Freitag, 6. November 2015

Raif Badawi, der vierundvierzigste



Gottseidank auch heute keine Auspeitschung! Die Twitternachricht erreichte mich heute erst um 22 Uhr. Jeden Freitagvormittag steigt meine Anspannung, meine Furcht...
“This is a constant fear we live with, but we cannot allow ourselves to succumb to that. In every battle there is a risk, but doing nothing is not an option. Raif, and the symbol he has become, is much too important for that. Millions of people now know his name and what he represents."
So äußerte sich der norwegische Aktivist Raymond Johansen in einem Interview auf Cultured Vultures und spricht damit aus, wie es vielen Unterstützern geht. Er berichtet übrigens auch darüber, dass er Kenntnis hat von Versuchen saudischer Botschafter & Lobbyisten, auf Mitglieder des europäischen Parlaments Druck auszuüben, um die Verleihung des Sacharow - Preises an Raif Badawi zu verhindern. Wundert das noch jemanden? Und: Schön, dass die Mehrheit nicht eingeknickt ist!


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In dieser Woche habe ich ein informatives Interview mit der Historikerin und Professorin für Religionsanthropologie an der London School of Economics,  Madawi al-Rasheed, gelesen. Ihre Familie gehört der arabischen Nobilität an ( ihre Tante war Ehefrau des saudischen Staatsgründers König Saud ), sie selbst besitzt aber inzwischen die britische Staatsbürgerschaft und wird deshalb als Dissidentin betrachtet. Ihre Einschätzung der Motive westlicher Politiker, was deren Umgang mit Saudi - Arabien anbelangt, ist recht bestürzend:

"Menschenrechtsorganisationen haben Raif Badawi bekannt gemacht. Die westlichen Regierungen halten sich jedoch zurück mit Kritik an Riad. Sie wollen ihre guten wirtschaftlichen und strategischen Beziehungen nicht unterminieren. Ich vermute, dass die westlichen Regierungen nicht daran interessiert sind, dass es in Saudiarabien Demokratie und ein gewähltes Parlament gibt. Denn ein Parlament müsste jedem Waffendeal mit Grossbritannien und den USA zustimmen. Da gäbe es Opposition. Deshalb ist London und Washington eine geheime Beziehung zu den saudischen Prinzen lieber." ( Quelle hier )

Und deshalb haben wir hier jetzt mehr als einen Schlamassel in good old Europe, denn inzwischen bin ich der Überzeugung, dass die 1400 Jahre alte Auseinandersetzung zwischen Sunniten & Schiitten bzw. deren staatlichen Repräsentanten Saudi- Arabien und Iran in all den Stellvertreterkriegen ausgetragen werden, die den Orient momentan an den Rand des Abgrundes bringen und als Folge der Flüchtlingsbewegungen auch für unsere Gesellschaften einigen Sprengstoff. Habt ihr super gemacht, ihr Politiker!




7 Kommentare:

  1. Wie man als Waffenhändler nachts ruhig schlafen kann, war mir schon immer ein Rätsel...LG Lotta.

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  2. Danke, liebe Astrid, besonders für das Interview! LG Ghislana

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  3. Ja, das ist bestürzend. Aber ganz ehrlich, genau das heben wir doch schon seit Jahren gewußt, gespürt, geahnt- wie auch immer. Es gibt eine bestimmte Doktrin, was offen ausgesprochen wird auf dem politischen Parkett und in den Mainstreammedien. Auch wenn fast alle es besser wissen. Um so besser, wenn eine Insiderin den Mut hat, die Dinge beim Namen zu nennen.
    Dank Dir für Dein "Dranbleiben" und Berichten.
    Schönes WE und lieben Lisagruß!

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  4. Danke, dass du immer wieder neue Fakten suchst und berichtest. Ich gebe es zu, ich würde wohl kaum mehr an Raif Badawi denken. LG mila

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  5. Und was jetzt noch fehlt ist die Rolle der großen Nation jenseits des Atlantiks, die sich überall einmischt, die auch Waffengeschäfte tätigt, die Unruhe überall stiftet und überall herumspioniert usw. Gerade darüber habe ich viel gelesen.

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  6. Die hat ja Madawi al-Rasheed ausdrücklich erwähnt und deren Dominanz in der westlichen Hemisphäre ist ja hoffentlich allen klar, so dass ich sie nicht jedes Mal ausdrücklich erwähnen muss...
    LG

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  7. Ja, die Folgen der Globalisierung und jahrhundertealter Fehden führen gerade zu 60 Millionen Flüchtlingen. Wir müssten global neue Lösungen finden und uns alle ein Stück verändern, toleranter werden und offener, statt Konflikte an Einzelnen wie Raif Badawi festzumachen. Unrecht wird nicht zu Recht, wenn man es gewaltsam durchsetzt.
    Danke wie immer für Dein Update. Trotz der 'guten' Nachrichten kann man nicht anders als betroffen sein. Sehr betroffen. Und dankbar.

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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