Wie viele Preise hat Raif Badawi, der heute seit 1434 Tage im Gefängnis sitzt, inzwischen bekommen, wie viele Diskussionen, Lesungen und Mahnwachen! Aber es nützt scheinbar alles nichts - warum bloß?
Die letzte Auszeichnung gab es am vergangenen Samstag in einem Festakt in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt, und zwar den Deschner-Preis der Giordano - Bruno - Stiftung, mit dem Personen oder Institutionen geehrt werden, "die sich in herausragender Weise auf dem Gebiet der Religions- und Ideologiekritik engagiert haben". Erhalten hat ihn Raif zusammen mit seiner Frau Ensaf Haidar.
Diese hatte im Vorfeld um Unterstützung für ihren Ehemann gebeten: "Ich würde mir so sehr wünschen, dass deutsche Politiker direkte Gespräche führen mit den Leuten, die in Saudi-Arabien an der Macht sind." Und weiter: "Der Führung in Saudi-Arabien müsse klar gemacht werden, dass ihr Mann kein Terrorist sei, dass er nichts Böses verbrochen, sondern nur seine Meinung geäußert habe." ( Quelle hier ) Und wenn den Machthabern diese Ansichten nicht gefielen, sollten sie ihn "einfach nur gehen lassen", sagte sie.
Und in einem anderen Interview ( hier nachzulesen ) bekannte sie: "... ich versuche gegen die Hoffnungslosigkeit anzukämpfen. Es könnte helfen, wenn sich deutsche Politiker gegenüber der Führung in Saudi-Arabien entschiedener für Raifs Freiheit einsetzen würden. Schließlich ist er kein Verbrecher." Und: "Vielleicht können wir irgendwann gemeinsam arbeiten. Das fände ich schön."
Und in einem anderen Interview ( hier nachzulesen ) bekannte sie: "... ich versuche gegen die Hoffnungslosigkeit anzukämpfen. Es könnte helfen, wenn sich deutsche Politiker gegenüber der Führung in Saudi-Arabien entschiedener für Raifs Freiheit einsetzen würden. Schließlich ist er kein Verbrecher." Und: "Vielleicht können wir irgendwann gemeinsam arbeiten. Das fände ich schön."
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Der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, Michael Schmidt-Salomon, meinte in seiner Einführung: "Dieser Festakt ist eine Protestveranstaltung gegen das barbarische Unrecht, das in diesem Urteil ( wegen "Beleidigung des Islam" ) zum Ausdruck kommt, aber er ist durchaus mehr als das. Wir verstehen diesen Festakt auch als eine Feier des freien Geistes, der sich selbst unter grausamsten, diktatorischsten Verhältnissen nicht gänzlich unterdrücken lässt."
Auch vorher hatte er sich schon ähnlich geäußert, nämlich dass der Festakt auch dazu dienen soll, die Aufmerksamkeit der deutschen Medien und der deutschen Politik wieder auf die himmelschreiende Behandlung des Bloggers zu lenken: "Der Deutsche Bundestag hat zwar Ende Januar die unverzügliche Freilassung des Sacharow-Preisträgers gefordert, sich aber mehrheitlich nicht dazu entschließen können, stärkeren Druck auf Saudi-Arabien auszuüben, was wir für einen schweren Fehler halten."
Neben den beiden erwähnten Preisen hatte Raif Badawi im Februar den "Freedom of Speech Award" der Deutschen Welle erhalten. Den soll nun als Nächster der "Hürriyet"-Chefredakteur Sedat Ergin bekommen. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat ihn wegen Beleidigung verklagt. Ob er deshalb den Preis persönlich entgegennehmen kann, ist noch offen.
Angeblich hat sich Ergin in einem "Hürriyet"-Artikel spöttisch über eine Rede Erdogans zu einem Angriff der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK auf türkische Soldaten geäußert. Ein Anwalt Erdogans veranlasste die Anzeige. Die daraufhin erhobene Anklage lautet, Ergin habe ein Zitat des Staatschefs "böswillig verdreht, um die öffentliche Meinung zu manipulieren".
Als Ergin im März vor Gericht geladen wurde, wies er auf die düstere Situation der Presse in seinem Land hin: "Die Pressefreiheit in der Türkei ist 2016 auf die Gerichtsflure begrenzt."
Was die Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei anbelangt - das Fass möchte ich an dieser Stelle nicht auch noch aufmachen ( meine Meinung ist da eindeutig ). Nur so viel: Eine EU, die einerseits einen Sacharow - Preis für für geistige Freiheit vergibt, aber andererseits nicht mehr auf ihrer Webseite für ein Kunstprojekt des Dresdener Musikers Markus Rindt zum Völkermord an den Armeniern werben mag ( siehe auch hier ), weil die Türkei das zuvor gefordert hat, verliert verdammt an Glaubwürdigkeit. Kein Wunder, dass autoritäre Herrscher im Nahen Osten all diese Initiativen des Westens zu den Menschenrechten nicht wirklich ernst nehmen. Kann man bei so einem Auftreten auch nicht. Vielleicht ist das ja die Antwort auf meine eingangs gestellte Frage...
Ganz aktuell dazu die Rede des Satirikers Martin Sonneborn, EU - Parlamentarier, zum Thema vor dem Parlament:
Ehrlich gesagt ist mir das Lachen im Hals stecken geblieben...
Im Februar hatte ich einen Artikel über den Bertelsmann Transformation Index gelesen. Es sieht nicht gut aus für Freiheit und Demokratie auf der Welt und es ist wohl leider auch keine Besserung in Aussicht. Man steht ein wenig fassungslos vor der Vielzahl autokratischer Vorfälle. Aber Humor ist sicher eine der sinnvollsten Waffen und scheinbar ja auch sehr gefürchtet.
AntwortenLöschenEinen schönen Abend
Irgendwie kann ich mit Preisen allgemein nicht so viel anfangen...liegt wohl daran, dass sie vor allem in der Kulturszene ein wenig inflationär vergeben werden...und manchmal mit fraglichem Hintergrund (siehe z. B. im Falle der künstlerischen Leiterin des RCI).
AntwortenLöschenWeniger Preise...dafür aber eine ganz klare Haltung Deutschlands gegenüber der Türkei und Saudi-Arabien zur Presse-und Meinungsfreitheit würde ich mir wünschen...
Da gerade gesundheitlich schachmatt gesetzt, versuche ich mich an einer Kurzfassung:
AntwortenLöschenHumanitäre Preise scheinen hiesige Politikergewissen wohl eher zu beruhigen als anzustacheln.
Das Lachen bleibt mir gerade auch im Hals stecken, nicht nur aus medizinischen Gründen...
Wer nicht für unsere demokratischen Grundwerte, Presse-, Meinungs- und Kunstfreiheit nach innen und außen eintritt, ist eigentlich für aufgeklärte Bürger nicht mehr wählbar.
Hoffentlich fallen hier nicht demnächst auch spitze Federn und Zungen unter das Waffengesetz, falls irgendein ausländischer Diktator dies verlangt.
Liebe Grüße
Andrea
Mal wieder danke, dass Du am Ball bleibst und ich so mit Dir!!!
AntwortenLöschenAm Montag erfuhr ich im Radio, dass Ensaf Haidar erst die Tage in Bamberg war...wie schade, dass ich das nicht mit bekommen hatte! Sie stellte wohl u.A. ihr Buch vor. Was muss diese Frau blos durchmachen, ich mag es mir nicht ausmalen...
LG Kerstin
Liebe Astrid, du weißt, dass ich fleißig mitlese und es sehr zu schätzen weiß, ein Thema wie dieses bei dir so intensiv begleitet zu sehen. Ich bin immer wieder sprachlos ob der Augen verschließenden Politiker. Ist Saudi-Arabien, deren Menschenrechtsverbrechen und vom dortigen Regime unterstützter Terrorismus nicht eine der Keimzellen der derzeitigen Krisenlage? Ich bin immer wieder erschüttert und danke dir für die stetigen Berichte. Dass Martin Sonneborn als Satiriker, der mit schrägsten Slogans den Weg in Europäische Parlament fand und mit den rechtesten Abgeordneten auf einer Bank sitzen muss, hier doch wieder einmal die passendsten und wenig diplomatischen Worte fand - man muss ihm dafür dankbar sein.
AntwortenLöschenLiebe Grüße zu dir!
danke, liebe astrid, für die informationen! ich finde herrn sonneborn großartig - durch ihn erfährt man so manches aus dem eu parlament, was man sonst wohl kaum mitbekommen würde.
AntwortenLöschenlg, mano
Ich weiß eigentlich gar nicht, was man mit diesen Preisen anfangen soll. Und wen wird es in Saudi Arabien überhaupt interessieren, welchen Preis auch immer Raif Badawi verliehen bekommt.
AntwortenLöschenLg
Andrea