Freitag, 13. März 2015

...und wie steht es um Raif Badawi? VII



Auch heute - zum neunten Mal in Folge - ist Raif Badawi nicht der öffentlichen Auspeitschung in Dschiddah ausgesetzt worden. Gründe wurden nicht bekannt gegeben. Eine ärztliche Untersuchung hat nicht stattgefunden - so meldet Amnesty International heute Mittag.

Am 1. April sollen die gesammelten Werke des saudischen Bloggers Raif Badawi, darunter auch ein Text, der aus dem Gefängnis in Saudi Arabien übermittelt werden konnte, in Buchform ( "1000 Peitschenhiebe - weil ich sage, was ich denke" ) im Ullstein - Verlag herauskommen. Herausgeber ist Constantin Schreiber vom Nachrichtensender n-tv. ( Quelle hier )


Source

Ansonsten drehten sich in dieser Woche die Veröffentlichungen um den Besuch des deutschen Ministers, die Wallstöm - Affäre und die generelle Situation in Saudi - Arabien:

Die Zeit schrieb am Dienstag dieser Woche:

"Das saudische Königshaus ist verärgert, nein: "bestürzt". Und zwar über deutsche Medien, die sich mit "provokativen Reports und Stellungnahmen" zum Fall des inhaftierten und mit Stockschlägen malträtierten Blogger Raif Badawi in die "inneren Angelegenheiten" einmischten. So stand es ganz offiziös in der Zeitung Arab News. Dazu muss man sagen: Schönen Dank, selten so gelobt worden!"

Und:

"Saudi-Arabien ist (... ) gewissermaßen chronisch unterkritisiert.
Im Falle von Badawi ist es nun endlich einmal gelungen, einen aus den zahlreichen Opfern der Diktatur zum internationalen Thema zu machen. Das hat mit der Grausamkeit der Prügelstrafe zu tun, mit der Harmlosigkeit seines sogenannten Vergehens, und damit, dass die saudische Regierung just in der Woche in Paris wegen der Charlie Hebdo-Morde für die Meinungsfreiheit mitdemonstriert hat, als daheim der Blogger zu den 1.000 Peitschenhieben verurteilt wurde. Das war dann doch etwas zu viel der Bigotterie." 

Das Außenministerium in Riad selbst gab eine Erklärung zur Medienkampagne zum Fall Raif Badawi ab. Darin hieß es, dass Saudi-Arabien "keine Form der Einmischung in seine inneren Angelegenheiten"  sowie einen "Angriff auf die Unabhängigkeit" des saudi-arabischen Justizsystems akzeptiere. Es gebe internationale Bestrebungen, die Menschenrechte zu politisieren, um "selektiv die souveränen Rechte von Staaten anzugreifen". Das Land dulde "keinen Angriff im Namen der Menschenrechte, da seine Verfassung auf der Scharia beruht, die Menschenrechte garantiert".

Dieses Kommuniqué beweist, dass die die Nerven in Saudi - Arabien angesichts der internationalen Bemühungen wohl langsam blank liegen, ebenso wie der Fall der schwedischen Außenministerin Wallström, die bei einem Treffen der Arabischen Liga in Kairo am Montag dieser Woche ein Redeverbot erteilt bekommen hat. Wallström war als Ehrengast zu dem Treffen der arabischen Minister eingeladen worden, weil ihre Regierung im Oktober den Staat Palästina anerkannt hatte.
"Die Erklärung, die wir dafür erhalten haben, ist, dass ich mich zur Lage der Demokratie und Menschenrechte geäußert hätte", sagte die Ministerin. Saudi-Arabien habe daher die Streichung ihrer Rede erwirkt.
Hintergrund des Affronts scheint auch die Kritik Wallströms an der harten Bestrafung des Bloggers im Januar zu sein. Außerdem machte sie vergangene Woche deutlich, dass sie eine "feministische Außenpolitik"mit dem Ziel der Gleichberechtigung der Geschlechter vertrete.
Darüberhinaus wird in Schweden derzeit die Verlängerung eines Militärabkommens mit Riad kontrovers diskutiert, da der bisherige Zehn-Jahres-Vertrag im Mai um fünf Jahre verlängert werden muss, was aber bei diversen Parteien ins Schweden umstritten ist. Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand soll das Abkommen tatsächlich nicht mehr verlängert werden.

Am Mittwoch dann vermeldete Reuters/AFP, dass Saudi-Arabien nach Angaben des schwedischen Außenministeriums seinen Botschafter aus Stockholm abgezogen habe. Als Gründe wurden die schwedische Kritik an der Menschenrechtssituation und an dem politischen System in Saudi-Arabien genannt.


Die Süddeutsche Zeitung machte dann am Donnerstag auf das Vorgehen des saudi - arabischen Regimes gegen  Kritiker in einem weiteren Fall aufmerksam:

"Unterdessen wurde bekannt, dass in Saudi-Arabien ein prominenter Menschenrechtler zu zehn Jahren Haft verurteilt worden ist. Ihm wird vorgeworfen, "das Königreich verleumdet" zu haben. Mohammed al-Badschadi habe die Strafe für Kritik am saudischen Justizsystem und bürgerrechtliches Engagement erhalten, teilte das Golf Center for Human Rights (GCHR) mit. Er sei bereits Ende vergangener Woche verurteilt worden, fünf Jahre der Haftstrafe seien zur Bewährung ausgesetzt. Dem GCHR zufolge wurde das Urteil vom einem Kriminalgericht gefällt, das sich sonst mit Terrorismusfällen beschäftigt.
Der 34-jährige Al-Badschadi ist Gründungsmitglied einer saudischen Menschenrechtsorganisation und setzt sich gegen die Folterstrafen im Land ein. Seit 2005 war Al-Badschadi mehrfach verhaftet worden."


Am Dienstag dieser Woche hat sich die Anzahl der in diesem Jahr Hingerichteten auf 44 erhöht - was für ein Land!





4 Kommentare:

  1. Ja - und Rüstungsexporte gehören da gar nicht hin.

    Danke für die Info - herzlichst - Monika

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  2. Provokative Reportagen und Gedanken.... ja! Astrid, mehr davon!

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  3. ja, was für ein land, dort und hier. nämlich auch unseres, dass immer schon und immer noch der spur des geldes folgt. weder in der innen- noch der außenpolitik stehen die menschen an erster stelle. auch wenn ich sehr sehr froh bin, grad als frau, hier zu leben. mir graut trotzdem oft, wenn ich darüber nachdenke, auf welchem menschenrechtsverletzenden unrat unser wohlstand und mit ihm- machen wir uns da nichts vor- unsere freiheit gewachsen ist. auch unser staat ist kein heiliger, sondern ein kalter berechnender apparat.
    liebe astrid, ich finde es ganz großartig, dass du beim thema saudiarabien in deinm blog am ball bleibst. hab dank dafür! ich freue mich immer so, wenn menschen denken können:-)
    sei herzlich gegrüßt in ein hoffentlich schönes wochenende von
    lisa

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  4. Deutschland darf sich gern mal Schweden als Vorbild nehmen...
    Liebe Grüße
    Andrea

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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