Freitag, 27. November 2015

Was hat Raif Badawi mit Ashraf Fayadh und Heckler & Koch zu tun?



Die Twitter - Nachricht gegen 14 Uhr lautete wieder: "No flogging today for Raif Badawi!



Seid ihr eigentlich noch da?
Raif Badawi und viele andere, Blogger, Journalisten, Dichter usw., die ihr Menschenrecht auf Meinungsfreiheit für sich in Anspruch genommen haben, stehen immer noch unter der Knute menschenverachtender Regime - das sollten wir vor lauter Vorfesttagsfreude nicht völlig vergessen, oder?


Es ist nämlich wieder ein neuer Fall in den Blickpunkt westlicher Medien gerückt, der des palästinensischen Dichters Ashraf Fayadh.





Der ist gerade in Saudi-Arabien zum Tode verurteilt worden. Wie Aktivisten von Human Rights Watch berichten, wurde das Urteil gegen den 35 Jahre alten Mann bereits am Dienstag, 17. November 2015, gefällt. Damit habe das Berufungsgericht in der Stadt Abha ein früheres Urteil von 800 Peitschenhieben und vier Jahren Gefängnis aufgehoben. Fayadh war 2013 zum ersten Mal und Anfang 2014 erneut verhaftet worden.

Laut "Guardian" (GB) ist Ashraf Fayadh in ganz Saudi-Arabien bekannt. Dementsprechend Signalwirkung dürfte das Revisionsurteil haben. Es ist zu befürchten, dass es auch Auswirkungen auf das Urteil über Raif Badawi hat, welches sich noch in der Revision befindet. Bei solch willkürlichen Entscheidungen könnte auch ihm plötzlich ein tödliches Urteil blühen.

Der Vorwurf der Apostasie gegen Ashraf Fayadh basiert auf einer Beschwerde über seine 2008 erschienene Gedichtsammlung, in der er Gott, den Islam & seinen Propheten Mohammed und Saudi-Arabien beleidigt und atheistische und andere, die Gesellschaft zerstörende Gedanken verbreitet haben soll.

Fayadh hatte eine Kunstausstellungen in Jeddah und bei der Biennale Venedig kuratiert und ist darüber in einen Streit mit einem anderen Künstler über zeitgenössische Kunst in einem Café in Abha geraten, der ihn daraufhin bei den Religionswächtern angeschwärzt hat.

Perverserweise werden ihm selbst seine langen Haare, wie die einer Frau, vorgeworfen....


"Mit großem Entsetzen" reagiert der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in einer Erklärung  & fordert die Bundesregierung auf, "ihre Politik gegenüber Saudi-Arabien zu überprüfen und sich kompromisslos für Ashraf Fayadh und für die Freiheit des Wortes einzusetzen“, so der Geschäftsführer Alexander Skipis in der Erklärung des Verbands.

Weitere Stellungnahmen zu diesem neuen Fall können hier nachgelesen werden.


Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz äußerte sich gestern unmittelbar vor seiner Reise nach Riad gegenüber der Presse, dass er sich in drei Fällen konkret einsetzen will: für die Freilassung des Bloggers Raif Badawi, des 17jährigen schiitischen Aktivisten Ali al-Nimr  und des palästinensischen Dichters Ashraf Fayadh.

Aktivisten vor dem König - Abdullah - Zentrum in Wien heute
Source

Was Menschenrechte anlange, vor allem Frauenrechte, die Todesstrafe und körperliche Bestrafung, gebe es absolute Differenzen mit Saudi- Arabien, stellte Kurz klar. Und: „Wir haben definitiv ein Problem mit dem Export der wahabitischen Ideologie und Weltanschauung. Wir lehnen die Einflussnahme klar ab“, sagte er. Dass Österreich trotzdem den Kontakt zu Saudi - Arabien aufrecht erhält, begründet er damit: „Saudi - Arabien ist einer der wichtigsten Player in einer der konfliktgeladensten Regionen, die auch direkte Auswirkungen auf uns hat. Das sollte seit der Flüchtlingskrise allen klar sein.“ Ohne Saudis werde es keine Lösung in der Syrienkrise und beim Kampf gegen den sogenannten islamischen Staat (IS) geben. ( Quelle hier )

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem saudiarabischen Amtskollegen Adel al-Jubeir später dann in Riad, muss sich auch Kurz auf seine Kritik an den Menschenrechtsverletzungen wieder die übliche Replik anhören: „Wir erwarten, dass alle anderen Länder unser Justizsystem respektieren. Unsere Gerichte sind nicht politisiert ( sic! )“, sagt der arabische Chef - Diplomat, ohne rot zu werden...

Da beißt man sich die Zähne aus...


Unglaublich, aber auch wahr: Die deutsche Waffenschmiede Heckler & Koch hat die deutsche Bundesregierung verklagt, um Waffenlieferungen an das autoritäre Regime in Saudi-Arabien zu erzwingen. Heckler & Koch stärkt mit seinen Gewehren nicht nur die saudische Unrechtsherrschaft, sondern versorgt auch radikale Milizen in anderen Staaten mit deutschen Waffen und ist ein Teil des großen Problems, das wir gerade in Europa zu bewältigen haben.
Der Rüstungskonzern will also mit solchen Methoden die Politik bestimmen. Höchste Zeit, ein Zeichen zu setzen gegen einen Konzern, der für seinen Gewinn wortwörtlich über Leichen geht!

Ghislana hat mich auf diese Unterschriftensammlung aufmerksam gemacht. Es gibt viel zu tun. Packen wir es an!


12 Kommentare:

  1. Liebe Astrid,
    dieses Jahr ist mir nach allem nur nicht nach Festtagen zumute.
    Alles hängt mit allem zusammen. Wer glaubt, dass sein Konsum, sein Leben (und sei es auch noch so ethisch, ökologisch und ökonomisch korrekt) nicht mit den Krisenherden dieser Welt zusammen hängt, ignoriert vieles.

    Aber häufig genug setze auch ich diesen Tunnelblick auf, um nicht ganz zu verzweifeln.

    Danke für Dein stetiges Erinnern und Deinen Einsatz.

    Viele Grüße
    Astrid rechtsrheinisch

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  2. Ich halte immer wieder den Atem an, wenn ich deinen Recherchen hier nachgehe. Es ist gruselig. Dennoch tun, was möglich ist. Was denn sonst. Danke fürs Dranbleiben. Ja, wir sind noch da! Herzlich Ghislana

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  3. Bei Rüstungskonzernen krieg' ich, wie man so sagt, einen ganz dicken Hals ...

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  4. Daß Heckler&Koch die Bundesregierung verklagt hatten, das habe ich schon vor einiger Zeit mitbekommen. Es ist so verdammt schwer geworden, den Glauben an die Menschheit nicht zu verlieren. So verdammt schwer!

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    1. Es ist ja nicht erst seit gestern so, dass sich alles übel entwickelt. Ich bin seit 1968 auf die Straße gegangen, habe mich engagiert, gekämpft, gemacht. Irgendwann wollte ich dann auch mal die schönen Sachen machen, mich um meine Familie kümmern, hatte auch nicht mehr die Kraft und habe auf die nächste Generation gehofft...
      LG

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  5. Danke Dir, und Ghislana, für den Link zur Unterschriftensammlung!
    Und für Dein Dranbleiben. Heute hat ja der Herr Erdogan auch wieder für die Beugung der Meinungsfreiheit gesorgt, indem er zwei der noch nicht gleichgeschalteten Journalisten hat verhaften lassen.
    Hab trotzdem einen schönen ersten Advent!

    Lieben Lisagruß!

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  6. Danke, Astrid, für dein Dranbleiben und das Zusammenstellen der Informationen. Ich verfolge die Ereignisse ebenfalls über Twitter, da bekommt man noch täglich Aktuelles.
    Das Handeln bzw. Nichthandeln unserer Regierung in Bezug auf Saudi-Arabien (oder bekommen wir es nur nicht mit?) finde ich beschämend.
    LG, Iris

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  7. Bin auch noch da. Das ist alles gruselig.
    Katala

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  8. ... diese Waffen... die Welt lernt nix dazu ...

    Bin noch da - Monika

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  9. Wenn es um Geld geht, dann geht so mancher über "Leichen"...nicht nur in der Rüstungsindustrie. Wenn man mal genau hinschaut, wer sich alles an der "Flüchtlingskrise" bereichert, dann kann man nachts nicht mehr ruhig schlafen...Danke für die Recherchen. LG Lotta..

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  10. Bin auch noch da, auch wenn ich nicht kommentiere :-)
    liebe Grüße, Petra

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  11. Auch ich bin jede Woche bei dir, wenn du uns wieder aufs Laufende bringst - wieder einmal herzlichen Dank dafür! All das ist so absurd, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll...

    Herzlicher Gruß
    Steffi

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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