Montag, 11. Juni 2018

Stadt - Land im Juni: Die Besonderheiten

"Dieses Monat geht es in meiner "Stadt und Land" - Serie um die Spezialitäten. Das Besondere", schrieb Susanne in diesem Post und gab damit das Junithema für ihre Linkparty "Stadt - Land" vor. Und weiter: "Ich fange mal mit was an, das irgendwie total mein Wien ist bzw. war. Und das ist diese ganze Tanzschul - Ball - Kultur hier in Wien."

Okay: Was dem Wiener sein Opernball et alii ist, ist dem Kölner sein Karneval. Und da ich darüber ( und wie ich ihn begehe ) schon so viel geschrieben habe, will ich niemandem mehr damit nerven. Wen es trotzdem noch interessiert: Unter "Lesezeichen" in der Sidebar meines Blogs, Stichwort "Karneval" sind alle meine Beiträge aufzurufen.

Ich musste mir also was einfallen lassen, was ich so besonders für unsere Stadt finde. Und da bin ich auf Diverses gekommen:

1. Der Effzeh

Ich kenne keine Stadt, in der die Liebe zu ihrem Fußballclub so unerschütterlich, so klassenübergreifend und allgegenwärtig ist, wie die der hiesigen Stadtbevölkerung zu ihrem 1. FC Köln ( eigentlich: 1. Fußball-Club Köln 01/07 e. V. ). Das hat sich ja auch gerade wieder gezeigt, als schon wochenlang klar war, dass der Club zum sechsten Mal aus der 1. Bundesliga absteigen wird, der er seit ihrer Gründung angehört. Da haben die Fans bei jedem Spiel, mit dem deutlich wurde, dass das Steuer nicht mehr herumgerissen werden kann, immer noch gesungen, angefeuert, getröstet: 


( Und ich gestehe: Gerade in der Abstiegsgefahr, bin ich auch im tiefsten Innern dabei, verfolge die Spielergebnisse und hoffe. Und für die nächste Saison drücke ich dann die Daumen. Sind sie wieder in der 1. Liga, ist mir der Fußball egal. )

Es ist also keine kölsche Übertreibung, wenn es heißt "Mir sinn all FC Kölle" - alleine in meinen etwas intellektuelleren Kreisen gibt es jede Menge Fans mit Dauerkarte oder solche, die an jedem Spieltag im Kreise anderer Fans in ihrem Fanlokal das Spiel verfolgen, darunter Jung und Alt, Arm und Reich. Eine ganz und gar demokratische Angelegenheit.

Selbst den Enkelkindern in der bayrischen oder Schweizer Diaspora ist der Hennes, das Maskottchen des Fußballclubs mit eigenem Häuschen auf dem Gelände des Kölner Zoos, eine liebe Erinnerung an den Fußballverein.

2. Kölsch

Damit meine ich jetzt nicht das Getränk, dem ich nur nach dem Karnevalsumzug oder auf dem Stammtisch zuspreche, sondern die Sprache, die hier in meiner Stadt zu Hause ist. Und die - das haben wir sicher mit den Wienern gemeinsam - ausdrucksstark, bildreich und zugegebenermaßen auch manchmal reichlich ordinär ist und auf unvergleichliche Art Gefühle, Zwischenmenschliches, Menschliches auszudrücken vermag. 

Und wie die Wiener verfügen wir über ein sehr reiches Repertoire über die letzten Jahrhunderte, in denen die Stadt besungen wird so à la "Wien, Wien, nur du allein..". Das trägt uns hier auch schon Mal den Vorwurf durch unsere Landsleute ( nicht nur durch Düsseldorfer! ) der allzu großen Selbstverliebtheit ein. Zugegeben, da ist etwas dran. 

Aber wie heißt es schon in der Bibel: "Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst". Und da ist der Kölner seit Jahrhunderten besonders integrativ in seiner Selbstliebe. Das merkt man daran, dass man als Immi ( wie ich ja ehrlicherweise einer bin ), ziemlich schnell dazu übergeht, zumindest den etwas abgemilderten Regiolekt zu sprechen und den typisch Kölschen Tonfall anzunehmen. Und: Mir ermöglicht die kölsche Sproch, meine sentimentale Seite auszuleben, die ich sonst sehr gut im tiefsten Innern verpackt habe, oder mich über weniger schöne Seiten des Lebens drastisch und klar auszudrücken.

Kölsche Musiker & ihre Lieder sind ja inzwischen im deutschen Sprachraum gut bekannt. Ich selbst mag darüberhinaus aber auch solche, die eher der Region verhaftet sind wie Gaby Koof, die so ganz wunderbar über Alltägliches in dieser Sprache singt und mein Herz rührt:


"Fröher kunnt ich Dich och ohne Wööt verstonn" ( auf Hochdeutsch: Früher konnte ich dich ohne Worte verstehen ) - hier ist der ganze Text nachzulesen. Und das Thema "Beziehungskrise" klingt auf Kölsch so viel menschlicher, so mittendrin, so authentisch,  oder?

3. Straßenfeste

Shoppen, Essen & Trinken, Schunkeln und Verzällcher ( Geschichtchen )  ist auf  den Straßen- und Veedelsfesten in der Stadt oft angesagt, genauer gesagt vierunddreißig Mal in diesem Jahr, wie ich nachgezählt habe. 




Die größten und bekanntesten sind dabei das rund um den "Christopher Street Day" im Juli und "Dä längste Desch vun Kölle" auf der durch den Archiveinsturz vor nunmehr neun Jahren auch überregional bekannten Severinsstraße, die im gleichnamigen kölschesten aller Veedel liegt, der alten Römerstraße in Richtung Süden entsprechend, die im Mittelalter am gleichnamigen Tor endete.



Alleine am vergangenen Wochenende hatten wir die Auswahl,  an sechs solcher Feste uns unters Volk zu mischen. Wir haben uns aber auf unser Veedel beschränkt, immer in der Hoffnung, auf Bekannte & Nachbarn zum Klaafe ( Klatsch ) zu treffen.


Die Musik ist dann nicht immer so mein Geschmack, hat aber auf jeden Fall regionale Wurzeln ( hier die "Funky Marys", aber funky war es nicht ). Organisiert wird das Fest von dem karnevalistischen Traditionscorps des Veedels, der "Nippeser Bürgerwehr". 100 000 Besucher sollen bei den hitzigen Temperaturen da gewesen sein.
Gemeinsam Feste feiern tut was für das Zusammengehörigkeitsgefühl, den Zusammenhalt in einer Gesellschaft. Gerade in Zeiten, in denen sich ein tiefer Riss auftut, bringt das mehr als Diskussionen um Heimat, oder so. Ich glaube, wir bräuchten noch mal so viele Straßenfeste...


frage ich euch wieder, wie auch Susanne,
die hier alle Beiträge sammelt.
Erzählt von 
Eigenheiten, Spezialitäten oder persönlichen Lieblingsmomenten & - plätzen 
bei euch daheim.



12 Kommentare:

  1. 'hier' sind fast keine strassenfeste und wenn, mit bier und anderem verbunden...es war einmal mode nachbar-feste zu veranstalten..die sind jetzt auch nicht mehr.. 'hier' arbeitet man mehr als feiern...! nur der 1. august ist noch wegen der feuerwerke aktuel...

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  2. Verzällcher...ich finde das ist ein wunderbares Wort!Liebe grüße, Taija

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  3. finde ich auch - wir brauchen noch viel mehr positive traditionen und fröhliche strassenfeste!!
    hier sind z.z. viele hoffeste - also auf bauernhöfen - privat oder von vereinen. gern mit handgemachter musik, hausgebrautem und lokalem wein......
    xxxx

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  4. sehr schön geschrieben ;)
    die Veedels sind ja auch so eine Besonderheit
    die gibt es woanders ja auch nicht so
    und die Sprache..ist auch etwas Anderes als das sonst so übliche Platt
    ich glaube die Kölner identifizieren sich sehr stark mit ihrer Stadt
    ähnlich wie die Wiener und vielleicht noch die Berliner
    meine inzwischen verstorberne mütterliche Freundin stammte aus Ehrenfels..
    sie hat mir sehr viel erzählt
    mal überlegen was bei uns so das Besondere ist ;)

    liebe Grüße
    Rosi

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  5. Ha, das mit dem Fußball finde ich hochgradig faszinant! Die Sache mit der Sprache .. da bin ich bei dir ... da haben wir mehr gemeinsam als man gemeinhin annehmen würde .. und die Straßenfeste finde ich schlicht ... URCOOL!
    (auch, wenn ich auf diese Art von Musik mit erstaunlicher Sicherheit den einen oder anderen Ausschlage bekämate ... trotzdem!)
    Bussi

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  6. Schön, dass Du Dich mit Köln so verbunden fühlst. Dann ist es auch der richtige Wohnort. Meine Jüngste packt gerade die Kisten und wird Köln Ende des Monats den Rücken zu kehren.
    Aber es ist auch spannend, wenn man in der Jugend noch umherzieht, bis man den Ort gefunden hat, bei dem man ein Heimatgefühl entwickeln kann.
    Liebe Grüße
    Andrea

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    1. Diese Stadt hat halt einer Entwurzelten ein Zuhause gegeben... -
      Deine Tochter zieht weg? Dafür zieht meine Nichte Nr. 2 demnächst hierhin...
      LG

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  7. Jaa, die Kölner sind ziemlich besoffen von sich und ihrer Stadt. Manchmal gefällt es mir, manchmal nervt es mich.

    Liebe Grüße
    Astrid rechtsrheinisch

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  8. Schön, wenn so viel los ist, wo alle dabeisein dürfen und niemand unerwünscht ist, zu arm, zu bunt, zu auusländisch und so... -
    Mir fallen zu Kölner Musik zuerst die Bläck Fööss ein, die hab ich seinerzeit in der DDR oft im DLF gehört, ein andrer Sender lief bei mir kaum (höchstens noch NDR3).
    Einen schönen kühlen Dienstag wünscht Dir
    Mascha

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    1. Die sind auch nach wie vor die Größten, auch für mich....
      Kühl ist es, zum Glück.
      LG

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  9. Liebe Astrid,
    das ist ein sehr schöner Beitrag über Köln. Ich selbst komme aus Euskirchen und bin kein Fußballfan, aber wenn, dann halte ich zum FC und ich kenne zwei gebürtige Köllner, für die der FC sehr wichtig ist, und es spielt überhaupt keine Rolle, in welcher Liga sich der FC gerade befindet. Einmal FC, immer FC.
    Das Kölsch als Sprache finde ich sogar schön, leider gibt es aber immer weniger Menschen, die diesen Dialekt noch beherrschen und ich bedaure das.
    Ich wünsche Dir noch eine schöne Woche.

    Viele liebe Grüße
    Wolfgang

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  10. Mein Opa kommt ja gebürtig aus der Nähe von Düren und ich höre ihm so gerne zu, wenn er mit seinen Brüdern telefoniert. Da fällt er doch etwas in den rheinischen Dialekt zurück. Wobei das Kölsch sich doch etwas anders anhört, oder? Ich kenne mich da nicht so genau aus....
    Liebe Grüße
    Anette

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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