via |
Es ist wieder Freitag. Der Tag, an dem in Dschiddah nach dem Freitagsgebet die Auspeitschung ansteht, zu der der in Saudi Arabien inhaftierten Blogger Raif Badawi u.a. verurteilt worden ist.
Und wie hier schon angekündigt, veröffentliche ich wieder die Informationen, die ich in dieser Woche gesammelt habe:
- Nach Informationen von Amnesty International ist auch heute zum 5. Mal die Auspeitschung des Bloggers Raif Badawi nach dem Freitagsgebiet in Dschiddah nicht erfolgt - Gründe unbekannt.
Mittlerweile ist die Geschichte des Bloggers, der seit mehr als zwei Jahren in seiner Heimat Saudi-Arabien im Gefängnis sitzt und wegen Beleidigung des Islam zu zehn Jahren Haft und 1.000 Peitschenhieben verurteilt worden ist, in höchsten Kreisen zur Kenntnis genommen worden.
- So hat am Dienstag der britische Thronfolger Prinz Charles bei einem Treffen mit dem neuen saudischen König Salman den Fall angesprochen.
- Das Europaparlament in Straßburg verabschiedete in dieser Woche eine Entschließung, in der die Verurteilung des saudi-arabischen Bloggers als eine "Beleidigung für den Islam" bezeichnet und die Prügelstrafe als "abstoßendes und grausames" Vorgehen gebrandmarkt wird. Die Glaubwürdigkeit Saudi-Arabiens als Partner im Kampf gegen den Terrorismus leide darunter, dass das Land selbst solche "anachronistischen und extremistischen" Praktiken anwenden würde. Die Abgeordneten forderten die saudische Führung zudem auf, alle gewaltlosen politischen Gefangenen umgehend und bedingungslos freizulassen. Diese Entschließung wurde von sechs der acht Fraktionen unterstützt. Die konservative Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), die größte Gruppe im Europaparlament, stimmte gegen den Text, weil darin Saudi-Arabien mit der islamistischen Terrormiliz "Islamischer Staat" verglichen wird.
- In den nächsten Tagen reist übrigens eine Delegation von EU-Parlamentariern nach Saudi-Arabien zu Gesprächen mit saudischen Politikern.
- Die Nationalversammlung der kanadischen Provinz Quebec, in der Raif Badawis Frau mit den Kindern nun lebt, hat sich ebenfalls in dieser Woche dafür ausgesprochen, sich für seine Freilassung einzusetzen.
- Nach Einschätzung David Weinbergs, eines Analysten des Thinktanks „Foundation for the Defense of Democracies“ (Washington), der von der Bild - Zeitung (!) interviewt worden war, nutze Saudi- Arabien die Gunst der Stunde, da es als Mitglied in der Anti - ISIS - Koalition von Nutzen sei.
"Aus dieser Machtposition heraus kann es ungestört die Menschenrechte im eigenen Land mit Füßen treten und muss sich nicht um Petitionen kümmern. Dennoch glaubt der Experte, dass die Saudis Badawi vielleicht bald begnadigen könnten – aus taktischen Erwägungen:
„Ich wäre nicht überrascht, wenn man Badawi freilässt – und gleichzeitig die Unterdrückung der Menschenrechte weiter vorantreibt. Die Gnade für Badawi würde die Welt von der Tatsache ablenken, dass das Familien-Regime (der al-Sauds, Anm. d. Red.) die saudische Gesellschaft in bisher unbekanntem Ausmaß unterdrückt.“ " ( Quelle hier )
Die weiteren Äußerungen des Experten zur Situation der Menschenrechte in Saudi- Arabien sind für mich gut nachvollziehbar, machen mir aber auch deutlich, dass ein Einsatz nur für Raif Badawi zu kurz gegriffen ist, sondern darüberhinaus auch weitere Aktionen für andere Menschenrechtler in diesem Land notwendig sind.
Der Fall Raif Badawi ist beispielhaft für den zunehmenden Trend in vielen Staaten dieser Welt, Verbote von Gotteslästerung zu nutzen, um gegen unliebsame Berichterstatter vorzugehen. Neben Saudi-Arabien gehören dazu auch Iran oder Kuwait. Dies ergab die am Donnerstag vorgelegte "Rangliste der Pressefreiheit" von "Reporter ohne Grenzen". Dafür wertete die Organisation Daten aus 180 Staaten und Regionen im Zeitraum von Oktober 2013 bis Oktober 2014 aus.
Es bleibt viel zu tun...
Es bleibt viel zu tun...
Argh, jedes mal wenn ich sowas lese, kriege ich einen Anfall, wenn man bedenkt wieviel Schindluder im Namen des Glaubens so getrieben wird und das ja schon immer. Irgendwelch machthungrigen Kerle, die den Glauben vor sich herschieben, damit sie Leute unterdrücken, foltern und töten können, wenn die es wagen sollte eine eigene Meinung zu vertreten. Allerdings kann vielleicht ein bisschen Hoffnung schöpfen, da Badawi wieder nicht ausgepeitscht wurde, daß die internationale öffentliche Empörung vielleicht sogar Wirkung zeigt und hoffentlich am Ende auch hilft. Wobei es mir nicht reicht, daß er nicht ausgepeitscht wird, ich finde inhaftiert zu werden, weil man seine Meinung äussert schon unfassbar!
AntwortenLöschenDanke, daß du dir immer die Mühe machst diese Geschichte zu verfolgen und uns darüber unterrichtest!
L.G. und ein schönes Wochenende trotzdem!
barbara bee
wie furchtbar - Hilfe für Raif Badawi und gleichzeitig wird die Situation insgesamt noch schlimmer....
AntwortenLöschenLeider sind so abstrakte, übergreifende politische Situationen ja immer sehr schwer zu bekämpfen,dass ist einfacher, wenn sie ein Gesicht haben - insbesondere, wenn es so ein attraktives ist wie das von Raif Badawi.
Aber mich stimmt es doch hoffnungsvoll, dass es mit dem Internet mittlerweile eine weltweite Öffentlichkeit gibt, die doch einen gewissen Druck ausüben kann.
Es hört sich zumindest so an, als ob es Hoffnung für Raif Badawi gebe.
immerhin. Vielleicht ist er der Stein, der eine Lawine auslöst. Zu wünschen wäre es.
Danke Astrid, dass du im Kölner Faschings-Freudentaumel nicht diees Thema aussparst.
AntwortenLöschenSehr gut, dass Du wieder darauf hinweist. Hoffentlich tut sich was. Steter Tropfen höhlt den Stein. Aber man weiß manchmal nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Wir haben es so unheimlich gut. Lass Dich trotz allem nicht vom Feiern abhalten.
AntwortenLöschenMagdalena
"...Verbote von Gotteslästerung zu nutzen" - warum wiederholt sich alles in der Geschichte immer wieder? Die Religionen, Länder, Zeiten ändern sich, aber das Prinzip wieder immer wieder gerne aufgegriffen....
AntwortenLöschenLiebe und leicht depressive Grüße von
Andrea
Puh!
AntwortenLöschenEhrlich gesagt hatte ich diese Woche (obwohl ich mit Fasching gar nichts am Hut habe) meinen Kopf immer woanders und und habe mich jetzt bei dem Gedanken ertappt: Was? Schon wieder eine Woche um? Dann habe ich an meine Woche gedacht und wie wohl so eine Woche für Raif Badwi aussieht. Da fühlt man sich ganz schlecht. Ich muss mehr tun...
Trotzdem schöne Grüße an die Karnevalsfront
Jutta
Danke für das Update ... ja, keine Angabe von Gründen, aber man hat die Bestrafung vorerst eingestellt. Seltsam, dass man plötzlich dankbar ist, wenn jemand 'nur' einmal ausgepeitscht wird. Und es ist immer wieder schön zu sehen, das es doch möglich ist, durch Protestaktionen etwas zu bewegen.
AntwortenLöschenEs bleibt viel zu tun, auch in den von dir genannten Ländern. Man darf auch Badawis Anwalt nicht vergessen. Auch er ist ein Opfer und sitzt im Gefängnis, nur dass hier keine große Öffentlichkeit hinter ihm steht.
AntwortenLöschen