Freitag, 13. Januar 2017

Raif Badawi - mein hundertster Post!


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Zufälligerweise bin ich nun ausgerechnet am 33. Geburtstag des saudischen Bloggers Raif Badawi beim 100. Post zu ihm bzw. Themen wie Menschenrechte, Meinungs- & Religionsfreiheit, Naher Osten & Islam angekommen...

Was damals aus dem Bauch heraus, aus dem Ärger über die Hypokrisie saudischer Politiker, entstand, ist zu einem wichtigen Interessenschwerpunkt, zu einer kleinen politischen Aufgabe geworden, so, dass es schon der sechsjährigen Enkelin auffällt und diese nachfragt, was es mit diesem Mann auf sich hat, warum er im Gefängnis ist, warum man an einen Gott glauben muss usw... 

Eine überzeugende Vorstellung gibt da Religion beileibe nicht ab. Und ich selbst finde für mich auch keinen Grund mehr, mich für selbige ins Zeug zu legen.


Zwei Jahre nach den ersten Peitschenhieben gegen den inhaftierten Blogger bleibt die Sorge um seine Lage. Ensaf Haidar, seine Ehefrau, weiß von keiner neuen Entwicklung, betont aber, ihr Mann wirke in Telefonaten "sehr gefasst" und bemühe sich um Hoffnung.

Die Sprecherin von Amnesty International in Deutschland sieht ebenfalls keine Zeichen für Veränderung, geschweige denn die frühzeitige Freilassung. Noch stehen Raif Badawi 950 weitere Peitschenhiebe sowie fünf weitere Jahre Haft bevor, denn die Vollstreckung des Urteils ist bisher nur ausgesetzt, aber nicht aufgehoben worden.

Öffentliche Aufmerksamkeit ist nach wie vor das Einzige, was helfen könnte. Regelmäßig sollten europäische Politiker um Unterstützung angegangen werden. Wie sehr Saudi-Arabien immer noch auf Rückhalt bei anderen Mächten rechnen kann, zeigt die Wiederwahl des Landes in den UNO-Menschenrechtsrat im November 2016 für weitere drei Jahre - ein Fakt, der unglaublich ist angesichts der 153 im vergangenen Jahr in der Öffentlichkeit vollstreckten Hinrichtungen ( 2015 waren es fünf mehr )!

Am Entwurf eines Briefes an deutsche Politiker sitze ich derzeit...


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Da es zur Situation Raif Badawis also so gut wie nichts Neues zu berichten gibt, möchte ich an dieser Stelle die Gunst der Stunde nutzen, meine "Reichweite" einsetzen, um noch mehr Leserinnen & Leser  - wie schon hier - auf das Schicksal eines anderen Bloggers, des jungen Mauretaniers Mohamed Cheikh Ould Mkhaitir aufmerksam zu machen, dessen Lage "noch absurder (ist), weil ihm die Hinrichtung und nicht nur Peitschenhiebe und lange Haft drohen“, wie der Afrikareferent der "Gesellschaft für bedrohte Völker", Ulrich Delius, in Göttingen äußerte.

Seit genau drei Jahren sitzt er nun schon in Haft, weil er auf Facebook unter dem Titel "Die Religion, die Religiosität und die Schmiede" einen Beitrag gepostet hatte, in dem er das strenge Kastensystem Mauretaniens, besonders die Ausgrenzung der Schmiede, kritisierte. Dabei betonte er, dass dieses System nicht von Gott gegeben sei, sondern von Menschenhand geschaffen. Religion dürfe nicht für Diskriminierung missbraucht werden.

In seinem Prozess hat der junge Mann bekräftigt, er habe niemals das Ansehen des Propheten Mohamed beleidigen, sondern nur auf Missstände aufmerksam machen wollen.

Nach der Verurteilung seines Sohnes verlor der Vater seine Anstellung - die Familie selbst gehört zu den diskriminierten Schmieden, er hatte sich aber bis zur Position eines Präfekten hoch gearbeitet -und musste sich wegen vielfacher Drohungen radikaler Islamisten aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. Im vergangenen Dezember flohen die Eltern Mkhaitir über Dakar nach Frankreich, wo sie politisches Asyl beantragten.
In Mauretanien selbst mobilisieren immer wieder in den vergangenen Wochen obscurante islamistische Bewegungen und Imame tausende Demonstranten, die die sofortige Hinrichtung des Bloggers fordern. Selbst ein angesehener Dichter des Landes kündigte an, den jungen Mann zu ermorden, sollte er vor Gericht freigesprochen werden. ( Weitere Infos hier )

Andererseits gibt es politische Stimmen in Mauretanien, wie die des Senators Youssouf Sylla Tijani, die sich für den Blogger einsetzen. Er äußerte sich Anfang Januar 2017 so:
"Der Prozess muss dem geltenden Recht in der Islamischen Republik Mauretanien entsprechen, wo der Richter alleine für seine Entscheidung verantwortlich ist. Der Staat muss alle Verantwortung übernehmen, die Gerichtsbarkeit zu sichern und den Richtern zu ermöglichen, ihr Urteil sicher und ohne Stress und Druck von der Straße zu fällen.... Ich fordere daher die strikte Unabhängigkeit der Justiz im Fall des Herrn Mohamed Ould Cheikh Mkhatir." ( Quelle hier )
Die "Gesellschaft für bedrohte Völker" (GfbV) hat an den UN-Hochkommissar für Menschenrechte , den Jordanier Zeid Ra’ad Al Hussein, appelliert, sich für die Freilassung des zum Tode verurteilten Bloggers zu engagieren. Was nur von der UN und ihrem Menschenrechtsrat zu halten ist - siehe weiter oben bzw. mein Post von letzter Woche...


15 Kommentare:

  1. Danke, dass Du auf das Schicksal des jungen Mauretaniers aufmerksam machst.
    Aber wenn man da an den Menschenrechtsrat der UN, treibt es einem die Tränen in die Augen - vor Wut.
    Liebe Grüße
    Andrea

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  2. Danke für deinen unermüdlichen Einsatz für Raif Badawi.
    Ob es eine Religion gibt die Hoffnung gibt ja-- was an Ungerechtigkeiten auf der Welt passiert kommt nicht vom Himmel sondern ist menschengemacht. Und wir sehen ja wozu die MENSCHEN fähig sind!! Grund genug für mich mehr denn je an die Unterdrückten zu denken und zu hoffen, dass den Ver-rückten eine Einsicht gegeben wird.Und mir den Mut immer wieder gegen das Unrecht zu sprechen.
    Gruß zu dir
    heiDE


    Gruß zu dir

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  3. Liebe Astrid,
    es ist bewunderswert, wie du jeden Freitag über Raif Badawi schreibst. Neulich habe ich an dich gedacht, als in WDR Klassik eine Sendung über ihn kam. Sie schilderten, dass das Interesse an diesem Blogger schwindet und man nur immer wieder auf seine Lage aufmerksam machen muß.
    Was ich gehört habe, ist, dass sein Frau ihn nicht besuchen kann und sie nicht weiß, wie es ihm geht und dass sogar die Familie der Frau von Badawi von ihren Angehörigen bedrängt wird, sich scheiden zu lassen.

    Vielen Dank und ein schönes Wochenende Eva

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  4. Es ist ein trauriger Geburtstag und ein trauriges "Jubiläum" für Raif Badawi. Aber so ein wichtiger Beitrag von Dir.
    Ich bin sicher, dass er seine Haft leichter erträgt, weil er weiß, dass es Menschen wie Dich gibt, die ihn nicht vergessen und immer an ihn erinnern.
    Der Fall des jungen Mannes aus Mauretanien zeigt ja ebenfalls, wie wichtig das Gut der Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit ist.
    Gestern war ich zum 300. Todestag von Maria Sybilla Merian bei einer Lesung. Auch zu ihrer Zeit spielte natürlich Religionszugehörigkeit - möglichst die jeweils richtige! - eine höchst lebensbeeinflussende Rolle. (Glaubens-)Flüchtlinge gab es in Europa in Massen.
    Ich befürchte, das wird sich so schnell nicht ändern. Dennoch ist es wichtig, das Einzelschicksal nicht aus dem Auge zu verlieren.
    Danke für Deinen langen Atem!
    LG Sieglinde

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    1. Du sprichst etwas Wichtiges an, was mir auch, gerade im Lutherjahr durch den Kopf geht: Welch grausamer Krieg um die richtige Religion hat dereinst unseren Kontinent entvölkert. Und wie hart ist auch anschließend die Neuordnung in deutschen Landen durch die religiösen Anschauungen der Herrschaft bestimmt gewesen. Ein Engelchen mit Keule in einer Salzburger Kirche erinnerte mich daran...Sollte ich mal drüber schreiben, wenn mir der Hochmut bei uns Europäern mal wieder auf den Senkel geht...
      Dir liebe Grüße! Melde dich doch einmal per Mail bei mir!

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  5. Liebe Astrid,
    was du schreibst ist so erschütternd, und ABSURD das ein Staat der die Menschenrechte verletzte gleichzeitig als "Aufsicht" fungiert. Was hier in im Mittelalter an Grausamkeiten im Namen der Religion geschah gibt es in Saudi Arabien also heute noch, das zeigt klar: die sind 500 Jahr im Verzug mit Denken, Fühlen und Entwicklung. Was mich auch aufregt: keine Verbände (Ditip) die eine moslemische Religion "predigen" werden laut und protestieren wenn der Name Mohamed missbraucht wird. Wie kann mich eine Religion oder deren Gedankengut überzeugen, wenn in diesem Namen so viel Unrecht geschieht?

    Für deine Formulierungen mit dem Brief wünsche ich die Inspiration dass du die richtigen Worte findest, na, ich bin überzeugt das es dir gelingt!
    Was ist das Schlimmste? Ich habe die Hoffnung verloren das sich je etwas ändert.

    LG pipistrello

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  6. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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    1. Liebe Petra, jetzt muss ich richtig dolle lachen: Ich habe auf Kommentarmoderation umgestellt ( steht auch unter dem Kommentarfeld ), nachdem auf einen Kommentar von DIR eine anonyme Leserin recht unfreundlich reagiert hat.
      Nichts für ungut...

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    2. Wahr: "Das Hauptproblem unserer Zeit ist nicht der rasante Fortschritt des Wissens, sondern das Zurückbleiben der Herzensbildung."
      Ernst Ferstl (*1955), österreichischer Lehrer, Dichter & Aphoristiker.

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    3. Der gute Herr Ferstl ist mir gerade auch zum Thema Schwarzweiß-Denken "untergekommen". Und die Herzensbildung habe ich ja in meinem Kommentar zum Kommentarformular aufgenommen, weil die mir zusehends fehlt...
      Dir einen schönen Sonntag!

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  7. Danke fürs stetige Teilen. Steter Tropfen höhlt den Stein.

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  8. Raifs Geburtstag und dein 100. Post, da möchte man doch eigentlich gratulieren..., aber... Wenigstens lasse ich meine guten Wünsche für Raif Badawi hier, vor allem, dass er bald wieder Geburtstag in Freiheit begehen kann. Und ich lasse meinen Dank hier, für deinen langen Atem, für dein unermüdliches Aufarbeiten der Geschehnisse und Zusammenhänge, für deine Zeit, die du da investierst. Ja, auch das ist politisches Engagement, das Wirkung hat. Liebe Grüße und morgen einen schönen Sonntag dir - Ghislana

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  9. Sehr gut, Astrid. Was bleibt uns als immer wieder aufmerksam zu machen. Ich habe jetzt schon so viele Briefe an Politiker geschrieben..... Da kommen dann so nichtssagende Retortenantworten zurück. Es macht mich müde. Aber das darf natürlich nicht sein. Mein Mann und ich, wir waren schon immer unbequem. Warum sollen wir das jetzt ändern? Letzte Woche bin ich beim Bäcker fast verprügelt worden, weil ich einem Nazihetzer widersprochen habe. Es war mir eine Ehre!
    LG
    Magdalena

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  10. Hallo Astrid,
    es ist schon verrückt, was da in unserer Welt los ist.
    Danke für deine 100 Posts und Raif Badawi nur einen Wunsch zum Geburtstag, möge er den nächsten wieder in Freiheit mit seiner Familie feiern können.
    Dem jungen Mann in Mauretanien können wir nur die Daumen drücken das die UN mal nicht versagt.
    Liebe Grüße, Kerstin

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  11. ich konnte es eben kaum glauben, dass es schon 2 jahre her ist. ich hoffe wirklich sehr, dass es trotz aller gegenteiligen meinungen doch noch gelingt, dass raif freikommt und nicht noch 5 weitere jahre in haft bleiben muss und auch nicht mehr diese grauenvollen peitschenhiebe bekommt. danke, dass du immer wieder daran erinnerst, auch für die info über den mauretanischen blogger.
    liebe grüße
    mano

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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