen - um das "Paradies" zu pflegen und zu genießen.
    Liebe Grüße
    Agnes /Gartenbienenweide.de

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  7. Euer Garten ist einfach wundervoll. Ich liebe solche Unikat, gerne auch unaufgeräumt. Für Tiere ein Paradies. In unserem Garten hat im Moment die Natur die Oberhand gewonnen aber ein bisschen was werde ich im Laufe des Sommers wieder zurück gewinnen. Also auch bei uns wandelt er sich, der Lebensraum Garten.
    Liebe Grüße
    Ivonne

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  8. Prima! Was von selber aufläuft, gedeiht meistens auch am besten. Euer Exrasen sieht wunderbar aus und ist ein Stückchen echte Natur. Da freut sich nicht nur der Betrachter, sondern auch allerhand Krabbelgetier, das es ja im durchgeplanten Garten oft schwer hat.

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  9. Liebe Astrid, der Garten entwickelt sich, wie man sieht, im Laufe der Zeit und des Lebens seiner Besitzer. Das ist doch eigentlich schön. Immer mal wieder kommt eine Veränderung, eine Überraschung, auch eine Trennung ins Spiel, that's life...
    Ich erlebe das so ähnlich in unserem Minigärtchen, der nie einen Rasen beinhaltete (zu wenig Platz). Gerade eben hat mein Mann einen Garten-Rappel, nachdem durch den erzwungenen Fall der geliebten Ölweide und darauf folgenden Pflanzaktion des Gärtners wieder Platz geschaffen worden war.
    Wie schön, dass ihr einen so großen Großstadtgarten Euer eigen nennen dürft. Eine Kostbarkeit! Davon können wir hier nur träumen.
    Mir gefallen Deine Gartenimpressionen. Du braucht wirklich nicht mit ihm zu hadern.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  10. herrlich ;)
    der Garten passt zu euch
    und man sollte gar nicht Vergangenem nachtrauern
    ich habe mich mit meinem Minigarten arrangiert
    und es gibt viele Kübel
    mein Vater macht ja seinen Garte4n auch noch selber
    allerdings versuche ich gerade ihm Hilfe zu organisieren
    er war jetzt 2 x gefallen
    in seinem Garten haben die Rosen die Überhand (und die Butterblumen :D ) und der Kirschlorbeer
    liebe Grüße
    Rosi

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  11. Liebe Astrid,
    für jemanden, der nur einen Süd-Ost-Balkon sein eigen nennt (mit Sonne von 9 - 16 Uhr - Schatten nur von 12 - 13 Uhr wg. der Kastanie), ist euer Garten wunderschön. Und ihr macht das Beste draus.

    Herzliche Grüße
    Astrid rechtsrheinisch

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  12. Wie sympathisch, dass eurer verbliebendes Rasenstück blühen darf!
    Es hat mir Spaß gemacht, die Entwicklung eures Gartens über die Jahre zu verfolgen! Liebe Grüße Ulrike

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  13. Liebe Astrid,
    deinen heutigen Post las ich sehr gerne. So schön, wie aus dem Rasen eine blühende Fläche wurde. Das Nickerchen tönt sehr angenehm. Selbstverständlich habe ich den Text über die Magnolie nachgelesen. Hui, kaum zu glauben, wie sie sich entwickelt hat.
    Liebe Grüsse
    Eda

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  14. Liebe Astritt,
    genauso ist es, die Kraft schwindet. Trotzdem ist Euer Garten doch schön und Ihr freut Euch dran.
    Nur, ja, die Kraft schwindet und was dann?
    An so etwas denkt man in jungen Jahren nicht und heute bin ich froh, dass ich nur einen Balkon habe. ABER inmitten von einem grünen Innenhof mit vielen Bäumen. Ich berichte kurz vor meiner Sommerpause darüber. Ich habe es an meinen Eltern gesehen, wie schwer ihnen die Gartenarbeit wird. Ich sehe es an einer Bekannten, der zu den schönsten Gärten von Bietigheim gehört - auch hier werde ich berichten, ich besuche sie am Donnerstag - aber auch sie und ihr Mann sind nunmehr fast 80 Jahre alt und es geht nicht mehr.
    Ich denke aber, dass Ihr doch Hilfe habt und Ihr Euch dennoch am Garten erfreut.
    Bei meinen Senioren geht allerdings der Trend nach Eigentumswohnung mit Balkon und behindertengerecht, aber die sind alle schon über 80 Jahre alt und bis dahin ist ja noch Zeit.
    Ein schöne Zeit wünscht dir Eva

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  15. Ist das herrlich einfach traumhaft. Ein Sommermärchen. Ich habe die gleiche Sorte, halte sie in zig Töpfen, könnte damit auf den Markt gehen. Wenn man sie abschneidet blühen sie wieder weiter, manchmal den ganzen Sommer lang.
    Liebe Grüße, Helga S.

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  16. mit glockenblumen hab ich es noch nicht ausprobiert, aber bei uns haben nach und nach die schlüsselblumen, tulpen und später margeriten und akelei den ehemals rasen in eine bunte wiese verwandelt. später nach der mahd kommt dann der klee zum vorschein.
    liebe grüße
    mano

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  17. Guten Morgen liebe Astrid, das ist aber eine feine Bienenweise! Bei mir ist es bald ähnlich und "Rasen" habe ich die Grünfläche im Garten noch nie genannt. War immer mehr Wirldkräutervielfalt, nur den Löwenzahn habe ich, so gut es ging, immer wieder herausgezogen. Früher einmal im Jahr mit der Sense gemäht... geht das inzwischen nicht mehr, weil ich immer mehr Beete und Blumeninseln geschaffen habe, so daasz eigentl. auch nur noch ein kleiner Raum für den Liegestuhl bleibt.
    Und das schlechte Gewissen wegen zu wenig Gartenpflege habe ich mir inzw. abgewöhnt, hier bleibt wg. Mutter auch viel liegen bzw. es wächst halt weiter...
    Morgenzauber-Rosenduftgrüsze
    Mascha

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  18. das ist so schön geworden! Ja ein Garten verändert sich und Menschen und Leben und im Garten arbeiten, und wenn dies so zusammenwachsen darf wie hier ist das doch grad genau richtig. unsere Wiese wird eine Blumenwiese auf der einen Seite , dazwischen ein eher magerer Rasen voller Maulwurfs- und Wühlmaushuckel und am andern Ende beim Kompost satter Rasen, den wir wiesenhoch wachsen lassen und Donnerstag gesenst haben. Wenn ich mal net mehr gut sensen kann, ist Zeit, was andres zu machen.... Glockenblumen sind wunderschön, ziemlich zäh und was ihre Plätze angeht, die sie sich suchen, durchaus erfinderisch.... Geniess es geniess es. Ich schicke liebe Grüße und einen großen Dank für den ausführlichen Post über noch eine Bauhausfrau, über die ich fast nichts wusste! Eva

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  19. Irgendwann komm ich dich besuchen

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  20. Über deinen Monats Rückblick hab ich noch mal rückwärts geschaut und bin hier hängen geblieben. Wunderbar geschrieben, wie sich ein Garten im Laufe der Zeit verändert und auch durch wenig Eingreifen so wird, wie man ihn sich wünscht. Manchmal ist man am Ende vom Ergebnis überrascht. Je mehr man im Garten verändert, um so mehr Arbeit wird man haben, wenn man ihn so erhalten will. Meistens verändert sich ein Garten in Richtung Schatten. Und da blüht es auch, nur anders. Ihr habt euch eine herrliche Stadtoase geschaffen.
    LG Sigrun

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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