Freitag, 24. Februar 2017

Wohin soll das führen?


"Wenn man sich die Geschichte anschaut, 
dann haben Diktatoren 
als erstes die Presse mundtot gemacht.
John McCain, republikanische Senator 
am vergangenen Sonntag


Und wenn man dann noch liest, welches Urteil sein ehemaliger Ghostwriter Tony Schwartz ( der 1987 mit ihm "The Art of the Deal" geschrieben hat ) über den Twittermann fällt und schon im November letzten Jahres kundgetan hat, dann fängt man an, sich zu wünschen, dass man keine Enkelkinder hätte, den deren Zukunft mag man sich gar nicht vorstellen...
"Heute beginnen die Leute wirklich zu verstehen, dass er ein unberechenbarer Mann mit sehr geringer Selbstbeherrschung ist." Und weiter: "Das ist der gefährlichste Mensch, den ich getroffen habe. Ich sage nicht, dass er der gefährlichste Mensch ist, der je gelebt hat", sagte er. "Aber er ist der gefährlichste Mensch, den ich über einen langen Zeitraum getroffen habe, aufgrund seines Fehlens eines Gewissens." ( Quelle hier )
Das was dieser amerikanische Präsident da im Moment abfackelt, ist ja - auch hierzulande noch im Bewusstsein? - kein nigelnagelneues Konzept. In Deutschland hat das ein Herr H. mit dem Begriff "Lügenpresse" schon mit schlimmsten Folgen angewandt. Der Begriff der „Lügenpresse“ ist immer dann im Gebrauch, wenn seriöse Medien demontiert werden sollen. Sich darauf einzulassen, ist schlichtweg ein Fehler.

Ein Herr E. wendet seit dem letzten Sommer ein ähnliches Konzept in seinem Kampf gegen die freie Meinung in seinem Land an - nur heißt bei ihm  alles "Terroristen"- und er verhaftet mit Hilfe dieses Begriffs, wenn er nur mag ( pocht im Gegenzug aber auf sein Recht der freien Meinungsäußerung, um bei uns Wahlkampf zu machen für die Liquidation der Meinungs- & Versammlungsfreiheit und sämtlicher Bürgerrechte auf unabsehbare Zeit in der Türkei ).

Parallel zum Herrn H. in D. hat in den 1930er Jahren ein gewisser Herr S. in der damaligen Sowjetunion ein ähnliches Schreckensregiment geführt. Julian Barnes, der verehrte englische Schriftsteller, hat gerade ein Buch über diese Zeit veröffentlicht, das von dem ebenso verehrten Komponisten Dmitri Schostakowitsch handelt. In einem Interview mit der "Welt" äußert er sich so:
"Ein Aspekt sind zum Beispiel die Grenzen der Ironie. Schostakowitsch hat sich immer mit Ironie verteidigt, aber was nützt dir Ironie, wenn dein eigener Sohn in der Schule gezwungen wird, dich vor seinen Mitschülern zu denunzieren? Als Donald Trump noch Präsidentschaftskandidat war, hat es Spaß gemacht, sich über ihn lustig zu machen. Aber jetzt, wo er tatsächlich Präsident ist, wirken Spott und Ironie ziemlich schnell wie ein billiger Versuch, der Tatsache zu entkommen, dass Trump über die mächtigste Nation der Erde bestimmt."
Aber auch die Strategie, Lügen ganz sachlich zu widerlegen und zu entlarven, wie es in puncto Herrn T. inzwischen unablässig geschieht, verfehlt offensichtlich das Ziel, den Anhängern des Twittermanns die Wahrheit immer wieder vor Augen zu führen: Da ist einfach nur Trotz & Ignoranz, vollkommene Realitätsverweigerung. Oder möchte man die Welt in das "noch tiefere Chaos" stürzen sehen, von dem dieser Präsidenteneinflüsterer B. so schwärmt?

Wie das nach der Herrschaft des Herrn H. aussah, der es ebenfalls - wie der Twitler zuletzt wieder am vergangenen Samstag -  liebte vom "Sumpf trocken legen" zu reden, dokumentiert für Köln dann dieses Foto:

Source










Das kann doch im Ernst kein Mensch, der im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist, wollen? Aber der Wunsch, nach jemandem, der einem vorgibt, was man wahrzunehmen, zu denken, zu fühlen & zu sagen hat, ohne sich die Folgen für sich persönlich und seine Mitmenschen vor Augen zu führen, scheint ja inzwischen weltweit wieder sehr groß zu sein...

Und damit ist mir auch wieder ein Schlenker zu meinem üblichen Freitagsthema, nämlich dem Blogger Raif Badawi, möglich:

Der erhält nämlich, wie am vergangenen Samstag bekannt wurde, den diesjährigen Monismanien - Preis der Universität Uppsala ( Schweden ), der seit 1975 vergeben wird als "Auszeichnung für das Engagement in humanitären, zivilen oder staatlichen (Krisen-)Situationen zum Erhalt entsprechender Werte oder Abwendung von Schaden". Berühmte Preisträger waren u.a. Alva Myrdal, Lech Wałęsa, Taslima Nasreen, Yaşar Kemal, Desmond Tutu oder Václav Havel.

Wieso dieser komische Name des Preises?

Der Preis wurde einst vom im Vorjahr verstorbenen schwedischen Filmregisseur Kenne Fant gestiftet. Der hatte in einem Film mit dem Titel "Monismanien 1995" einen Ein-Parteien-Staat porträtiert, in dem jegliche freie Meinungsäußerung unterdrückt wird. Fant würdigte mit diesem Preis besonders die Leistung des schwedischen Journalisten Torgny Segerstedt, der schon früh in den 1930er Jahren den Aufstieg der Nationalsozialisten in Deutschland kommentiert hatte, vor den Gefahren der Verharmlosung ihrer Politik gewarnt und ihre Verbrechen während des Krieges dokumentiert hat. Der Name des fiktiven Landes geht übrigens auf die Erzählung "Pomperipossa in Monismanien" von Astrid Lindgren zurück.


Die Beschäftigung mit denen, die zur Zeit die Politsphäre durch ihr anmaßendes Auftreten bestimmen, bewirkt, wie es der Chefredakteur der SZ heute auch beschrieb, einen "Gummibären-Effekt: Man möchte eigentlich mal einen oder zwei Trump-freie Tage haben, kann aber andererseits gar nicht recht davon lassen, immer wieder zu hören, zu sehen oder zu lesen, was er nun wieder getrieben hat, treibt oder noch treiben möchte."

Damit es nicht so weit kommt zum Schluss - quasi als Abwehrzauber - noch etwas von der Schönheit schostakowitscher Musik:


Es handelt sich um sein Opus 87 Prelude & Fugue No.1 C major. Über Barnes' Schostakowitsch - Buch "Der Lärm der Zeit" werde ich sicher demnächst berichten.








Nachtrag:
Gerade erst bei Twitter entdeckt: Der saudische Prinz Turki Al-Faisal hat eine Einladung an Tim Sebastian von der Deutschen Welle während eines Interviews am Mittwoch auf "DW Conflict Zone" ausgesprochen, selbst saudische Gefängnisse zu besuchen. Er sagte, dass er auch für Sebastians Vorschlag offen sei, dass das UN-Komitee gegen Folter das Gefängnis, in dem der Blogger untergebracht sei, besuchen könne. 

19 Kommentare:

  1. ich wurde lang belächelt wegen des Herrn E. und T. - jetzt lächelt keiner mehr...
    Möge der Besuch den Inhaftierten eine Hilfe sein - es wären mal gute Nachrichten!!!

    herzliche Grüße und ein feines Wochenende

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  2. Hallo Astrid,
    wieder mal absolut fantastisch geschrieben!

    Warum Herr E. hier Wahlkampf machen muss, ist mir noch immer nicht schlüssig.
    Frau M. aus D. fährt auch nicht nach Frankreich, Herr R. aus NL auch nicht nach Belgien usw usw.
    Ääääh, warum wollte Herr E. nochmal nach D. kommen????
    Und das die Presse so beschnitten wird erleben wir ja auch in direkter Nachbarschaft. Ich frage mich echt was das soll und vor allem was
    Herr T. damit erreichen will.

    Und ich finde es toll das Raif Badawi nicht vergessen wird.
    Nur wäre seine Freilassung der beste Preis den man ihm verleihen kann.

    Ich könnte jetzt noch so weiter schreiben, aber dann ärgere ich mich
    und das will ich nicht. Denn das tut mir nicht gut.
    Komisch finde ich es nur das immer so intelligente Menschen wie Schostakowitsch drangsaliert werden. Aber das ist wohl die Angst der Deppen.

    Einen schönen Abend!
    Liebe Grüße, Kerstin

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  3. Liebe Astrid, danke, danke, danke. Ich melde mich in ein paar Tagen zu dem Thema. Hier war es zu turbulent für ausführliche Posts. Aber immerhin habe ich an Frau Merkel und Frau Kraft geschrieben wegen des türkischen Wahlkampfs in Deutschland. Ob es was nutzt?????
    LG
    Magdalena

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  4. danke. mehr worte möchten mir dazu gerade nicht in den sinn kommen. bleiben wir wachsam.
    liebst,
    jule*

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  5. Solange es den Herrn T. gibt, wird es wohl keine Tage mehr geben, die frei von ihm sind - möge man sich auch noch so bemühen. Aber der Schostakowitsch ist schön.
    Lieben Gruß
    Katala

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  6. Ja, solch einen Besuch würde ich mir wirklich wünschen und dass die Besucher etwas bewirken können.
    Die Preisverleihung ist auch ein gutes Zeichen.
    Vielleicht tut sich ja jetzt etwas für Raif Badawi. Wenn nicht jetzt, wann dann?
    So gern ich Gummibären habe, so wenig mag ich T. Also kann ich mich dem Effekt durchaus entziehen. Nur so viel Zucker dem Affen geben, wie wirklich zur Information nötig, ist meine Devise.
    Du gibts hier immer so gute Infos und Denkanstösse. Danke!
    Herzlichst, Sieglinde

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  7. Hallo Astrid

    Ich habe mir neulich - ohne bei Twitter zu sein - die Twitter von Herr T. angeschaut und bin durch gescrollt. 25.5 Millionen Follower (klar auch die Medien scannen das, aber trotzdem)! Auf Reisen in der USA habe ich die Erfahrung gemacht, dass der durchschnittliche Amerikaner kaum Auslandnachrichten (eigentlich keine) mitkriegt/liest. Für uns in Europa unvorstellbar! Genau diese Amerikaner abonnieren dann den Herr T. auf Twitter und glauben. Was immer getwittert wird (Attentat in Schweden lässt grüssen) Es gibt wenige Menschen, die ich selbst auf Bildern kaum ertrage zu sehen. Herr T. ist einer davon.

    Das Buch "Freiheit für Raif Badawi..." fand ich sehr eindrücklich. Bin danach auf YouTube und habe verschiedene Interviews von Ensaf Haider geguckt. Aus irgendeinem Grund bin ich auf eine Aufnahme der Stockhiebe gekommen. Ich war absolut schockiert!! Bin regelrecht zusammengezuckt.

    Danke für deine engagierten Beiträge.

    Schöne Grüsse
    Sibylle

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  8. Ach, Astrid, Barnes' "Der Lärm der Zeit" liegt hier gerade auf dem Tisch und wird ab heute Abend gelesen.
    Ja, der Twittermann ist gewiss der gefährlichste Potentat, den wir gerade haben (warum fällt mir jetzt Nero ein?), dazu gehören aber auch die gewissenlose, machtbesessene Rotte "Berater" o.ä., die hinter ihm steht. Politiker nenne ich die lieber gar nicht erst.
    Wenn ich das Foto vom Nachkriegsköln so anschaue, fällt mir immer gleich das Zitat von Einstein ein: "Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen."
    Liebe Grüße
    Andrea

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  9. Liebe Astrid, du hast das, was sich im Moment an vielen Orten der Welt abspielt, sehr pointiert geschrieben. Ich danke dir, dass du es in deinen posts immer schaffst, die Vorkommnisse und Hintergründe zu bündeln und deine Meinung (und die vieler Menschen) fundiert kundzutun.
    Du trägst damit, im besten Sinne zur Meinungsbildung bei.

    DANKE!

    Die besten Wünsche,
    Monika

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  10. Schostakowitsch schon vor dem Frühstück, das besänftigt. Hab Dank für deine Recherchen. Hüte dich vor Überdosis T. u. Konsorten. Ich bin gespannt, was mit mir passiert, wenn ich jetzt 3 Wochen weg bin. Liebe Grüße Ghislana

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  11. heer mir uff. der mensch wird nicht schlau. oder eben leider nur eine kleine minderheit. jedenfalls zu wenige. was mich nicht hindert meine dürren fäustchen zu schütteln und rumzuwettern. auch wenn ich wenig hoffnung habe jemanden zu erreichen. aber besser als reinfressen und magengeschwür kriegen.
    rot front! ;-)
    xxxxxx

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  12. Ich lese gerade Orwells "1984" und kriege Gänsehaut. Es ist deprimierend, das alles zu lesen, aber es ist wichtig, um herauszufiltern und zu überdenken, wie das alles angefangen hat, was die ersten Anzeichen sind. ("Wehret den Anfängen.") Wenn erst ein gewisser Stand erreicht ist (auch bei Fallada zu lesen), kann man sich nur noch unter Lebensgefahr wehren. Als ich in Orwells Buch von 'Doppeldenk' las, fielen mir gleich die 'alternativen Fakten' ein.
    Ein wichtiger Beitrag für jeden mündigen Bürger ist zuallererst mal, Augen und Ohren offenzuhalten und sich in verschiedenen Quellen zu informieren.
    Herzliche Samstagsgrüße, Ingrid

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  13. "Ich dachte, du hast die Kekse nicht aufgegessen." "Mama, das waren nur alternative Fakten!". Wenn so was schon zu einem geflügelten Wort wird - na, bravo! Hab' ein schönen Tag, meine Liebe. Herzlichst, Nicole (die nur noch den Kopf, ob des ganzen Wahnsinns, schütteln kann!)

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  14. na, da bin ich ja mal gespannt, was aus deinem nachtrag so folgt...
    und ja, ich dachte, ich wüsste, was mit dem gruselherrn aus dem wilden westen auf uns zukommt. aber nein, so grauenvoll hatte ich es mir dann doch nicht vorgestellt.
    liebe sonntagsgrüße
    mano
    ...ich entziehe mich manchmal den nachrichten, damit mir nicht täglich kotzübel wird.

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  15. Was das wird möcht ich nicht wissen.
    Kann nur noch den Kopf schütteln.

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  16. Als ich Teenager war und mich mit dem 2. Weltkrieg befasst habe - der und auch die Zwischenkriegszeit in Österreich - wurden von den Lehrern wirklich gut und ausführlich behandelt... jedenfalls dachte ich da: Das gibts doch nicht. Wie konnten die soooo blind sein. Man musste doch Jahre vorher schon gesehen haben in welche Richtung es geht.

    Dieses Gefühl kommt nun vermehrt wieder in mir hoch. Warum sieht das keiner!?!?! Warum tun alle so also ob das zwar ein wenig seltsam sei, aber mei, so is des hoit...

    Um mich herum gibts zwar leichtes Naserümpfen - bestenfalls - oder total Weinviertler Wurschtigkeit - in der Regel - aber so richtig schlimm sieht das kaum wer.

    Ich hoffe stark ICH liege falsch.

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  17. Liebe Astrid, auch von mir ein Dank für deine sehr gut zusammengefasste und niedergeschriebene Weltsicht. Ich frage mich auch, wohin das führen soll und habe manchmal arge Mühe, nicht im stummen Entsetzen zu verharren...
    Herzliche Grüße und lieben Dank!
    Doro

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  18. Liebe Astrid,
    es tut so gut, bei dir zu lesen! Deine wohlgefassten Worte und die Tatsache, das ich mit meiner Sorge nicht alleine bin! Ich bin auch so froh, dass die NY Times und die Washington Post steigende Abbonentenzahlen verzeichnen können - das beruhigt mich. Wenn sie sich nur nicht kaufen lassen, wie es Herr O. in U. praktiziert! Bitte, bitte mach weiter so!
    Gros bisou
    Sandra
    P.S.: ich war ganz stolz auf die Karnevalswagen dieses Jahr!

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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