Donnerstag, 18. Dezember 2014

Great Women # 6: Eva Gonzalès


Barbara/barbarabee hat den Anstoß für diese Reihe geben und donnerstags in ihrem Blog bemerkenswerte Frauen in Wort und Bild vorgestellt. Da mochte ich mich gerne anschließen, denn es ist eines meiner Lebensthemen.  
Ab dem neuen Jahr wird Barbara die Reihe wieder aufnehmen und einmal im Monat  posten und eine Linkparty für alle, die mitmachen wollen, anbieten...

Heute möchte ich eine Künstlerin des 19. Jahrhunderts vorstellen, auf die ich - ich weiß nicht mehr wann - durch eine Veröffentlichung dieses Bildes in unserer Tageszeitung aufmerksam wurde:

"Erwachendes Mädchen"/ Kunsthalle Bremen
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Ich war hingerissen vom Licht, der Szenerie, der Mimik, der Art des Farbauftrags. So einmalig eingefangen dieser morgendliche Moment, so sehr kann ich mich identifizieren... 

Ein Meisterwerk! 
Und was? Von einer Frau gemalt? Eva Gonzalès? Wieso hatte ich vorher noch nie von der Künstlerin gehört? Und das, obwohl ich mit der Malerei des Impressionismus sehr gut vertraut war, denn das war einer der Interessenschwerpunkte meines Vaters. 

Dass in dieser Kunstströmung also auch Künstlerinnen aktiv waren und auf höchstem Niveau malten, zeichneten, radierten und bildhauerten, habe ich erst nach und nach erfahren. Irgendwie verwunderlich, galt die impressionistische Malerei unter zeitgenössischen Experten als ausgesprochen feminine Kunst, war aber höchst angesehen. Die Künstlerinnen verkehrten in den gleichen Kreisen wie ihre männlichen Kollegen und wurden vom Publikum & der Kritik ebenso geschätzt wie diese.

Doch seit Beginn des 20. Jahrhunderts dominierte ein männlicher Blick die Kunstgeschichtsschreibung, und die zahlreichen hervorragenden Malerinnen gerieten durch diese Kleingeistigkeit in Vergessenheit, obwohl die Qualität ihrer Kunst der ihrer männlichen Kollegen durchaus ebenbürtig war.

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Eva Gonzalès wirde am 19. April 1847 in eine wohlhabende, künstlerisch - musisch orientierte Familie in Paris geboren, beginnt mit 16 Jahren ihre Ausbildung zur Malerin & Zeichnerin im Atelier des Malers Charles Chaplin, der ausschließlich weibliche Schülerinnen hat, denn Frauen steht die Kunstakademie damals nicht offen. Den privaten, meist sehr teuren Unterricht können sich also nur begüterte Frauen leisten.
Schon vier Jahre später eröffnet sie ihr eigenes Atelier und lernt Édouard Manet kennen, der von ihrer Schönheit begeistert ist, sie malt und dessen einzige Schülerin sie wird. 1870 stellt sie im Pariser Salon zum ersten Mal aus: "Der Hornist", ein Gemälde, das den Einfluss des Lehrers zeigt und mit Wohlwollen vom Publikum aufgenommen wird:

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In der Zeit des deutsch - französischen Krieges lebt sie in Dieppe & malt Landschaftsbilder wie dieses:

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Die frühen Gemälde zeigen noch den Einfluss ihres Lehrers, wohingegen ihre Pastelle schon leichter & sehr anmutig wirken, in helles Licht getaucht sind und immer einer Spur Melancholie aufweisen wie dieses hier von 1879:

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"Pfingstrosen und Maikäfer" ( 1871/72 )
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Das Interesse für Alltagsthemen hat sie mit dem Impressionisten gemeinsam, obwohl sie nie - wie ihr Lehrer - mit dieser Gruppe ausgestellt hat. Besonders gern malt sie Frauen in Interieurs, meist der Familie zugehörig wie ihre Schwester Jeanne ( auf einem ganz frühen Werk von 1865 und - auf dem nächsten Bild - zehn Jahre später ):

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Das wohl bekannteste Bild Eva Gonzalès' dürfte "Eine Loge im Theâtre des Italiens" von 1874 sein:

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Es ist im Pariser Musée d'Orsay zu sehen und verweist mit seinen starken Hell-Dunkel - Kontrasten auf den Einfluss des Lehrers Manet. Auch das Blumenbukett links wird oft als Anspielung auf die manetsche "Olympia" angesehen. Modell standen hier wieder die Schwester Jeanne & der künftige Ehemann der Malerin.


"Die Putzmacherin" (1877)

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"Lesen im Garten" (1880)

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"Der Ritt auf dem Esel" (1880)

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"Das Interieur der Modistin" ( 1882 )

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Was weiß man noch über die Malerin? Es gibt nur wenig zu berichten: 

Nach dreijähriger Verlobungszeit heiratet Eva Gonzalès 1879 den Kupferstecher Henri Guérard. Vier Jahre später bringt sie einen Sohn zur Welt. Kurz vor dessen Geburt stirbt Manet, und Eva ist daran gehindert, an der Beerdigung teilzunehmen, was sie sehr bedauert.  Nur fünf Tage später, am 5. Mai 1883, stirbt sie selbst an einer Embolie. 36 Jahre alt ist sie da erst.

Ihr Mann und die Schwester Jeanne ziehen das Kind auf und heiraten später einander. Fünf Jahre nach ihrem Tod werden noch einmal 88 Werke von ihr im Salon ausgestellt.


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Was wäre wohl aus ihr geworden, frage ich mich immer wieder. Vor allem ihre letzten Werke berechtigten zu den schönsten Hoffnungen und hätten ihr sicher zu einer Position unter den wichtigsten impressionistischen Malern verholfen.


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Ich bin froh, dass ich sie, wenn auch recht spät, für mich entdeckt habe. Und sollte ich einmal nach Bremen kommen, gilt einer meiner ersten Schritte einem Besuch ihres Bildes, das mich so berührt hat, in der Kunsthalle.





11 Kommentare:

  1. Guten Morgen liebe Astrid,
    ja, sie ist wundervoll. Das Bild mit den Pfingstrosen finde ich besonders schön - der Maikäfer - sweet little detail. (Ich sag jetzt nicht schade, dass die Kunstrezeptionsgeschichte über fast zwei Jahrhunderte eine rein männlich dominierte war - denn das wäre jetzt feministisch :)))!!! )
    Hab auch du ein wundervolles Weihnachtsfest, genieße die Zeit, so wie du sie für dich genießen willst!
    Alles Liebe
    Elisabeth

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  2. ...und wie das leben so seltsam ist : ihre schwester Jeanne oft portraitiert hat ihr kind erzogen und ihr mann geheiratet ! der bund war sehr gross...
    und das portrait dass Edouard Manet von ihr gemacht hat zeigt eine begabte schöne Künstlerin 1869/1870 *National Gallery Londres*

    schöner bericht !

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  3. Hallo Astrid,
    ich bin keine Kustexpertin.
    Ich kann nur sagen das Bild gefällt mir oder nicht,
    natürlich kann ich auch begründen warum mir ein Bild
    gefällt und ich kann schon erkennen auf welche Art
    ein Bild gemalt wurde. Aber das ist es.
    Daher finde ich Deinen Artikel sehr interessant.
    Die Kunsthalle Bremen ruft, ist ja nicht soweit.
    "Erwachendes Mädchen" und die Balett-/Hausschuhe
    gefallen mir besonders gut.
    Vielen Dank und liebe Grüße, Kerstin

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  4. Das Bild hätte mich auch neugierig gemacht. Interessant finde ich vor allem, dass die Künstlerin immer wieder eine "machende" Frau in den Mittelpunkt ihrer Bilder rückt. Es ist die Frau, die neugierig aus der Loge blickt, während der Mann sich desinteressiert (?) abwendet. Die Frau, die reist, oder die, die im Rahmen ihrer Möglichkeit arbeitet. Mir hat es besonders das Bild "Lesen im Garten" mit den schroffen Strichen des Hintergrunds und dem kontrastreichen Rot angetan.
    Weiter mit dieser tollen Reihe! LG mila

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  5. Ein ganz erlesener Beitrag - danke.

    Liebe Grüße - Monika

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  6. liebe Astrid,
    auch ich bin kein Kunstexperte, aber ich habe Deinen Post mit ganz großem Interesse gelesen und mir die Bilder immer wieder angeschaut.
    Eine tolle Künstlerin!
    liebe Grüße
    Gerti

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  7. Auch ich hab noch nie von ihr gehört!
    Wie von so vielen tollen Künstlerinnen.
    Ich mag deine Serie so!
    Welch tolle Bilder!
    Der Glanz der Schuhe am letzten Bild - dieses würde ich gerne in Wirklichkeit sehen!

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  8. Liebe Astrid, gestern war ich in einem neuen (leider enttäuschenden) Blumeladen. Aber was sah ich da? Eine kupferfarbene, schöne Schale. Ich habe SOFORT an dich gedacht und mich richtig gefreut. Soweit ist es schon ;-))
    Schöne Grüße
    Jutta

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  9. Siehst du, das meine ich..., man kommt nach einem (heute sehr) langen Arbeitstag nach Hause, schlägt eine Lieblingszeitschrift auf (in dem Falle die "Le Monde" de Kitchi...) und liest und schaut mit Begeisterung diesen schönen "Artikel"... Danke dafür! Die Reihe ist einfach toll! Und Eva Gonzales und ihre Bilder auch. So jung gestorben und sich dennoch schon einen Platz in der Kunstgeschichte erobert, wie so viele Künstler/innen verschiedener Genres... Herzliche Grüße Ghislana

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  10. Ich freue mich jedesmal auf deine Beiträge zu dieser Reihe! Das "Erwachende Mädchen" wäre auch mein Favorit. Das Morgenlicht auf ihrer Haut ist einfach zauberhaft. Was für ein Jammer, dass diese begabten Frauen in der Kunstgeschichte so untergegangen sind...
    Liebe Grüße
    Andrea

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  11. mit etwas verspätung.. eva gonzalès..mary cassat, und berthe morisot.. ein trio der frauen des impressionnismus..jede einzelne hat ihren stil und doch hat jede ihre persönlichkeit...sehr schönes billet !!!!

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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