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Heute vor hundert Jahren starb der Dichter
im Alter von 27 Jahren in Krakau.
Zuvor war er in Galizien nach der Schlacht bei Gródek
als Militärapotheker in einer Scheune,
die als Hilfslazarett diente,
mit über 90 Schwerstverletzten eingesperrt gewesen,
ohne dass er ihnen wirklich helfen konnte,
da er über keine Medikamente, keine ärztlichen Kenntnisse verfügte.
Viele von ihnen bettelten um den Tod,
gelang es, sich zu erschießen.
Als Trakl das Lazarett verlassen konnte,
hingen in den Bäumen die Toten einer Vergeltungsaktion
der k.u.k. Armee,
und Trakl soll gerufen haben:
"Was kann ich tun,
wie soll ich helfen?"
Eine apokalyptische Szene...
Er wurde zur "Beobachtung" nach Krakau in ein Garnisonshospital gebracht,
weil er sich durch Suizidversuche und die Aussage, er sei ein Dichter,
einer "Geistesstörung" verdächtigt gemacht hatte.
Dort erlitt er einen Herzstillstand,
den er vermutlich durch eine Überdosis Kokain,
selbst herbeigeführt hat.
Hier eines seiner Gedichte, welches posthum erschienen ist
und mich als Jugendliche ähnlich beeindruckt hat,
wie es der Buchpreisträger 2014, Lutz Seiler, hier beschrieben hat:
Der Herbst des Einsamen
Der dunkle Herbst kehrt ein voll Frucht und Fülle,
Vergilbter Glanz von schönen Sommertagen.
Ein reines Blau tritt aus verfallener Hülle;
Der Flug der Vögel tönt von alten Sagen.
Gekeltert ist der Wein, die milde Stille
Erfüllt von leiser Antwort dunkler Fragen.
Vergilbter Glanz von schönen Sommertagen.
Ein reines Blau tritt aus verfallener Hülle;
Der Flug der Vögel tönt von alten Sagen.
Gekeltert ist der Wein, die milde Stille
Erfüllt von leiser Antwort dunkler Fragen.
Und hier und dort ein Kreuz auf ödem Hügel;
Im roten Wald verliert sich eine Herde.
Die Wolke wandert übern Weiherspiegel;
Es ruht des Landmanns ruppige Gebärde.
Sehr leise rührt des Abends blauer Flügel
Ein Dach von dürrem Stroh, die schwarze Erde.
Im roten Wald verliert sich eine Herde.
Die Wolke wandert übern Weiherspiegel;
Es ruht des Landmanns ruppige Gebärde.
Sehr leise rührt des Abends blauer Flügel
Ein Dach von dürrem Stroh, die schwarze Erde.
Bald nisten Sterne in des Müden Brauen;
In kühle Stuben kehrt ein still Bescheiden
Und Engel treten leise aus den blauen
Augen der Liebenden, die sanfter leiden.
Es rauscht das Rohr; anfällt ein knöchern Grauen,
Wenn schwarz der Tau tropft von den kahlen Weiden.
In kühle Stuben kehrt ein still Bescheiden
Und Engel treten leise aus den blauen
Augen der Liebenden, die sanfter leiden.
Es rauscht das Rohr; anfällt ein knöchern Grauen,
Wenn schwarz der Tau tropft von den kahlen Weiden.
Warum ich dies heute poste?
Für mich ist Georg Trakl einer der größten deutschsprachigen Lyriker,
der mir immer noch etwas zu sagen hat,
und er steht für das,
was Menschen den Menschen immer wieder durch Krieg und Gewalt antun.
Er bestärkt mich so in meiner pazifistischen Haltung.
All diese Gedanken gingen mir heute Morgen durch den Kopf
beim Anblick dieses Novemberhimmels:
Ergreifend geschrieben, liebe Astrid, immer wieder hinhören, zuhören, auch ihm. Schön, dass es dir immer wieder gelingt solche Daten lebendig werden zu lassen. Ein schmales Reclam-Bändchen mit Gedichten von ihm hab ich hier, schon sehr, sehr lange. Was für ein Werk er mit 27 Jahren schon hinterlassen hat..., wie hat sich das heute verändert, wo so viele junge Menschen nach ihrer Bestimmung suchen oder auch nicht mal das. Liebe Grüße, von Pazifistin zu Pazifistin ;-)
AntwortenLöschenToller Post... Schön, dass du an ihn erinnert hast
AntwortenLöschenLiebste Grüße zu dir :-)
Welch wunderbares Novemberhimmelbild hast du da aufgenommen!!!
AntwortenLöschenNoch nie gehört hatte ich zuvor den Namen Georg Trakl und bin jetzt berührt vom Gedicht und der Geschichte dahinter.
Danke an dich fürs Erzählen.
Claudiagruß
Hallo Astrid,
AntwortenLöschenbeim Ersten Weltkrieg schaue ich immer nur nach Westen, an die Somme, nach Flandern oder nach Verdun ... wo im Osten genau gekämpft worden ist, ist mir überhaupt nicht geläufig. Ich weiß nur so ungefähr von Tannenberg in Ostpreußen und das war es. Wie so viel andere, hat er schreckliches mitgemacht ...
Gruß Dieter
Der 1. Weltkrieg Osten ist insofern wieder aktuell, als der aktuelle Konflikt in der Ukraine auch seine Wurzeln in diesem Krieg hat. Ich selbst habe mich nur ganz wenig mit dem 1. beschäftigt, denn mein Thema war immer der 2. Weltkrieg, sehe das aber als großes Versäumnis an.
LöschenDass in diesem Krieg auch eine geistige Elite "verbraten" worden ist, hat mich allerdings schon immer beschäftigt, denn das war für mich immer überdeutlich ( in Bonn habt ihr ja gerade die Macke-Marc- Ausstellung ).
Einen guten Abend!
Ich wusste zwar, das er im Krieg früh verstarb, aber die genauen Umstände waren mir unbekannt. Wie absolut furchtbar....
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Andrea
in meiner jugendzeit, als ich mehr gedichte als prosa las, war trakl derjenige, der in schönsten worten das grausame des krieges darstellen konnte. vielleicht hat auch er (neben anderem) dazu beigetragen, dass seit meinem 14. lebensjahr pazifistin bin und nie daran gezweifelt habe.
AntwortenLöschendanke, dass du an ihn erinnerst.
herzlichst, mano
rachel ist heute auf die reise gegangen!
Zuletzt ist er mir wohl in der Schule untergekommen, denke ich. Danke fürs Erinnern! LG mila
AntwortenLöschenEs gibt das sehr schön gestaltetes Trakl-Haus in Salzburg, dort bin ich vor einigen Jahren auf diesen hervorragenden Dichter gestoßen. Schön, dass du an ihn erinnerst und er auch dadurch nicht in Vergessenheit gerät. Hier der link zum Trakl-Haus: http://www.salzburg.gv.at/traklhaus
AntwortenLöschenDanke und liebe Grüße, Ulrike